Haftung des Abschlussprüfers: Vertrauen in den Bestätigungsvermerk und Verjährung
Dr. Florian Linder und Dr. Lukas Schenk erläutern anhand aktueller Judikatur die Frage der Haftung des Abschlussprüfers. Was gilt bezüglich des notwendigen Vertrauens in den Bestätigungsvermerk und der Verjährung der Ansprüche?“
Die Rechtsprechung hat sich wiederholt mit der Haftung des Abschlussprüfers gegenüber geschädigten Dritten auseinandergesetzt. Insbesondere im Insolvenzfall der Gesellschaft versuchen Gläubiger sich an dem Abschlussprüfer mit dem Argument schadlos zu halten, der (oft Jahre zurückliegende) Bestätigungsvermerk hätte nicht erteilt werden dürfen. Der OGH hatte in rezenten Entscheidungen Gelegenheit, Fragen zur Kausalität und zum Beginn der Verjährungsfrist zu klären. Zuletzt hat sich der OGH mit der Haftung des Abschlussprüfers in den Entscheidungen 4 Ob 145/21h sowie 1 Ob 185/21v befasst.
Obwohl der Abschlussprüfer nur zur geprüften Gesellschaft in einem Vertragsverhältnis steht (Prüfungsvertrag), treffen ihn auch Schutzpflichten und Sorgfaltspflichten gegenüber (potentiellen) Gläubigern der Gesellschaft. Er hat seinen Prüfungsauftrag so zu erfüllen, dass die durch seinen Bestätigungsvermerk geschaffene Vertrauensbasis zwischen der geprüften Gesellschaft und deren (potentiellen) Gläubigern tragfähig ist. Der Abschlussprüfer schuldet jene Sorgfalt, die eine dem Gesetz entsprechende, ordnungsgemäße Abschlussprüfung für die Ausstellung des zu veröffentlichenden Bestätigungsvermerks nach § 274 UGB verlangt. Vernachlässigt der Abschlussprüfer diese Sorgfalt und stellt deshalb einen unrichtigen Bestätigungsvermerk aus, wird er einem Dritten, der im Vertrauen auf die Verlässlichkeit dieses Bestätigungsvermerks disponiert und dadurch einen Schaden erleidet, ersatzpflichtig. Geschützt sind Gläubiger, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden und bei ihren wirtschaftlichen Dispositionen davon ausgehen können, dass Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht ihres (potentiellen) Vertragspartners den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.
Voraussetzung für die Haftung des Abschlussprüfers
Voraussetzung der Haftung ist das Vertrauen in die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks. Ein solches Vertrauen kann nicht nur durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden. Selbst im Fall einer Beratung kann sich der Geschädigte auf eine mittelbare (indirekte) Kenntnis vom Bestätigungsvermerk stützen, auf die er bei seiner Disposition vertraut hat. Dies setzt freilich voraus, dass der Berater die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat.
Voraussetzung für die Haftung des Abschlussprüfers ist es daher, dass entweder der Gläubiger oder dessen Berater, der die Anlageentscheidung in die Gesellschaft empfohlen hat, von dem Bestätigungsvermerk Kenntnis hatten und darauf vertrauten. In der Entscheidung des OGH 4 Ob 145/21h wurde die Klage abgewiesen, weil der Kläger zwar behauptete, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft erhalten zu haben. Dass er oder sein Berater auch auf die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks auch vertraut und er im Vertrauen darauf disponiert hätte wurde hingegen nicht vorgebracht.
Nicht ausreichend ist es, dass der Schaden nur deshalb entstanden ist, weil die geprüfte Gesellschaft wegen des allfällig fehlerhaften Vermerks noch Jahre weiterexistieren konnte, wodurch ein Investment des Geschädigten zu einem späteren Zeitpunkt möglich war.
Verjährung der Ansprüche
Liegt das erforderliche Vertrauen vor, dann ist zu prüfen, ob Ansprüche gegen den Abschlussprüfer verjährt sind. Ansprüche gegen Abschlussprüfer verjähren gemäß § 275 Abs 5 UGB in fünf Jahren. Bei der Frist des § 275 Abs 5 UGB handelt es sich um eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB, die als objektive, von der Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängige Frist nicht nur die kurze, sondern auch die 30-jährigeFrist des § 1489 Satz 2 1. Variante ABGB, wenn die Person des Schädigers nicht bekannt geworden ist, verdrängt. § 275 Abs 5 UGB gilt auch gegenüber geschädigten Dritten. Dabei beginnt nach einheitlicher Rechtsprechung die Verjährungsfrist bei fahrlässiger Schadensverursachung durch den Abschlussprüfer (erst) mit Eintritt des primären Schadens, nicht hingegen mit Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks. Bei Ansprüchen Dritter ist das die durch den Bestätigungsvermerk veranlasste Vermögensdisposition (z.B. eine getätigte Veranlagung; OGH 4 Ob 145/21h). Bei vorsätzlicher Schadenszufügung handelt es sich nach Ansicht der Rsp hingegen um eine subjektive Frist, dh die fünfjährige Verjährungsfrist beginnt mit Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger zu laufen. Die Frist des § 275 Abs 5 UGB ist zwingend und kann vertraglich – etwa im Rahmen von Allgemeinen Auftragsbedingungen für Abschlussprüfungen (AAB) – nicht verkürzt werden.
Haftung des Steuerberaters?
Von der Haftung des Abschlussprüfers ist die Frage zu unterscheiden, ob von einem geschädigten Dritten auch der Steuerberater der Gesellschaft in Anspruch genommen werden kann, wenn dieser intern mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragt war und sich dieser als unrichtig herausstellt. Nach der Rsp trifft den Steuerberater keine Außenhaftung gegenüber geschädigten Dritten, weil die Tätigkeit des Steuerberaters – im Unterschied zum Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers – nicht nach außen gerichtet ist und der Jahresabschlusserstellungsvertrag keine Schutzwirkungen zugunsten Dritter entfaltet (OGH 10 Ob 57/03k). Der Steuerberater haftet für die fehlerhafte Erstellung nach allgemeinen Regeln nur gegenüber der Gesellschaft als seinem Vertragspartner.
Autoren
MMag. Dr. Florian Linder
MMag. Dr. Florian Linder ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war Universitätsassistent am Institut für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist ständiges Redaktionsmitglied der Zeitschrift für Finanzmarktrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und Unternehmensrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht und Liegenschafts-, Miet- und Wohnrecht.
Dr. Lukas Schenk
Dr. Lukas Schenk ist Partner bei Viehböck Breiter Schenk & Nau Rechtsanwälte, Wien/Mödling. Er war als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien sowie bei der Europäischen Kommission in Brüssel tätig. Dr. Lukas Schenk ist ständiger Vortragender an der Akademie der Wirtschaftstreuhänder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind Umstrukturierungen-Umgründungen, Gesellschaftsrecht einschließlich Gesellschafterkonflikt und Geschäftsführerberatung, Gewerberecht sowie Arbeitsrecht.
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