Intransparenz als Stolperstein: Unwirksamkeit von Bewirtschaftungskostenvereinbarungen im MRG-Teilanwendungsbereich
Gastautor Mag. Martin Brunnhauser von der MVÖ erläutert eine aufsehenerregende Entscheidung des OGH in einem Individualverfahren hinsichtlich der in einem Vertragsformblatt angeführten Klausel zu den Bewirtschaftungskosten.
Bezüglich der Wertsicherungsklausel bietet die Entscheidung jedoch kaum überraschendes.
Zum Sachverhalt
OGH vom 17.12.2024, 10 Ob 54/24z
Mit Unterfertigung eines vom Vermieter vorgelegten Mietvertrags, mieteten Mieter:innen eine Eigentumswohnung an. Der Vertrag enthielt nachstehende Klauseln:
6. … Bewirtschaftungskosten, (Betriebskosten, Heizkosten, öffentliche Abgaben, besondere Aufwendungen) monatliche Akontozahlung (Jahrespauschalverrechnung vgl Ziffer 8) inkl. USt. EUR 180,00
7. Wertsicherung 7.1. Die Vertragsparteien vereinbaren, dass die Hauptmiete für das Mietobjekt durch den von STATISTIK AUSTRIA – Bundesanstalt Statistik Österreich – ermittelten Verbraucherpreisindex VPI 2015 (Basis 2015=100) bestimmt wird. Die jeweils aktuellen Werte des Verbraucherpreisindexes sind ua auch im Internet unter der Adresse http://www.statistik.at abrufbar. Maßgebend ist der Indexwert, der für den Monat des Vertragsabschlusses verlautbart wird. 7.2. Diese Änderung der Hauptmiete kann erstmals nach Ablauf von einem Jahr seit Mietbeginn oder immer dann verlangt werden, wenn die maßgebende Zahl des Verbraucherpreisindexes sich um mindestens 5 vH gegenüber der Indexzahl bei der letzten Hauptmietanpassung nach oben oder unten verändert hat.
8. Bewirtschaftungskosten: 8.1. Neben dem Hauptmietzins sind sämtliche Bewirtschaftungskosten für das Gebäude vom Mieter anteilig zu bezahlen. Bewirtschaftungskosten sind: Insbesondere die in § 21 MRG aufgezählten Betriebskostenarten, die in § 22 MRG bestimmten Kosten für die Verwaltung, die in § 23 MRG bestimmten Kosten für die Hausbetreuung sowie öffentliche Abgaben und besondere Aufwendungen
Die Mieter:innen begehrten die Rückzahlung eines konkreten Betrags, der sich zum einen aus den geleisteten Betriebskostenpauschalen, als auch höherer Hauptmietzinse aufgrund vorgenommener Wertsicherungen ergab. Dies aufgrund der bekämpften oben angeführten Klauseln. Die Klausel über die Bewirtschaftungskosten würde gegen das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG verstoßen und gröblich benachteiligend und damit nichtig iSd § 879 ABGB sein.
Die Wertsicherungsklausel wäre nichtig, weil sie gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG verstoßen würde.
Verfahrensverlauf
Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, dass die Klauseln nicht nichtig wären. Der Mietvertrag wäre zur Durchsicht vorab ausgehändigt worden, sodass die Mieter:innen ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, den Vertrag zu prüfen und zu beanstanden. Die Betriebskostenklausel sei nicht unklar oder unverständlich und zudem nicht gröblich benachteiligend. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 hinsichtlich der Wertsicherungsklausel wurde vom Erstgericht nicht erblickt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und verwies dabei auf § 500a ZPO. Aufgrund der Aushändigung des Mietvertrags an die Mieter:innen sei davon auszugehen, dass der Vermieter zu einer Abänderung des von ihm verwendeten Textes bereit gewesen wäre. Es mangle an der typischen „Unterwerfungssituation“ und „Ungleichgewichtslage“.
Beurteilung des OGH zur Klausel über die Bewirtschaftungskosten
Der Senat hält fest, dass die Unwirksamkeit der Bewirtschaftungskostenklausel gem § 6 Abs 3 KSchG voraussetzt, dass sie in AGB oder Vertragsformblättern enthalten ist.
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind unter Allgemeinen Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen zu verstehen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.
Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nur dann nicht vor, wenn Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind (RS0123499 [T2]).
Der OGH erkannte, dass es sich bei Punkt 6. und 8. des Mietvertrags schon nach ihrer Textierung offensichtlich um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte (und nur hinsichtlich der darin genannten konkreten Beträge individualisierte) Textbausteine handelt. Im Verfahren erster Instanz wurde nicht vorgebracht, diese Klauseln unterlägen deswegen (doch) nicht dem § 6 Abs 3 KSchG, weil sie im Einzelnen ausgehandelt worden wären oder der Vermieter erkennbar dazu bereit gewesen wäre, die vorformulierten Vertragsbestimmungen im Einzelfall zu ändern.
Die dazu vom Erstgericht getroffenen Feststellungen sind daher überschießend und die Beurteilung der Vorinstanzen nicht zutreffend:
Die (einseitige) Formulierung einer Klausel ohne diesbezügliche Verhandlungen bedeutet gerade nicht, dass diese im Einzelnen ausgehandelt wurde (vgl RS0121396). Nach herrschender Rechtsprechung reicht es für ein solches Aushandeln auch nicht aus, dass die Klausel zwischen den Vertragsteilen bloß erörtert und dem Verbraucher bewusst gemacht worden ist (RS0121396 [T1]). Der Unternehmer muss vielmehr zu einer Änderung des von ihm verwendeten Textes erkennbar bereit gewesen sein (RS0121396 [T2]).
Diesen Anforderungen wird eine Klausel in einem schriftlichen Mietvertrag, den der Unternehmer dem Verbraucher (bloß) „zur Durchsicht bzw Unterfertigung“ aushändigt, nicht gerecht. Die Aushändigung „zur Durchsicht“ gibt dem Verbraucher bloß die Möglichkeit, den Vertrag „durchzusehen“, also zu lesen (und im Fall des Einverständnisses zu unterfertigen). Eine Bereitschaft, den von ihm verwendeten Text der Vertragsbestimmungen zu ändern oder auch nur darüber zu verhandeln, wird damit aber nicht kundgetan.
Intransparenz der Klauseln
Als Zwischenergebnis stellte der OGH fest, dass die Punkte 6. und 8. des Mietvertrags, soweit sie eine Verpflichtung zur Tragung der Bewirtschaftungskosten durch die Kläger festlegen, dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG unterliegen.
Der Oberste Gerichtshof beurteilte bereits Klauseln, mit denen – wie hier im Teilanwendungsbereich des MRG – nach § 1099 ABGB an sich vom Vermieter zu tragende Kosten auf den Mieter überwälzt werden, dann als intransparent, wenn diese überwälzten Kosten (bloß) beispielsweise aufgezählt werden und gleichzeitig darauf verwiesen wird, dass die in der Aufzählung genannten Kostenkategorien nicht ausschließlich sind.
Auch die gegenständlichen Punkte 6. und 8. des Mietvertrags sind intransparent, weil sie die Mieter:innen im Unklaren darüber lassen, was als Bewirtschaftungskosten zu verstehen ist und welche Kostenbelastung letztlich für sie daraus resultiert.
Die Vorinstanzen verwiesen darauf, dass die gegenständlichen Klauseln explizit aufgezählte bzw durch einen Verweis auf die §§ 21 bis 23 MRG erfasste Kostenpositionen enthalten, deren Überwälzung nicht intransparent sei. Dem hält der OGH entgegen, dass nach dem Wortlaut des § 6 Abs 3 KSchG unklare und unverständliche Vertragsbestimmungen vielmehr zur Gänze unwirksam sind und findet eine geltungserhaltende Reduktion damit auch im Individualprozess nicht statt (RS0122168).
Durch den Entfall dieser Klausel wird auch der Vereinbarung betreffend die Zahlung monatlicher Betriebskostenakonti die rechtliche Grundlage entzogen.
Mangels die Zahlung von Bewirtschaftungskosten und entsprechender Akonti rechtfertigender Rechtsgründe sind die unter dem Titel „Betriebskosten“ von den Mieter:innen geleisteten Beträge daher rückforderbar. Auf die Frage, ob die Vertragsbestimmung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend und auch aus diesem Grund nichtig ist, ging der OGH nicht mehr ein.
Beurteilung des OGH zur Wertsicherungsklausel
In der verfahrenseinleitenden Klage behaupteten die Mieter:innen, die Wertsicherungsklausel verstoße gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG. In der Revision führten sie zudem aus, dass sie intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und missbräuchlich iSd § 879 Abs 3 ABGB wäre, weil der Ausgangspunkt der Wertsicherung auf den Vertragsabschlusszeitpunkt abstellt, während der Mietbeginn erst über 3 Monate später lag.
Der OGH befand die Klausel weder als intransparent, noch erblickte er einen Verstoß gegen § 879 ABGB und § 6 Abs 2 Z 4 KSchG.
Der Umstand, dass die Wertsicherungsvereinbarung eine Veränderung der bei Vertragsabschluss vereinbarten, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen subjektiven Äquivalenz der Leistung verhindern soll, stellt keine gröbliche Benachteiligung dar.
Bei der vorliegenden Regelung ist eine Entgelterhöhung erstmals nach Ablauf von einem Jahr seit Mietbeginn zulässig. Ein Verstoß gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG kann daher nicht vorliegen.
Fazit
Diese Entscheidung ist daher positiv für Mieter:innen deren Mietverhältnis in den Teilanwendungsbereich des MRG fällt und wenn das Mietverhältnis dem KSchG unterliegt. Intransparente Klauseln zu den Betriebskosten sind bei diesen Mietverträgen häufig anzutreffen.
Autor
Mag. Martin Brunnhauser ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.