29.07.2021 | Bau & Immobilien | ID: 1097414

Nachhaltiges Bauen für die HKLS-Branche

Florian Wehrberger

Gastautor Florian Wehrberger erläutert in diesem Beitrag, was bei der Gebäudeplanung beachtet werden sollte, um ein optimales Raumklima zum Wohlfühlen aber auch Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

Die meisten Menschen verbringen rund 90 % ihrer Zeit in geschlossenen Räumen, den Großteil davon zu Hause oder am Arbeitsplatz. Das Wohlbefinden des Menschen ist eine subjektive Wahrnehmung, die von zahlreichen Faktoren abhängig ist. Dazu gehören neben der individuellen physischen und psychischen Verfassung der Person, Einflüsse aus der jeweiligen Umgebung wie etwa die thermische und stoffliche Belastung, Geräusche, Lichtqualität, Akustik oder die Aufenthaltsdauer und die Anzahl der anwesenden Personen in einem Raum. Wegen des individuellen Empfindens und der Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers, lässt sich Behaglichkeit nicht einheitlich messen. Allerdings ist es möglich, Raumzustände herzustellen, in denen sich die meisten Menschen besonders wohl fühlen. An dieser Stelle kommt nun die HKLS-Technik zum Einsatz.

Zu Beginn steht eine nachhaltige Architektur

Um Immobilien zu schaffen in denen sich die Nutzer und Bewohner auch wirklich wohl fühlen, müssen in der technischen Gebäudeplanung alle Aspekte der Behaglichkeit, also zB das Raumklima oder die Raumluftqualität berücksichtigt werden. Nachhaltige, energieeffiziente Gebäude sollen nicht nur sparsam sein, sondern auch hohen Komfort bieten, und das durch den Einsatz regenerativer Energien, Wärmerückgewinnung und der richtigen Architektur und Bauweise. Komfort, der durch intelligente Architektur eines Gebäudes erzielt wird, spart aufwendige technische Lösungen und Energiekosten. Dass sich Investitionen über den Lebenszyklus einer Immobilie rechnen, zeigt sich im europäischen Qualitätszertifikat der DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) welches von der ÖGNI (Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft) in Österreich angewandt wird. Die Prozesse bei der Wartung der Anlagen und ein sinnvolles Monitoring mit anschließender Analyse der Gebäudedaten sind nötig, um die optimale Wirkung der Anlagen auch über die Laufzeit zu gewährleisten. Es wird zukünftig auch zwingend nötig sein, erstellte Gebäude-Modelle auch über den Betrieb hin aktuell zu halten und Monitoring-Daten regelmäßig einzupflegen. Nur so können die Vorteile der Digitalisierung realisiert werden. Auf diese Themen muss die HKLS-Branche entsprechend reagieren und mit intelligenten, vernetzten Lösungen auf eine immer größer werdende Datenmenge vorbereitet sein.

So viel wie nötig, so wenig wie möglich

Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte es aber nicht das Ziel sein, durch den übermäßigen Einsatz von Technik, den Energieverbrauch von Gebäuden zu erhöhen. Es gilt immer den Komfort eines Gebäudes auch im Zusammenhang mit seinem Energieverbrauch und den zu erwartenden Betriebskosten zu betrachten. Dort, wo sich mit passiven Lösungen der gleiche oder ein besserer Effekt erzielen lässt, sollten passive Lösungen eingesetzt werden. Viel kann schon damit erreicht werden, wenn der Baukörper optimal ausgerichtet, eine sinnvolle Beschattung angebracht oder auf allzu große Fensterfronten verzichtet wird. Oft gibt es Möglichkeiten für eine passive Kühlung oder eine entsprechende Begrünung, sodass auf Kühlanlagen verzichtet werden kann (DGNB-Blog, Gebäudetechnik, oder: Wann ein Technikeinsatz sinnvoll ist, https://blog.dgnb.de/gebaeudetechnik/ (22.07.2021)).

Durch frühzeitiges Beachten nachhaltiger, integraler Planungsansätze kann die Gesamtwirtschaftlichkeit von Gebäuden erheblich verbessert werden. Bereits zu Beginn eines jeden Projektes ist es essenziell, dass die einzelnen Gewerke zusammenarbeiten. Es gilt die unterschiedliche Technik aufeinander abzustimmen, ganz nach dem Motto – So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Eine Vernetzung der Gewerke und eine zentrale Steuereinheit erleichtert das Aufzeichnen und Analysieren der Gebäudedaten und kann so zu einem energieeffizienten Gebäudebetrieb beitragen. Ausreichend Reserven in den Versorgungsschächten und eine hohe Flexibilität der Grundrisse erleichtern nachträgliche Einbauten und erhöhen dadurch die Lebenszeit und Akzeptanz von Immobilien. Gebäude, die viele Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Bestand haben, ohne abgerissen zu werden, sind der beste Klimaschutz.

Beim Neubau sind diese Herausforderungen vergleichsweise einfach umzusetzen, da hier die Standards bereits sehr hoch sind. Die größte Herausforderung, die es unbedingt anzupacken gilt, ist der Gebäudebestand. Hier spielt eine sinnvolle Gebäudeautomation eine entscheidende Rolle, sei es durch die Ermittlung von Energieeffizienzpotentialen oder anderen Optimierungsmöglichkeiten durch Automation und Digitalisierung.

Der Mensch im Mittelpunkt

Zu Beginn aller Überlegungen, unabhängig ob Neubau oder Bestand, sollte eine integrale Planung stehen. Zur Gebäudetechnik gilt: Ist ihr Einsatz wohlüberlegt, kann sie den Menschen einen großen Mehrwert bieten, Umwelt und Ressourcen schonen, regenerative Energien einbinden und zum Wohlbefinden der Nutzer beitragen.

Im Sinne der langlebigen Nachhaltigkeit muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Nur Immobilien in denen der Mensch sich wohlfühlt, werden über lange Zeit Akzeptanz finden. Durch die fortschreitende Klimaerwärmung spielt die Kühlung eine wichtige Rolle, steigende Lärmbelastungen und zunehmende Urbanisierung erfordern ein aktives Lüftungskonzept und zusätzlich wird der Nutzer anspruchsvoller hinsichtlich Komforts und Wohlbefinden. All das sind Kriterien, die mit einer effektiven und resilienten Gebäudetechnik erfüllt werden können. Die richtige und regelmäßige Wartung und Instandhaltung sind essenziell, denn viele Klima- und Lüftungsanlagen sind versteckte Energiefresser und können den Komfort auch massiv verschlechtern. Oft sind diese nicht optimal eingestellt, enthalten veraltete Komponenten oder sind überdimensioniert. Betriebsoptimierungen und technische Verbesserungen bewirken mit oft geringem Aufwand große Einsparungen. Beim Einsatz und der Dimensionierung der Gebäudetechnik sollte man sich stets die Frage stellen „Wie reagiert der Mensch darauf?“. Behält man diesen Gedanken von der Planung, über die Errichtung hin zum Betrieb im Fokus, wird, unter Berücksichtigung der drei Säulen der Nachhaltigkeit (Ökologie, Ökonomie und Soziales) eine Immobilie entstehen, die über Generationen Bestand hat und sich an wechselnde Bedingungen anpasst.

Ähnliche Beiträge

  • Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG): Richtige Vertragsgestaltung bei Gründung

    Zum Beitrag
  • Nachhaltiges Energiemanagement im Gebäudebetrieb

    Zum Beitrag
  • Wohnbaupaket 2024: Öko-Zuschlag und befristete beschleunigte AfA

    Zum Beitrag

Produkt-Empfehlungen

Produkt-Empfehlungen