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Dokument-ID: 936086

Vorschrift

Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

Inhaltsverzeichnis

§ 365m1. Allgemeines

idF BGBl. I Nr. 65/2020 | Datum des Inkrafttretens 22.07.2020

(1) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist ermächtigt, durch Verordnung

  1. diejenigen Regelungen zu erlassen, die notwendig sind, um allfällige weitere Durchführungsmaßnahmen der Europäischen Kommission insbesondere im Sinne der Art. 9 Abs. 2 und Art. 45 Abs. 7 der Geldwäsche-RL umzusetzen, (BGBl. I Nr. 65/2020)
  2. in Übereinstimmung mit dem risikobasierten Ansatz den Geltungsbereich der Bestimmungen dieses Abschnittes ganz oder teilweise auf Berufe oder Unternehmenskategorien dieses Bundesgesetzes auszudehnen, die zwar keine Gewerbetreibenden gemäß Abs. 2 sind, jedoch diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeiten ausüben, bei denen es besonders wahrscheinlich ist, dass diese für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung genutzt werden; der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat eine solche Ausdehnung der Europäischen Kommission mitzuteilen,
  3. Empfehlungen der Europäischen Kommission im Sinne des Art. 6 Abs. 4 der Geldwäsche-RL umzusetzen. (BGBl. I Nr. 65/2020)

(2) Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für folgende Gewerbetreibende, und zwar sowohl für natürliche als auch für juristische Personen sowie eingetragene Personengesellschaften:

1.

  1. Handelsgewerbetreibende einschließlich Versteigerer, soweit sie Zahlungen von mindestens 10 000 Euro in bar tätigen oder entgegennehmen, unabhängig davon, ob die Transaktion in einem einzigen Vorgang oder in mehreren Vorgängen, zwischen denen eine Verbindung besteht oder zu bestehen scheint, getätigt wird;
  2. Handelsgewerbetreibende, die mit Kunstwerken handeln oder beim Handel mit Kunstwerken als Vermittler tätig werden, auch Kunstgalerien und Auktionshäuser, sofern sich der Wert einer Transaktion oder einer Reihe verbundener Transaktionen auf 10 000 Euro oder mehr beläuft;
  3. Gewerbetreibende, die Kunstwerke lagern, mit Kunstwerken handeln oder beim Handel mit Kunstwerken als Vermittler tätig werden, wenn dies durch Freihäfen ausgeführt wird, sofern sich der Wert einer Transaktion oder einer Reihe verbundener Transaktionen auf 10 000 Euro oder mehr beläuft;

(BGBl. I Nr. 65/2020)

2.

Immobilienmakler, insbesondere im Hinblick sowohl auf Käufer als auch auf Verkäufer bzw. sowohl auf Mieter als auch auf Vermieter, aber nur in Bezug auf Transaktionen, bei denen sich die monatliche Miete auf 10 000 Euro oder mehr beläuft; (BGBl. I Nr. 65/2020)

3.

Unternehmensberater einschließlich der Unternehmensorganisation oder hinsichtlich der im Folgenden unter lit. c genannten Tätigkeiten auch sonstige Gewerbetreibende, wie insbesondere Berechtigte hinsichtlich Büroarbeiten und Büroservice, bei der Erbringung folgender Dienstleistungen für Gesellschaften oder Treuhandschaften:

  1. Gründung von Gesellschaften oder anderen juristischen Personen oder
  2. Ausübung der Leitungs- oder Geschäftsführungsfunktion einer Gesellschaft, der Funktion eines Gesellschafters einer Personengesellschaft oder einer vergleichbaren Funktion bei einer anderen juristischen Person oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannten Funktionen oder
  3. Bereitstellung eines Sitzes, einer Geschäfts-, Verwaltungs- oder Postadresse und anderer damit zusammenhängender Dienstleistungen für eine Gesellschaft, eine Personengesellschaft oder eine andere juristische Person oder rechtsgeschäftliche Vereinbarung oder
  4. Ausübung der Funktion eines Treuhänders einer Treuhandschaft oder einer ähnlichen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannten Funktionen oder
  5. Ausübung der Funktion eines nominellen Anteilseigners für eine andere Person, bei der es sich nicht um eine auf einem geregelten Markt notierte Gesellschaft handelt, die dem Unionsrecht entsprechenden Offenlegungsanforderungen oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegt, oder Bestellung einer anderen Person für die zuvor genannten Funktionen oder

4.

Versicherungsvermittler im Sinne des § 137 Abs. 2, wenn diese im Zusammenhang mit Lebensversicherungen und anderen Dienstleistungen mit Anlagezweck tätig werden; ausgenommen hievon sind Versicherungsvermittler in der Form Versicherungsagent, die weder Prämien noch für Kunden bestimmte Beträge in Empfang nehmen und (BGBl. I Nr. 65/2020)

  1. keine Versicherungsprodukte vermitteln, die zueinander in Konkurrenz stehen, oder
  2. nebengewerblich (§ 376 Z 18 Abs. 11) oder in Nebentätigkeit (§ 137 Abs. 3) tätig werden. (BGBl. I Nr. 65/2020)

(3) Die Geldwäschemeldestelle nimmt Verdachtsmeldungen gemäß den §§ 365t bis 365z entgegen. Für alle anderen nicht direkt der Geldwäschemeldestelle zugewiesenen behördlichen Aufgaben, insbesondere die laufende Überwachung und Sicherstellung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Abschnitts durch die Gewerbetreibenden einschließlich der Sanktionierung von Verstößen gegen diese Bestimmungen, ist die Behörde (§ 333) zuständig. Die Behörde hat die Einhaltung der Bestimmungen auf risikoorientierter Grundlage wirksam zu überwachen und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um deren Einhaltung sicherzustellen. Dabei kommen ihr alle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben angemessenen Befugnisse und Mittel zu, einschließlich der Möglichkeit, alle Auskünfte im Bezug auf die Überwachung der einschlägigen Vorschriften zu verlangen und Kontrollen und Prüfungen vor Ort durchzuführen (§ 338).

(4) Hat ein Gewerbetreibender seinen Hauptsitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Vertragsstaat des EWR und im Bundesgebiet einen Standort oder weitere Betriebsstätten, so hat die Behörde mit den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem der Verpflichtete seinen Hauptsitz hat, zusammenzuarbeiten, um eine wirksame Aufsicht zu gewährleisten. Bei Versicherungsvermittlern (§ 365m1 Abs. 2 Z 4), die Teil einer Gruppe sind, gilt dies auch im Hinblick auf die Behörden eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaats des EWR, in dem das Mutterunternehmen niedergelassen ist.
(BGBl. I Nr. 65/2020)

(5) Die Behörde hat bei der Aufsicht nach einem risikobasierten Ansatz vorzugehen und hat

  1. ein klares Verständnis der in Österreich vorhandenen Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu entwickeln,
  2. sich hinsichtlich der Häufigkeit und Intensität von Prüfungen von Gewerbetreibenden vor Ort an deren Risikoprofil und den vorhandenen Risiken von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu orientieren.

Der Gewerbetreibende hat der Behörde vor Ort Zugang zu allen relevanten Informationen über die besonderen nationalen und internationalen Risiken im Zusammenhang mit seinen Kunden, Produkten und Dienstleistungen zu gewähren.

(6) Die von den Europäischen Aufsichtsbehörden gemäß

  1. Art. 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 vom 15.12.2010 S. 12, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2015/2366, ABl. Nr. L 337 vom 23.12.2015 S. 35,
  2. Art. 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 vom 24.11.2010 S. 48, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 258/2014, ABl. Nr. L 105 vom 08.04.2014 S. 1, und
  3. Art. 16 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission, ABl. Nr. L 331 vom 13.12.2010 S. 84, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 258/2014, ABl. Nr. L 105 vom 08.04.2014 S. 1,

herausgegebenen Leitlinien über Merkmale eines risikobasierten Ansatzes für die Aufsicht und die bei der Aufsicht nach einem risikobasierten Ansatz zu unternehmenden Schritte sind von der Behörde zu berücksichtigen. Die Behörde hat den Europäischen Aufsichtsbehörden alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die zur Durchführung ihrer Aufgaben aufgrund der Geldwäsche-RL erforderlich sind.
(BGBl. I Nr. 65/2020)

(7) Die Behörde hat das Risikoprofil des Gewerbetreibenden im Hinblick auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, einschließlich der Risiken der Nichteinhaltung einschlägiger Vorschriften, in regelmäßigen Abständen und bei Eintritt wichtiger Ereignisse oder Entwicklungen in der Geschäftsleitung und Geschäftstätigkeit zu bewerten.

(8) Die Behörde hat die Eignung und Umsetzung der internen Strategien, Kontrollen und Verfahren des Gewerbetreibenden in angemessener Weise zu überprüfen.

(9) Die Behörde hat über wirksame Mechanismen zu verfügen, die dazu ermutigen, Verstöße oder den Verdacht eines Verstoßes gegen die Bestimmungen dieses Abschnittes oder gegen auf der Grundlage dieses Abschnittes erlassene Verordnungen oder Bescheide anzuzeigen.

(10) Die in Abs. 9 genannten Mechanismen umfassen zumindest Folgendes:

  1. spezielle Verfahren für die Entgegennahme der Meldung von Verstößen und diesbezüglicher Folgemaßnahmen;
  2. einen angemessenen Schutz für Beschäftigte der Verpflichteten, die Verstöße innerhalb des Verpflichteten melden;
  3. einen angemessenen Schutz für die beschuldigte Person;
  4. den Schutz personenbezogener Daten gemäß den Grundsätzen der Datenschutz-Grundverordnung und des Datenschutzgesetzes – DSG sowohl für die Person, die die Verstöße meldet, als auch für die natürliche Person, die mutmaßlich für einen Verstoß verantwortlich ist; (BGBl. I Nr. 32/2018)
  5. klare Regeln, die die Geheimhaltung der Identität der Person, die die Verstöße anzeigt, gewährleisten, soweit nicht die Offenlegung der Identität im Rahmen eines staatsanwaltschaftlichen, gerichtlichen oder verwaltungsrechtlichen Verfahrens zwingend zu erfolgen hat;
  6. einen oder mehrere sichere Kommunikationskanäle für die in Abs. 9 vorgesehene Meldung, durch die sichergestellt wird, dass die Identität der Personen, die Informationen zur Verfügung stellen, nur der Behörde bekannt ist. (BGBl. I Nr. 65/2020)

(11) Der Gewerbetreibende hat über angemessene Verfahren zu verfügen, über die seine Angestellten oder Personen in einer vergleichbaren Position Verstöße intern über einen speziellen, unabhängigen und anonymen Kanal melden können und die in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Größe des betreffenden Gewerbebetriebs stehen. Die Verfahren nach diesem Absatz müssen den Anforderungen des Abs. 10 Z 2 bis 5 entsprechen.

(12) Die Behörde hat die Europäischen Aufsichtsbehörden über alle verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen, die gegen Versicherungsvermittler (§ 365m1 Abs. 2 Z 4) wegen schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen oder eine Kombination davon gegen die §§ 365p, 365q, 365r, 365s, 365t, 365u, 365y und 365z verhängt werden, sowie über alle diesbezüglichen Rechtsmittelverfahren und deren Ergebnisse zu informieren.

(13) Dem Bargeld gleichgestellt ist E-Geld (§ 365n Z 8), sofern nicht in einer Verordnung gemäß Abs. 1 Z 1 anderes festgelegt wurde.

(BGBl. I Nr. 95/2017)