Dokument-ID: 009326

Judikatur | Entscheidung

2 Ob 248/08x; OGH; 25. Juni 2009

GZ: 2 Ob 248/08x | Gericht: OGH vom 25.06.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert D*****, vertreten durch Mag. Erich Frenner, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagte Partei Barbara W*****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und andere, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen EUR 14.559,– sA (Rekursinteresse EUR 12.740,–), über den Rekurs der klagenden Partei gegen die Entscheidung des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 27. August 2008, GZ 54 R 106/08i-40, womit das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 8. April 2008, GZ 2 C 835/07z-33, teilweise aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teile lauten:

„Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger EUR 10.180,40 samt 4 % Zinsen seit 2. Oktober 2007 sowie die mit EUR 5.472,41 (darin EUR 683,65 USt und EUR 1.370,52 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger weitere EUR 4.378,60 samt 4 % Zinsen seit 2. Oktober 2007 zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit EUR 1.436,17 (darin EUR 83,63 USt und EUR 934,40 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Entscheidungsgründe

Der Kläger und seine geschiedene Gattin Maria T***** sind jeweils zu 11682/44968 Anteilen Eigentümer an der Liegenschaft EZ 539 des Grundbuchs *****, untrennbar verbunden mit Wohnungseigentum an der im ersten Stock des Hauses P*****weg ***** in H***** auf Grundstück Nr ***** gelegenen Eigentumswohnung im Ausmaß von ca 117 m². An diese Wohnung sind weitere Räumlichkeiten im Ausmaß von ca 44 m² angebaut und werden mit Wasser, Energie und dergleichen ausschließlich von der Wohnung aus versorgt, mit der sie eine Einheit bilden. Diese Zusatzräume liegen auf der Liegenschaft EZ 483 des Grundbuchs *****, bestehend aus dem Grundstück Nr *****, die im Hälfteeigentum der Streitteile steht.

Im Zeitpunkt der Errichtung des Zubaus durch den Kläger und seine Exgattin waren noch diese beiden je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 483 des Grundbuchs *****. Erst danach hatte die Exgattin des Klägers ihren diesbezüglichen Hälfteanteil an die Beklagte verkauft.

Schon in den Neunzigerjahren zog der Kläger unter Zurücklassung der Schlüssel aus der Wohnung aus, seine Exgattin benützte sie in der Folge allein, bevor sie im Oktober 2005 gänzlich in die Niederlande zog. Zumindest seit Anfang November 2005 benützte die Beklagte die Wohnung.

Am 06.10.2005 schlossen die Exgattin des Klägers und die Beklagte über die gesamte Wohnung einen Mietvertrag, beginnend ab 01.12.2005 mit einer Dauer von fünf Jahren. Sie vereinbarten einen Mietzins ohne Betriebskosten von EUR 650,– und die Anwendbarkeit deutschen Rechts im Streitfall.

Im Verfahren 2 C 462/06w des Erstgerichts begehrte der Kläger gegenüber seiner Exgattin (dort Erstbeklagte) und der hier Beklagten (dort Zweitbeklagte) die Feststellung der Unwirksamkeit des zwischen den dort Beklagten am 06.10.2005 abgeschlossenen Mietvertrags. In der Klage brachte er unter anderem vor, durch den Mietvertrag hätten beide dort Beklagten vorsätzlich den im Aufteilungsverfahren im Zusammenhang mit der Scheidung vereinbarten Verkauf der Wohnung hintertrieben. Die Beklagte vermiete das Objekt unter, ohne dass dem Kläger der halbe Anteil am Mietzins zukomme. Die Klage wurde der hier Beklagten am 28.04.2006 zugestellt. Das Erstgericht gab mit Urteil vom 20.10.2006 dem Klagebegehren statt. Mit rechtskräftigem Urteil des Berufungsgerichts gab dieses der Berufung der Beklagten nicht Folge.

Die Beklagte benützte die Wohnung anfangs nur teilweise selbst und vermietete sie bald an das Ehepaar M***** weiter, von dem sie monatlich EUR 1.000,– als Mietzins erhielt, den sie zumindest teilweise an die Exgattin des Klägers weiterleitete. Mit dem Kläger sprach die Beklagte über die Vermietung nicht.

Am 25.06.2007 traf sich die Beklagte mit der Exgattin des Klägers und gab dieser einen der ursprünglich zwei erhaltenen Schlüssel zurück, den zweiten hat das Ehepaar M***** bei Mietvertragsbeginn von der Beklagten erhalten und bislang nicht zurückgegeben.

Der ortsübliche Mietzins für eine Wohnung dieser Art, Ausstattung (jedoch ohne das von der Beklagten gekaufte Inventar) und Lage beträgt seit 05.10.2005 ohne Betriebskosten zumindest EUR 1.002,14,– inklusive Umsatzsteuer.

Der Kläger begehrte zuletzt die Bezahlung von EUR 14.559,– sA als Benützungsentgelt für die gesamte Wohnung wegen titelloser Benützung für den Zeitraum von 01.10.2005 bis 01.09.2007. Da der Kläger gegenüber seiner Exgattin 63,3 % am Eigentum bzw Rechtsbesitz der gesamten Wohnung verfüge, habe der Kläger Anspruch auf 63,3 % des monatlichen Erlöses von EUR 1.000,– für den genannten Zeitraum von 23 Monaten, was den Klagsbetrag ergebe.

Die Beklagte brachte vor, der Abschluss des Mietvertrags sei im Vertrauen auf das Bestehen eines zum Abschluss berechtigenden Nutzungsrechts der Exgattin des Klägers erfolgt. Dass dies nicht der Fall sei, sei erstmals im Vorverfahren 2 C 462/06w des Bezirksgerichts Saalfelden behauptet worden. Noch vor Zustellung der Entscheidung des Landesgerichts Salzburg vom 04.06.2007 im Vorverfahren sei die Wohnung geräumt an die Vermieterin übergeben worden. Die Beklagte sei ihren Verpflichtungen aus dem Mietvertrag ordnungsgemäß nachgekommen. Den von der Familie M***** erhaltenen Untermietzins von monatlich EUR 1.000,– habe sie ungeachtet des vereinbarten Hauptmietzinses von monatlich EUR 650,– in voller Höhe an die Exgattin des Klägers weitergegeben. Dass diese keinerlei Zahlungen an den Kläger geleistet habe, berechtige ihn nicht zur Geltendmachung eines Benützungsentgelts gegenüber der Beklagten. Es handle sich um eine Gesamthandforderung. Der Kläger sei nur Hälfteeigentümer, sodass er nur den Hälftebetrag geltend machen könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit EUR 12.740,– sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 1.819,– sA ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Der Klagsanspruch sei nach österreichischem Recht zu beurteilen, da der Mietvertrag und damit auch die darin enthaltene Rechtswahlklausel (deutsches Recht) unwirksam sei. Weil die Beklagte die Wohnung rechtswidrig benützt habe, habe der Kläger einen Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB auf ein angemessenes Benützungsentgelt. Die Beklagte könne sich weder auf den ungültigen Mietvertrag mit der Exgattin des Klägers noch auf eine allfällige Gutgläubigkeit hinsichtlich des Mietvertrags oder hinsichtlich der an die Exgattin des Klägers geleisteten Zahlungen berufen, weshalb auch die Höhe der Zahlungen der Beklagten an die Exgattin des Klägers keine Rolle spiele. Von diesen Zahlungen habe der Kläger nichts erhalten. Der Kläger habe vielmehr Anspruch auf 57,91 % der Mieteinnahmen aus der Wohnung. Dieser Prozentsatz errechne sich aus dem Verhältnis des Eigentumsanteils des Klägers von 80,5 m² zu den für die Beklagte fremden 139 m² Wohnungsfläche; 22 m² habe die Beklagte von der Exgattin des Klägers ja erworben. Der ungültige Mietvertrag habe am 01.12. 005 begonnen, die Nutzung durch die Beklagte sei aber schon ab November 2005 erfolgt. Der angemessene Mietzins (für die gesamte Wohnung) betrage EUR 1.002,14 wovon der Kläger EUR 1.000,– verlange. Für den Zeitraum von 01.11.2005 bis 01.09.2007, also für 22 Monate errechne sich mit 57,91 % der berechtigte Klagsanspruch mit EUR 12.740,–.

Gegen dieses Urteil richteten sich die Berufungen beider Streitteile. Der Kläger begehrte die gänzliche Klagsstattgebung, die Beklagte die gänzliche Klagsabweisung.

Das Berufungsgericht gab mit Teilurteil der Berufung des Klägers nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig. Es gab hingegen der Berufung der Beklagten Folge und hob das Urteil des Erstgerichts im klagsstattgebenden Umfang auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. In rechtlicher Hinsicht führte dazu das Berufungsgericht Folgendes aus:

Da der zwischen der Beklagten und der Exgattin des Klägers abgeschlossene Mietvertrag gegenüber dem Kläger rechtsunwirksam sei, hätten gegenüber dem Kläger weder die Beklagte ein Recht zur Benützung noch die Exgattin des Klägers ein Recht zur Vermietung der im gemeinsamen Wohnungseigentum des Klägers und seiner Exgattin befindlichen Räumlichkeiten, sodass dem Kläger grundsätzlich ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB zustehe. Es komme aber entscheidend auf die Gutgläubigkeit der Beklagten betreffend die Wohnraumnutzung an. Sollte sie die Eigentumswohnung im berechtigten Vertrauen auf die Verfügungsbefugnis der Exgattin des Klägers genutzt haben, wäre sie entsprechend den Wertungen des § 367 ABGB keinem Verwendungsanspruch auszusetzen. Die Frage der Gutgläubigkeit spiele zusätzlich eine Rolle betreffend die Höhe des Ersatzanspruchs. Während der redliche Benützer den Vorteil zu vergüten habe, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden sei, sei bei wissentlicher Inanspruchnahme fremden Gutes auch ohne konkreten Nutzen ein angemessenes Entgelt zu zahlen. Weiters sei beachtlich, dass die Beklagte den von ihr aus der Untervermietung erzielten Erlös an die Exgattin des Klägers weitergeleitet habe. Sollte dies zutreffen, hätte die Beklagte durch die Inanspruchnahme der Eigentumswohnung persönlich keinen Nutzen gezogen und wäre daher im Fall der gutgläubigen Nutzung keinem Verwendungsanspruch des Klägers ausgesetzt. Die Beklagte sei bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags Hälfteeigentümerin des Zubaus gewesen und habe diesen daher von der Exgattin des Klägers nicht mehr anmieten können. Insofern könne der Kläger die Ausfolgung der Hälfte des anteiligen, den Zubau betreffenden Erlöses aus dem mit der Familie M***** geschlossenen Vertrag mit Erfolg ansprechen, weil für die Weiterleitung des Mieterlöses an die Exgattin des Klägers keine Rechtsgrundlage bestanden habe. Für November 2005 bestehe hingegen kein Ersatzanspruch für die Nutzung des Zubaus durch die Beklagte, habe doch der Kläger unter anderem die Nutzung des Zubaus der Rechtsvorgängerin der Beklagten überlassen und es unterlassen, eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Gebrauchsordnung bzw Benützungsregelung herbeizuführen. Im Übrigen könne auch bei Fehlen einer Gebrauchsordnung jeder Miteigentümer die gesamte Sache nach Willkür benützen. Da jedoch Feststellungen dazu fehlten, in welchem Verhältnis der Zinserlös auf die Eigentumswohnung und den Zubau aufzuteilen sei, komme eine endgültige Erledigung durch das Berufungsgericht nicht in Betracht. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren die Aufteilung des Zinserlöses auf die Eigentumswohnung und den Zubau näher zu klären haben und darüber hinaus im neu zu schöpfenden Urteil Feststellungen zur Redlichkeit der Wohnraumnutzung der Beklagten betreffend die Eigentumswohnung sowie gegebenenfalls zum genauen Umfang der Weiterleitung des Zinserlöses an die Exgattin des Klägers treffen müssen.

Das Berufungsgericht ließ hinsichtlich seines Aufhebungsbeschlusses den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu, weil zur Frage, ob eine analoge Anwendung des § 367 ABGB betreffend den Ausschluss eines Verwendungsanspruchs gegenüber einem gutgläubigen Mieter in Betracht komme, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es möge das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt werden.

Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Zurückweisung des Rekurses mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage, hilfsweise, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig und in dem sich aus dem Spruch dieser Entscheidung ergebenden Umfang berechtigt.

Der Kläger argumentiert im Rekurs im Wesentlichen, nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs seien die Vorschriften des Gutglaubenserwerbes nach § 367 ABGB auf den Erwerb von Mietrechten weder unmittelbar noch analog anwendbar. In Bezug auf § 1041 ABGB bestehe ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Nutzung durch den Hauptmieter ein Bereicherungsanspruch gegen den ab diesem Zeitpunkt titellos benützenden Untermieter. Die Höhe richte sich nicht nach dem bisher vom Hauptmieter bezahlten Mietzins, sondern nach dem bei Neuvermietung zulässigen Zins. Eine Differenzierung nach der Gutgläubigkeit nehme der Oberste Gerichtshof dabei nicht vor.

Hiezu wurde erwogen:

Nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung hat der Eigentümer eines Bestandobjekts gegen den titellosen Benützer grundsätzlich einen Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB (vgl etwa RIS-Justiz RS0019883; RS0019850; RS0019930).

Das Berufungsgericht stützt sich für seine für die Aufhebung maßgebliche Rechtsansicht auf Apathy in Schwimann, ABGB³ § 1041 Rz 17, der dort Folgendes ausführt: Vermiete jemand eine fremde Sache, so habe auch der gutgläubige Mieter kein Benützungsrecht gegenüber dem Eigentümer, da § 367 ABGB einen gutgläubigen Erwerb von Forderungen ausschließe. Entsprechend den Wertungen des § 367 ABGB sollte jedoch unter dessen Voraussetzungen kein Verwendungsanspruch gegenüber dem Mieter bestehen. Für diese Rechtsansicht beruft sich Apathy auf keinerlei Rechtsprechung, vielmehr (nur) auf seine Ausführungen in „Der Verwendungsanspruch (§ 1041 ABGB)“ 79 ff Im selben Sinn äußert sich Apathy in seiner Entscheidungsanmerkung zu 8 Ob 300/98w in JBl 1999, 736 (741).

Der Ansicht Apathys ist nicht zu folgen: Dass § 367 ABGB nicht direkt für das Bestehen eines Verwendungsanspruchs nach § 1041 ABGB anwendbar ist, anerkennt Apathy indirekt selbst („entsprechend den Wertungen des § 367 ABGB“). Die analoge Anwendung von § 367 ABGB auf Verwendungsansprüche würde eine planwidrige Lücke in § 1041 ABGB voraussetzen, die aber nicht erkennbar ist.

Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch besteht daher dem Grunde nach zurecht.

Hinsichtlich des Zubaus von 44 m² auf der Liegenschaft EZ 483 sind die Streitteile Miteigentümer. Nach überwiegender Rechtsprechung kann die Festsetzung eines Benützungsentgelts dafür, dass ein Miteigentümer einen größeren Teil der gemeinsamen Sache benützt als der Quote seines Miteigentums entspricht, nur für die Zukunft erfolgen (RIS-Justiz RS0087211). Weder der bloße Widerspruch eines Miteigentümers gegen den Umfang der bisherigen Benützung durch den anderen noch seine Erklärung, ein Benützungsentgelt zu fordern, bringe diesen Anspruch zum Entstehen, sondern erst dessen Geltendmachung in dem dafür mangels einer vertraglichen Einigung bestimmten Außerstreitverfahren (RIS-Justiz RS0013814; vgl auch RS0013202).

Es gibt aber auch (weniger zahlreiche) oberstgerichtliche Judikatur, die den Anspruch eines Miteigentümers auf ein Benützungsentgelt gegen einen anderen, der die gemeinschaftliche Sache über seinen Anteil hinaus benützt, auch für die Vergangenheit bejaht (vgl RIS-Justiz RS0013617; vgl 1 Ob 180/08i).

In jüngerer Vergangenheit ist die herrschende Rechtsprechung von Oberhofer, Anspruch des Miteigentümers auf Benützungsentgelt auch für die Vergangenheit?, wobl 2004, 209, und Vonkilch, Zur (Un-)Rechtmäßigkeit übermäßigen Gebrauchs der gemeinsamen Sache durch den Miteigentümer, wobl 2006, 138, kritisiert worden.

Oberhofer meint, die gemeinschaftlichen Nutzungen seien gemäß § 839 ABGB nach dem Verhältnis der Anteile auszumessen (aaO 213). Es sei nicht einzusehen, warum bei Fehlen einer Benützungsregelung ein Miteigentümer andere durch tatsächliche (übermäßige) Benützung in deren Gebrauchsrechten beschränken können solle, ohne dafür eine Entschädigung zu schulden (aaO 214). Die herrschende Rechtsprechung laufe darauf hinaus, dass das dem Miteigentumsanteil entsprechende Gebrauchsrecht durch das Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ ersetzt werde. Der einzelne Miteigentümer habe mangels anderer – auch konkludenter – Vereinbarung grundsätzlich nur ein Recht auf anteilige Benützung. Ein darüber hinausgehender Gebrauch ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer sei daher nicht rechtmäßig. Das Gebrauchsrecht jedes Miteigentümers finde nicht erst im konkreten Gebrauch, sondern schon im Gebrauchsrecht und damit in der abstrakten Gebrauchsmöglichkeit der anderen Teilhaber seine Schranke (aaO 215). Sobald aber der oder die anderen vom übermäßigen Gebrauch eines Miteigentümers Kenntnis erlangten, hätten sie diesen zur Gebrauchseinschränkung aufzufordern, wenn sie damit nicht einverstanden seien. Es gehe nicht an, dass die anderen zuschauten und schwiegen, um hinterher Benützungsentgelt zu verlangen (aaO 216). Gebe es keine (konkludente) Zustimmung zum übermäßigen Gebrauch eines anderen, sei dem Verkürzten ab dem Zeitpunkt der Kenntnis vom übermäßigen Gebrauch ein den Umständen angemessener Zeitraum zur Herbeiführung einer einvernehmlichen Lösung zuzubilligen. Stehe fest, dass eine solche nicht erreicht werden könne, habe er zur Regelung der Benützungsverhältnisse ohne unnötigen Aufschub den Außerstreitrichter anzurufen. Dann gebühre ihm eine Vergütung auch für die Vergangenheit, nicht erst ab Antragstellung. Die Vergütung stehe dann grundsätzlich für die Zeit ab übermäßiger Nutzung zu (aaO 217).

Vonkilch vertritt die Ansicht, den Interessen aller Beteiligten trage angemessen Rechnung, von einer Rechtmäßigkeit eines übermäßigen Gebrauchs der gemeinsamen Sache bzw von Teilen derselben durch einen der Miteigentümer ausschließlich solange auszugehen, als darüber zwischen den Miteigentümern keine „Uneinigkeit“ iSv § 828 ABGB herrsche. Sollte jedoch der übermäßige Gebrauch bei einem (oder mehreren) der übrigen Miteigentümer auf Widerstand stoßen (und dieser Widerstand auch entsprechend artikuliert werden), sei der übermäßige Gebrauch der gemeinsamen Sache durch einen Miteigentümer nicht mehr rechtmäßig. Irrelevant sei, ob dieser Widerstand gegenüber dem übermäßig Gebrauchenden ausdrücklich oder konkludent, etwa durch die Äußerung des Wunsches nach angemessener Teilhabe an der Nutzung, durch das Erheben der Forderung nach Leistung eines Benutzungsentgelts oder durch das Einbringen einer Räumungsklage erklärt werde. Durch all diese Verhaltensweisen brächte ein Miteigentümer seine fehlende Zustimmung zum status quo und damit zugleich seine Einforderung der Beachtung auch seines Anteilsrechts und der daraus entspringenden Befugnisse zum Ausdruck. Unbeachtlich sei ein derartiger Widerstand der übrigen Miteigentümer gegen die übermäßige Nutzung demgegenüber bloß dann, wenn sie dieser zugestimmt hätten, was nicht die Regel sein werde (aaO 144). Ab dem (wirksamen) Widerspruch der übrigen Miteigentümer stünden ihnen alle Klagen „aus dem Anteilsrecht“ zu (aaO 146).

Im Anschluss an Vonkilch führt Sailer in KBB2 §§ 839 f Rz 1 aE aus, ab Widerspruch eines anderen Teilhabers sei die übermäßige Nutzung mangels Einigkeit im Sinn des § 828 Abs 1 ABGB nicht mehr rechtmäßig, weshalb die Forderung anteiligen Benützungsentgelts jedenfalls ab Klagszustellung berechtigt sei.

Die Meinungen Oberhofers und Vonkilchs werden in der Regel zu ähnlichen Ergebnissen führen: Auch Oberhofer bejaht bei Kenntnis des verkürzten Miteigentümers vom übermäßigen Gebrauch des anderen Miteigentümers den Anspruch auf ein Benützungsentgelt für die Vergangenheit nur bei einer alsbaldigen Reaktion des verkürzten Miteigentümers (Aufforderung zur Gebrauchseinschränkung, Anrufung des Außerstreitrichters) nach Kenntnisnahme vom übermäßigen Gebrauch des anderen. Diese Reaktion ist aber wohl nichts anderes als der von Vonkilch verlangte artikulierte „Widerstand". Im Weiteren ist aber nicht überzeugend, dass bei Anrufung des Außerstreitrichters die Verspätung grundsätzlich schon für die Zeit ab übermäßiger Nutzung zustehen soll. Es ist deshalb insoweit der Auffassung Vonkilchs und Sailers zu folgen.

Der erkennende Senat ist somit (entgegen RIS-Justiz RS0013814) der Ansicht, dass ein Miteigentümer ein anteiliges Benützungsentgelt für die übermäßige Nutzung der gemeinsamen Sache durch einen anderen Miteigentümer ab Zugang des ausdrücklichen oder schlüssigen Widerspruchs des einen Miteigentümers gegen die übermäßige Benützung durch den anderen verlangen kann. Hingegen ginge es zu weit, ein Benützungsentgelt ab der übermäßigen Nutzung zuzubilligen.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger durch sein Vorbringen im Vorprozess hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er mit der (übermäßigen) Nutzung der Wohnung durch die Beklagte nicht einverstanden ist. Da die Klage im Vorprozess der Beklagten Ende April 2006 zugestellt wurde, kann der Kläger für den Zubau, der im Miteigentum der Streitteile steht, ab Mai 2006 ein Benützungsentgelt verlangen, für die Zeit davor jedoch nicht.

Für seinen Hälfteanteil an dem im Wohnungseigentum stehenden Teil der Wohnung, an dem die Beklagte kein Miteigentum hat, steht hingegen dem Kläger für den ganzen (im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen) Zeitraum von 22 Monaten (01.11.2005 bis 01.09.2007) ein Verwendungsanspruch zu.

Die Höhe des zu leistenden Ersatzes hängt von der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Bereicherten ab. Der redliche Benützer hat den Vorteil zu vergüten, der ihm nach seinen subjektiven Verhältnissen entstanden ist. Dieser Vorteil orientiert sich in der Regel am gewöhnlichen Benützungsentgelt, das aber zugleich die Obergrenze des Ersatzes bildet (RIS-Justiz RS0020150).

Dass die Beklagte den aus der Weitervermietung an das Ehepaar M***** erzielten monatlichen Mietzins zumindest teilweise an die Exgattin des Klägers weiterleitete, rechtfertigt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine Minderung oder gar einen Wegfall des Verwendungsanspruchs: Der Eigentümer kann den Wert der Sache verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist (§ 1041 letzter Halbsatz ABGB). Wie ganz allgemein der Anspruch auf den Ersatz des Wertes bestehen bleibt, wenn der zunächst eingetretene Nutzen später wegfällt, ist auch jener Bereicherte ersatzpflichtig, der die Sache veräußert oder verschenkt hat (SZ 54/131; RIS-Justiz RS0019910).

Mangels Gültigkeit des Mietvertrags hat die Beklagte den Mietzins an die Exgattin des Klägers titellos und daher unwirksam bezahlt und kann ihn somit – zumindest was den Anteil des Klägers an der Wohnung betrifft – gemäß § 1431 ABGB zurückfordern.

Nach den Feststellungen beträgt der ortsübliche Mietzins für eine Wohnung der gegenständlichen Art ohne das von der Beklagten gekaufte Inventar seit 05.10.2005 ohne Betriebskosten zumindestens EUR 1.002,14 zu. Dieser ortsübliche Mietzins ist das gewöhnliche Benützungsentgelt (vgl auch 6 Ob 212/06d; Rummel in Rummel³ § 1041 Rz 15 mwN).

Der Kläger hat geringfügig weniger, nämlich EUR 1.000,–, als dieses gewöhnliche Benützungsentgelt der Berechnung seines Anspruchs zugrundegelegt, sodass es nach den vorstehenden Ausführungen für die Höhe des Anspruchs des Klägers auf die (Un-)Redlichkeit der Beklagten nicht ankommt.

Nicht nachvollziehbar sind jedoch sowohl das Vorbringen des Klägers als auch die rechtlichen Erwägungen des Erstgerichts zur prozentuellen Quote, die dem Kläger zustehen soll. Es kommt nämlich entgegen den Erwägungen des Klägers und des Erstgerichts nicht auf ein relatives Verhältnis der Miteigentumsanteile des Klägers und seiner Exgattin oder allenfalls der Beklagten an, sondern vielmehr lediglich auf den jeweiligen Anteil des Klägers an den beiden (selbstständige Sachen bildenden) Wohnungsteilen an.

Der Hälfteanteil des Klägers an der Eigentumswohnung entspricht ca 58,5 m² oder ca 36,34 % der Gesamtwohnung. Für 22 Monate ergeben sich bei einem angemessenen Benützungsentgelt von EUR 1.000,– pro Monat für die ganze Wohnung daher für den Anteil des Klägers an der Eigentumswohnung EUR 7.994,80.

Der Hälfteanteil des Klägers am Zubau entspricht ca 22 m² oder ca 13,66 % der Gesamtwohnung. Pro Monat errechnet sich für diesen Anteil ein Benützungsentgelt von EUR 136,60. Dem Kläger steht nach den obigen Ausführungen ein Benützungsentgelt, für die Monate Mai 2006 bis August 2007, somit für 16 Monate, zu. Für den Zubau errechnet sich somit ein Anspruch von EUR 2.185,60.

Der Gesamtanspruch des Klägers beträgt somit EUR 10.180,40, in diesem Umfang besteht das Klagebegehren zu Recht.

Die Kostenentscheidung gründet sich für alle Instanzen auf § 43 Abs 1 ZPO (iVm § 50 ZPO).

Leitsätze