18.11.2024 | Gesellschaftsrecht | ID: 1188420

Geld zurück von der eigenen GmbH? – mögliche Kapitalherabsetzung seit dem GesRÄG 2023

Georg Streit - Gunther Gram

Die Reduktion des notwendigen Stammkapitals für die Gründung einer GmbH führt auch zur Möglichkeit der Kapitalherabsetzung bei bestehenden Gesellschaften. RA Mag. Gunther Gram und RA Mag. Georg Streit erläutern die Bedeutung für die Praxis.

Die Flexibilisierung des Gesellschaftsrechts mit dem GesRÄG 2023 bereicherte nicht nur den Kanon der möglichen Gesellschaftsformen und die FlexCo. Seit dem 01.01.2024 ist auch die Gründungsprivilegierung Geschichte, wie im Newsletter-Beitrag vom 29.01.2024 dargestellt. Das Mindeststammkapital einer GmbH liegt seither bei unter einem Drittel des bis dahin geltenden Werts. Grund genug, sich mit der Frage der Kapitalherabsetzung bei einer „alten“ GmbH zu befassen. RA Mag. Gunther Gram und RA Mag. Georg Streit beleuchten im Folgenden diesen Aspekt des GesRÄG 2023.

Überkapitalisierung durch den Gesetzgeber

Da das zwingend aufzubringende Mindeststammkapital einer GmbH in Österreich nun auf das Niveau der früheren Gründungsprivilegierung gesunken ist, um Gesellschaftsgründungen zu erleichtern, hat sich nun auch für plötzlich durch die Gesetzesänderung „überkapitalisierte“ Gesellschaften Handlungsspielraum hinsichtlich der Kapitalausstattung ergeben. Das Gesetz macht bei allen Gesellschaften mit höherem Stammkapital als EUR 10.0000,– die ordentliche (effektive) Kapitalherabsetzung möglich.

Rückzahlung ohne Gefahr der unzulässigen Einlagenrückgewähr

Die ordentliche (effektive) Kapitalherabsetzung ist für natürliche Personen eine einfache Gelegenheit, steuerfrei an Liquidität aus Gesellschaftsmitteln zu kommen, ohne gegen das weiterhin bestehende generelle Verbot der Einlagenrückgewähr zu verstoßen. Unter bestimmten Voraussetzungen, vor allem der Volleinzahlung des Stammkapitals, wird die Rückzahlung nicht als der KESt unterliegende Ausschüttung an Gesellschafter behandelt. Die Einlagenrückzahlung an einen Gesellschafter kann als steuerneutrale Vermögensumschichtung – auch gegen ein Saldo am Verrechnungskonto erfolgen, wenn die ursprünglichen Anschaffungskosten (die ehemals einbezahlte Stammeinlage) dadurch nicht weniger als „Null“ betragen1 und das steuerliche Einlagen-Evidenzkonto ausreichend hoch dotiert ist (nämlich zumindest in der Höhe, die durch die Kapitalherabsetzung an den Gesellschafter zurückgezahlt werden, wobei die Mindeststammeinlage von EUR 10.000,– danach noch auf diesem Einlagen-Evidenzkonto vorhanden sein muss). Liegen diese – im Einzelfall stets zu prüfenden – Voraussetzungen vor, kann die Einlagenrückzahlung an den oder die Gesellschafter steuerfrei erfolgen.2 Damit ist in einem solchen Fall die Kapitalherabsetzung steuerlich deutlich attraktiver als eine Gewinnausschüttung.3

Auch Kapitalgesellschaften können profitieren

Bei Kapitalgesellschaften fällt (im Gegensatz zu Ausschüttungen an natürliche Personen) die Besteuerung von Ausschüttungen bei einer Beteiligung von mehr als 25 % am Stammkapital in der Regel nicht weg. Ausschüttungen von Tochter- an Muttergesellschaften sind steuerfreie Beteiligungserträge. Eine effektive Kapitalherabsetzung bietet hier die Möglichkeit, der Muttergesellschaft über den Bilanzgewinn hinaus (somit entgegen der Auszahlungsbeschränkung auf den Bilanzgewinn) den sich aus der Kapitalherabsetzung ergebenden Betrag zuzuwenden.

KöSt-Vorteil gibt es übrigens keinen, denn die Mindest-KöSt und auch die quartalsweise Vorauszahlung derselben ist seit 01.01.2024 auf EUR 500,00 pro Jahr reduziert.4 Das kann sich aber möglicherweise bald ändern, wenn es nach in den aktuellen Regierungsverhandlungen erhobenen Forderungen geht.

Kapitalherabsetzung: Mögliche Nachteile?

Die Herabsetzung des Stammkapitals kann insbesondere bei gegebenen Fremdfinanzierungen zu einer Reduktion der Eigenkapitalquote und einer Verschlechterung des Verhältnisses von Fremdkapital zu Eigenkapital führen. Dies kann unter Umständen Auswirkungen auf die Bonität (Rating bei den Kreditgebern/Banken) der Gesellschaft und somit die Konditionen bei den Kreditinstituten haben. Die GmbH muss auch über entsprechende Liquidität für die Rückzahlung der geleisteten Stammeinlagen verfügen. Da die Bestimmungen rund um die Zahlung und den Erhalt des Stammkapitals dem Gläubigerschutz dienen, könnten potentielle Vertragspartner einer durch Kapitalherabsetzung entstandenen „GmbH light“ auch zusätzliche Sicherheiten bei künftigen Geschäften fordern oder auch dem geschäftlichen Kontakt überhaupt negativ gegenüberstehen.

Steuervorteile auch in der Zukunft

Selbst wenn weiterhin eine hohe Kapitalausstattung der Gesellschaft gewünscht ist, könnte die effektive Kapitalherabsetzung dennoch dazu genützt werden, um Steuervorteile zu gewinnen. Wird zunächst das Stammkapital durch die Kapitalherabsetzung reduziert und danach, etwas den Beginn der Gesellschaft oder Klagen wieder auf den ursprünglichen Stand erhöht, kann nach zehn Jahren – im bestimmten Ausmaß – neuerlich eine steuerbegünstigte Kapitalherabsetzung erfolgen. Damit ließe sich, über einen längeren Zeitraum – durch eine „doppelte Kapitalherabsetzung „ein erheblicher Steuervorteil generieren. Der Steuereffekt, der so zu erzielen wäre, ist naturgemäß umso größer, je größer der Herabsetzungsvertrag ist.

Vorteil auch bei nicht zur Gänze eingezahlten Stammeinlagen

Die effektive Kapitalherabsetzung kann natürlich auch eine Möglichkeit sein, Gesellschafter, die ihre übernommenen Stammeinlagen noch nicht zur Gänze eingezahlt haben, (allenfalls nur teilweise) von der Verpflichtung zur Volleinzahlung der übernommenen Stammeinlagen zu befreien, indem zB die Stammeinlage auf den Betrag reduziert wird, den der oder die Gesellschafter bisher nur zur Hälfte bar eingezahlt haben.

Sanierung von Verrechnungskonten und Risikoverminderung

Aufgrund von Leistungen der GmbH an deren Gesellschafter können Verrechnungsforderungen der GmbH gegenüber dem Gesellschafter entstehen. Eine effektive Kapitalherabsetzung kann nun dazu dienen, statt der Rückzahlung von Stammeinlagen an einen Gesellschafter, den Saldo am Verrechnungskonto abzubauen und somit zum Ausgleich von Verbindlichkeiten von Gesellschaftern gegenüber der GmbH aus Verrechnungskonten zu sorgen oder beizutragen. Dadurch könnten letztlich auch Risiken rund um allfällige verdeckte Gewinnausschüttungen, die letztlich als unzulässige Einlagenrückzahlungen behandelt werden könnten, vermieden oder zumindest reduziert werden.

Formvorschriften bei Kapitalherabsetzung

Eine effektive Kapitalherabsetzung erfordert aus Gründen des nach wie vor unverändert bestehenden Gläubigerschutzes zwingend die Einhaltung eines vorgegeben formellen Ablaufs zwingend einzuhalten (schließlich soll Vermögen der Gesellschaft und damit der Haftungsfonds der Gläubiger reduziert werden). Folgende Schritte sind einzuhalten:

  • Ordnungsgemäße Einladung zu und 
  • Durchführung einer Generalversammlung samt notariell zu beurkundender Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung,
  • Abänderung des Gesellschaftsvertrags im Punkt Stammkapital,
  • Anmeldung des Beschlusses über die beabsichtigte Kapitalherabsetzung zur Eintragung in das Firmenbuch durch sämtliche Geschäftsführer (beglaubigt) und Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Firmenbuch,
  • Aufgebotsverfahren/Gläubigeraufruf (die förmliche Veröffentlichung der beabsichtigten Kapitalherabsetzung und die ebenfalls förmliche Mitteilung an die bekannten Gesellschaftsgläubiger) sowie die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger, die das verlangen,
  • Frühestens nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Monaten nach dem Aufgebotsverfahren kann die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und die Eintragung durch das Firmenbuchgericht5 erfolgen.
  • (Erst) Nach Eintragung der Kapitalherabsetzung im Firmenbuch ist die Rückzahlung des Stammkapitals an die Gesellschafter zulässig.

Haftung der Geschäftsführer

Für unrichtige Angaben, insbesondere rund um das Aufgebotsverfahren haften, wenn Forderungen von Gläubigern der Gesellschaft infolge der Kapitalherabsetzung nicht bedient werden können, die Geschäftsführer der GmbH. Als Sanierungsmaßnahme in der Krise der Gesellschaft ist die ordentliche (effektive) Kapitalherabsetzung somit nicht das Mittel der Wahl. Dasselbe gilt für die nominelle Kapitalherabsetzung, bei der eine (proportionale) Herabsetzung des Nennbetrags der Stammeinlagen erfolgt, um Gesellschaftsverluste auszugleichen (bei der nominellen Kapitalherabsetzung erfolgt außerdem keine Auszahlung an Gesellschafter und auch keine Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung der übernommenen Stammeinlagen oder die Reduktion von Salden auf Gesellschafterverrechnungskonten), auf die auch die Gläubigerschutz und oben genannten Formvorschriften anzuwenden sind.

Der Vollständigkeit halber: die vereinfachte Kapitalherabsetzung

Zum Ausgleich eines Bilanzverlusts kommt auch die vereinfachte Kapitalherabsetzung in Betracht. Dabei kommt es hier zu keiner Rückzahlung an die Gesellschafter. Diese Form der Kapitalherabsetzung dient lediglich zum Ausgleich oder zur Verringerung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlusts, wodurch sich das Bilanzbild der Gesellschaft verbessert. Sie ist als ein mögliches Instrument zur Sanierung der (Finanzen der) Gesellschaft. Da bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung keine Auszahlungen an die Gesellschafter erfolgen und das Eigenkapital in Summe nicht verändert wird, bedarf es keines Aufgebotsverfahrens. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung bewirkt den Ausgleich einer „Unterbilanz“, indem eingetretene Verluste in der Bilanz nachvollzogen werden, weil das „Soll-Kapital“ an das schon durch Verluste verminderte „Ist-Kapital“ angeglichen wird. Die Saldierung des Stammkapitals und der Verluste erfolgt auf der Passivseite der Bilanz durch diese vereinfachte Kapitalherabsetzung, wodurch eine buchmäßige Sanierung der Gesellschaft eintritt. Weder das Gesellschaftsvermögen noch das Eigenkapital der Gesellschaft werden verändert und es wird auch keine Forderungen gegen die Gesellschaft begründet. 

Bei kleinen und mittelgroßen GmbHs dient die vereinfachte Kapitalherabsetzung der Möglichkeit der Abdeckung eines sonst auszuweisenden Bilanzverlustes – somit nicht als Vorsorge für künftige (erwartete) Verlustperioden. Auch hier ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Anmeldung der Kapitalherabsetzung zum Firmenbuch erforderlich.

Autoren

Mag. Gunther Gram und Mag. Georg Streit sind Partner bei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte (Wien).

________________________________________

1 ZB wenn der ehemalige Erwerb eines GmbH-Anteils unter dem Wert des – anteiligen - Stammkapitals erfolgt ist oder wenn im Zuge vonUmgründungsvorgängen negative Buchwerte gegeben waren.

2 oder, wenn die Liquidität nicht gegeben ist, ein negatives Kapitalkonto entsprechend saldiert/ausgeglichen werden.

3 bei EUR 25.000,00 immerhin um EUR 6.8750,00.

4 = 5 % von EUR 10.000,00.

5 Diese hat konstitutive Wirkung.

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