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Zulässigkeit von Verrechnungskonten bei GmbH-Gesellschaftern
Die Gastautoren Dr. Stefan Schermaier und Mag. Florian Schönberg erläutern, wann das Führen eines Verrechnungskontos aus steuer- und gesellschaftsrechtlicher Sicht zulässig ist. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr?
Obwohl rechtlich nur in einem sehr engen Rahmen zulässig, führen in der Praxis viele Kapitalgesellschaften „Verrechnungskonten“ für ihre Gesellschafter, auf denen etwa dem Gesellschafter zuzurechnende Ausgaben bzw Aufwendungen der Gesellschaft oder nicht als Gewinnausschüttung erfasste Entnahmen eines Gesellschafters oder auch sonstige verbucht werden. Problematisch ist das Führen von Verrechnungskonten nur dann, wenn zugunsten des Gesellschafters Beträge verbucht werden, welchen keine entsprechende Gegenforderung der Gesellschaft gegenübersteht beziehungsweise das Verrechnungskonto einen negativen Saldo aufweist. Der nachfolgende Beitrag soll klarstellen, unter welchen Voraussetzungen das Führen von Verrechnungskonten aus steuerrechtlicher und gesellschaftsrechtlicher Sicht zulässig ist.
1. Verbot der Einlagenrückgewähr
Gemäß § 82 Abs 1 GmbHG können Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluss als Überschuss der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluss der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Vorteile aus einem Dienst-, Werk-, Beratungsverhältnis sind hiervon jedoch dann ausgenommen, wenn es tatsächlich und nachweisbar eine entsprechende Gegenleistung vom Gesellschafter gibt und der zugewandte Vorteil nicht unangemessen ist (vgl. Foglar-Deinhardstein in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 82 GmbHG, RZ 103). Zahlungen der Gesellschaft, die daher rechtsgrundlos und ohne entsprechende Gegenleistung des Gesellschafters auf das Verrechnungskonto erfolgen, verstoßen unzweifelhaft gegen das durch § 82 GmbHG normierte Verbot der Einlagenrückgewähr. Gleiches gilt auch dann, wenn das Verrechnungskonto einen negativen Saldo aufweist.
2. Folgen bei Verstößen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr
2.1. Haftung des Gesellschafters
Folge eines Negativsaldos auf dem Verrechnungskonto beziehungsweise einer rechtsgrundlosen Buchung auf das Verrechnungskonto ist, dass die Stammeinlage des jeweiligen Gesellschafters geschmälert wird. Dementsprechend treten die in § 83 GmbHG normierten Rechtsfolgen ein. Primär ist daher der Gesellschafter zum Rückersatz verpflichtet.
2.2. Haftung des Geschäftsführers
Obwohl eine Haftung des Geschäftsführers in § 83 GmbHG nicht ausdrücklich normiert ist, wird sie von Lehre und Rechtsprechung aufgrund der Formulierung von § 83 Abs 2 GmbHG angenommen (vgl. Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler (Hrsg), GmbH-Gesetz3 (2007) zu § 83, RZ 2). Die Haftung des Geschäftsführers ist jedenfalls aber auch aufgrund von § 25 GmbHG begründet (Koppensteiner in Koppensteiner/Rüffler (Hrsg), GmbH-Gesetz3 (2007) zu § 83, RZ 2), weil im Fall der Erfüllung des Tatbestands der Einlagenrückgewähr der Geschäftsführer zum einen nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewendet haben kann (§ 25 Abs 1 GmbHG) und zum anderen entgegen den Vorschriften des GmbHG Gesellschaftsvermögen verteilt hat (§ 25 Abs 3 Z 1 GmbHG).
2.3. Subsidiäre Haftung der übrigen Gesellschafter
Aus Gründen des Gläubigerschutzes normiert § 83 Abs 2 GmbHG, dass – sollte ein Rückersatz durch den betroffenen Gesellschafter selbst oder durch den/die Geschäftsführer nicht erlangt werden können – die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Stammeinlage für die Volleinzahlung der Stammeinlage (und somit für die Wiedereinzahlung der rückgewährten Einlage) haften. Dies ist in Österreich von besonderer Bedeutung, weil nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre nicht nur der Nominalbetrag der vormals bereits geleisteten Stammeinlage wieder der Gesellschaft zugeführt werden muss, sondern der gesamte in die Sphäre des/der betroffenen Gesellschafter geflossenen Leistung, der keine angemessene Gegenleistung gegenüber gestanden ist (Foglar-Deinhardstein in Foglar-Deinhardstein/Aburumieh/Hoffenscher-Summer (Hrsg), GmbHG (2017) zu § 83 GmbHG.
3. Steuerrechtliche Qualifikation als verdeckten Gewinnausschüttung
Aus steuerrechtlicher Sicht kann das Führen von Verrechnungskonten als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert werden. Eine solche liegt insbesondere dann vor, wenn ein Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft Schulden hat und das Verrechnungskonto sohin einen negativen Saldo aufweist. Ob eine solche verdeckte Gewinnausschüttung bei Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter und Verbuchung auf dem Verrechnungskonto vorliegt, ist mit einem von durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 17.12.2014, 2011/13/0115; 26.2.2015, 2012/15/0177) entwickelten und in den Körperschaftssteuerrichtlinien (KStR 2013) festgelegen dreistufigen Prüfverfahren zu klären.
Bei Verbuchung des überlassenen Geldbetrags auf dem Verrechnungskonto des Gesellschafters liegt eine verdeckte Ausschüttung über den entnommenen Betrag dann vor, wenn im Vermögen der Gesellschaft im Gegenzug keine durchsetzbare Forderung entsteht („werthaltiger Aktivtausch“). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine Rückzahlung durch den Gesellschafter nicht gewollt war oder wegen absehbarer Uneinbringlichkeit nicht zu erwarten war. Dies ist insbesondere auch dann der Fall, wenn der Gesellschafter über keine ausreichende Bonität verfügt und der Gesellschaft keine ausreichenden Sicherheiten bereitgestellt wurden, sodass zu erwarten ist, dass der überlassene Betrag (zuzüglich Zinsen) bis zum vereinbarten Ablauf nicht beglichen werden kann. Zusammengefasst ergibt sich aus den KStR folgendes Prüfschema, welches bei jedem Geldfluss an den Gesellschafter zur Anwendung gelangt:
3.1. 1. Prüfschritt – Vereinbarung mit dem Gesellschafter
Ausgangspunkt der Prüfung ist die zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft bestehende Vereinbarung. Wenn diese nicht dokumentiert ist, muss eine kurzfristige Geldmittelüberlassung angenommen werden (vergleichbar einem Kontokorrentverhältnis). In einem solchen Fall muss (i) die Verzinsung entsprechend hoch sein und (ii) der Gesellschafter in der Lage sein, die Verbindlichkeit kurzfristig tilgen zu können.
3.2. 2. Prüfschritt – Bonität des Gesellschafters
In Hinblick auf die Bonität des Gesellschafters ist das laufende aktuelle und zukünftige Einkommen exklusive Einkommensbestandteile, die dem Grunde und der Höhe nach äußerst ungewiss sind, zu prüfen. Bei einer langjährig stabilen Ertragslage oder entsprechend hohen Gewinnvorträgen der Gesellschaft und ausreichend Stimmrechten des Gesellschafters können auch zukünftige Gewinnausschüttungen in die Prüfung miteinbezogen werden. Weitere wesentliche Beurteilungskriterien sind die Stabilität der Einkommenssituation des Gesellschafters, die Ersparnisse und das Vermögen des Gesellschafters sofern eine Verwertung zukünftig realistisch und möglich erscheint, vorhandene Schulden und Verpflichtungen des Gesellschafters sowie der vereinbarte Rückzahlungszeitraum.
3.3. 3. Prüfschritt – Sicherheiten
Hinsichtlich der zu bestellenden Sicherheiten muss die Gesellschaft in der Lage sein, ihre Forderung durch entsprechenden Zugriff bzw Verwertung zu befriedigen. Sollte bei einer Kreditierung von über EUR 50.000,– und einer vereinbarten Dauer von über drei Jahren keine Sicherheiten durch den Gesellschafter gewährt werden, ist von Fremdunüblichkeit auszugehen und darüber hinaus eine absehbare Uneinbringlichkeit der Forderung beim Gesellschafter anzunehmen. Für den Fall der Verschlechterung der Bonität des Gesellschafters und einem Fehlen von Sicherheiten müssen entsprechende Maßnahmen durch die Gesellschaft gesetzt werden, um die Einbringlichkeit der Forderung sicherzustellen. Ist dies nicht der Fall ist ein Forderungsverzicht und somit eine verdeckte Ausschüttung anzunehmen.
3.4. Ergebnis der Prüfung
Ergibt die Prüfung, dass die auf dem Verrechnungskonto erfasste Forderung einem Darlehen entspricht, kann eine verdeckte Ausschüttung gegebenenfalls (nur) im Ausmaß der Differenz zwischen der tatsächlich erfolgten Verzinsung und einer fremdüblichen Verzinsung vorliegen.
Soweit eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, führt dies beim begünstigten Gesellschafter zu einer Erhöhung der Einkünfte aus Kapitalvermögen und diese unterliegen dementsprechend der Kapitalertragssteuer (KeSt) in Höhe von 27,5 %. Auf Seite der Gesellschaft führt eine verdeckte Gewinnausschüttung im Ergebnis zu einem höheren Gewinn, welcher bei Vornahme einer gewinnerhöhenden Korrektur der Körperschaftssteuer (KöSt) in Höhe von 25 % unterliegt. Darüber hinaus kann in einer verdeckten Gewinnausschüttung auch der Tatbestand der Abgabenhinterziehung verwirklicht sein. Gemäß § 33 Abs 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) macht sich der Abgabenhinterziehung nämlich schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann eine solche vorsätzliche Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht darstellen (vgl. FSRV/0001-W/04-RS1). Gemäß § 33 Abs 5 FinStrG wird die Abgabenhinterziehung mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 FinStrG auf Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren zu erkennen.
4. Conclusio
Zusammengefasst ergibt sich in Hinblick auf die gesellschaftsrechtlichen Haftungstatbestände als auch möglicher steuerlicher Konsequenzen, dass bei der Führung von Verrechnungskonten unbedingt darauf geachtet werden sollte, dass, sofern kein anderer Rechtsgrund vorliegt, die Geldüberlassung einer fremdüblichen Kreditierung entspricht und auch dementsprechend dokumentiert werden soll. Aus gesellschaftsrechtlicher Sicht ist, um das Vorliegen einer verbotenen Einlagenrückgewähr zu vermeiden, in gleicher Weise wie im Steuerrecht auf eine Fremdüblichkeit der Leistungsbeziehung zu achten.
Über die Autoren
Dr. Stefan Schermaier ist Rechtsanwalt und Partner, Mag. Florian Schönberg Rechtsanwalt bei TONNINGER | SCHERMAIER & Partner Rechtsanwälte (http://www.ts.at). Schwerpunkttätigkeiten der Autoren sind Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, M & A, Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Vertragsrecht.