17.06.2021 | Arbeitssicherheit & Brandschutz | ID: 1093972

Long Covid und das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz

Bernd Bruckmann

Long Covid – man fühlt sich schon nach wenigen Aktivitäten müde, ist psychisch belastet oder kann sich nicht mehr lange konzentrieren. Was bedeutet das für Mitarbeiter und Arbeitgeber? Welche Rolle kann das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz spielen?

Der Geruchssinn funktioniert nach wie vor eingeschränkt, das Atmen fällt immer noch schwer, man fühlt sich schon nach wenigen Aktivitäten im Job müde, ist psychisch belastet oder kann sich nicht mehr lange konzentrieren – das ist typisch für Long Covid. Aber was bedeutet das für Mitarbeiter und Arbeitgeber?

Long Covid kommt auch in Unternehmen an

Obwohl die Symptome von Long Covid Erkrankten individuell sehr unterschiedlich sind und die publizierte Anzahl der davon Betroffenen noch nicht wirklich zuverlässig ist – das Phänomen Long Covid gibt es bereits seit Beginn der Corona-Krise und wird Menschen, Gesundheitssysteme und Unternehmen weiterhin beschäftigen.

Derzeitige Einschätzungen gehen davon aus, dass rund 60.000 Personen in Österreich an Long Covid leiden und somit erreicht dieses Phänomen auch viele Betriebe!

Wenn Mitarbeiter von Long Covid betroffen sind, hat das entsprechende Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und wirft somit die Frage auf, wie man damit im Job umgehen kann?

Was tun als Betroffener?

Zunächst ist es wichtig, dass die Betroffenen selbst alle Möglichkeiten nutzen und nicht aufgeben, um ihre Gesundheit wieder völlig herzustellen. Dabei sind folgende Schritte hilfreich:

  1. eine klare und differenzierte Diagnose
  2. die konsequente Durchführung entsprechender medizinischer Maßnahmen
  3. Abklärung und Nutzung gezielter Rehabilitations-Angebote
  4. persönliche Gesundheitsziele vereinbaren und umsetzen

Da Corona eine im Arbeitsumfeld meldepflichtige Erkrankung ist, ist der Arbeitgeber im Idealfall auf die Thematik von Long Covid bereits sensibilisiert. Wenn es dann im Unternehmen auch bisher schon einen konstruktiven und wertschätzenden Umgang mit anderen „Langzeiterkrankungen“ gibt, bestehen gute Aussichten auf eine völlige Genesung.

Arbeitsrechtliche Möglichkeiten im Unternehmen

Seit 2017 gibt es in Österreich das Wiedereingliederungsteilzeitgesetz, das speziell als freiwilliges(!) Modell für einen sanften Einstieg in den Arbeitsprozess nach einem langen Krankenstand entwickelt wurde: hat ein Krankenstand – egal ob aus physischen oder psychischen Gründen – länger als 6 Wochen gedauert, kann die bisherige Normalarbeitszeit herabgesetzt werden. Darüber gibt es eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das Unternehmen übernimmt die Kosten für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, die Gesundheitskasse finanziert das so genannte Wiedereingliederungsgeld. Grundlage dafür ist das „erhöhte Krankengeld“, das sind 60 % der Bemessungsgrundlage.

Ein Beispiel:

Eine Arbeitnehmerin bezieht ein Entgelt von 2.000 EUR pro Monat, das erhöhte Krankengeld beträgt 60 % davon, also 1.200 EUR. Die Arbeitnehmerin verringert ihre wöchentliche Normalarbeitszeit um 50 % und erhält daher 50 % ihres bisherigen Entgelts: 1.000 EUR. Dazu hat sie Anspruch auf 50 % des errechneten Wiederein-gliederungsgeldes (600 EUR). Die Arbeitnehmerin erhält daher in Summe 1.600 EUR.

Diese Modell eignet sich natürlich vor allem auch im Falle von Long Covid und kann für einen Zeitraum von 1 bis 6 Monaten vereinbart werden. Eine Verlängerung ist auf insgesamt (!) maximal 9 Monate möglich.

Für den Abschluss einer Vereinbarung müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  1. eine Bestätigung über die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin für die Zeit ab Beginn der Wiedereingliederungsteilzeit;
  2. eine Beratung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers über die Gestaltung der Wiedereingliederungsteilzeit.

Die Beratung kann zB durch fit2work erfolgen – hier gibt es sowohl für den Arbeitnehmer die Möglichkeit der fit2work Personenberatung und für den Arbeitgeber die fit2work Betriebsberatung. Eine Beratung kann entfallen, wenn Arbeitnehmer, Arbeitgeber und der Arbeitsmediziner oder ein arbeitsmedizinisches Zentrum nachweislich der Wiedereingliederungsvereinbarung und dem Wiedereingliederungsplan zustimmen.

Betriebliche Möglichkeiten für Führungskräfte und Mitarbeiter

Darüber hinaus ist generell ein professionelles „Betriebliches Gesundheits-Management“, das von Geschäftsführung und Führungskräften überzeugt mitgetragen wird, sehr nützlich. In Zusammenhang mit Long Covid können sich folgende Maßnahmen nachhaltig positiv auswirken:

  • Informationsveranstaltungen zum Thema Prävention, Burnout, Corona und Resilienz
  • Gesundheitstage mit Fokus „Stärkung des körperlichen und seelischen Immunsystems“
  • Weiterbildungsprogramme für Führungskräfte zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement, Business Resilienz
  • Konkrete Angebote zur Gesundheitsförderung
  • Test- und Impfprogramme zu verschiedenen Gesundheitsthemen

Somit ist nun auch Long Covid ein Phänomen und eine Herausforderung, mit dem alle Beteiligten und Betroffenen frei nach dem Motto „Krise als Chance“ auch einen positiven Umgang finden können.

Mag. Bernd Bruckmann, QiQUADRAT Health Management

Weiterführende Infos

fit2work

BUSINESS RESILIENZ | Menschen - Organisationen - Geschäftsmodelle

Ähnliche Beiträge

  • Vorbei und doch nicht vorbei: Long Covid

    Zum Beitrag
  • Kann Long COVID als Berufskrankheit anerkannt werden?

    Zum Beitrag
  • Wie ein positiver Umgang mit Long Covid in Betrieben gelingt

    Zum Beitrag

Produkt-Empfehlungen

Produkt-Empfehlungen