05.09.2022 | Wohnrecht | ID: 1121497

Mietzinserhöhungen aufgrund neuer Richtwerte und Kategoriebeträge

Martin Brunnhauser

Mag. Martin Brunnhauser, MVÖ, erläutert die Auswirkungen der Mietzinserhöhungen aufgrund der neuen Richtwerte und Kategoriebeträge. Was gilt es hinsichtlich der Zustellung des Erhöhungbegehrens und dem gesetzlich zulässigen Zinsausmaß zu beachten?

Aufgrund des mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetzes (MPFLG) kam es zu einer Verschiebung der an sich mit 01.04.2021 vorzunehmenden Valorisierung der Richtwerte und der Kategoriebeträge um ein Jahr. Vergangenen April wurden die Richtwerte und Kategoriebeträge daher verzögert mit Wirksamkeit zum 01.04.2022 valorisiert. Mit Wirksamkeit 01.06.2022 wurden die Kategoriebeträge ein weiteres Mal valorisiert.

§ 5 Abs 2 RichtWG sieht nunmehr, beginnend mit dem 01.04.2022, ein weiteres Mal mit 01.04.2023 und danach wieder im gewohnten zweijährigen Rhythmus eine Anpassung der Richtwerte in jenem Ausmaß vor, welches sich aus der Veränderung des verlautbarten Jahresdurchschnittswertes des Verbraucherpreisindex 2010 des jeweiligen Vorjahrs gegenüber dem Indexwert 116,3 (Durchschnittswert des Jahres 2018) ergibt. Dieser Berechnungsformel folgend, wurden durch die Bundesministerin für Justiz in BGBl II Nr 137/2022 folgende Richtwerte für die neun Bundesländer kundgemacht.

Neue Richtwerte

 

Alt

Neu (seit 01.04.2022)

Burgenland

EUR 5,30

EUR 5,61

Kärnten

EUR 6,80

EUR 7,20

Niederösterreich

EUR 5,96

EUR 6,31

Oberösterreich

EUR 6,29

EUR 6,66

Salzburg

EUR 8,03

EUR 8,50

Steiermark

EUR 8,02

EUR 8,49

Tirol

EUR 7,09

EUR 7,50

Vorarlberg

EUR 8,92

EUR 9,44

Wien

EUR 5,81

EUR 6,15

Bereits im Februar 2021 kam es aufgrund der für Dezember 2020 verlautbarten Indexzahl zu der in § 16 Abs 6 MRG normierten Schwellenwertüberschreitung des VPI 2000 von über 5 % im Vergleich zu der zuletzt für die Valorisierung maßgebenden Indexzahl. Aufgrund der Spezialbestimmung § 16 Abs 6a MRG kam es erst ein Jahr später zu der ausstehenden Anhebung. Die generelle Valorisierung nach § 16 Abs 6 MRG blieb durch das MPFLG unberührt. Im April 2022 wurde aufgrund der für Februar 2022 verlautbarten Indexzahl erneut der 5%ige Schwellenwert überschritten.

Neue Kategoriebeträge

Die neuen Kategoriebeträge des § 15a Abs 3 MRG wurden mit BGBl II Nr 138/2022 und BGBl II Nr 209/2022 durch die Bundesministerin für Justiz kundgemacht. Daraus ergeben sich folgende Werte:

 

Alt

Neu (ab 01.04.2022)

Neu (ab 01.06.2022)

Kategorie A

EUR 3,60

EUR 3,80

EUR 4,01

Kategorie B

EUR 2,70

EUR 2,85

EUR 3,01

Kategorie C

EUR 1,80

EUR 1,90

EUR 2,00

Kategorie D

EUR 0,90

EUR 0,95

EUR 1,00

Mit der Valorisierung der Kategoriebeträge erhöhen sich auch die Hauptmietzinse gemäß § 16 Abs 5 MRG, der wertbeständige Mietzins gemäß § 45 Abs 1 MRG (2/3 der jeweiligen Kategorie), der in § 46 Abs 2 MRG normierte Betrag für die Anhebung nach nicht privilegiertem Mietrechtseintritt, die in § 18 Abs 5 und § 20 Abs 1 Z 1 lit b sublit dd MRG angeführten Beträge, sowie – von großer praktischer Bedeutung – das Verwaltungshonorar nach § 22 MRG.

Erfordernisse für eine Wertsicherung des Richtwert- oder Kategoriemietzinses

Voraussetzung für die Anhebung des Mietzinses aufgrund verlautbarter valorisierter Beträge ist eine entsprechende Wertsicherungsvereinbarung (MietSlg 57.309). Bei Mietverträgen, in welchen eine vom RichtWG und MRG abweichende Wertsicherung vereinbart wurde, ist eine Anhebung aufgrund der nunmehr kundgemachten Richtwerte und Kategoriebeträge nicht möglich. Es ist daher eine entsprechende Wertsicherung nach § 5 RichtWG bzw § 16 Abs 6 MRG erforderlich.

Bei nach § 45 MRG und § 46f MRG wertbeständigen Hauptmietzinsen verhält es sich anders, da diese gesetzlich wertgesichert sind und daher keiner gesonderten Wertsicherungsvereinbarung bedürfen.

Zustellung des Erhöhungsbegehren und Fristen

Gem. § 16 Abs 9 MRG müssen Vermieter:innen den Hauptmieter:innen spätestens 14 Tage vor dem betreffenden Zinstermin ein entsprechendes Erhöhungsbegehren zustellen. Dieses Schreiben muss zudem erst nach Wirksamwerden der Indexvereinbarung ausgefertigt werden.

Verfrühte Wertsicherungsschreiben wirken nicht zum rechtlich nächstmöglichen Zinstermin, sondern entfalten gar keine Rechtswirkung (10 Ob 2134/96p). Heben Vermieter:innen nach Kundmachung, aber vor Wirksamkeit der valorisierten Richtwerte bzw Kategoriebeträge den Hauptmietzins an, ist ein solches Erhöhungsschreiben unbeachtlich und sind Mieter:innen auch nicht zu den folgenden Zinsterminen verpflichtet, den wertgesicherten Hauptmietzins zu bezahlen.

Bei bloßem Nichteinhalten der 14tägigen Ankündigungsfrist ist das Schreiben nicht zur Gänze unwirksam, sondern erlangt es erst zum nächsten Zinstermin Wirksamkeit (MietSlg 37.349). Maßgeblich für die Einhaltung der 14-Tages-Frist ist richtigerweise das Einlangen des Erhöhungsbegehrens bei den Mieter:innen und nicht der Tag der Postaufgabe durch die Vermieter:innen.

Gesetzlich zulässiges Zinsausmaß

Durch die Wertsicherung und somit Anhebung des Hauptmietzinses darf das gesetzlich zulässige Zinsausmaß zudem nicht überschritten werden. Sollte dieser Fall eintreten, ist eine Wertsicherung des Hauptmietzinses nicht möglich. Gem. § 16 Abs 9 MRG ist nicht das Erhöhungsausmaß an sich zu prüfen, sondern ob durch die Anhebung das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wird (Stabentheiner, Das MILG- Inflationslinderung im Mietrecht, wobl 2008/98). Liegt der zum Zeitpunkt der Wertsicherung gesetzlich zulässige Hauptmietzins unter dem wertgesicherten Betrag, so ist die Anhebung in diesem Ausmaß (teil-)unwirksam. Gem. § 16 Abs 8 MRG ist die (Teil-)Unwirksamkeit der Anhebung von den Mieter:innen binnen drei Jahren geltend zu machen, ansonsten der Anspruch präkludiert.

Eine weitere Voraussetzung für die Möglichkeit der Wertsicherung des Hauptmietzinses ist, dass durch die Anhebung das gesetzlich zulässige Zinsausmaß nicht überschritten wird. Dabei ist iSd § 16 Abs 9 MRG nicht das Erhöhungsausmaß an sich zu prüfen, sondern ob durch die Anhebung das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten wird (Stabentheiner, Das MILG – Inflationslinderung im Mietrecht, wobl 2008/98). Überschreitet der wertgesicherte Betrag den zum Zeitpunkt der Wertsicherung gesetzlich zulässigen Hauptmietzins, so ist die Anhebung in dem Ausmaß (teil-)unwirksam. Zu beachten ist, dass es sich hierbei um eine vom Mieter geltend zu machende (Teil-)Unwirksamkeit handelt, die durch Ablauf der gemäß § 16 Abs 8 MRG dreijährigen Präklusivfrist saniert wird.

Ausblick

Wie weiter oben bereits ausgeführt, hat das MPFLG keine Auswirkung auf die generelle Valorisierung der Kategoriebeträge nach § 16 Abs 6 MRG. Damit kam es zu den Erhöhungen im Abstand von lediglich zwei Monaten. In Zeiten hoher Inflation ist jedoch absehbar, dass der festgelegte Schwellenwert von 5 % bald, voraussichtlich kommenden November, erneut überschritten werden wird und die Kategoriebeträge wieder entsprechend angehoben werden. Bei den Richtwertmietzinsen sind die Anhebungszeitpunkte im Gesetz jedoch terminlich fixiert. Es ist daher damit zu rechnen, dass die für April 2023 zu verlautbarenden Richtwerte mit einer massiven Steigerung einhergehen werden.

An dieser Stelle sollen die zahlreichen Mietverhältnisse, die nicht dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen und entsprechend keine Mietzinsbildungsvorschriften auf sie Anwendung finden, nicht unerwähnt bleiben. Bei diesen Mietverhältnissen ist in der Regel eine Wertsicherung nach dem VPI meist auch ohne Schwellenwert vereinbart. Eine 14tägige Frist vor Anhebung ist grundsätzlich nicht einzuhalten und können Wertsicherungen im Rahmen der allgemeinen Verjährungsfristen auch rückwirkend geltend gemacht werden.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber angesichts der allgemein angespannten wirtschaftlichen Lage bei den zu verlautbarenden Richtwerten und Kategoriebeträgen in der Zukunft noch Änderungen vornehmen wird. Ein Aussetzen der Verlautbarungen wie durch das MPFLG führt jedoch nur zu einer Verzögerung der unausweichlichen Anhebungen. Um auch Mieter:innen, deren Mietverhältnisse dem Teilanwendungsbereich unterliegen, zu entlasten, müssten andere Lösungen gefunden werden.

Autor

Mag. Martin Brunnhauser ist Jurist der Mietervereinigung Österreichs mit langjähriger Beratungserfahrung in sämtlichen Bereichen des österreichischen Wohnrechts und Vertretungstätigkeit in allen Angelegenheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens.

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