Akontozahlungen der Wohnungseigentümer und Aufrechnungsverzicht
Aktuelle OGH-Entscheidung zur Frage, ob der Einwand vertragswidriger Vorschreibung von Bewirtschaftungskosten die Fälligkeit der Akontoforderungen hindert.
Geschäftszahl
OGH vom 24.03.2022, 5 Ob 14/22b
Norm
§§ 20,32 WEG 2002
Leitsatz
Quintessenz:
Akontozahlungen können auch dann noch eingehoben werden, wenn die Aufwendungen, für die sie vorgeschrieben wurden, bereits abgerechnet sind, jedoch strittig ist, ob die Abrechnung ordnungsgemäß, vollständig oder richtig ist. Der Einwand vertragswidriger Vorschreibung von Bewirtschaftungskosten hindert die Fälligkeit der Akontoforderungen nicht.
OGH: § 32 Abs 1 WEG 2002 legt fest, dass Aufwendungen für die Liegenschaft einschließlich der Beiträge zur Rücklage von den Wohnungseigentümern nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile bei Ende der Abrechnungsperiode zu tragen sind. Der Beitragspflicht der Wohnungseigentümer steht ein entsprechender Anspruch der Eigentümergemeinschaft gegenüber.
Zum Aufgabenbereich des Verwalters gehören die Festsetzung der monatlichen Akontozahlungen sowie der Beiträge zur Rücklage in angemessener Höhe und die Klärung der Modalitäten der Einhebung (5 Ob 158/19z; 5 Ob 162/19p). Die vom Verwalter vorgeschriebenen Beiträge sind für die Mit- und Wohnungseigentümer bindend, solange die Mehrheit der Miteigentümer dem Verwalter keine (abweichende) bindende Weisung erteilt.
Akontozahlungen können auch dann noch eingehoben werden, wenn die Aufwendungen, für die sie vorgeschrieben wurden, bereits abgerechnet sind, jedoch strittig ist, ob die Abrechnung ordnungsgemäß, vollständig oder richtig ist. Es besteht weiterhin die Pflicht jedes einzelnen Wohnungseigentümers die im Rahmen der Liegenschaftsverwaltung vorgeschriebenen Akontozahlungen zu leisten, dies solange der Abrechnungssaldo nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt ist. Der Einwand vertragswidriger Vorschreibung von Bewirtschaftungskosten hindert die Fälligkeit der Akontoforderungen nicht – aus Gründen der Liquiditätssicherung zur laufenden Bewirtschaftung. Diesem Umstand wird auch dadurch Rechnung getragen, dass die Rechtsprechung die Aufrechnung gegen Bewirtschaftungskosten als unzulässig erachtet, weil es dem Zweck des Wohnungseigentumsvertrags entspricht, einen schlüssigen Verzicht der Wohnungseigentümer darauf anzunehmen, gegen Akontovorschreibungen zur Abdeckung der in § 32 Abs 1 WEG 2002 genannten Ausgaben mit eigenen Ansprüchen gegenüber der Eigentümergemeinschaft aufzurechnen (RS0109647).
In casu hat die Erstbeklagte ihr von der Klägerin vorgeschriebene Wohnbeiträge (Betriebskostenakonti und Beiträge zur Rücklage) nicht bezahlt. Die Beklagten begründeten dies damit, dass die Vorschreibungen nicht dem vereinbarten Verteilungsschlüssel entsprächen, die die Erstbeklagte als Miteigentümerin des weder bewohn- noch vermietbaren Rohdachbodens davon befreie, Betriebskostenakonti und Rücklagenbeiträge zu bezahlen.
Der OGH wendete ein, dass – betreffend die vorgeschriebenen Akonti auf Bewirtschaftungskosten – den Beklagten der Einwand nicht vertragsgemäßer Vorschreibung und eines unrichtigen Verteilungsschlüssels verwehrt ist. Die Frage der Richtigkeit und Rechtmäßigkeit der Vorschreibungen könne erst im Nachhinein aufgrund Bestreitung der Abrechnung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren aufgrund eines entsprechenden Antrags der Erstbeklagten geklärt werden. An der Fälligkeit der Vorschreibungen ändert dies nichts.