Zur Errichtung eines Wintergartens mit PV-Anlage auf Allgemeinfläche
Aktuelle OGH-Entscheidung zur Frage, ob die Errichtung einer PV-Anlage auf allgemeinen Teile der Liegenschaft der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder der Genehmigung des Gerichts bedarf.
OGH-Entscheidung: Sachverhalt
Im Anlassfall begehrt der Antragsteller, die Zustimmung anderer Mit- und Wohnungseigentümer zum Bauvorhaben „Zubau Wintergartenkonstruktion sowie Errichtung einer Photovoltaikanlage“ auf dem näher bezeichneten Grundstück zu ersetzen.
Änderung auf Allgemeinfläche: Errichtung PV-Anlage
§ 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 erfasst Änderungen, bei denen (auch) allgemeine Teile der Liegenschaft „in Anspruch genommen“ werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Änderungsbegriff des § 16 Abs 2 WEG 2002 weit auszulegen, sodass auch Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft erfasst sind, und sogar Fälle, in denen ausschließlich allgemeine Teile der Liegenschaft betroffen sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Antragsteller am betreffenden Teil der Liegenschaft bereits ein Benützungsrecht zukommt. Voraussetzung dafür, eine Änderung an allgemeinen Teilen § 16 Abs 2 WEG 2002 zu unterstellen, ist lediglich, dass die Änderung für eine vorteilhaftere Nutzung des Wohnungseigentumsobjekts dienlich ist. Demgemäß wurde etwa die Genehmigung eines Flugdaches für zwei auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft gelegene Pkw-Abstellplätze, die im Rahmen einer Benützungsregelung an den Wohnungseigentümer zur ausschließlichen Benützung zugewiesen waren § 13 Abs 2 WEG 1975 unterstellt oder § 16 Abs 2 WEG 2002 auf die Errichtung eines Balkons auf einer allgemeinen Gartenfläche angewendet.
Anders wäre es dann, wenn der Antragsteller die Zuweisung eines Teils einer Allgemeinfläche an ihn als Wohnungseigentümer und damit eine Änderung der wohnungseigentumsrechtlichen Kategorien begehrt hätte; dies würde der Einstimmigkeit bedürfen und wäre einer gerichtlichen Entscheidung nicht zugänglich. Diesfalls wäre das Begehren nicht vom Änderungsrecht nach § 16 Abs 2 WEG 2002 umfasst.
Hier begehrte der Antragsteller allerdings nicht die Zuweisung eines Teils der Allgemeinfläche an ihn zwecks Eingliederung in sein Wohnungseigentumsobjekt. Gegenstand seines Sachantrags ist nur, die Zustimmung der Antragsgegner zu einem konkreten Bauvorhaben im Bereich der Doppelgarage zu ersetzen, die auf der ihm zur Alleinbenützung zugewiesenen Fläche von ihm errichtet worden war. Grundsätzlich kommt aufgrund dieser Benutzungsvereinbarung dem Antragsteller die ausschließliche rechtliche Verfügungsgewalt über diesen Teil zu.
Bleibende Substanzveränderung: Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder Genehmigung des Gerichts?
Seinem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht steht § 828 ABGB, wonach kein Teil einer gemeinsamen Sache bei Uneinigkeit der Miteigentümer Veränderungen vornehmen darf, aber dann entgegen, wenn eine Widmungsänderung oder ein Eingriff in die Substanz in die Rechtssphäre der übrigen Teilhaber vorliegt und deren wichtige Interessen berührt werden. Dies ist hier aufgrund der geplanten Baumaßnahmen, die jedenfalls auch allgemeine Teile betreffen, der Fall. Es handelt sich bei den begehrten Baumaßnahmen um bleibende Substanzveränderungen, die – da allgemeine Teile betroffen sind – entweder der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder eben der Genehmigung des Gerichts nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG 2002 bedürfen.
Fazit
Auch wenn einem Mit- und Wohnungseigentümer an dem von einer Änderung betroffenen Teil der Liegenschaft das alleinig Nutzungsrecht zukommt, bedürfen geplante Baumaßnahmen, die jedenfalls auch allgemeine Teile betreffen und bleibende Substanzveränderungen bewirken, entweder der Zustimmung aller Mit- und Wohnungseigentümer oder der Genehmigung des Gerichts nach den Kriterien des § 16 Abs 2 WEG 2002.
OGH vom 14.11.2024, 5 Ob 114/24m