29.09.2022 | Arbeitsrecht | ID: 1123259

Homeoffice bei Grenzgängern aus arbeits- und steuerrechtlicher Sicht

Cornelia Perzinger - WEKA (red)

Erfahren Sie in diesem Beitrag, was es bei Grenzgängern hinsichtlich der Steuerpflicht sowie Sozialversicherung und bei Homeoffice zu beachten gilt.

Grenzgänger sind Personen, die in einem Staat ihren Wohnsitz haben und sich in der Regel jeden Tag als Arbeitnehmer ins Ausland begeben, um dort zu arbeiten.

Steuerpflicht in Österreich

Grenzgänger mit Wohnsitz im Ausland, die täglich zur Arbeit nach Österreich pendeln, unterliegen in Österreich der beschränkten Steuerpflicht. Für die Ermittlung der Einkommensteuer sind nur die inländischen Einkünfte heranzuziehen. Einkünfte aus anderen Staaten bleiben dabei unberücksichtigt.

Um eine Doppelbesteuerung aufgrund von unbeschränkter Steuerpflicht im Wohnsitzstaat zu vermeiden, sind die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) zu beachten. DBAs mit einigen Nachbarländern enthalten eigene Bestimmungen, die auf Grenzgänger anzuwenden sind.

Spezielle Grenzgängerregelung bei Wohnsitz in Liechtenstein, Italien und Deutschland

Hat ein Grenzgänger seinen Wohnsitz in Liechtenstein, Italien oder Deutschland und pendelt zum Arbeiten nach Österreich, sind die speziellen Grenzgängerregelungen in den DBA mit diesen Staaten zu beachten. Als Grenzgänger im Sinne dieser Bestimmungen gelten Arbeitnehmer, die grenzüberschreitend zur Arbeit pendeln und deren Wohnsitz sowie Arbeitsplatz grenznah liegen. Sind die Voraussetzungen der jeweiligen Grenzgängerregelung erfüllt, erfolgt die Besteuerung der Einkünfte im Wohnsitzstaat. In diesem Fall hat Österreich kein Besteuerungsrecht.

Achtung:

Die Grenzgängerregelungen sind in den einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen unterschiedlich ausgestaltet. Laut DBA mit Deutschland bedeutet Grenznähe beispielsweise, dass sich Wohnsitz und Arbeitsplatz innerhalb einer Zone von 30 km Luftlinie beidseitig der Grenze befinden müssen.

Schweiz, Slowenien, Ungarn, Tschechien, Slowakei

Die DBA mit den anderen Nachbarstaaten Österreichs (Schweiz, Slowenien, Ungarn, Tschechien und Slowakei) sehen keine solche Regelung vor. Österreich darf daher die Einkünfte der Grenzgänger in der Regel als Tätigkeitsstaat besteuern. Allerdings gibt es unterschiedliche Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, die zur Anwendung kommen.

Die DBAs mit der Slowakei, Slowenien (für in Österreich ansässige Personen, Tschechien (für in Österreich ansässige Personen) und Ungarn regeln, dass der Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers die Vergütung unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung ausnimmt (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt).

Für in Slowenien und Tschechien ansässige Personen regeln die entsprechenden DBAs, dass die Steuer des Arbeitgeberstaates bis zum jeweiligen Anrechnungshöchstbetrag auf die inländische Steuer anzurechnen ist (Anrechnungsmethode).

Wird ein Arbeitnehmer – beispielsweise aufgrund einer teilweisen Arbeit im Homeoffice – auch in seinem Wohnsitzstaat tätig, ist die Vergütung zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem Tätigkeitsstaat aufzuteilen und zwar entsprechend den jeweiligen Arbeitstagen (unbedingt Aufzeichnungen führen). Der Tätigkeitsstaat besteuert daher jenen Teil der Vergütung, der auf die im Tätigkeitsstaat erbrachten Arbeitstage entfällt. Der Wohnsitzstaat besteuert nur jenen Teil der Einkünfte, die auf das Homeoffice entfallen. Die Vergütung, die dem Tätigkeitsstaat zuzuordnen ist, bleibt im Wohnsitzstaat unter Progressionsvorbehalt frei bzw es kommt die Anrechnungsmethode zur Anwendung.

Grenzgänger im Homeoffice

Auch Arbeitstage, die im Homeoffice gearbeitet wurden, gelten als „Nicht-Rückkehr-Tage“ und sind somit bei der Berechnung der 45-Tages-Frist zu berücksichtigen.

Coronabedingtes Homeoffice

Anlässlich der Coronapandemie wurde eine Konsultationsvereinbarung zwischen Österreich und Deutschland abgeschlossen, wonach Homeoffice-Tage, die ausschließlich aufgrund der Coronapandemie anfallen, nicht schädlich sind für den Grenzgängerstatus. Dies gilt aber ausnahmslos nur für coronabedingte Homeoffice-Tage. Wird eine fixe Homeoffice-Vereinbarung abgeschlossen, greift diese Sondervereinbarung nicht.

Auch hinsichtlich der Sozialversicherung wurde vereinbart, dass Arbeitsortverlagerungen (zB durch vermehrte Homeoffice-Tätigkeit) zu keiner Neubeurteilung hinsichtlich der SV-Pflicht führen, wenn diese vermehrte Homeoffice-Tätigkeit ausschließlich auf die Coronapandemie zurückzuführen ist.

Beispiel:

Ein Dienstnehmer mit Wohnsitz in Deutschland (= Wohnsitzstaat) arbeitet in Österreich (= Tätigkeits- bzw Quellenstaat). Bisher pendelte der Dienstnehmer täglich von seinem Wohnsitz zu seinem Arbeitgeber nach Österreich. Aufgrund der Coronapandemie war der Dienstnehmer gezwungen, über einen längeren Zeitraum im Homeoffice zu arbeiten. Nach Ende des verpflichtenden Homeoffice möchte der Arbeitnehmer weiterhin mindestens zwei Tage pro Woche im Homeoffice arbeiten.

Die Homeoffice-Tage während der Coronapandemie waren für die Grenzgängerregelung nicht schädlich. Durch das danach gewünschte „reguläre“ Homeoffice wird die 45-Tage-Frist je Kalenderjahr überschritten und die Grenzgängerregelung kann nicht mehr angewendet werden.

Der Arbeitnehmer ist somit zukünftig mit seinen Österreich-Arbeitstagen auch in Österreich steuerpflichtig, so wie dies grundsätzlich für alle Dienstnehmer gilt, die im Homeoffice tätig sind, das sich im Wohnsitzstaat befindet. Die deutschen Arbeitstage hat er weiterhin ausschließlich über die deutsche Einkommensteuer-Erklärung zu versteuern (sowie zusätzlich die Bezüge aus den österreichischen Arbeitstagen im Rahmen des Progressionsvorbehaltes).

Sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen

Der Dienstnehmer unterliegt der österreichischen Sozialversicherung, wenn er vorwiegend in Österreich tätig ist (kein wesentlicher Teil – dh weniger als 25 % seiner Tätigkeit – wird im Wohnsitzstaat ausgeübt).

Übt der Dienstnehmer nun einen Teil seiner wöchentlichen Arbeitszeit im Homeoffice aus, führt dies dazu, dass die 25 %-Grenze überschritten wird und somit ein wesentlicher Teil der Arbeitszeit im Wohnsitzstaat ausgeübt wird. Das hat zur Folge, dass sich die Sozialversicherungspflicht durch die Homeoffice-Tätigkeit in den Wohnsitzstaat verlagert.

Der österreichische Arbeitgeber muss sich beim Sozialversicherungsträger in Deutschland registrieren und die deutschen SV-Beiträge entsprechend abführen. Da beim Dienstnehmer nun eine Tätigkeit in mehreren Staaten vorliegt, muss beim deutschen SV-Träger eine A1-Bescheinigung für die österreichischen Arbeitstage beantragt werden.

Lohnnebenkosten

Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag: Da ein EU-Staat (Deutschland) betreffend Sozialversicherungspflicht zuständig ist, fallen für die Bezüge weder DB noch DZ an. Die Abgabenpflicht für diese beiden Lohnabgaben entfällt immer dann, wenn der Dienstnehmer im EU-Ausland versichert ist, dh, die Zuständigkeit für die Sozialversicherung liegt im betreffenden EU-Staat.

Kommunalsteuer: Der Dienstnehmer ist zukünftig in Österreich und in Deutschland tätig. Seine Bezüge unterliegen auch hinsichtlich der Homeoffice-Tätigkeit weiterhin zur Gänze der Kommunalsteuerpflicht, sofern keine Betriebsstätte durch die Tätigkeit des Dienstnehmers in Deutschland begründet wird.

Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge: Die betriebliche Mitarbeitervorsorge knüpft grundsätzlich an das anwendbare Arbeitsrecht an. Da der Dienstnehmer weiterhin seinen Mittelpunkt der Tätigkeit in Österreich hat und bisher schon österreichisches Arbeitsrecht zur Anwendung gekommen ist, sind weiterhin die Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge in Österreich abzuführen.

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