Provisionsanspruch des Maklers trotz fehlender Gewerbeberechtigung (Bsp Schweizer Makler)?
Führt das Fehlen einer Gewerbeberechtigung oder der einschlägigen Berufsbefugnis zum Entfall von Provisionsansprüchen des Maklers? Lesen Sie in diesem Beitrag, wie der OGH am Beispiel eines Schweizer Maklers entschieden hat.
Geschäftszahl
OGH 25.01.2023, 6 Ob 210/22h
Norm
§ 3 MaklerG, § 6 MaklerG, § 373a GewO, § 373b GewO, § 879 ABGB
Leitsatz
Quintessenz:
Das Fehlen einer Gewerbeberechtigung oder der einschlägigen Berufsbefugnis führt nicht zum Entfall von Provisionsansprüchen, da dies nicht dem Verbotszweck der einschlägigen Verbotsbestimmungen der Gewerbeordnung widerspricht.
OGH: Die international tätige, in der Schweiz ansässige Klägerin ist hauptsächlich im An- und Verkauf von Immobilien tätig. Weniger als 90 Tage im Jahr ist sie auch in Österreich tätig. In der Schweiz ist das Immobiliengewerbe nicht reglementiert, somit ist keine spezifische Ausbildung nachzuweisen. Die Klägerin verfügte über eine schweizerische, nicht jedoch über eine österreichische Gewerbeberechtigung. Für die gegenständliche, in Österreich gelegene Immobilie wurde ein Alleinvermittlungsauftrag erteilt. Diese wurde online inseriert. Der Beklagte vertrat die Ansicht, aufgrund der fehlenden Gewerbeberechtigung in Österreich nicht zur Zahlung der Vermittlungsprovision verpflichtet zu sein.
Gemäß § 373a Abs 1 Satz 1 GewO dürfen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU oder eines Vertragsstaats des EWR, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR niedergelassen sind und dort eine Tätigkeit befugt ausüben, auf die die Bestimmungen der Gewerbeordnung anzuwenden wären, diese Tätigkeit vorübergehend und gelegentlich unter den gleichen Voraussetzungen wie Inländer in Österreich ausüben. Dies gilt auch für Staatsangehörige der Schweiz und Gesellschaften, die nach schweizerischem Recht gegründet wurden und ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in der Schweiz haben, sinngemäß mit der Maßgabe, dass von ihnen Dienstleistungen in Österreich erbracht werden dürfen, deren tatsächliche Dauer 90 Arbeitstage pro Kalenderjahr nicht überschreitet.
Nach der Regelung des Artikel 10 Abs 1 Rom I-VO sind das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen nach dem Recht zu beurteilen, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre. Nach überwiegender Ansicht betreffen Fragen der Wirksamkeit neben Willensmängeln und deren Rechtsfolgen insbesondere auch die Nichtigkeit infolge Gesetzes- oder Sittenverstoßes, die Folgen der Teilnichtigkeit, die Umdeutung und die Vertragsaufhebung. Das österreichische Vertragsstatut ist daher auch maßgeblich für die Beurteilung einer allfälligen Nichtigkeit infolge Gesetzesverstoßes; konkret ist dieser daher nach § 879 Abs 1 ABGB zu beurteilen.
Aufgrund gefestigter Rechtsprechung ist ein Rechtsgeschäft mangels ausdrücklicher Nichtigkeitssanktion nur dann nichtig, wenn dies der Zweck des Verbotsgesetzes verlangt. Das Fehlen der erforderlichen Gewerbeberechtigung führt nicht zur Nichtigkeit des davon betroffenen Vertrags iSd § 879 Abs 1 ABGB. Das Ziel der gewerberechtlichen Bestimmung, dass nur dazu befugte Personen mit Befähigungsnachweis die Tätigkeit als Handelsagent entfalten dürfen, liegt darin, zu große Berufskonkurrenz zu vermeiden und die Ausübung des Berufs durch ungeeignete Personen unmöglich zu machen. Das gegenständliche Verbot, ohne die Erlangung einer entsprechenden Zulassung tätig zu werden, bezweckt jedoch nicht die von unbefugten Personen getroffenen Vereinbarungen, die von anderen Personen in gleicher Weise hätten geschlossen werden können, rückgängig zu machen und damit dem Geschäftspartner des unberechtigten Vermittlers eventuell sogar Vermögensvorteile zu verschaffen oder besser zu stellen. Das Nichtbestehen einer Gewerbeberechtigung oder der einschlägigen Berufsbefugnis führt jedenfalls nicht zum Entfall des Entgelt-, Honorar- bzw Provisionsanspruchs des Maklers.