Berechtigte Entlassung wegen falscher Arbeitszeitaufzeichnungen im Homeoffice
RA Mag. Sylvia Unger erläutert anhand einer OGH-Entscheidung, ob bei falschen Arbeitsaufzeichnungen im Homeoffice der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit gegeben ist.
Sachverhalt
Einem Arbeitnehmer (AN) wurde zu Beginn der Corona-Pandemie für vorerst zwei Wochen angeordnet, aus dem Homeoffice zu arbeiten. Er musste seine Arbeitszeiten selbstständig aufzeichnen und verfügte über eine Gleitzeitvereinbarung mit Rahmenarbeitszeit, jedoch ohne Kernzeit. Für ihn als Vollzeitbeschäftigten galt darüber hinaus eine Sollarbeitszeit von 08:00 bis 16:12.
Weiters war es ihm verboten, vom Ausland aus, im Homeoffice zu arbeiten. Trotzdem flog der AN nur wenige Tage nach der Homeoffice-Anordnung mit seiner Familie um ca 7:00 Uhr nach Teneriffa, wo er in seiner Ferienwohnung gegen 12:30 Uhr zu arbeiten begann. In die Zeitaufzeichnung trug er für diesen Tag Arbeitszeiten von 09:00 bis 17:15 ein. Der AN gab an, dass sein AG dadurch keine Arbeitszeitverkürzung erlitten habe, da er ein paar Tage zuvor von 07:00 bis 22:30 gearbeitet hatte. Einen Beweis dafür konnte er nicht erbringen, da er die entsprechenden Überstunden nicht eingetragen hatte. Als der AG davon erfuhr, entließ er den AN am darauffolgenden Tag wegen eines schwerwiegenden Vertrauensbruchs. Der AN klagte daraufhin gegen die Entlassung.
Rechtliche Beurteilung durch der OGH
Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (§ 27 Z 1 Fall 3 AngG)
Der OGH hatte in diesem Fall zu entscheiden, ob das Verhalten des AN unter den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit fällt. (OGH 9 ObA 58/23d vom 27.09.2023)
Der AN argumentierte, dass er mangels Kernzeit berechtigt gewesen wäre, erst ab Mittag mit dem Arbeiten zu beginnen. Dieses Argument wies der Gerichtshof zurück. Entscheidend war die bewusste Täuschungshandlung. Der AN täuschte durch das Eintragen von nicht wahrheitsgemäßen Zeiten nicht erbrachte Arbeitsleistungen vor. Die bewusst wahrheitswidrige Angabe in das Arbeitszeiterfassungssystem ist nicht nur eine bloße Ordnungswidrigkeit, sondern ein schwerwiegender Vertrauensbruch, der es dem AG unzumutbar machen kann, den AN weiter zu beschäftigen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass dem AN gewisse Freiheiten eingeräumt wurden (Homeoffice und Gleitzeit), ist ein strenger Maßstab anzulegen. Je mehr Freiheiten der AN genießt, desto enger muss das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem AG sein. Die Arbeitszeiterfassung beruht letztlich auf Vertrauen und der AG hat bei Homeoffice keine realistische Möglichkeit, die Arbeitszeiten zu kontrollieren.
Laut OGH wiegt die falsche Arbeitszeiterfassung allein schwer genug, um eine Entlassung zu rechtfertigen, weshalb der Umstand, dass der AN sich auch noch im Ausland aufhielt, nicht näher geprüft wurde.
Unverzüglichkeitsgrundsatz
Eine Entlassung muss unverzüglich, dh ohne schuldhafte Verzögerung, ausgesprochen werden, ansonsten ist sie nicht mehr zulässig. Unverzüglich bedeutet nicht sofort nachdem der AG vom Entlassungsgrund erfahren hat, sondern beinhaltet auch eine angemessene Überlegungsfrist. Der AG darf sich ein wenig Zeit nehmen, um die rechtlichen Möglichkeiten zu recherchieren und um sich mit anderen Entscheidungsträgern (zB Personalchef) im Unternehmen zu besprechen.
Der AG erfuhr von der vertragswidrigen Reise des AN nach drei Tagen, am vierten Tag sprach er die Entlassung aus. Zwischen dem dritten und vierten Tag prüfte er die rechtlichen Rahmenbedingungen und entschied sich schließlich für die Entlassung. Damit handelte er dem Unverzüglichkeitsgrundsatz entsprechend. Die Entlassung war rechtzeitig.
Fazit
Das wissentliche Eintragen von falschen Arbeitszeiten kann eine Entlassung rechtfertigen, da so Arbeitszeiten vorgetäuscht werden, die nie geleistet wurden. Insbesondere bei AN, die Freiheiten genießen, wie Homeoffice und Gleitzeit, liegt ein Vertrauensbruch vor, der es dem AG unzumutbar machen kann, den AN auch nur bis zum nächsten Kündigungstermin weiter zu beschäftigen.