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10 Ob 27/20y; OGH; 26. Februar 2021
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann, den Hofrat Mag. Ziegelbauer, sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. D*****, vertreten durch Rechtsanwälte Haberl und Huber GmbH & Co KG in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. H*****, 2. Mag. A*****, beide vertreten durch Estermann & Partner Rechtsanwälte OG in Mattighofen, wegen EUR 50.181,52, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 18. März 2020, GZ 2 R 32/20v-66, mit dem das Zwischenurteil des Landessgerichts Wels vom 13. Jänner 2020, GZ 5 Cg 5/18m-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt dem Endurteil vorbehalten.
Entscheidungsgründe
[1] Der Kläger betreibt in von ihm angemieteten Räumen auf der Liegenschaft EZ ***** KG ***** (künftig: die Liegenschaft) eine Zahnarztpraxis. Die Beklagten sind zu je 159/2130 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft, wobei mit ihren Anteilen Wohnungseigentum an der unmittelbar über der Arztpraxis des Klägers gelegenen Wohnung Top 7 untrennbar verbunden ist. Dieser Wohnung ist eine bereits vor dem Eigentumserwerb der Beklagten errichtete Dachterrasse zugeordnet, die ausschließlich von der Wohnung der Beklagten aus betreten werden kann.
[2] Die Dachterrasse wurde über einen in ihren Fliesenbelag eingelassenen Gully entwässert, von dem aus ein in der Fußboden- bzw Deckenkonstruktion verlaufendes Abflussrohr zum Schmutzwasserfallstrang führt. Zusätzlich gab es einen Notablauf in Form eines durch die Brüstungsmauer der Terrasse nach außen geführten Rohrs; dieser Notablauf war den Beklagten aber nicht bekannt.
[3] Das Entwässerungssystem der Terrasse war bereits seit der Errichtung des Gebäudes in den Jahren 2001/2002 technisch nicht in der Lage, den zu erwartenden Regen abzuführen. Die Dimensionierungen des Haupt- und des Notablaufs wichen erheblich von den Normbestimmungen ab. Die Unterdimensionierung führte unweigerlich zu Verstopfungen und zu einem Rückstau des Niederschlagswassers im System; verstärkt wurde die Problematik durch ein Gegengefälle und eine bei Betätigung der Toilettenspülung auftretende Rückspülung vom WC in der Wohnung der Beklagten.
[4] Insgesamt kam es zu drei Wassereintritten über die Terrasse der Beklagten in die Ordinationsräume des Klägers, und zwar im Jahr 2011, Anfang des Jahres 2015 sowie am 30.05.2017.
[5] Ursache des Wassereintritts 2011 war eine undichte Steckverbindung zwischen dem Gully und dem Rohr beim Terrassenablauf. Bei sorgfältiger Prüfung dieses Wasserschadens hätte die Unterdimensionierung der Abläufe bereits erkannt werden können. Der Wassereintritt im Jahr 2015 resultierte aus einer Verstopfung des Wasserablaufs, die mittels einer Reinigungsspirale behoben wurde. Am 30.05.2017 kam es zu einem starken Gewitterregen, wobei die Niederschlagsmenge allerdings deutlich „unter den für die Entwässerung von Dach- und Grundstücksflächen im Bezirk V***** maßgeblichen Mengen“ lag. Das Wasser von der Dachterrasse konnte nicht ablaufen und trat über die schadhaften Ecken an der Schiene der Glasfront zwischen der Wohnung der Beklagten und der Terrasse in die Ordinationsräume des Klägers ein.
[6] Die Zweitbeklagte hatte nach dem Wassereintritt im Jänner 2015 zwei E-Mails an die Hausverwaltung gerichtet, in denen sie zunächst mitteilte, sie habe von der mit der Schadensbehebung betrauten Firma erfahren, dass der Wasserschaden durch bauliche Mängel entstanden sei, dass Wasser in den Estrich eindringe, den Kalk ausschwemme und der Kalk den Abfluss verlege. Zur Vermeidung weiterer Probleme sei eine bauliche Sanierung notwendig. In der zweiten E-Mail führt sie aus, ein gleichartiger Schaden solle in Zukunft vermieden werden, indem in Abständen von ein bis zwei Jahren eine Kontrolle des Abflusses durch die genannte Firma erfolge. Die Beklagten hätten zugestimmt, den Holzbelag des Terrassenbodens so zuzuschneiden, dass der Abfluss einsehbar sei und sie ihn reinigen könnten; da aber baulich nichts verändert worden sei, könne der gleiche Schaden wieder auftreten.
[7] Danach war eine Sanierung der Baumängel der Terrassenabflüsse kein Thema der Hausversammlung; es fand auch keine Abflusskontrolle durch die genannte Firma statt.
[8] Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadenersatz nach § 1318 ABGB für seinen durch die erforderliche Ordinationsschließung entstandenen Verdienstentgang in Anspruch.
[9] Die Beklagten wandten zusammengefasst ein, sie seien zu Umbauarbeiten nicht berechtigt gewesen, weil sich der Ablauf in der Geschossdecke und damit in einem allgemeinen Teil der Liegenschaft befinde; sie seien auch nicht verpflichtet gewesen, Kontrollen und Wartungen durchzuführen. Für die Baumängel – die ursprüngliche Unterdimensionierung – hätten sie nicht einzustehen.
[10] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren dem Grunde nach mit Zwischenurteil statt.
[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die Revision zu, weil zur Haftung von Wohnungseigentümern nach § 1318 ABGB für „über ihr Wohnungseigentumsobjekt in andere Räume eingetretenes Wasser, wenn die schadensursächlichen Rohrleitungen allgemeinen Teilen der Liegenschaft zuzuordnen seien“, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
[12] Rechtlich erachtete es nicht als entscheidend, ob die Ablaufleitung den allgemeinen Teilen der Liegenschaft zugehöre, weil den Beklagten die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wasserabläufe der Terrasse zugekommen sei und es ihnen möglich gewesen wäre, diese regelmäßig selbst zu kontrollieren und zu reinigen oder von Professionisten kontrollieren und reinigen zu lassen, um neuerliche Verstopfungen hintanzuhalten. Dazu wären sie nach § 16 Abs 3 WEG auch verpflichtet gewesen. Darüber hinaus hätten sie die Abläufe baulich so verändern lassen können, dass sie normgerecht gewesen wären. Wenn sie dafür allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch hätten nehmen müssen, liege ein Fall des § 16 Abs 2 Z 2 WEG vor. Es sei nicht ersichtlich, mit welchen Gründen sich die anderen Wohnungseigentümer dagegen aussprechen hätten sollen, dass die Beklagten durch die Öffnung des Fußbodens und den Ersatz des Hauptablaufrohrs durch ein größeres, mit durchgehendem Gefälle verlegtes Rohr, wenigstens aber durch Vergrößerung des Querschnitts des Notablaufs, einen normgerechten, künftige Schäden verhindernden Terrassenablauf herstellten. Die objektive Gefahrenlage sei nicht nur erkennbar gewesen, sondern von den Beklagten auch tatsächlich erkannt worden. Die Beklagten hätten sich nicht mit dem Verfassen zweier E-Mails und einer zweijährigen Untätigkeit begnügen dürfen, sondern hätten beispielsweise die Hausverwaltung mahnen und im Fall fortdauernder Untätigkeit formelle Anträge nach dem WEG stellen, oder selbst Abhilfemaßnahmen veranlassen müssen, indem sie zumindest eine Kontrolle und Reinigung des Ablaufrohrs im Lauf des Jahres 2016 durchführen ließen, um zwischenzeitig entstandene Ablagerungen zu beseitigen und einer neuerlichen Rohrverstopfung vorzubeugen.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision der Beklagten ist zur Klarstellung der Rechtslage betreffend den Verdienstentgang des Mieters im Fall deliktischer Schädigung zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.
[14] Die Revisionswerber bringen zusammengefasst vor, das Berufungsgericht missachte die Entscheidung 5 Ob 162/06v und überspanne die Sorgfaltspflichten nach § 1318 ABGB, wenn es von den Beklagten verlange, ein außerstreitiges Verfahren nach dem WEG in die Wege zu leiten oder bauliche Maßnahmen zu veranlassen.
[15] Dazu wurde erwogen:
[16] 1. Zur Ersatzfähigkeit des geltend gemachten Schadens
[17] 1.1. Der Kläger begehrt von den Beklagten, mit denen er nicht in einem vertraglichen oder vorvertraglichen Schuldverhältnis steht, den Ersatz seines Verdienstentgangs als Zahnarzt. Er macht damit einen Ersatzanspruch für den Entfall der Nutzung des Mietobjekts, also einer im Eigentum eines Dritten – des Vermieters – stehenden Sache geltend.
[18] 1.2. Dem „Vermögen“ einer Person kommt kein absoluter Schutz zu (RIS-Justiz RS0022462 [T2]). Die Verursachung eines Vermögensschadens macht vielmehr nur unter bestimmten Voraussetzungen ersatzpflichtig. Die Rechtsprechung anerkennt den Ersatzanspruch, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung aus der Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen, die auch den Schutz des Vermögens bezwecken, ableiten lässt (RS0022462 [T1]; RS0023122 [T7]), oder wenn ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers vorliegt (RS0023122 [T2]; RS0016754).
[19] 1.3. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in der Entscheidung 2 Ob 29/20h unter ausführlicher Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur in einem mit dem vorliegenden Fall vergleichbaren Sachverhalt dem Mieter eines Wirtschaftsguts auch den aus der (deliktischen) Beschädigung der Sache resultierenden Verdienstentgang als ersatzfähigen Schaden zuerkannt. Er kam zu folgendem Ergebnis:
[20] Wer für die Beschädigung einer geleasten oder gemieteten Sache haftet, die in einem Unternehmen genutzt wurde, hat auch den durch die Beschädigung verursachten Verdienstentgang des Unternehmers zu ersetzen. Der allfällige Wegfall der Verpflichtung zur Zahlung von Mietzins oder Leasingentgelt ist als Vorteil anzurechnen.
[21] Dem liegt die maßgebende Erwägung zugrunde, dass der Entfall der Nutzung eine Folge der Beschädigung der Substanz ist und kein Grund für eine Entlastung des Schädigers ersichtlich ist, wenn die Nutzung der Sache aufgrund einer Vereinbarung mit dem Eigentümer einem anderen zugewiesen ist und auf andere Art und Weise als beim Eigentümer erfolgt. Die verletzten Interessen des Mieters liegen vielmehr im sachlichen Schutzbereich des Verbots von Eigentumsbeeinträchtigungen (2 Ob 29/20h).
[22] 1.4. Diese Erwägungen sind auch im hier zu beurteilenden Fall einschlägig.
[23] Der Umstand, dass der Kläger zu den Beklagten nicht in einem vertraglichen oder vorvertraglichen Schuldverhältnis steht und dass der Kläger nicht Eigentümer der beschädigten Sache – des Mietobjekts – ist, schließt daher einen Anspruch auf Ersatz seines durch die Beschädigung des Bestandobjekts entgangenen Verdienstes dem Grunde nach nicht aus.
[24] Bei der Beurteilung der Höhe des Ersatzanspruchs wird eine allfällige Ersparnis des Klägers durch den Wegfall seiner Mietzinszahlungspflicht als Vorteil anzurechnen sein (2 Ob 29/20h; zur Vorteilsanrechnung vgl RS0022834; 2 Ob 70/20p).
[25] 2. Zur Haftung nach § 1318 ABGB
[26] 2.1. Gem § 1318 ABGB haftet der Wohnungsinhaber für jeden Schaden, der dadurch entsteht, dass aus der Wohnung etwas hinausgeworfen oder hinausgegossen wird. Die Haftung erfasst nicht nur die Wohnung selbst, sondern ist auch auf andere Räume anzuwenden, über die der Wohnungsinhaber verfügungsberechtigt ist und verfügt, wie etwa Dachterrassen oder sonstige Außenflächen (4 Ob 179/89x). Haftbar ist derjenige, dem die tatsächliche Verfügungsgewalt über den betreffenden (Wohn-)Raum zusteht (RS0029570 [T1]; 8 Ob 133/04y).
[27] 2.2. Die Haftung nach § 1318 ABGB ist nach objektiven Grundsätzen zu beurteilen (RS0029761). Der Wohnungsinhaber ist für den Schaden, der durch das aus seiner Wohnung fließende Wasser verursacht wird, nur dann nicht nach § 1318 ABGB ersatzpflichtig, wenn er beweist, dass er alle objektiv erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, um die nach allgemeinen Lebenserfahrungen und Lebensgewohnheiten mit einer dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge entsprechenden Wahrscheinlichkeit berechenbaren Risken in zumutbarer Weise auszuschalten oder doch wenigstens auf ein unvermeidbares Maß zu verringern (RS0029655 [T2]). § 1318 ABGB normiert insoweit keine reine Erfolgshaftung (RS0029597 [T4]). Die Haftung setzt vielmehr voraus, dass im Einzelfall Umstände vorliegen, die auf die mögliche Gefahr eines Wasseraustritts hinwiesen (8 Ob 133/04y; 5 Ob 155/14x).
[28] 2.3. Das Berufungsgericht ging bei seiner Beurteilung, die Kläger hätten nicht alle objektiv erforderlichen, zumutbaren Maßnahmen zur Hintanhaltung der Gefahr eines Wasseraustritts getroffen, davon aus, dass objektiv erkennbar war, dass die baulichen Unzukömmlichkeiten regelmäßig zur Verstopfung des Hauptabflusses und in der Folge zu neuerlichen Wasserschäden führen würden. Soweit die Revisionswerber meinen, ihnen sei nicht erkennbar gewesen, ob sämtliche Wassereintritte auf den selben Ursachen beruht hätten, ändert das nichts daran, dass die Zweitbeklagte nach den Feststellungen die Gefahr gleichartiger Schadensverläufe – aufgrund der regelmäßigen Verstopfung des Ablaufrohrs wegen baulicher Mängel – nach dem Wassereintritt des Jahres 2015 tatsächlich erkannte.
[29] 2.4. Soweit die Revisionswerber eine Überspannung des Sorgfaltsmaßstabs des § 1318 ABGB rügen, ist klarzustellen, dass das Berufungsgericht nicht sämtliche aufgezeigten Maßnahmen als jedenfalls erforderlich ansah, sondern beispielhaft unterschiedliche Strategien zur Schadensvermeidung anführte. Die Rechtsauffassung der Beklagten lässt sich hingegen dahin zusammenfassen, dass sie sich zu keiner einzigen der vom Berufungsgericht angeführten Maßnahmen, aber auch zu keinen sonstigen Vorkehrungen verpflichtet sehen. Dies trifft nicht zu.
[30] 2.5. Im Übrigen führen die Revisionswerber gar nicht aus, aus welchen Gründen es ihnen nicht zumutbar gewesen wäre, während eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren für eine Kontrolle und Reinigung des Hauptablaufs der Terrasse durch Professionisten zu sorgen, oder gegenüber der Hausverwaltung weiter auf eine bauliche Sanierung zu drängen. Schon allein daraus ergibt sich, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten nicht alle erforderlichen und ihnen zumutbaren Abwehrmaßnahmen gesetzt, zutrifft.
[31] 2.6. Dass das Berufungsgericht zusätzlich auf die Berechtigung des einzelnen Wohnungseigentümers hinwies, nach § 16 Abs 2 WEG Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt auch unter Inanspruchnahme allgemeiner Teile der Liegenschaft durchzuführen, wenn dafür die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer vorliegt oder die fehlende Zustimmung durch das Außerstreitgericht nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG ersetzt wurde (vgl nur Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 16 WEG Rz 9), kann schon angesichts der bereits zuvor aufgezeigten anderen Möglichkeiten (Beauftragung von Professionisten und Urgenzen gegenüber der Hausverwaltung) keine Überspannung der Sorgfaltspflichten begründen.
[32] Auch die vom Berufungsgericht aufgezeigte Möglichkeit der Antragstellung nach dem WEG zum Zweck der Durchsetzung des in § 30 Abs 1 Z 1 WEG verankerten Individualrechts des Wohnungseigentümers auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten im Fall der Untätigkeit des Verwalters oder der Mehrheit (§ 52 Abs 1 Z 3 WEG; vgl dazu RS0123170; RS0070562 [T25]) kommt als taugliche Abwehrmaßnahme in Betracht.
[33] 2.7. Es trifft zwar zu – worauf die Revisionswerber hinweisen –, dass eine Dachterrasse als Teil der „Außenhaut“ des Gebäudes als allgemeiner Teil der Liegenschaft anzusehen ist (5 Ob 154/19m immo aktuell 2019/62, 295 [Höllwerth] = immolex 2019/17, 49 [Räth] = RS0083122 [T8; vgl T5]; 5 Ob 34/10a). Das gilt auch für die zwischen zwei Geschossen eingezogene Decke (RS0082890; 5 Ob 129/10x). Dies kann zur Haftung der Eigentümergemeinschaft eines im Wohnungseigentum stehenden Gebäudes für in allgemeinen Teilen der Liegenschaft gefährlich verwahrtes Wasser analog § 1318 ABGB führen (5 Ob 162/06v).
[34] Die Beurteilung des Berufungsgerichts steht aber nicht im Widerspruch zu dieser Rechtsprechung.
[35] Entscheidend für die Haftung nach § 1318 ABGB ist nämlich – wie bereits das Berufungsgericht ausführte – nicht die wohnungseigentumsrechtliche Zuordnung, sondern die rechtliche und faktische Möglichkeit des Inhabers eines (Wohn-)Raums, auf die Gefahrenquelle einzuwirken (vgl RS0029570 [T3]; 8 Ob 133/04y). In diesem Sinn wurde zu 5 Ob 162/06v zwar die Haftung der Eigentümergemeinschaft bejaht, gleichzeitig aber klargestellt, dass im Fall einer Schädigung durch eine in allgemeinen Teilen der Liegenschaft liegende Abflussinstallation auch die Möglichkeit, als Minderheitseigentümer nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG die Durchführung von Erhaltungsarbeiten zu erzwingen, rechtlich beachtlich ist und zur Minderung des Ersatzanspruchs des geschädigten Wohnungseigentümers führen kann. Der vorliegende Fall zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass den Revisionswerbern eine Eindämmung der Gefahrenquelle auch dadurch möglich war, dass sie für eine regelmäßige professionelle Abflussreinigung sorgten.
[36] 2.8. Zusammengefasst ist für die Beurteilung der Haftung daher nicht allein entscheidend, ob eine für den Wasseraustritt „ursächliche“ Rohrleitung allgemeinen Teilen der Liegenschaft zuzuordnen ist, sondern ob der Beklagte auf die Gefahrenquelle einwirken konnte (vgl RS0029570 [T1]; 8 Ob 133/04y). Eine solche Möglichkeit wurde hinsichtlich der einem Wohnungseigentumsobjekt zugeordneten Dachterrasse in der Rechtsprechung bereits bejaht (4 Ob 179/89x) und bestand auch im vorliegenden Fall.
[37] 2.9. Auf ein Verschulden an der mangelhaften Herstellung der Terrassenabläufe kommt es – entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerber – für die Haftung nach § 1318 ABGB nicht an (RS0029761).
[38] 3. Der Revision der Beklagten war daher nicht Folge zu geben.
[39] 4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 393 Abs 4 iVm 52 Abs 4 ZPO (RS0035896).
Leitsätze
-
Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers bei Wasserschäden auf Dachterrasse
Für die Beurteilung der Haftung ist nicht allein entscheidend, ob eine für den Wasseraustritt „ursächliche“ Rohrleitung allgemeinen Teilen der Liegenschaft zuzuordnen ist, sondern ob der Inhaber der Liegenschaft auf die Gefahrenquelle einwirken konnte. Eine solche Möglichkeit wurde hinsichtlich der einem Wohnungseigentumsobjekt zugeordneten Dachterrasse in der Rechtsprechung bereits bejaht und bestand auch im vorliegenden Fall.Stanislava Doganova | Judikatur | Leitsatz | 10 Ob 27/20y | OGH vom 26.02.2021 | Dokument-ID: 1090946