13.01.2025 | Nachhaltigkeit | ID: 1191529

Die Green Claims Directive als wirksames Mittel gegen Greenwashing

Helene Thierig

„Umweltfreundlich“, „klimaneutral“, „nachhaltig“ – Umweltaussagen in der Werbung machen einen guten Eindruck, sind aber oft nicht belegt. Die Green Claims Directive bringt klare Regelungen.

In einer Welt, die zunehmend auf den Klimawandel und die Umweltzerstörung aufmerksam wird, steigt das Interesse der Konsumenten an nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen. Unternehmen reagieren darauf mit Marketingstrategien, die ihre umweltfreundlichen Initiativen hervorheben, und verwenden dabei so genannte „Green Claims“. Bei Green Claims handelt es sich beispielweise um Aussagen wie: „Diese Verpackung besteht zu 45 % aus recyceltem Plastik.“ oder „Der CO2- Fußabdruck unseres Unternehmens wurde seit 2017 um 20 % verbessert“. Green Claims können aber auch Bilder oder Symbole sein, wie etwa ein grünes Blatt, eine grüne Schrift oder eine „natürliche Optik”, visuelle Metaphern also, die Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit implizieren.

Doch wie kann ein Verbraucher sicher sein, dass diese Aussagen tatsächlich zutreffen und nicht nur zu Marketingzwecken getroffen werden? Diese Praktiken können Verbraucher täuschen und dazu führen, dass sie weniger umweltbewusste Entscheidungen treffen. Es ist daher wichtig, kritisch zu hinterfragen und unabhängige Informationen zu suchen, um Greenwashing zu erkennen und zu vermeiden. Hier kommt die Green Claims Directive ins Spiel, eine neue europäische Richtlinie, die darauf abzielt, umweltbezogene Werbeversprechen transparenter und überprüfbarer zu machen.

Was ist die Green Claims Directive?

Die Green Claims Directive (offiziell: Richtlinie über die Überprüfung von Umweltangaben, 2022/0317(COD)) wurde von der Europäischen Kommission entwickelt, um den so genannten „Greenwashing“-Praktiken entgegenzuwirken. Greenwashing beschreibt die Praxis von Unternehmen, sich als umweltfreundlicher darzustellen, als sie tatsächlich sind, oft durch unklare oder irreführende Umweltaussagen. Verbraucher sollen so vor irreführenden Umweltangaben geschützt und Unternehmen verpflichtet werden, transparente und überprüfbare Informationen über die Umweltauswirkungen ihrer Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen (Directorate General for Environment 2023). Damit ist diese Richtlinie ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Greenwashing und zur Förderung eines nachhaltigen Konsumverhaltens in der Europäischen Union.

Die Entstehung der Europäischen Green Claims Directive ist Teil der umfassenderen Bemühungen der EU, Greenwashing zu bekämpfen und den Verbraucherschutz zu stärken. Die Europäische Kommission erkannte, dass viele Umweltangaben auf Produkten irreführend oder unbegründet waren. Laut der Europäischen Union sind 53 % der so genannten Umweltaussagen, also „Green Claims“, unklar, irreführend oder sogar falsch. Etwa 40 % davon sind nicht durch konkrete Beweise gestützt, und die Hälfte der ökologischen Qualitätsmarken wird nicht angemessen überprüft. Mit über 230 Nachhaltigkeitsmarken und 100 Ökoenergiemarken allein in Deutschland ist der Mangel an transparenten und vergleichbaren Standards offensichtlich.

Die Green Claims Directive soll nun diese Lücken schließen und verschiedene Funktionen erfüllen, die alle auf eines der Ziele des EU Green Deals einzahlen: Gegen falsche Umweltaussagen vorzugehen. Daneben soll die Richtlinie engagierte Unternehmen schützen und unterstützen, Vergleichbarkeit und Transparenz auf dem Markt fördern und die aktive Rolle der Verbraucher unterstützen, indem diese zu fundierten Entscheidungen befähigt werden.

Kernpunkte der Green Claims Directive

1. Verpflichtung zur Nachweisführung

Unternehmen, die Umweltansprüche in ihren Werbe- oder Produktkommunikationen verwenden, müssen diese auf wissenschaftlich fundierte Weise belegen können. Dabei muss der Nachweis der Umweltfreundlichkeit durch überprüfbare Daten und zertifizierte Methoden erfolgen. Dies bedeutet auch, dass vage Aussagen wie „umweltfreundlich“ oder „grün“ künftig nicht mehr ausreichen. Dabei müssen solche Daten für den Verbraucher leicht zu finden und verständlich aufbereitet sein.

2. Externe Überprüfung

Die Direktive fordert auch eine externe Überprüfung von Green Claims. Unternehmen können nicht mehr allein auf interne Bewertungen oder unüberprüfte Daten zurückgreifen. Stattdessen müssen die Aussagen von unabhängigen Stellen validiert werden, um die Glaubwürdigkeit und Richtigkeit zu gewährleisten.

3. Strengere Sanktionen bei Verstößen

Wer gegen die Vorschriften der Green Claims Directive verstößt und falsche oder irreführende Umweltbehauptungen aufstellt, könnte in Zukunft mit härteren Sanktionen rechnen müssen. Diese sollen von Bußgeldern bis hin zu Verboten der entsprechenden Werbemaßnahmen reichen.

Was bedeutet die Green Claims Directive für Unternehmen?

Für Unternehmen bringt die Green Claims Directive sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Einerseits eröffnet sie die Möglichkeit, echte Nachhaltigkeitsleistungen hervorzuheben und das Vertrauen von umweltbewussten Konsumenten zu gewinnen. Auch werden so wirklich engagierte Unternehmen vor den negativen Konsequenzen geschützt, wenn andere in ihrer Branche Greenwashing betreiben. Aktuell führen solche Fälle noch zu einer Skepsis gegenüber einer gesamten Branche.

Andererseits erfordert die Green Claims Directive ein hohes Maß an Transparenz und Investitionen in wissenschaftlich fundierte Nachweise. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, ihre Umweltstrategien und Nachhaltigkeitsberichte noch detaillierter und klarer zu gestalten. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit anerkannten Zertifizierungsstellen und die Sicherstellung, dass alle Umweltversprechen überprüfbar sind. Für Unternehmen, die bereits auf Nachhaltigkeit setzen, könnte die Green Claims Directive ein Wettbewerbsvorteil sein, da sie ihre Glaubwürdigkeit stärken und ihren Marktwert steigern können.

Was bedeutet die Green Claims Directive für Verbraucher?

Die Green Claims Directive stellt einen bedeutenden Schritt hin zu mehr Klarheit für Verbraucher dar. Sie können künftig darauf vertrauen, dass die umweltbezogenen Aussagen der Unternehmen auf verlässlichen und transparenten Informationen basieren. Falsche oder unbewiesene Umweltansprüche werden in Zukunft schwieriger durchzusetzen sein.

Verbraucher haben nun ein stärkeres Recht, Unternehmen zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie irreführende Umweltbehauptungen aufstellen. Die Green Claims Directive wird nicht nur für mehr Transparenz sorgen, sondern auch eine Art von „Vertrauenssiegel“ für umweltfreundliche Produkte etablieren.

Herausforderungen und Ausblick auf die Green Claims Directive

Trotz der positiven Schritte, die durch die Green Claims Directive unternommen werden sollen, gibt es auch Herausforderungen. Die konkrete Umsetzung der Richtlinie auf nationaler Ebene, die Schaffung der notwendigen Prüfmechanismen und die ständige Anpassung an neue wissenschaftliche Erkenntnisse werden eine Herausforderung für die gesamte europäische Wirtschaft darstellen.

Darüber hinaus könnte die Direktive für kleinere Unternehmen, die möglicherweise nicht über die Ressourcen für umfangreiche Nachweise verfügen, eine zusätzliche Hürde darstellen. Zwar sind Unternehmen von unter 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von nicht mehr als 2 Millionen Euro von der Green Claims Directive ausgenommen, allerdings sind das nur die Mikrounternehmen. Hier wird es interessant zu sehen, ob und wie eine faire Balance zwischen dem Schutz der Verbraucher und der Unterstützung von Unternehmen in ihrer Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit gefunden werden kann.

Dennoch ist die Green Claims Directive ein bedeutender Schritt hin zu einem nachhaltigeren europäischen Binnenmarkt. Sie wird nicht nur das Vertrauen der Verbraucher stärken, sondern auch einen Anreiz für Unternehmen schaffen, ihre nachhaltigen Praktiken weiter zu verbessern und auf ein höheres Niveau zu heben.

Noch ist die Green Claims Directive nicht in Kraft getreten. Aktuell steht noch eine Einigung mit dem Europäischen Rat aus, bevor die Richtlinie in die Umsetzung kommen kann. Dann müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie bis März 2026 in nationales Recht umsetzen. Voraussichtlich ab September 2026 könnte die Richtlinie dann in Kraft treten und verbindlich sein.

Wie kann man sich selbst vor versehentlichem Greenwashing schützen?

Greenwashing ist nicht immer absichtlich. Während viele Unternehmen bewusst irreführende Behauptungen aufstellen, gibt es auch Fälle, in denen Greenwashing unabsichtlich geschieht. Dies kann passieren, wenn Unternehmen aus Unwissenheit oder mangelndem Verständnis für Nachhaltigkeitsthemen handeln. Es ist wichtig, dass sowohl Verbraucher als auch Unternehmen sich kontinuierlich über Nachhaltigkeit informieren und Nachhaltigkeitsaussagen kritisch hinterfragen, um Greenwashing zu vermeiden und echte Fortschritte im Umweltschutz zu erzielen.

Um Greenwashing zu vermeiden und das Vertrauen der Verbraucher zu erhalten, sind ein paar grundlegende Aspekte wichtig. Man sollte sich überlegen: Hat man die Transparenz über die eigenen nachhaltigkeitsbezogenen Aktivitäten geschafft? Sind die eigenen Angaben überprüfbar, auch für Menschen, die sich mit dem Thema nicht auskennen? Entspricht die Wortwahl der eigenen Einstellung zum Thema und dem Ambitionsniveau, das man sich gesetzt hat? Wenn man diese Fragen mit „ja” beantworten kann, sollte man bereits eine gute Grundlage für eine transparente Kommunikation, frei von Greenwashing, geschaffen haben.

Fazit

Die Green Claims Directive ist eine wegweisende Maßnahme im Kampf gegen Greenwashing und für mehr Transparenz im Bereich der nachhaltigen Produkte. Sie stellt sicher, dass die Versprechen, die Unternehmen ihren Kunden machen, nicht nur leere Marketingfloskeln sind, sondern auf soliden, wissenschaftlich fundierten Belegen basieren. Die Richtlinie wird dabei helfen, den europäischen Markt grüner und fairer zu gestalten – für Verbraucher, Unternehmen und die Umwelt.

Referenzen zum Nachlesen und Vertiefen

Directorate-General for Environment. (2023, March 22). Proposal for a Directive on green claims. Environment.ec.europa.eu.

European Commission. (2023). Green claims. Environment.ec.europa.eu.

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