Arbeiten während des Urlaubs – ist das erlaubt?
Gastautor Johann Schöffthaler, BA MA, erläutert die rechtlichen Bestimmungen dazu, die sowohl Unternehmen als auch ArbeitenehmerInnen beachten sollten. Was zählt zu den erlaubten Arbeiten im Urlaub und was fällt unter verbotene Nebentätigkeiten?
Darf man im Urlaub arbeiten?
Diese Frage wurde im Jahr 2021 öfters gestellt. Dass Arbeitnehmer/innen während ihres Urlaubs bei einem anderen oder im eigenen Unternehmen arbeiten wollen um ihr „Budget“ aufzustocken, kommt immer wieder mal vor. Die Rechtslage ist aber nicht einfach und muss im Einzelfall geklärt werden. Prinzipiell dient der Urlaub der Erholung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin. Wer in seiner oder ihrer Freizeit trotzdem einen Job annehmen will, muss einige Regeln beachten, genauso wie die Arbeitgeber/innen dieser Unternehmen.
Rechtliche Bestimmungen
Die relevanten Rechtsnormen zu diesem Thema sind:
- Artikel 31 Charta der Grundrechte der Europäischen Union:
Gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen:
(1) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen.
(2) Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.
- Art 7 Arbeitszeit-Richtlinie 2003/88/EG:
Jahresurlaub:
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.
(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.
- Die maßgeblichen Bestimmungen des österreichischen Urlaubsgesetzes lauten:
Urlaub:
§ 2. (1) Dem Arbeitnehmer gebührt für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub. Das Urlaubsausmaß beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage.
(2) Der Anspruch auf Urlaub entsteht in den ersten sechs Monaten des ersten Arbeitsjahres im Verhältnis zu der im Arbeitsjahr zurückgelegten Dienstzeit, nach sechs Monaten in voller Höhe.
Verbrauch des Urlaubes:
§ 4. (1) Der Zeitpunkt des Urlaubsantrittes ist zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unter Rücksichtnahme auf die Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu vereinbaren.
(3) Der Urlaub kann in zwei Teilen verbraucht werden, doch muss ein Teil mindestens sechs Werktage betragen
Ablöseverbot:
§ 7. Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die für den Nichtverbrauch des Urlaubes Geld oder sonstige vermögenswerte Leistungen des Arbeitgebers vorsehen, sind rechtsunwirksam.
Ansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses:
§ 10. (1) Dem Arbeitnehmer gebührt für das Urlaubsjahr, in dem das Arbeitsverhältnis endet, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ersatzleistung als Abgeltung für den der Dauer der Dienstzeit in diesem Urlaubsjahr im Verhältnis zum gesamten Urlaubsjahr entsprechenden Urlaub. Bereits verbrauchter Jahresurlaub ist auf das aliquote Urlaubsausmaß anzurechnen.
(2) Eine Ersatzleistung gebührt nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt.
(3) Für nicht verbrauchten Urlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren gebührt anstelle des noch ausständigen Urlaubsentgelts eine Ersatzleistung in vollem Ausmaß des noch ausständigen
Unabdingbarkeit:
§ 12. Die Rechte, die dem Arbeitnehmer aufgrund der §§ 2 bis 10 zustehen, können durch Arbeitsvertrag, Arbeits-(Dienst-)ordnung oder, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung weder aufgehoben noch beschränkt werden.
Erläuterung zum Urlaubsgesetz
Die Berechnung des gesetzlichen Urlaubsmaßes erfolgt nach Werktagen. Darunter sind die Wochentage von Montag bis einschließlich Samstag mit Ausnahme der in diesen Zeitraum fallenden gesetzlichen Feiertage zu verstehen. Sonntage und gesetzliche Feiertage, die in den Zeitraum des Urlaubsverbrauchs fallen, sind daher nicht als Werktage zu berechnen. Werktage, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird (z.B. ein Samstag bei einer fünf-Tage-Woche), werden hingegen auf den Urlaub angerechnet. Fällt ein gesetzlicher Feiertag auf einen ansonsten arbeitsfreien Werktag, ist dieser Feiertag auf den Urlaub nicht anzurechnen; es ist für diesen Feiertag vielmehr ein zusätzlicher Urlaubstag zu gewähren (RIS-Justiz RS0058884). Der gewährte Urlaubsanspruch von 30 Werktagen entspricht damit einem 5-wöchigen Urlaub und überschreitet damit den von Art 7 Abs 1 Arbeitszeit-Richtlinie vorgesehenen Mindestjahresurlaub um eine Woche.
Rechtslage nach Unionsrecht
Das Recht jeder Arbeitnehmerin und jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ist nach Art 31 GRC Teil der Grundrechte der Europäischen Union, wird in Art 7 Arbeitszeit-Richtlinie konkretisiert und entfaltet nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unmittelbare Wirkung auf ein Arbeitsverhältnis zwischen zwei Privatpersonen. Die Arbeitszeit-Richtlinie behandelt den Anspruch auf Jahresurlaub und jenen auf Zahlung des Urlaubsentgelts als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Umfasst ist auch ein Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub (vgl. 8 ObS 2/18d mwN zur Rsp des EuGH; EuGH C-659/16 und C-570/16, Stadt Wuppertal/Bauer, Willmeroth/Broßonn [Rn 58, 72 ff]).
EuGH-Urteil
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-684/16, Max-Planck-Gesellschaft/Tetsuji Shimizu, „wäre jede Auslegung von Art 7 der Richtlinie 2003/88, die den Arbeitnehmer dazu veranlassen könnte, aus freien Stücken in den betreffenden Bezugs- oder zulässigen Übertragungszeiträumen keinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, um seine Vergütung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erhöhen, mit den durch die Schaffung des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub verfolgten Zielen unvereinbar“. Falls eine nationale Regelung nicht im Einklang mit Art 7 der Arbeitszeit-Richtlinie und Art 31 Abs 2 GRC ausgelegt werden kann, hat das mit einem Rechtsstreit befasste nationale Gericht die nationale Regelung unangewendet zu lassen und dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer für den nicht genommenen Jahresurlaub eine finanzielle Vergütung erhält (vgl. 8 ObA 62/18b unter Hinweis auf EuGH C-569/16 und C-570/16, Stadt Wuppertal/Bauer, Willmeroth/Broßonn).
Fazit
Die Conclusio ist, dass ein anderer Job während des Urlaubs nur dann erlaubt ist, wenn der Erholungszweck nicht gefährdet wird und der Arbeitsvertrag dies erlaubt. Es müssen im Einzelfall immer die konkreten Umstände geprüft werden.
Erlaubte Arbeiten im Urlaub
Erlaubte Arbeiten in der Urlaubszeit sind:
- Ehrenamtliche Arbeiten/gemeinnützige Tätigkeiten, dies selbst bei Urlaub im Ausland, der dafür genommen wird, sind erlaubt
- Arbeiten für sich selbst (bspw. am eigenen Haus)
- Tätigkeiten im Rahmen von öffentlichen oder familienrechtlichen Pflichten
- Nachbarschaftshilfe bzw andere Gefälligkeiten
- Vergütete Arbeiten im Urlaub sind erlaubt, wenn diese dem Erholungszweck nicht widersprechen. So dürfen die in den Ferien verrichteten Tätigkeiten nicht die gleiche Belastung und einen ähnlichen zeitlichen Zeitaufwand hervorrufen wie der alltägliche Beruf. Wer zB als KFZ-Werkstättenmechaniker/in in der Freizeit als Schwimmlehrer/in oder Bergführer/in arbeitet, bewegt sich im Rahmen des Erlaubten. Dagegen entspricht eine ganztätige Arbeit in einer anderen oder eigenen Unternehmenswerkstatt nicht dem Erholungszweck, selbst, wenn der Arbeitsvertrag Nebentätigkeiten erlaubt.
Verbotene Nebentätigkeiten
Nach dem Angestelltengesetz sind jedenfalls Nebentätigkeiten verboten, die im selben Geschäftszweig wie die Tätigkeit beim Hauptarbeitgeber oder Hauptarbeitgeberin ausgeübt werden. Das gesetzlich verankerte Konkurrenzverbot gilt während der gesamten Dauer des Dienstverhältnisses, also auch während der Kündigungsfrist, wenn jemand vom Dienst freigestellt oder im Urlaub ist. Wer dagegen verstößt, muss damit rechnen, fristlos entlassen zu werden. Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin hätte darüber hinaus die Möglichkeit den Verdienst des oder der Arbeitnehmers/in durch die Nebenbeschäftigung herauszuverlangen.
Der Arbeitsvertrag kann aber auch jegliche Nebentätigkeit untersagen. Man muss daher unbedingt einen Blick in den Arbeitsvertrag werfen. Vertragsverletzungen können ebenfalls einen Entlassungsgrund darstellen, nämlich dann, wenn die Verletzung des Nebenbeschäftigungsverbotes das Vertrauen zwischen Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in tief erschüttert.
Selbst wenn eine Nebenbeschäftigung erlaubt ist, sollte man unbedingt diese dem oder der Arbeitgeber/in melden, um Problemen vorzubeugen.