Dokument-ID: 320082

Vorschrift

CLP-Verordnung

Inhaltsverzeichnis

3.10 Aspirationsgefahr

3.10.1. Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

3.10.1.1. Diese Kriterien beschreiben die Einstufung von Stoffen oder Gemischen, die beim Menschen aspirationstoxisch wirken können.

3.10.1.2. Aspiration: das Eindringen eines flüssigen oder festen Stoffes oder Gemisches direkt über die Mund- oder Nasenhöhle oder indirekt durch Erbrechen in die Luftröhre und den unteren Atemtrakt.

3.10.1.3. Aspirationsgefahr: schwerwiegende akute Wirkungen, etwa durch Chemikalien hervorgerufene Pneumonie, Lungenschädigungen oder Tod nach Aspiration eines Stoffes oder Gemisches.
(ABl. L 86/2019)

3.10.1.4. Die Aspiration setzt mit dem Einatmen während eines Atemzugs ein, wobei sich der Fremdkörper oder -stoff an der Schnittstelle des oberen Atemtrakts und des Verdauungstrakts im Rachen-Kehlkopf-Raum befindet.

3.10.1.5. Die Aspiration eines Stoffes oder Gemisches kann bei Erbrechen nach Aufnahme durch Verschlucken erfolgen. Dies wirkt sich auf die Kennzeichnung aus, insbesondere wenn aufgrund akuter Toxizität ein Sicherheitshinweis empfohlen wird, nach Verschlucken Erbrechen herbeizuführen. Stellt der Stoff/das Gemisch jedoch auch eine Gefahr durch Aspiration dar, muss von der Empfehlung, Erbrechen herbeizuführen, abgesehen werden.

3.10.1.6. Besondere Erwägungen

3.10.1.6.1 Bei Auswertung der medizinischen Fachliteratur zur Aspiration von Chemikalien ergab sich, dass einige Kohlenwasserstoffe (Erdöl-Destillationsprodukte) und bestimmte chlorierte Kohlenwasserstoffe erwiesenermaßen eine Aspirationsgefahr für den Menschen darstellen.

3.10.1.6.2 Die Einstufungskriterien beziehen sich auf die kinematische Viskosität. Die Umrechnung von dynamischer in kinematische Viskosität ist wie folgt anzustellen:

CLP-komplett-127

3.10.1.6.2a. Obwohl die Definition der Aspiration in Abschnitt 3.10.1.2 auch das Eindringen von festen Stoffen in den Atemtrakt einschließt, ist die Einstufung in Kategorie 1 nach Tabelle 3.10.1 Buchstabe b nur für flüssige Stoffe und Gemische bestimmt. (ABl. L 83/2011)

3.10.1.6.3 Einstufung von Aerosolen/Nebeln

Stoffe oder Gemische (Produkte) in Form von Aerosolen und Nebeln werden in der Regel in Druckbehältern, Sprühpistolen oder Sprühpumpen abgegeben. Ausschlaggebend für die Einstufung dieser Produkte ist, ob sich die Produktpartikel im Mund aneinanderlagern und dann aspiriert werden können. Ist der Nebel oder das Aerosol aus einem Druckbehälter fein, kommt es nicht zu einer Aneinanderlagerung der Partikel. Wird das Produkt jedoch in einem Strahl aus einem Druckbehälter abgegeben, können sich die Partikel aneinanderlagern und dann aspiriert werden. Normalerweise sind die Partikel des durch Sprühpistolen und Sprühpumpen erzeugten Nebels groß, so dass eine Aneinanderlagerung und anschließende Aspiration möglich ist. Lässt sich der Pumpmechanismus entfernen und kann der Inhalt verschluckt werden so ist eine Einstufung des in dem Produkt enthaltenen Stoffes oder Gemisches in Betracht zu ziehen.

3.10.2. Einstufungskriterien für Stoffe

Tabelle 3.10.1

Gefahrenkategorie der Aspirationsgefahr

Kategorien

Kriterien

Kategorie 1

Stoffe, die bekanntlich eine Aspirationsgefahr für den Menschen darstellen oder als solche anzusehen sind. Ein Stoff wird in die Kategorie 1 eingestuft:

  1. auf der Grundlage zuverlässiger und hochwertiger Erfahrungen beim Menschen oder
  2. wenn es sich um einen Kohlenwasserstoff mit einer bei 40 °C gemessenen kinematischen Viskosität von maximal 20,5 mm2/s handelt.

Hinweis:

Zu den Stoffen der Kategorie 1 gehören unter anderem bestimmte Kohlenwasserstoffe, Terpentin und Pinienöl.

3.10.3. Einstufungskriterien für Gemische

3.10.3.1. Einstufung von Gemischen, bei denen Daten für das komplette Gemisch vorliegen

In die Kategorie 1 wird ein Gemisch auf der Grundlage zuverlässiger und hochwertiger Erfahrungen beim Menschen eingestuft.

3.10.3.2. Einstufung von Gemischen, bei denen keine Daten für das komplette Gemisch vorliegen: Übertragungsgrundsätze

3.10.3.2.1 Wurde das Gemisch selbst nicht auf seine Aspirationsgefahr geprüft, liegen jedoch ausreichende Daten über seine einzelnen Bestandteile und über ähnliche geprüfte Gemische vor, um die Gefahren des Gemisches angemessen zu beschreiben, dann sind diese Daten nach Maßgabe der Übertragungsgrundsätze des Abschnitts 1.1.3 zu verwenden. Wird der für das Verdünnungsprinzip geltende Übertragungsgrundsatz angewandt, muss die Konzentration des/der aspirationstoxischen Stoffe/s mindestens 10 % betragen.

3.10.3.3. Einstufung von Gemischen, wenn Daten für alle oder nur für manche Bestandteile des Gemisches vorliegen

3.10.3.3.1 Kategorie 1

3.10.3.3.1.1. Als „relevante Bestandteile“ eines Gemisches gelten jene, die in Konzentrationen von ≥ 1 % vorliegen.
(ABl. L 86/2019)

3.10.3.3.1.2. Ein Gemisch wird in die Kategorie 1 eingestuft, wenn die Summe der Konzentrationen von Bestandteilen der Kategorie 1 ≥ 10 % beträgt und das Gemisch eine bei 40 °C gemessene kinematische Viskosität von ≤ 20,5 mm2/s aufweist.
(ABl. L 86/2019)

3.10.3.3.1.3 Im Fall eines Gemisches, das aus zwei oder mehr nicht vermischten Schichten besteht, von denen eine aus mindestens 10 % eines Stoffes oder von Stoffen besteht, der/die in die Kategorie 1 eingestuft wurde/-n, und eine bei 40 °C gemessene kinematische Viskosität von maximal 20,5 mm2/s aufweist, wird das gesamte Gemisch in die Kategorie 1 eingestuft.
(ABl. L 86/2019)

3.10.4. Gefahrenkommunikation

3.10.4.1. Bei Stoffen oder Gemischen, die die Kriterien für die Einstufung in diese Gefahrenklasse erfüllen, sind die Kennzeichnungselemente gemäß Tabelle 3.10.2 zu verwenden.

Tabelle 3.10.2

Kennzeichnungselemente für Aspirationsgefahr

Einstufung

Kategorie 1

GHS-Piktogramm

 
GHS

Signalwort

Gefahr

Gefahrenhinweis

H304: Kann bei Verschlucken und Eindringen in die Atemwege tödlich sein

Sicherheitshinweise – Prävention

 

Sicherheitshinweise – Reaktion

P301 + P310
 P331

Sicherheitshinweise – Lagerung

P405

Sicherheitshinweise – Entsorgung

P501