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Lenker/innen – Sonderbestimmungen im AZG – 1. Teil: Begriffsdefinition und Arbeitszeit
Gastautor Johann Schöffthaler geht in Teil 1 dieser Beitragsserie näher darauf ein, wer als Lenker/in gemäß dieser Sonderbestimmungen gilt und was bezüglich Arbeitszeit und Ruhezeit unbedingt zu beachten ist.
Ausgangslage
Das Arbeitszeitgesetz enthält im 4. Abschnitt Sonderbestimmungen für Lenker/innen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen. Diese Bestimmungen gelten aber sowohl für VO-Fahrzeuge als auch für sonstige Fahrzeuge. Einer der Gründe, warum es immer wieder zu Irritationen kommt, ist die Feststellung, welche/r Arbeitnehmer/in als Lenker/in bezeichnet wird und somit der 4. Abschnitt (welcher wiederrum in 4 Teile untergliedert ist) des AZG anzuwenden ist.
Begriffsdefinition und Geltungsbereich
Im Abschnitt 4a geht es um Begriffsdefinitionen und den Geltungsbereich. In diesem Abschnitt wird erklärt, was unter einer öffentlichen Straße, einem VO-Fahrzeug, einem sonstigen Fahrzeug, etc, zu verstehen ist. Der interessante Teil ist der Geltungsbereich.
Hier wird klargestellt, dass die Bestimmungen der Abschnitte 2 bis 3a mit den in den §§ 13b bis 17c genannten Abweichungen für die Beschäftigung von Lenker(n)/innen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen gelten. Die §§ 13 bis 17c AZG sind daher auf Lenker/innen, die beispielsweise nur auf dem Firmengelände unterwegs sind, nicht jedoch auf öffentlichen Straßen (z.B. in Schottergruben oder auf einem Speditionsgelände), nicht anwendbar. Lenker/innen in Mischverwendung, die sowohl auf öffentlichen wie auch auf nicht-öffentlichen Straßen eingesetzt werden, unterliegen den Sonderbestimmungen für Lenker/innen. Ein/e Lenker/in, der/die ausschließlich im innerbetrieblichen Verkehr tätig ist, soll jedoch nicht unter den Abschnitt 4 fallen!
Damit ist aber auch klar, dass diese Bestimmungen auf jede einzelne dienstliche Fahrt einer/s Arbeitnehmers/in auf einer öffentlichen Straße anzuwenden ist und somit ein Arbeitnehmer/in, die/der sonst ganz andere arbeitsvertragliche Aufgaben zu erfüllen hat, ein/e „Lenker/in“ im Sinne von § 13a Abs 1 AZG ist.
Also nicht nur Arbeitnehmer/innen, die eine gewisse Häufigkeit der Tätigkeit des Lenkens im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ausüben, haben die Voraussetzung für die Anwendung der Spezialbestimmungen.
Argumentiert wird dies damit, dass zB nach einer gewissen Dauer des Lenkens eines Kraftfahrzeuges eine Lenkpause einzulegen ist und eine gewisse Anzahl von Stunden des täglichen Lenkens eines Kraftfahrzeuges nicht überschritten werden soll, davon auszugehen ist, dass die betreffenden Zahlenwerte auch an einem einzelnen Tag, der der Arbeitsaufgabe des Lenkens eines Kraftfahrzeuges gewidmet ist, gelten, und dass die sonstige Tätigkeit eines/r nur fallweise ein Fahrzeug lenkenden Arbeitnehmers/in nicht weniger belastend oder sogar noch belastender ist als das Lenken selbst.
Arbeitszeit und Arbeitsruhe
Bezüglich der Arbeitszeit gelten die allgemeinen Regeln über die Begrenzung der Arbeitszeit – sowohl was die Normalarbeitszeit, die Überstundenarbeit als auch die Gesamtarbeitszeit betrifft – unverändert auch für Lenker/innen. Der erste Satz des § 13b Abs 1 AZG stellt klar, dass zur Arbeitszeit nicht nur das Lenken selbst sowie sonstige Tätigkeiten (wie etwa das Be- und Entladen, Warten und Reinigen des Fahrzeuges), sondern auch die Arbeitsbereitschaft gehören. Die Ruhepausen gelten nicht als Arbeitszeit, sondern als Freizeit. § 13b AZG ist auf alle Lenker/innen anzuwenden, unabhängig davon, ob es sich um VO-Fahrzeuge oder um sonstige Fahrzeuge handelt.
Ein VO-Fahrzeug ist ein Fahrzeug, dass entweder zur Güterbeförderung dient und dessen zulässiges Gesamtgewicht, einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger, 3,5 Tonnen übersteigt, oder zur Personenbeförderung dient und nach seiner Bauart und Ausstattung geeignet und dazu bestimmt ist, mehr als neun Personen einschließlich des Fahrers zu befördern.
Sonstige Fahrzeuge sind alle anderen Fahrzeuge, auf die die Beschreibung der VO-Fahrzeuge nicht zutrifft.
Um die Dauer einer konkreten Tagesarbeitszeit feststellen zu können (damit sie auf ihre Gesetzeskonformität überprüft werden kann), muss natürlich klargestellt sein, wann eine Tagesarbeitszeit endet und wann die nächste beginnt. Die Trennlinie bildet wie im allgemeinen Arbeitszeitrecht die abgeschlossene Ruhezeit. Das Ruhezeitrecht der Lenker/innen kennt jedoch in einigen Fällen die Möglichkeit zur Teilung der täglichen Ruhezeit, so etwa vor allem die europäische Lenkzeiten-VO, 561/2006, für Lenker/innen im regionalen Kraftfahrlinienverkehr und bei kombinierter Beförderung. Wird eine solche Teilung oder Unterbrechung der täglichen Ruhezeit vorgenommen, so stellt § 13b zweiter Satz klar, dass die neue Tagesarbeitszeit nach Ablauf der gesamten Ruhezeit beginnt: Erst nach Beendigung aller erforderlichen Teile der täglichen Ruhezeit kann eine neue Tagesarbeitszeit zu laufen beginnen (vgl. EuGH 2.6.1994, Rs C-313/92, van Swieten und 9.6.1994, Rs C-394/92, Michielsen und Geybels Transport Service, ARD 4585/21/94).
Achtung: Für den regionalen Kraftfahrlinienverkehr gilt gemäß § 15a AZG anderes: Durch Kollektivvertrag kann zugelassen werden, dass an Tagen, an denen eine tägliche Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden eingehalten wird, diese Ruhezeit in zwei oder drei Abschnitten genommen werden kann, wobei ein Teil mindestens acht zusammenhängende Stunden, die übrigen Teile jeweils mindestens eine Stunde betragen müssen. In diesen Fällen beginnt abweichend von § 13b Abs 1 zweiter Satz eine neue Tagesarbeitszeit nach Ablauf des mindestens achtstündigen Teiles der Ruhezeit.