Neues Strahlenschutzgesetz 2020 – Was müssen Unternehmen beachten?
Seit 01.08.2020 gilt das neue StrSchG 2020 und löst damit das bisherige Gesetz ab. Der Strahlenschutzexperte Ing. Alexander Stolar, MSc EUR ING informiert Sie über die Neuerungen bei Dosis-Grenzwerten, Bewilligungspflichten und Radon.
Wie in anderen technischen und medizinischen Bereichen ist es auch im Strahlenschutz. Der Stand der Technik und die Anforderungen an die Sicherheit unterliegen einem steten Fortschritt. So war auch das österreichische Strahlenschutzrecht gefordert, die Anpassungen in Österreich zu implementieren, die gemäß der EU-Richtlinie 2013/59/Euratom vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung gelten.
Welche Neuerungen gibt es seit August 2020?
Während die Anpassungen der Gesetzgebung gemäß der Euratom-Richtlinie im Vorfeld bereits Diskussionen über bevorstehende Änderungen erzeugten, sind nun kurz vor Inkrafttreten des neuen Rechts einige Änderungen bereits absehbar. Sie sind aber nicht so haarsträubend wie befürchtet ausgefallen.
Neben einer Änderung des Strahlenschutzgesetzes (BGBl I Nr 50/2020), welche mit 1. August 2020 Gültigkeit erlangte, werden auch die entsprechenden Durchführungsverordnungen geändert und adaptiert werden. Geplant war, dass auch diese ab 01.08.2020 gelten:
- Verordnung über allgemeine Maßnahmen zum Schutz vor Gefahren durch ionisierende Strahlung (Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020 – AllgStrSchV 2020), seit 01.08.2020 gültig
- Verordnung über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Gefahren durch Radon (Radonschutzverordnung – RnV), BGBl II Nr 470/2020, seit 10.11.2020 gültig
- Verordnung über Interventionen in Notfallexpositionssituationen und in bestehenden Expositionssituationen nach einem radiologischen Notfall oder aufgrund von kontaminierten Waren oder aufgrund von radioaktiven Altlasten (Interventionsverordnung 2020 – IntV 2020), seit 01.08.2020 gültig
- Verordnung, mit der die Radioaktive Abfälle-Verbringungsverordnung 2009 geändert wird, seit 01.08.2020 gültig
Umgang mit Radon
Die kritischeren Änderungen wird die neue „Radonschutzverordnung“ bringen. So liegen in Österreich mehrere Bundesländer in Radonvorsorgegebieten, diese werden in der Anlage 1 zur RnV gelistet sein. Die RnV kann bauliche Adaptierungen wie beispielsweise den Einbau von Lüftungsanlagen in bestehenden Räumlichkeiten erforderlich machen. Dies kann bestehende Arbeitsplätze genauso betreffen, wie es bei Neubauten zu Mehrkosten führen kann.
Allgemeine Strahlenschutzverordnung 2020
Tätigkeiten mit natürlichen radioaktiven Materialien wurden von der „Natürliche Strahlenquellen-Verordnung“ in die Allgemeine Strahlenschutzverordnung übergeführt. Der Schutz des fliegenden Personals, der bisher in einer eigenen Verordnung geregelt war, wurde ebenfalls in die allgemeine Strahlenschutzverordnung transferiert.
Weiters gab es Anpassungen an internationale Erkenntnisse und Grenzwerte. So wurde beispielsweise die Augenlinsendosis von beruflich strahlenexponierten Personen auf 20 mSv pro Jahr (5-Jahres-Durchschnitt) gesenkt. Auch erfolgten Anpassungen der Werte der Anhänge an den Stand der Technik sowie internationale Empfehlungen.
Personen zwischen 16 und 18 Jahren dürfen zukünftig als strahlenexponierte Personen tätig werden, sofern es ihre Ausbildung bzw Tätigkeit erfordert. Der Grenzwert von 6 Millisievert muss eingehalten werden.
Es ist angedacht, die Verwendung von bauartzugelassenen Geräten von der Bewilligungspflicht auszunehmen. Jedoch sollen nur mehr solche Bauarten genehmigt werden, die ein niedriges Gefährdungspotential aufweisen. Einrichtungen mit hochradioaktiven Quellen (bisher HASS) bzw hohem Gefährdungspotential sollen von dieser Regelung ausgenommen sein und benötigen eine Einzelzulassung bzw strahlenschutzrechtliche Bewilligung. Diese Regelung wird auch für bereits zugelassene Geräte wie beispielsweise für die Gammagraphie mit einer Übergangsfrist geltend nachzuziehen sein. Derzeit vorgeschlagen der 31. Dezember 2022.
Die Erstellung von Sicherheitsanalyse, Störfallanalyse und Notfallplanung soll bei Tätigkeiten mit geringem Gefährdungspotential in Zukunft entfallen können. Nach Ansicht des Autors macht es aber bei jeder Anwendung Sinn sich darüber Gedanken zu machen und diese schriftlich beispielsweise für Schulungen festzuhalten!
Umschlossene Strahlenquellen mit geringer Aktivität (vorgeschlagen wird eine 10-fache Freigrenze) sollen aus der Pflicht der Dichtheitsprüfung herausfallen. Typischerweise zählen dazu Kalibrierquellen von Messgeräten.
Transport und Verbringung
Die gefürchtete Aufhebung der Ausnahme der Bewilligungspflicht beim Transport von radioaktiven Stoffen ist glücklicherweise nicht eingetreten. Während der Transport nach Gefahrgutbeförderungsgesetz von der Bewilligungspflicht nach Strahlenschutzgesetz ausgenommen war, findet man diesen Absatz nun in der allgemeinen Strahlenschutzverordnung. Die Radioaktive Abfälle-Verbringungsverordnung regelt vor allem die Meldewege vor einer Verbringung neu.
Fazit
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich für den durchschnittlichen Verwender von Strahlenquellen oder Strahleneinrichtungen keine gravierenden Änderungen ergeben. Es können aber in Ihrem Unternehmen Anpassungen erforderlich sein! Die Notwendigkeiten für die Umsetzung der Radonschutzverordnung werden sich wohl erst in Erprobungen evaluieren lassen und beweisen müssen.