20.08.2020 | Gesellschaftsrecht | ID: 1053214

Zur Liquidation bei der GesbR

Eva-Maria Hintringer

Die Aufkündigung einer GesbR bedeutet, dass diese weiterhin existiert und sich im Liquidationsstadium befindet. Hinsichtlich der Bestimmungen über die Liquidation ist kein „Opt-out“ in die Rechtslage vor dem GesbR-Reformgesetz möglich.

Geschäftszahl

OGH 24.10.2019, 6 Ob 162/19w

Norm

§ 40a JN; §§ 838a, 1216e ABGB

Leitsatz

Quintessenz:

Die Aufkündigung einer GesbR bedeutet, dass diese weiterhin existiert und sich im Liquidationsstadium befindet. Hinsichtlich der Bestimmungen über die Liquidation ist kein „Opt-out“ in die Rechtslage vor dem GesbR-Reformgesetz möglich. Auskunfts- und Einsichtsansprüche im Liquidationsstadium sind im streitigen Verfahren durchzusetzen, weil es nach aktueller Rechtslage an einer Verweisung auf das Außerstreitverfahren fehlt.

OGH: Die Liquidationsbestimmungen des GesbR-Reformgesetzes idF BGBl I 2014/83 (§§ 1216a1216e ABGB) sind dem OGH zufolge mit Inkrafttreten dieses Gesetzes sofort und auch auf vor dem 01.01.2015 gegründete GesbR anzuwenden. Die im Anlassfall erfolgte Aufkündigung der Gesellschaft bedeutet daher, dass die GesbR weiterhin existiert, sich aber im Liquidationsstadium befindet.

Zu klären war, ob bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die vor dem GesbR-Reformgesetz (BGBl I 83/2014) gegründet wurde, im Stadium der Liquidation der Anspruch auf Rechnungslegung und Bucheinsicht im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren durchzusetzen ist. Hinsichtlich der Bestimmungen über die Liquidation ist kein „Opt-out“ in die alte Rechtslage möglich, weswegen diesbezüglich jedenfalls auf die neue Rechtslage abzustellen ist.

Bei der Beurteilung, ob eine Rechtssache im streitigen oder im außerstreitigen Verfahren zu erledigen ist, ist nach § 40a JN und der Rechtsprechung nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien, sondern ausschließlich auf den Inhalt und den Wortlaut des Begehrens und das Vorbringen der das Verfahren einleitenden Partei abzustellen. Grundsätzlich gehören nach stRsp alle in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Sachen auf den Prozessweg, sofern ein Gesetz nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt. Das außerstreitige Verfahren ist nach der Rechtsprechung aber ungeachtet des ausschließlichen Verweisungsanspruchs des § 1 Abs 2 AußStrG auch ohne gesetzliche Anordnung dann anzuwenden, wenn sich dies aus der Natur des Anspruchs und der durch seine Geltendmachung hergestellten Rechtsbeziehungen zwischen dem Antragsteller und dem Gericht ergibt.

Für die alte Rechtslage vertrat der OGH, dass aufgrund des Verweises in § 1190 ABGB aF auf §§ 833–842 ABGB und damit auf § 838a ABGB Ansprüche auf Rechnungslegung unter Mitgesellschaftern wie solche zwischen Miteigentümern im Außerstreitverfahren geltend zu machen sind. Mit dem GesbR-RG ist dieser Verweis auf § 838a ABGB weggefallen, wodurch auch die Verweisung in das Außerstreitverfahren entfällt.

Ergänzend wurden mit den §§ 1216a ff ABGB Bestimmungen über die Liquidation geschaffen, die auch auf Altgesellschaften anzuwenden sind. So bestimmt § 1216e Abs 3 ABGB, dass die Liquidatoren die Verteilung des Gesellschaftsvermögens bis zur Entscheidung eines diesbezüglichen Streits der Gesellschafter auszusetzen haben. Diese Norm ist § 155 Abs 3 UGB nachgebildet, wobei dem OGH zufolge Gegenstand des Streits „jede Meinungsverschiedenheit der Gesellschafter über die Vornahme der Verteilung“ sein kann und die Austragung des Streits unter den Gesellschaftern mittels Feststellungsklage zu erfolgen hat. Ob ein Auskunfts- und Einsichtsbegehren als Streit unter den Gesellschaftern iSd § 1216e Abs 3 ABGB anzusehen ist und auch deshalb das streitige Verfahren zur Anwendung gelangt, ist allerdings im Hinblick darauf, dass es ohnehin an einer Verweisung in das Außerstreitverfahren mangelt, unerheblich.

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