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Dokument-ID: 755164

Vorschrift

Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

Inhaltsverzeichnis

§ 365p. Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden

idF BGBl. I Nr. 65/2020 | Datum des Inkrafttretens 22.07.2020

(1) Die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden umfassen:

1.

Feststellung und Überprüfung der Kundenidentität bei

  1. natürlichen Personen auf der Grundlage eines amtlichen Lichtbildausweises; als amtlicher Lichtbildausweis in diesem Sinn gelten von einer staatlichen Behörde ausgestellte Dokumente, die mit einem nicht austauschbaren erkennbaren Kopfbild der betreffenden Person versehen sind und den Namen, das Geburtsdatum und die Unterschrift der Person sowie die ausstellende Behörde enthalten; bei Reisedokumenten von Fremden müssen die Unterschrift und das vollständige Geburtsdatum dann nicht im Reisedokument enthalten sein, wenn dies dem Recht des ausstellenden Staates entspricht; dies schließt auch, soweit verfügbar, elektronische Mittel für die Identitätsfeststellung sowie einschlägige Vertrauensdienste gemäß der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG, ABl. Nr. L 257 vom 28.8.2014 S. 73 und andere sichere Verfahren zur Identifizierung aus der Ferne oder auf elektronischem Weg im Sinne des § 6 Abs. 4 des Bundesgesetzes zur Verhinderung der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Finanzmarkt (Finanzmarkt-Geldwäschegesetz – FM-GwG), BGBl. I Nr. 118/2016, in der jeweils geltenden Fassung, mit ein; (BGBl. I Nr. 65/2020)
  2. juristischen Personen anhand von beweiskräftigen Urkunden, die gemäß dem am Sitz der juristischen Personen landesüblichen Rechtsstandard verfügbar sind; jedenfalls zu überprüfen sind der aufrechte Bestand, der Name, die Rechtsform, die Vertretungsbefugnis und der Sitz der juristischen Person;

2.

Feststellung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers und Ergreifung angemessener Maßnahmen zur Überprüfung seiner Identität, bis der Gewerbetreibende davon überzeugt ist, zu wissen, wer der wirtschaftliche Eigentümer ist; im Fall von juristischen Personen, Trusts, Gesellschaften, Stiftungen und ähnlichen Rechtsvereinbarungen schließt dies ein, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um die Eigentums- und Kontrollstruktur des Kunden zu verstehen; wenn der ermittelte wirtschaftliche Eigentümer ein Angehöriger der Führungsebene im Sinne des § 365n Z 10 ist, hat der Gewerbetreibende die erforderlichen angemessenen Maßnahmen zu treffen, um die Identität der natürlichen Person, die die Position als Angehöriger der Führungsebene innehat, zu überprüfen und Aufzeichnungen über die ergriffenen Maßnahmen sowie über etwaige während des Überprüfungsvorgangs aufgetretene Schwierigkeiten zu führen. Eine angemessene Maßnahme ist die Einsicht in das Register der wirtschaftlichen Eigentümer nach Maßgabe des § 11 WiEReG. (BGBl. I Nr. 65/2020)

3.

die Bewertung und gegebenenfalls Einholung von Informationen über den Zweck und die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung und

4.

die kontinuierliche Überwachung der Geschäftsbeziehung, einschließlich einer Überprüfung der im Verlauf der Geschäftsbeziehung abgewickelten Transaktionen, um sicherzustellen, dass diese mit den Kenntnissen über den Kunden, seine Geschäftstätigkeit und sein Risikoprofil, einschließlich erforderlichenfalls der Herkunft der Mittel, übereinstimmen; der Gewerbetreibende hat zu gewährleisten, dass die betreffenden Dokumente, Daten oder Informationen auf aktuellem Stand gehalten werden.

Bei Durchführung der unter Z 1 und 2 genannten Maßnahmen hat sich der Gewerbetreibende zudem zu vergewissern, dass jede Person, die vorgibt, im Namen des Kunden zu handeln, dazu berechtigt ist; er hat die Identität dieser Person festzustellen und zu überprüfen.

(2) Der Umfang der in Abs. 1 genannten Sorgfaltspflichten bestimmt sich nach den vom Gewerbetreibenden zu bewertenden Risiken, insbesondere nach dem Zweck der Geschäftsbeziehung, der Höhe der von einem Kunden eingezahlten Vermögenswerte oder dem Umfang der Transaktion sowie Regelmäßigkeit oder Dauer der Geschäftsbeziehung.

(3) Die Angemessenheit der gesetzten Maßnahmen muss entsprechend dem ermittelten Risiko gegenüber der Behörde nachgewiesen werden können.

(4) Für Lebensversicherungen oder andere Versicherungen mit Anlagezweck haben Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) neben den Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden und wirtschaftlichen Eigentümern hinsichtlich der Begünstigten dieser Versicherungen die nachstehend genannten Sorgfaltspflichten zu erfüllen, sobald die Begünstigten ermittelt oder bestimmt sind:

  1. bei Begünstigten, die als namentlich genannte Person oder Rechtsvereinbarung identifiziert werden, hat der Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) den Namen dieser Person festzuhalten;
  2. bei Begünstigten, die nach Merkmalen oder nach Kategorie oder auf andere Weise bestimmt werden, hat der Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) ausreichende Informationen über diese Begünstigten einzuholen, um sicherzugehen, dass er zum Zeitpunkt der Auszahlung in der Lage sein wird, ihre Identität festzustellen.

In den in Z 1 und 2 genannten Fällen ist die Identität der Begünstigten zum Zeitpunkt der Auszahlung zu überprüfen. Wird die Lebens- oder andere Versicherung mit Anlagezweck ganz oder teilweise an einen Dritten abgetreten, so haben die über diese Abtretung unterrichteten Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers zu dem Zeitpunkt festzustellen, in dem die Ansprüche aus der übertragenen Polizze an die natürliche oder juristische Person oder die Rechtsvereinbarung abgetreten werden.

(4a) Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) dürfen keine anonymen Konten, anonyme Sparbücher oder anonyme Schließfächer führen. Auf Inhaber und Begünstigte bestehender anonymer Konten, anonymer Sparbücher oder anonymer Schließfächer sind die Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden anzuwenden.
(BGBl. I Nr. 65/2020)

(5) Werden die Begünstigten von Trusts oder von ähnlichen Rechtsvereinbarungen nach besonderen Merkmalen oder nach Kategorie bestimmt, so hat ein Gewerbetreibender ausreichende Informationen über den Begünstigten einzuholen, um sicherzugehen, dass er zum Zeitpunkt der Auszahlung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem der Begünstigte seine erworbenen Rechte wahrnimmt, in der Lage sein wird, die Identität des Begünstigten festzustellen.

(6) Die Gewerbetreibenden haben die Sorgfaltspflichten gemäß Abs. 1 bis Abs. 5 nicht nur in Bezug auf alle neuen Kunden, sondern zu geeigneter Zeit auch in Bezug auf die bestehende Kundschaft auf risikobasierter Grundlage zu erfüllen, oder auch dann, wenn sich bei einem Kunden maßgebliche Umstände ändern oder wenn der Gewerbetreibende rechtlich verpflichtet ist, den Kunden im Laufe des betreffenden Kalenderjahres zu kontaktieren, um etwaige einschlägige Informationen über den oder die wirtschaftlichen Eigentümer zu überprüfen, oder wenn der Verpflichtete gemäß der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG, ABl. Nr. L 64, vom 11.3.2011 S. 1, dazu verpflichtet ist.
(BGBl. I Nr. 65/2020)

(7) Sofern der Gewerbetreibende nicht in der Lage ist, Abs. 1 Z 1 bis 4 nachzukommen, ist er verpflichtet, keine Transaktion über ein Bankkonto abzuwickeln, keine Geschäftsbeziehung zu begründen, keine Transaktion abzuwickeln oder eine Geschäftsbeziehung zu beenden. Weiters hat er die Notwendigkeit einer Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle gemäß § 365t Abs. 1 Z 1 zu prüfen.

(BGBl. I Nr. 95/2017)