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Aufhebung der gemeinsamen Obsorge bei Wohnsitzverlegung?
Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist ausschließlich dessen Wohl maßgebend. Es ist nicht nur die momentane Situation zu beurteilen, sondern auch die Zukunft.
Sind beide Eltern nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe mit der Obsorge betraut und beantragt ein Elternteil die Aufhebung dieser Obsorge, so hat das Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, nach Maßgabe des Kindeswohls einen Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen (§ 177a Abs 2 ABGB). Eine Aufrechterhaltung der Obsorge beider Eltern (auch nur in einem Teilbereich) ist gegen den Willen eines Elternteils ausgeschlossen. Ein auf die Aufhebung dieser Obsorge gerichteter Antrag eines Elternteils bedarf daher keiner Begründung; es genügt der durch die Antragstellung zum Ausdruck gebrachte Wegfall des Willens eines Elternteils zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen Obsorge. Die Entscheidung, welcher Elternteil mit der alleinigen Obsorge zu betrauen ist, hängt allein vom Kindeswohl ab.
Bei der Entscheidung über die Obsorge für ein Kind ist ausschließlich dessen Wohl maßgebend, wobei nicht nur von der momentanen Situation ausgegangen werden darf, sondern auch Zukunftsprognosen zu stellen sind.
Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen werden soll, ist immer eine solche des Einzelfalls, der in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde (OGH 3Ob27/12k, 14.03.2012)
So rechtfertigt eine Wohnsitzverlegung ins Ausland keinen Obsorgewechsel, auch wenn dieser mit „günstigeren Lebensverhältnissen im Inland“ begründet wird. Die - aus inländischer Sicht - ungünstigeren Entwicklungsbedingungen im Ausland begründen vor allem dann für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, wenn die Familie von dort stammt. Im Übrigen gehören seine Eltern und deren sozio-ökonomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes. (OGH 4Ob146/03d, 8.7.2003)