Verjährung von Rückersatzansprüchen nach § 83 Abs 1 GmbHG
OGH zur Gebrauchsüberlassung einer Wohnung an einen ehemaligen Gesellschafter: Wie sieht es bezüglich des Verstoßes gegen die Einlagenrückgewähr und der Verjährung von Rückersatzansprüchen nach § 83 Abs 1 GmbHG aus?
Geschäftszahl
OGH 18.11.2022, 6 Ob 112/22x
Norm
§§ 82, 83 GmbHG; §§ 877, 1486 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Die für die erfolgte Gebrauchsüberlassung einer Wohnung geltend gemachten Kondiktionsansprüche nach § 877 ABGB analog unterliegen der sinngemäß heranzuziehenden dreijährigen Verjährungsfrist des § 1486 Z 4 ABGB. Dieser bereicherungsrechtliche Anspruch kann für den Fall eines Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr neben dem Rückforderungsanspruch nach § 83 GmbHG bestehen, der in fünf Jahren verjährt.
OGH: Im Anlassfall überließ die klagende Gesellschaft den beklagten (ehemaligen) Gesellschaftern eine Wohnung zum Gebrauch. Dieses Wohnungsgebrauchsrecht verstieß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 82, 83 GmbHG und war somit nichtig.
Die Ansprüche der Gesellschaft auf Rückersatz nach § 83 Abs 1 GmbHG verjähren gemäß Abs 5 leg cit in fünf Jahren, sofern der Ersatzpflichtige die Widerrechtlichkeit der Zahlung nicht kannte. Nach stRsp konkurriert dieser Rückforderungsanspruch nach § 83 GmbHG mit der bereicherungsrechtlichen Rückforderung von verbotswidrigen Leistungen.
Der hier geltend gemachte Anspruch unterliegt einer dreijährigen Verjährungsfrist. Die Gebrauchsüberlassung einer Wohnung zugunsten der Beklagten war eine bewusste und zweckgerichtete Vermögenszuwendung seitens der Klägerin, was zwingend zu einer Qualifikation des Rückforderungsanspruchs als Leistungskondiktion nach § 877 ABGB analog führt.
Der OGH hat bereits mehrfach allgemein ausgesprochen, dass die Kondiktion von verbotswidrigen Leistungen aufgrund der gebotenen selbstständigen verjährungsrechtlichen Beurteilung der konkurrierenden Anspruchsgrundlagen dem allgemeinen Verjährungsregime des ABGB unterliegt. Vor Anwendung der allgemeinen 30-jährigen Verjährungsfrist ist allerdings stets zu prüfen, ob der infrage stehende Rückforderungsanspruch nicht unter einen besonderen gesetzlichen Tatbestand fällt, der – direkt oder durch analoge Anwendung – eine kurze Verjährungsfrist vorsieht. Nach der jüngeren Rechtsprechung ist die Verjährung analog nach der Art des Anspruchs zu beurteilen, an dessen Stelle die Kondiktion tritt. Insbesondere ist die dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 ABGB auch auf (Bereicherungs-)Ansprüche zu erstrecken, die funktionell vertraglichen Erfüllungsansprüchen ähneln oder wirtschaftlich an deren Stelle treten.
Diese Erwägungen gelten zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen nicht nur hinsichtlich jener Tatbestände des § 1486 ABGB, die nach ihrem Wortlaut von vornherein nicht auf einen bestimmten, der Leistung zugrundeliegenden Rechtsgrund abstellen (vgl Z 1, 2, 3 und 6 leg cit), sondern auch in Bezug auf Z 4, die insoweit enger formuliert ist, als sie nur vertragliche Vergütungsansprüche für die Gebrauchsüberlassung erfasst.
Der besondere Verjährungstatbestand des § 1486 Z 4 ABGB kommt im Anlassfall auch konkret zur Anwendung, weil das von der Klägerin geforderte Benützungsentgelt nichts anderes darstellt als das wirtschaftliche Äquivalent zur angemessenen vertraglichen Vergütung für die Nutzung der Wohnung.
Auf die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr und der daraus abzuleitenden Kondiktion für den Bereicherungsgläubiger kommt es – anders als nach § 83 Abs 5 GmbHG – im Bereicherungsrecht nicht an.