Dokument-ID: 788078

Vorschrift

Aufzüge-Sicherheitsverordnung 2015 (ASV 2015)

Inhaltsverzeichnis

ANLAGE I

WESENTLICHE GESUNDHEITSSCHUTZ- UND SICHERHEITSANFORDERUNGEN

VORBEMERKUNG

(1) Die Pflichten aufgrund der wesentlichen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen finden nur Anwendung, wenn von dem betreffenden Aufzug oder Sicherheitsbauteil für Aufzüge bei Verwendung unter den vom Montagebetrieb oder vom Hersteller vorgesehenen Bedingungen das entsprechende Risiko ausgeht.

(2) Die in dieser Verordnung aufgeführten wesentlichen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen sind bindend. Es ist jedoch möglich, dass die damit gesetzten Ziele beim gegebenen Stand der Technik nicht erreicht werden können. In diesem Fall muss der Aufzug bzw. das Sicherheitsbauteil für Aufzüge soweit wie irgend möglich auf diese Ziele hin entworfen und gebaut werden.

(3) Der Hersteller und der Montagebetrieb sind verpflichtet, eine Risikobeurteilung vorzunehmen, um alle mit ihren Produkten verbundenen Risiken zu ermitteln; sie müssen sie dann unter Berücksichtigung dieser Beurteilung entwerfen und bauen.

1. Allgemeines

1.1. Anwendung der Richtlinie 2006/42/EG

In den Fällen, in denen ein entsprechendes Risiko vorliegt, das nicht in diesem Anhang erfasst ist, gelten die wesentlichen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen Anhangs I der Richtlinie 2006/42/EG über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG, ABl. Nr. L 157 vom 09.06.2006 S. 24. Die wesentlichen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsanforderungen gemäß Anhang I Nummer 1.1.2 der Richtlinie 2006/42/EG gelten auf jeden Fall.

1.2. Lastträger

Der Lastträger eines Aufzugs ist als Fahrkorb auszubilden. Dieser Fahrkorb ist so zu entwerfen und zu bauen dass er die erforderliche Nutzfläche und die erforderliche Festigkeit für die vom Montagebetrieb festgelegte höchstzulässige Personenzahl und Traglast des Aufzugs aufweist.

Ist der Aufzug für die Beförderung von Personen bestimmt und lassen seine Abmessungen es zu, muss der Fahrkorb so entworfen und gebaut sein, dass für Menschen mit Behinderungen der Zugang und die Benutzung aufgrund der Bauart nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden und dass geeignete Anpassungen vorgenommen werden können, um Menschen mit Behinderungen die Benutzung zu erleichtern.

1.3. Aufhängung und Abstützung

Die Aufhängung und/oder Abstützung der Fahrkorblast und die entsprechenden Befestigungs- und Verbindungsteile sind so auszuwählen und zu entwerfen, dass unter Berücksichtigung der Betriebsbedingungen, der verwendeten Werkstoffe und der Fertigungsbedingungen ein angemessenes Gesamtsicherheitsniveau gewährleistet und das Risiko eines Absturzes des Fahrkorbs minimiert wird.

Werden für die Aufhängung des Fahrkorbs Seile oder Ketten verwendet, müssen mindestens zwei voneinander unabhängige Seile oder Ketten vorhanden sein, die jeweils über ein eigenes Einhängesystem verfügen. Diese Seile oder Ketten dürfen keine Verbindungs- oder Spleißstellen aufweisen, soweit dies nicht für ihre Befestigung oder zum Anlegen einer Schlinge erforderlich ist.

1.4. Kontrolle der Belastung (einschließlich überhöhter Geschwindigkeit)

1.4.1. Die Aufzüge sind so zu entwerfen, zu bauen und einzubauen, dass der Befehl zum Ingangsetzen nicht gegeben werden kann, solange Nennlast überschritten ist.

1.4.2. Die Aufzüge sind mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer auszurüsten.

Diese Anforderung gilt nicht für Aufzüge, die aufgrund der Auslegung ihres Antriebssystems keine überhöhte Geschwindigkeit erreichen können.

1.4.3. Hochgeschwindigkeitsaufzüge sind mit einer Geschwindigkeitskontroll- und -steuereinrichtung auszurüsten.

1.4.4. Aufzüge mit Treibscheibenantrieb sind so zu entwerfen dass die Treibfähigkeit der Zugseile auf der Treibscheibe gewährleistet ist.

1.5. Triebwerk

1.5.1. Jeder Personenaufzug muss über ein eigenes Triebwerk verfügen. Diese Anforderung gilt nicht für Aufzüge, bei denen die Gegengewichte durch einen zweiten Fahrkorb ersetzt werden.

1.5.2. Der Montagebetrieb muss sicherstellen, dass das Triebwerk eines Aufzugs und die dazugehörenden Einrichtungen außer für Wartungszwecke und in Notfällen nicht zugänglich sind.

1.6. Steuereinrichtungen

1.6.1. Die Steuereinrichtungen von Aufzügen, die für unbegleitete Menschen mit Behinderungen bestimmt sind, müssen in geeigneter Weise entworfen und angeordnet sein.

1.6.2. Die Funktion der Steuereinrichtungen ist deutlich zu kennzeichnen.

1.6.3. Die Aufzüge einer Aufzuggruppe können gemeinsame oder zusammengeschaltete Rufsteuerkreise aufweisen.

1.6.4. Die elektrischen Betriebsmittel sind so zu installieren und zu schalten, dass

  1. Verwechslungen mit nicht zum Aufzug gehörenden Stromkreisen ausgeschlossen sind;
  2. die Energieversorgung unter Last geschaltet werden kann;
  3. die Bewegungen des Aufzuges von elektrischen Sicherheitseinrichtungen, die in einem eigenen Sicherheitsstromkreis angeordnet sind, abhängig sind;
  4. ein Fehler in der elektrischen Anlage nicht zu einem gefährlichen Zustand führt.

2. Risiko für Personen außerhalb des Fahrkorbs

2.1. Die Aufzüge sind so zu entwerfen und zu bauen, dass der Zugang zu dem vom Fahrkorb durchfahrenen Bereich außer für Wartungszwecke und in Notfällen nicht möglich ist. Bevor eine Person diesen Bereich betritt, muss ein Normalbetrieb des Aufzugs unmöglich gemacht werden.

2.2. Die Aufzüge sind so zu entwerfen und zu bauen, dass ein Risiko in den Endstellungen des Fahrkorbs eingequetscht zu werden, ausgeschaltet wird.

Dieses Ziel ist erreicht, wenn sich jenseits der Endstellungen ein Freiraum oder eine Schutznische befindet.

Wenn diese Lösung in Ausnahmefällen, insbesondere in bestehenden Gebäuden, nicht verwirklicht werden kann, können andere geeignete Mittel zur Vermeidung dieses Risikos vorgesehen werden, wobei der Marktüberwachungsbehörde die Entscheidung nach § 6a zu treffen hat.

2.3. Die Ein- und Ausstiegsstellen sind mit Fahrschachttüren auszurüsten, die entsprechend den vorgesehenen Betriebsbedingungen eine ausreichende mechanische Festigkeit aufweisen.

Eine Verriegelungsvorrichtung muss bei normalem Betrieb verhindern,

  1. dass sich der Fahrkorb selbsttätig oder durch Stellteile gesteuert in Bewegung setzt, solange nicht alle Fahrschachttüren geschlossen und verriegelt sind;
  2. dass eine Fahrschachttür geöffnet werden kann, wenn sich der Fahrkorb nicht im Stillstand und nicht an einer hiefür vorgesehenen Haltestelle befindet.

Nachstellbewegungen bei offenen Türen sind jedoch in bestimmten Bereichen zulässig, sofern dies mit kontrollierter Geschwindigkeit erfolgt.

3. Risiko für Personen innerhalb des Fahrkorbs

3.1. Fahrkörbe von Aufzügen müssen — mit Ausnahme von Lüftungsöffnungen — durch vollflächige Wände, einschließlich Böden und Decken, völlig geschlossen und mit vollflächigen Türen ausgerüstet sein. Die Fahrkorbtüren sind so zu entwerfen und einzubauen, dass der Fahrkorb — mit Ausnahme der im dritten Absatz von Nummer 2.3 genannten Nachstellbewegungen — nicht in Bewegung gesetzt werden kann, solange die Türen nicht geschlossen sind, und dass er anhält, wenn die Türen geöffnet werden.

Wenn das Risiko eines Absturzes zwischen Fahrkorb und Aufzugschacht besteht oder wenn kein Aufzugschacht vorhanden ist, müssen die Fahrkorbtüren bei einem Halt zwischen 2 Ebenen geschlossen und verriegelt bleiben.

3.2. Der Aufzug muss mit Einrichtungen ausgerüstet sein, die bei Ausfall der Energieversorgung oder Versagen von Bauteilen den freien Fall oder unkontrollierte Bewegungen des Fahrkorbs verhindern.

Die Fahrkorb-Fangvorrichtung muss von den Tragmitteln des Fahrkorbes unabhängig sein.

Diese Einrichtung muss in der Lage sein, den Fahrkorb bei seiner Nennlast und der vom Montagebetrieb vorgesehenen Höchstgeschwindigkeit anzuhalten. Der durch diese Einrichtung ausgelöste Anhaltevorgang darf bei allen Beladungszuständen keine für die Benutzer gefährliche Abbremsung bewirken.

3.3. Zwischen dem Boden des Aufzugschachts und dem Fahrkorbboden müssen Puffer eingebaut werden.

In diesem Fall ist der in Nummer 2.2 genannte Freiraum bei vollständig zusammengedrückten Puffern zu messen.

Diese Anforderung gilt nicht für Aufzüge, deren Fahrkorb aufgrund des Entwurfs des Antriebssystems nicht in den Freiraum gemäß Nummer 2.2 einfahren kann.

3.4. Die Aufzüge müssen so entworfen und gebaut sein, dass sie nicht in Bewegung gesetzt werden können, wenn die in Nummer 3.2 genannte Einrichtung sich nicht in Betriebsstellung befindet.

4. Sonstige Risiken

4.1. Werden die Fahrschachttür oder die Fahrkorbtür oder beide Türen mechanisch bewegt, so muss die jeweilige Tür/müssen die jeweiligen Türen mit einer Einrichtung ausgerüstet sein, die das Risiko, beim Öffnen oder Schließen eingequetscht zu werden, verhindert.

4.2. Fahrschachttüren, die zum Gebäudebrandschutz beitragen müssen, einschließlich Fahrschachttüren mit Glasflächen, müssen eine angemessene Feuerbeständigkeit aufweisen, die in ihrer Formstabilität sowie ihrer Isolierung (Sperre gegen Flammenausbreitung) und Wärmeübertragung (Wärmestrahlung) zum Ausdruck kommt.

4.3. Gegengewichte sind so einzubauen, dass das Risiko eines Zusammenstoßes mit dem Fahrkorb oder eines Absturzes auf den Fahrkorb ausgeschlossen ist.

4.4. Die Aufzüge müssen über Einrichtungen verfügen, mit deren Hilfe im Fahrkorb eingeschlossene Personen befreit und evakuiert werden können.

4.5. Die Fahrkörbe müssen über ein in beide Richtungen funktionierendes Kommunikationssystem verfügen, das eine ständige Verbindung mit einem Rettungsdienst ermöglicht.

4.6. Die Aufzüge sind so zu entwerfen und zu bauen, dass bei einem Überschreiten der vom Montagebetrieb vorgesehenen Höchsttemperatur des Triebwerks die laufenden Fahrbewegungen zu Ende geführt, jedoch keine weiteren Steuerbefehle mehr angenommen werden.

4.7. Die Fahrkörbe sind so zu entwerfen und zu bauen, dass auch bei einem längeren Halt eine ausreichende Lüftung für die Insassen gewährleistet ist.

4.8. Der Fahrkorb sollte innen ausreichend beleuchtet werden, sobald er benutzt wird oder wenn eine Tür geöffnet wird; ferner ist eine Notbeleuchtung vorzusehen.

4.9. Das in Nummer 4.5 vorgesehene Kommunikationssystem und die in Nummer 4.8 vorgesehene Notbeleuchtung müssen so entworfen und gebaut sein, dass sie auch beim Ausfall der normalen Energieversorgung funktionieren. Sie müssen ausreichend lange funktionieren, um das normale Eingreifen der Rettungsdienste zu ermöglichen.

4.10. Die Steuerkreise von Aufzügen, die im Brandfall benutzt werden können, müssen so entworfen und hergestellt sein, dass die Bedienung bestimmter Ebenen ausgeschlossen werden kann und eine vorrangige Steuerung des Aufzugs durch die Rettungsdienste möglich ist.

5. Kennzeichnung

5.1. Außer den für jede Maschine erforderlichen Mindestangaben gemäß Anlage I Nummer 1.7.3 der Richtlinie 2006/42/EG muss jeder Fahrkorb ein deutlich sichtbares Schild aufweisen, auf dem die Nennlast in Kilogramm und die höchstzulässige Anzahl der beförderten Personen angegeben sind.

5.2. Ist der Aufzug so entworfen, dass sich die im Fahrkorb eingeschlossenen Personen ohne Hilfe von außen befreien können, so müssen die entsprechenden Anleitungen deutlich sichtbar im Fahrkorb angebracht sein.

6. Betriebsanleitung

6.1. Den in Anlage III genannten Sicherheitsbauteilen für Aufzüge ist eine Betriebsanleitung beizufügen, damit folgende Handlungen erfolgreich und gefahrlos durchgeführt werden können:

  1. Montage,
  2. Anschluss,
  3. Einstellung,
  4. Wartung.

6.2. Jedem Aufzug ist eine Betriebsanleitung beizugeben. Die Betriebsanleitung enthält mindestens folgende Informationen:

  1. eine Anleitung mit den Plänen und Diagrammen, die für den laufenden Betrieb sowie für Wartung, Inspektion, Reparatur, regelmäßige Überprüfung und Eingriffe im Notfall gemäß Nummer 4.4 erforderlich sind;
  2. ein Wartungsheft, in das die Reparaturen und gegebenenfalls die regelmäßigen Überprüfungen eingetragen werden können.