14.09.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1122034

Kann Long COVID als Berufskrankheit anerkannt werden?

WEKA (kp)

Seit Beginn der Pandemie wurden über 27.000 COVID-19-Erkrankungen als Berufskrankheit eingemeldet. Wann ist eine Anerkennung möglich, wie bekommt man sie und welche Vorteile sind damit verbunden?

Zwischen 10 und 20 Prozent aller Infizierten leiden laut internationalen Studien oder auch den Ausführungen der GECKO in ihrem Bericht vom 28. Jänner 2022 an den Folgen einer COVID-19-Infektion, dem „Long COVID“. Häufige Symptome sind Fatigue (Erschöpfungssyndrom, 45 %), Gehirn-Nebel, Kopfweh, Atemnot, Schlafstörungen, Gelenkschmerzen, Depression, Tinnitus, Ausschläge.

Wann ist eine Anerkennung als Berufskrankheit denkbar?

„Berufskrankheit“ ist ein in § 177 und Anlage 1 ASVG definierter Begriff. Gemeint sind Schädigungen, die

  • im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit verursacht wurden
  • und in der Liste in Anlage 1 ASVG angeführt sind
  • und in einem in der dritten Spalte der Liste angeführten Unternehmen entstanden sind.

Auch Infektionskrankheiten als Verursacher (COVID-19 ist eine solche in Bezug auf Long COVID) finden sich in der Liste, konkret im Zusammenhang mit einer Tätigkeit in Krankenhäusern, Pflegeanstalten, Apotheken, Schulen, Kindergärten, Laboratorien, Justizanstalten und einigen mehr.

Nicht umfasst sind andere systemrelevante Branchen wie Handel, produzierende Unternehmen oder die Gastronomie. Außerdem kann in diesen Branchen der Nachweis, sich am Arbeitsplatz angesteckt zu haben, schwierig sein. Laut § 177 Abs 2 ASVG sind aber in Härtefällen abseits der in der Liste angeführten Erkrankungen und Branchen auch Einzelfallentscheidungen möglich.

Wie ist der Weg zur Anerkennung als Berufskrankheit im Zusammenhang mit COVID-19 (Long COVID)?

Zunächst muss die Corona-Infektion klar am Arbeitsplatz und im Zuge einer versicherten Tätigkeit erfolgt sein. Das private Umfeld muss als Verursacher ausgeschlossen werden können.

Ein Verdacht auf eine Berufskrankheit durch eine Corona-Erkrankung muss laut § 363 Abs 1 und 2 ASVG durch Arbeitsmediziner oder Arbeitgeber per Formular beim zuständigen Unfallversicherer gemeldet werden (AUVA, BVAEB, SVS). Es besteht eine Meldepflicht. Es sind jedenfalls die Fälle zu melden, in denen ein positives Labor-Testergebnis auf COVID-19 vorhanden ist, und der Verdacht besteht, dass die Ansteckung im beruflichen Zusammenhang erfolgt ist (Arbeitgeber waren grundsätzlich seit Beginn der Pandemie dazu verpflichtet, betriebliche COVID-19-Cluster zu melden).

Der Unfallversicherungsträger führt die Beurteilung durch, ob eine Berufskrankheit vorliegt, und stellt darüber einen Bescheid aus. Es wird festgestellt, ob eine Anerkennung durch die Unfallversicherung erfolgen kann. Im Falle einer positiven Einzelfallentscheidung erfolgt die Bestätigung durch den Gesundheitsminister.

Vorteile der Anerkennung

  • Man hat einen besseren Anspruch auf die Versorgung im Zuge von Heilbehandlung und Rehabilitation
  • Qualifikation und Umschulung, wenn der erlernte Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann
  • Entfall von Kostenbeteiligung, ua für den Aufenthalt in Rehabilitationszentren oder bei Hilfsmitteln
  • Eine monatliche Rente bei starken, langanhaltenden Einschränkungen wie Long COVID
  • Das gilt auch für Spät- oder Langzeitfolgen

Was tun, wenn man Einspruch gegen einen negativen Bescheid erheben will?

Erhält man einen negativen Bescheid bzw will man Einspruch erheben, ist das Arbeits- und Sozialgericht zuständig (§ 65 Abs 1 und 2 ASGG, Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz).

Quellen:

Executive Report der Gesamtstaatlichen COVID-Krisenkoordination (GECKO) vom 28.1.2022

www.gesundheit.gv.at

Serviceportal der gesetzlichen Unfallversicherung, zB für Meldungen durch Arbeitgeber bzw Arbeitsmediziner, an alle Unfallversicherer

Blog der AK und des ÖGB zur Anerkennung als Berufskrankheit

Infoportal Long Covid Austria

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