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Dokument-ID: 649068

Vorschrift

Gesundheitsüberwachung am Arbeitsplatz (VGÜ)

Inhaltsverzeichnis

3. Einwirkung durch VIBRATIONEN

3.1. GANZKÖRPER-Vibrationen:

a. Allgemeine Anamnese:

Es ist besonders zu achten auf:

  • degenerative Veränderungen im Bereich der Lendenwirbelsäule (L4/L5, L5/S1) nach langjähriger sitzender Tätigkeit auf vertikal schwingenden Arbeitsgeräten,
  • akute (Lumbago) oder chronisch rezidivierende Schmerzen im lumbosakralen Bereich (vor allem in den letzten 12 Monaten),
  • Schmerzcharakter (dumpf, brennend, ziehend, stechend, ausstrahlend, z. B. ein- oder beidseitige Schmerzausstrahlung in die Oberschenkelmuskulatur, Häufigkeit),
  • Bewegungseinschränkungen, Kraftverminderung und Sensibilitätsstörungen,
  • teilweise positives Lasèguezeichen, ischialgieforme Fehlhaltung, segmentale Reflexabschwächungen und motorische Störungen,
  • langjährigen Zigarettenkonsum,
  • akute Störungen des allgemeinen Wohlbefindens (Übelkeit und Bewusstseinsstörungen), die besonders bei tieffrequenten (< 0,5 Hz) Schwingungen, die auch als sog. Kinetosen bezeichnet werden, auftreten können,
  • funktionelle und organische Magenerkrankungen.

b. Arbeitsanamnese:

Es ist besonders zu achten auf:

  • Dauer der aktuellen und vergangenen Einwirkung von Ganzkörper-Vibrationen,
  • Art der Maschinen, tägliche und gesamte Expositionsdauer in Jahren,
  • Arbeitspositionen (wie z. B. gebückte oder verdrehte Körperhaltung, Knien oder Hocken,
  • dauerndes Stehen, Arbeiten mit Händen über Schulterhöhe, dauernde sitzende Tätigkeit),
  • zusätzliche Aufgaben mit manueller Lastenhandhabung und andere Belastungen der Wirbelsäule, Mehrfachbelastungen wie Lärm, Schichtarbeit, sowie starke psychische Belastungen, die das Auftreten von Magen-Darm-Erkrankungen begünstigen,
  • Arbeitsunfälle und Operationen.

Eine gezielte Beratung hinsichtlich Belastungen, Arbeitsgestaltung und Schutzmaßnahmen ist durchzuführen.

c. Klinische Untersuchungen:

* Blutdruck
* Inspektion, Palpation, Funktionsprüfungen und orientierender neurologischer Status
* Untersuchung der WS-Funktionen und Evaluierung der Beschwerden durch Mobilisationsprüfung: Rumpfextension, Rumpfflexion, laterale Rumpfflexion, Rotation links/rechts,
* Prüfung der Nervenirritationen: Lasègue Test (bei liegender Person passives Heben des gestreckten Beines im Hüftgelenk; L4 – S1),
* Prüfung von Hypästhesien im Dermatom L4 – S1,
* Prüfung von motorischen Störungen (Tonusabschwächungen oder einseitige Umfangsminderungen im Bereich M. quadriceps, M. extensor hallucis longus, M. triceps surae),
* Prüfung von Reflexabschwächungen (Patellarsehnenreflex L3 – L4, Achillessehnenreflex S1).

d. Zeitabstand:
Der empfohlene Zeitabstand zwischen den Untersuchungen beträgt vier Jahre.

3.2. HAND-ARM-Vibrationen:

a. Anamnese:

Es ist besonders zu achten auf:

  • Vorliegen peripherer Durchblutungsstörungen und Nervenfunktionsstörungen im Bereich der Hände, wie eine beginnende Durchblutungsstörung im Sinne eines primären und sekundären Raynaud-Syndroms oder von Sensibilitätsstörungen der Haut,
  • Symptome irreversibler, degenerativer Veränderungen von Knorpel und Knochen an Hand- und Armgelenken, wobei die schmerzfreie Funktionsweise der Hand-, Ellbogen- und Schultergelenke einzubeziehen ist,
  • vorübergehende Ermüdungs- und Reizerscheinungen im Hand-Arm-Bereich,
  • Gelenkschmerzen zunächst bei Arbeitsbeginn, später auch in Ruhe,
  • kalte, steife und gefühllose Finger, wodurch es zu einer Behinderung der feinmotorischen Tätigkeit kommt,
  • Gefäßspasmen: Minuten bis Stunden anhaltende distal beginnende zyanotische oder typischerweise weiße Verfärbung (Weißfingerkrankheit) bevorzugt des 2. bis 5. Fingers, provoziert durch Kälte (z. B. im Freien, im Schwimmbad) oder Emotionen, anfallsartig auftretend, Schmerzen nach dem Anfall (durch Dilatation der Gefäße).
  • Bei Schmerzsymptomatik ist der Beginn, das Intensitätsmuster und Einflussfaktoren (Kälte, Schlaf, körperliche Anstrengung und Nikotineinfluss) zu erheben.

b. Arbeitsanamnese:

Es ist besonders zu achten auf:

  • Dauer der aktuellen täglichen, wöchentlichen und gesamten jährlichen Exposition,
  • Art der Tätigkeit, Art der Maschinen (Arbeitsgeräte),
  • ob eine starke Ankopplung der Hände an die vibrierenden Handgriffe und ob die Schwingbelastung vorwiegend in Unterarmrichtung besteht,
  • zusätzliche Einflussfaktoren auf die Durchblutung, wie Kälte oder Hitze, Arbeitsunfälle und Operationen.

Eine gezielte Beratung hinsichtlich Belastungen, Arbeitsgestaltung und Schutzmaßnahmen ist durchzuführen.

c. Klinische Untersuchungen:

Alle Untersuchungen sind bei Zimmertemperatur durchzuführen.
* Blutdruckmessung am rechten und am linken Arm
* Inspektion, Palpation, Funktionsprüfungen und orientierender neurologischer Status
* Hand-Arm-Bereich:Druckdolenz, Radialispuls, Hautkolorit,-temperatur und -trophik, Sensibilität, Schmerz- und Temperaturempfindung,
aktive Beweglichkeit: Faustschluss, Strecken der Langfinger,
Handgelenk Beweglichkeitsprüfung (funktionelle Einschränkung der Handgelenksfunktion),
Schmerzen in Ruhe oder nächtlich, weiters beim Aufstützen,
Prüfung der Sensibilität der betroffenen Finger (2. – 5.)
* Abklärung von Dys-, Hyp- und Parästhesien (Finger bamstig, taub, gefühllos) und Schmerzen, Ausschluss einer Makroangiopathie durch Tasten aller arteriellen Armpulse (Allentest), Vergleich der Grobkraft beidseits (gegebenenfalls Handdynamometrie zur Verlaufskontrolle), auffällige Muskelatrophien.
Kaltwasser Provokationstest:

Dazu ist erforderlich: Eine Einrichtung zur automatischen Aufrechterhaltung der Temperatur über die komplette Messzeit, auch bei mehreren Probanden/Probandinnen (Thermostat) sowie ein kalibriertes Messgerät (z. B. Infrarotthermometer).
Die Untersuchungsperson muss vor der Untersuchung in unbelastetem Zustand sein (noch keine Vibrationsbelastung am Tag der Untersuchung).
* Messung an den Fingerkuppen vor Untersuchungsbeginn
* Kaltwasserexposition: 2 Minuten mit Wassertemperatur 10,0 bis 12,0° C
* danach vorsichtiges Abtrocknen unter Vermeiden von Reibung
* Temperaturmessungen im Abstand von 5 Minuten jeweils an allen Fingerkuppen
* dazwischen körperliche Ruhe (Sitzen), die Finger und Hände dürfen nicht gerieben werden
* schriftliche Registrierung der Temperaturmessungen an allen Fingern
* 15 Minuten nach dem Ende der Kaltwasserexposition Aufzeichnung der Temperaturen an allen zehn Fingern
Handlungsbedarf besteht, wenn 15 Minuten nach dem Ende der Kaltwasserexposition an zumindest einem Finger die Temperatur von 28° C noch nicht wieder erreicht ist oder wenn bei der Untersuchungsperson eine mit der Vibrationseinwirkung im Zusammenhang stehende Gesundheitsschädigung oder Anzeichen einer drohenden Gesundheitsschädigung im Rahmen der übrigen klinischen Untersuchungen festgestellt werden.

d. Zeitabstand:

Der empfohlene Zeitabstand zwischen den Untersuchungen beträgt vier Jahre.

(BGBl. II Nr. 26/2014)