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5 Ob 102/09z; OGH; 10. November 2009
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** F***** L*****, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die beklagte Partei ***** E***** W*****, vertreten durch Dr. Gert Kleinschuster, Rechtsanwalt in Graz, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2008, GZ 3 R 129/08z–15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 15. April 2008, GZ 213 C 284/07y–9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Der Kläger wurde 2006 durch Kauf eines früher im schlichten Miteigentum verschiedener Hälfteeigentümer und seit 1997 im Mit- und Wohnungseigentum der beiden Verkäufer stehenden Altstadthauses dessen Alleineigentümer. Die Beklagte (Tochter eines früheren Hälfteeigentümers der Liegenschaft) hat als Hauptmieterin das Geschäftslokal TOP 01 im Erd– und Kellergeschoß seit etwa 1997 untervermietet und erzielt dabei einen vielfach höheren Untermietzins (zumindest EUR 2.500,–) als sie selbst an Hauptmietzins (zuletzt EUR 465,10) bezahlt.
Der Kläger kündigte das Bestandverhältnis gerichtlich zum 30.09.2007 unter Berufung auf § 30 Abs 1 Z 4 1. und 2. Fall MRG auf. Zwischen früheren Hälfteeigentümern des Hauses, P***** K***** (dem Vater der Beklagten) und R***** S***** (RS), sei nur eine Benützungsvereinbarung zwischen Miteigentümern vereinbart worden, nicht jedoch ein Mietvertrag über ein Geschäftslokal zugunsten des Vaters der Beklagten, weshalb er auch keine Mietrechte an die Beklagte übertragen habe können. 1965 sei erstmals regelrechte Miete zugunsten der Beklagten entstanden, allerdings ohne Zugeständnis außergewöhnlicher Befugnisse. Eine Einräumung des alleinigen unumschränkten Verfügungsrechts am Geschäftslokal durch die damalige zweite Hälfteeigentümerin an den Vater der Beklagten im Jahr 1969 sei nicht vereinbart worden; allenfalls stelle dies eine ungewöhnliche Nebenabrede im Sinn des § 2 Abs 1 MRG dar, an die der Kläger nicht gebunden sei. Sowohl die Perpetuierung des Kündigungsverzichts aus der Benützungsvereinbarung als auch die Gewährung eigentümergleicher Befugnisse in Verbindung mit einem Kündigungsverzicht würden gegenüber dem neuen Alleineigentümer gegen die guten Sitten verstoßen. Von den Voreigentümern des Klägers sei kein Anerkenntnis der von der Beklagten behaupteten Rechte abgegeben worden. Die Beklagte sei weder zur Verfügung über das Bestandobjekt noch zu dessen Weitergabe unabhängig vom erzielten Entgelt berechtigt.
Die Beklagte erhob Einwendungen gegen die Aufkündigung. Sie sei zu jeglicher Verfügung über das Bestandobjekt und zur Weitergabe berechtigt. Die Eigentümergemeinschaft habe rechtswirksam auf das Recht zur Aufkündigung verzichtet. Zwischen den früheren Hälfteeigentümern, dem Vater der Beklagten und RS, sei für diese und ihre Rechtsnachfolger dem Vater der Beklagten als gleichzeitigem Mieter das unumschränkte Verfügungsrecht über die Mietrechte, ua das Recht zur gänzlichen oder teilweisen, entgeltlichen oder unentgeltlichen Überlassung an Dritte zur Benützung eingeräumt worden; seit jeher sei Miete vorgeschrieben und bezahlt worden. Mit Wirkung vom 01.01.1970 habe die Beklagte das Unternehmen ihres Vaters und dessen Mietrechte, auf deren Aufkündigung RS verzichtet habe, von ihrem Vater mit allen Rechten übernommen. Diese Rechte und der Kündigungsverzicht seien auch auf die jeweiligen Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum überbunden worden und würden daher auch für den Kläger gelten. Er habe im Kaufvertrag ausdrücklich alle Rechte und Pflichten der Verkäuferin (Schwester der Beklagten) übernommen. Sie seien auch von seinen Rechtsvorgängern 1996 anerkannt worden, was dem Kläger stets bekannt gewesen sei. Im Hinblick auf die der Beklagten eingeräumten Rechte, den Kündigungsverzicht und die jahrzehntelange Weitergabe (seit 01.01.1999 durch Untervermietung) mit Wissen und Willen der Hauseigentümerschaft erweise sich die Aufkündigung als schikanös und sittenwidrig. Bei den eingeräumten Rechten handle es sich nicht um ungewöhnliche Nebenabreden.
Die Vorinstanzen gingen von folgendem, hier chronologisch geordneten und zum unstrittigen Inhalt einzelner Urkunden vom Obersten Gerichtshof geringfügig ergänzten (vgl RIS–Justiz RS 0121557) Sachverhalt aus:
1924 waren Hälfteeigentümer der Liegenschaft RS und der Vater der Beklagten. Mit Kaufvertrag vom 26.11.1924 (./B = 1) erwarb der Vater der Beklagten von RS dessen „Gemischtwarengeschäft". Darin ist ua vereinbart, dass sich RS des Rechts begibt, dem „[Vater der Beklagten] oder dessen Erben die Geschäftslokalitäten, die er dermalen im obigen Haus inne hat, oder eventuell auch andere, welche er in diesem Hause inne haben wird, jemals zu kündigen.“ Die beiden vereinbarten, dass der Vater der Beklagten Mieter der derzeitig und zukünftig benutzten Geschäftsräume sein soll. Der Vater der Beklagten zahlte für die ihm zugewiesenen Geschäftsräume auch Miete, an wen ist nicht feststellbar.
1954 ging das Hälfteeigentum am Haus von RS auf A***** S***** (AS) über.
Mit Schreiben vom 30.09.1965 teilte der Vater der Beklagten der Hausverwaltung mit, dass er seine „Mietrechte“ mit Wirkung vom 01.10.1965 seiner Tochter, der Beklagten, übergeben habe, weshalb der Mietzins dieser „als Hauptmieterin“ vorzuschreiben sei, „jedoch verbleibt derzeit die Firmenanschrift wie bisher“ (./D).
In der Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag vom 26.11.1924 aus dem Zeitraum 1968/1969 (./3) kamen der Vater der Beklagten und AS ua wie folgt überein:
„2.) Umgekehrt verpflichtet sich [AS], das bisher an [einen Dritten] vermietete […] Geschäftslokal sofort nach freiwerden durch den bisherigen Mieter an [den Vater der Beklagten] als weiteren Bestandteil zu seinen bisherigen Räumlichkeiten zu übergeben.
3.) [Dem Vater der Beklagten], bzw dessen jeweiligen Rechtsnachfolgern als Miteigentümer, bzw Bestandnehmer steht das alleinige unumschränkte Verfügungsrecht, das ihm hiemit also seitens [AS] und ihrer jeweiligen Rechtsnachfolger zugesichert wird, hinsichtlich des derzeit von ihm benützten […] Geschäftsraumes samt Zubehör, sowie dieses dann ihm zufallenden Geschäftsraumes des Mieters […], oder allenfalls noch in Hinkunft zufallender Räumlichkeiten zu, sodaß dieser insbesondere berechtigt ist, diese Räume […] weiter in Bestand zu geben, das darin von ihm geführte Unternehmen zu verpachten, zu veräußern oder [...], oder welchen Namen immer habende Benützungsrechte an dritte Personen abzutreten […]."
Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 05.03.1971 (./4) zwischen dem Vater der Beklagten als Geschenkgeber und G***** S***** (seiner weiteren Tochter und der Schwester der Beklagten) als Geschenknehmerin betrifft die Liegenschaftshälfte des Vaters der Beklagten. Er führte zur Einverleibung des Eigentumsrechts der Schwester der Beklagten erst im Jahr 1979.
Mit Übergabs- und Leibrentenvertrag vom 29.03.1971 (./E = 5) übertrug und übergab der Vater der Beklagten mit Wirkung vom 01.01.1970 an die Beklagte sein Gemischtwarenunternehmen mit allem rechtlichen und natürlichen Zubehör, darunter die Hauptmietrechte am benützten Geschäftslokal und dem Anwartschaftsrecht auf das weitere nach Freiwerden durch den bisherigen Mieter gemietete Geschäftslokal.
§ 5 lautet ua: „Die Übernehmerin nahm den Inhalt des Kaufvertrages vom 26.11.1924 […] und die Zusatzvereinbarung vom 15.01.1969 zur Kenntnis, trat in alle daraus sich ergebenden Rechte, insbesonders in das alleinige unumschränkte Verfügungsrecht hinsichtlich der dem Gewerbeunternehmen gewidmeten Räumlichkeiten mit dem Recht zur Einräumung von Bestandrechten, Abtretung derselben, Geschäftsverpachtung oder Veräußerung […], bzw übernahm alle daraus sich ergebenden Verpflichtungen zur weiteren Erfüllung […]."
§ 9 Abs 3 lautet ua: „Der Übergeber erklärt in seiner Eigenschaft als Miteigentümer der [Liegenschaft] für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum dieser Liegenschaft, welchen er diese Verpflichtung zu überbinden erklärt,
a.) auf das Recht zur Aufkündigung (Auflösung) des Bestandverhältnisses an den […] Geschäftsräumlichkeiten samt Zubehör aus welchem Grunde immer, ausgenommen die Kündigungsgründe nach § 19 Abs 2 Z 1 (Nichtzahlung des Mietzinses), Z 3 (rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten) und Z 4 (erheblich nachteiliger Gebrauch) des Mietengesetzes […] auf immerwährende Zeiten ebenso zu verzichten, wie
b.) auf eine Erhöhung des Mietzinses […] und
c.) der Übernehmerin das alleinige und unumschränkte Verfügungsrecht über das erworbene Unternehmen mit den Bestandrechten einzuräumen, insbesondere also das Recht […] das Bestandobjekt zur Gänze oder teilweise an dritte Personen entgeltlich oder unentgeltlich in welcher Rechtsform immer zur Benützung zu überlassen oder an dritte Personen abzutreten, auch wenn damit eine Branchenänderung verbunden ist."
Mit Vereinbarung vom 11.04.1972 (./F) wurden „einvernehmlich mit der Hausinhabung“ die Hauptmietrechte am weiteren Geschäftslokal an die Beklagte – entsprechend der Zusicherung im Punkt 2.) der Zusatzvereinbarung ./3 – übertragen; dies gegen eine Ablöse durch die Beklagte von ATS 17.000,–.
Nach AS kam es 1976 und 1979 zu einer Rechtsnachfolge im Hälfteeigentum am Haus sowie schließlich 1986 in Person des G***** H***** (GH). Aufgrund des Schenkungsvertrags auf den Todesfall vom 05.03.1971 (./4) wurde die Schwester der Beklagten 1979 bücherliche Eigentümerin des zweiten Hälfteanteils.
Das ursprünglich zwischen RS und später AS einerseits und dem Vater der Beklagten andererseits betreffend das gegenständliche Mietobjekt vereinbarte Recht zur Weitervermietung und der diesbezüglich abgegebene Kündigungsverzicht wurden bis zur Schwester der Beklagten und GH (wirksam) auf die jeweiligen Rechtsnachfolger überbunden.
Bis zum Jahr 1989 betrieb die Beklagte selbst ein Unternehmen im gegenständlichen Mietobjekt. Danach wurde das Unternehmen durch die Beklagte zuerst für etwa 8 Jahre weiterverpachtet.
Der Rechtsvertreter der Beklagten reagierte mit Schreiben vom 25.04.1996 (./6) auf ein Hauptmietzinsanhebungsbegehren der Hausverwaltung nach § 46a Abs 3 MRG ua damit, ausdrücklich zu behaupten, schon „nach den dazu vorhandenen (historischen) Vertragsgrundlagen [sei] unter den damaligen Miteigentümern [dem Vater der Beklagten] und [dem RS] für diese und ihre Rechtsnachfolger […] [dem Vater der Beklagten] als gleichzeitiger Mieter […] 1.) das unumschränkte Verfügungsrecht über die Mietrechte eingeräumt, insbesondere 1.1) das Recht zur Veräußerung […] des Unternehmens mit den Mietrechten, 1.2) das Recht der Verpachtung 1.3) das Recht zur Gänze oder teilweisen, entgeltlichen oder unentgeltlichen Überlassung an dritte Personen, in welcher Rechtsform immer, zur Benützung, 1.4) das Recht zur Abtretung (Übertragung) an dritte Personen und […]“ eingeräumt worden. „Mit Wirkung vom 01.01.1970 übernahm [die Beklagte] dieses Unternehmen und die Mietrechte von ihrem Vater mit allen obangeführten Rechten, wobei von diesem und [RS] noch gegenüber ihrem Vater auf das Recht zur Aufkündigung des Mietverhältnisses nachweislich verzichtet worden war. Diese Rechte bzw dieser Kündigungsverzicht gingen auch auf die jeweiligen Rechtsnachfolger im Liegenschaftseigentum über und gelten daher auch diesen gegenüber.“ Schließlich ersuchte er „schriftich anzuerkennen, daß […] aufgrund des vertraglich eingeräumten Weitergabe– und Verpachtungsrechtes kein Hauptmietzinsanhebungsrecht besteht und geltend gemacht wird", und der Beklagten „als derzeitige Hauptmieterin die oben unter Punkt 1.) 1.1) bis 1.5) angeführten Rechte zukommen bzw auch auf eine Kündigung verzichtet wurde".
Die Vertreterin der damaligen Hälfteeigentümer (Schwester der Beklagten und GH) erklärte darauf mit Schreiben vom 10.06.1996 (./7), dass vom Hauptmietzinsanhebungsrecht kein Gebrauch gemacht und ein derartiges Recht nicht geltend gemacht werde sowie: „Die sich aus den Vertragsgrundlagen ergebenden Rechte Ihrer Mandantin wurden von meinem Mandanten niemals bestritten und wird das auch in Zukunft nicht erfolgen."
Die Auflösung des Unternehmens der Beklagten erfolgte 1997, worauf die Untervermietung des Geschäftslokals folgte, zuletzt ab 1999 an den nunmehrigen Untermieter, der darin sein eigenes Unternehmen betreibt und der Beklagten Untermietzins leistet. Weiters wurde 1997 Wohnungseigentum am Haus begründet, wobei das streitgegenständliche Geschäftslokal ins Wohnungseigentum der Schwester der Beklagten fiel.
Im Februar 2006 erwarb der Kläger von der Schwester der Beklagten und von GH sämtliche Anteile an der Liegenschaft und wurde Alleineigentümer (./G und ./H). Dem Kläger waren jedenfalls die beiden dargestellten Schreiben ./6 und ./7 im Zusammenhang mit der (versuchten) Mietzinsanhebung ab Jänner 1996 vor Ankauf der Liegenschaft bekannt.
Der Kaufvertrag zwischen der GH und dem Kläger vom 15.02.2006 (./G) hat ua folgenden Inhalt:
„2. Willenseinigung
Der Verkäufer verkauft und übergibt nun an den Käufer und dieser kauft und übernimmt vom Verkäufer den Vertragsgegenstand […], so wie der Vertragsgegenstand heute liegt und steht und den Vertragspartnern aus eigener Anschauung bekannt ist und mit allen Grenzen und Rechten, mit denen der Verkäufer diesen bisher besessen und benützt hat oder hiezu berechtigt war, in sein Alleineigentum. […]
6. Gewährleistung
Der Verkäufer leistet dafür Gewähr, dass der Vertragsgegenstand abgesehen von Bestandrechten betreffend das Wohnungseigentumsobjekt W4 […] frei von allen bücherlichen und außerbücherlichen Lasten, Altlasten sowie Besitz- und Bestandrechten Dritter in das Eigentum des Käufers übergeht. […]"
Im Kaufvertrag zwischen der Schwester der Beklagten und dem Kläger vom 13./15.Februar 2006 (./H) ist ua Folgendes vereinbart:
„III. Kaufpreis
[Die Schwester der Beklagten] verkauft und übergibt, [der Kläger] kauft und übernimmt das Kaufobjekt [darunter die Anteile B-LNR 3, mit denen untrennbar das Wohnungseigentum am Geschäftsraum 1 verbunden ist] in sein Eigentum […] wie sie liegen und stehen, mit allen Rechten und Grenzen, mit welchen die Verkäuferin das Kaufobjekt bisher besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt gewesen wäre, um […]. […]
V. Haftungsausschluss
[…] Die Verkäuferin erklärt ausdrücklich, dass das Kaufobjekt frei von außerbücherlichen Dienstbarkeiten und Lasten ist. Sie leistet keine Gewähr für die Beschaffenheit, die Größe, bestimmte Verwendung und Verwertbarkeit des Kaufobjekts, wohl aber dafür, dass der Kaufgegenstand ansonsten geldlastenfrei auf den Käufer übergeht. […]"
Die Vorinstanzen hoben die Kündigung auf. Zugunsten der Beklagten bestehe ein Kündigungsverzicht und ein Weitergaberecht; das bilde jedenfalls hinsichtlich des Weitergaberechts keine ungewöhnliche Nebenabrede, sodass der Kläger nach § 2 Abs 1 MRG daran gebunden sei. Die zweite Instanz ergänzte, dem Kläger sei vor dem Kauf bekannt gewesen, dass die früheren Miteigentümer 1996 die Rechtsposition der Beklagten anerkannt hätten, was der Aufkündigung entgegen stehe.
Die außerordentliche Revision des Klägers releviert ua als erhebliche Rechtsfrage, dass der Kläger an den von RS nur für sich gegenüber dem Vater der Beklagten abgegebenen Kündigungsverzicht nicht gebunden sei und macht auch die Sittenwidrigkeit der von der Beklagten eingewendeten Rechte geltend.
Die Beklagte tritt dem in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung sowohl zur Zulässigkeit als auch inhaltlich entgegen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision erweist sich schon zwecks gebotener Klarstellungen zur anzuwendenden Rechtslage als zulässig; sie ist im Ergebnis auch berechtigt:
1. Zur im Kaufvertrag vom 26.11.1924 (./B = 1) enthaltenen Vereinbarung, dass sich RS des Rechts begibt, dem Vater der Beklagten „oder dessen Erben die Geschäftslokalitäten, die er dermalen im obigen Haus inne hat, oder eventuell auch andere, welche er in diesem Hause inne haben wird, jemals zu kündigen“ stellte das Erstgericht ua fest, dass die beiden Hälfteeigentümer vereinbarten, der Vater der Beklagten solle Mieter der (sowohl derzeit als auch der allenfalls zukünftig benutzten) Geschäftsräume sein und habe dafür Miete bezahlt. Diese Feststellung muss dahin verstanden werden, dass die von ihnen verfolgte Absicht auf Abschluss eines Mietvertrags gegen Bezahlung eines bestimmten Mietzinses iSd § 1090 ABGB gerichtet war. Daraus ist gemäß § 914 ABGB der rechtliche Schluss zu ziehen, dass ein Mietvertrag zwischen der Gemeinschaft der Miteigentümer und dem Vater der Beklagten zustande kam (und nicht bloß eine Benützungsvereinbarung zwischen Hälfteeigentümern). Die für eine solche außerordentliche Verwaltungsmaßnahme erforderliche Zustimmung aller Miteigentümer (RIS–Justiz RS 0013609) liegt hier vor, weil sie sich aus dem Vertragsabschluss der beiden Hälfteeigentümer ergibt. Der Vater der Beklagten wurde daher einerseits Bestandnehmer und andererseits im Rahmen der Eigentümergemeinschaft gemeinsam mit dem weiteren Hälfteeigentümer, also RS, Vermieter (RIS–Justiz RS 0013644 [T3]). Der (sowohl für die derzeit als auch für die allenfalls zukünftig benutzten Geschäftsräume geltende) Kündigungsverzicht wurde daher ebenso von der Gemeinschaft der Miteigentümer (also nicht nur von RS) abgegeben, und zwar zugunsten des Vaters der Beklagten als Bestandnehmer und seiner „Erben", also seiner Gesamtrechtsnachfolger.
2. Die 1954 (also vor Geltung des MRG) eingetretene Rechtsnachfolge nach RS im Eigentum der Liegenschaftshälfte durch AS führte keinesfalls zu einer Änderung des zwischen der Gemeinschaft der Miteigentümer und dem Vater der Beklagten abgeschlossenen Bestandvertrags; dies unabhängig davon, ob es zu einer Gesamt– oder Einzelrechtsnachfolge kam (was hier unerörtert blieb). Erst wenn alle Miteigentumsanteile auf Personen übergegangen sind, die nicht Vertragspartner des ursprünglichen Mietvertrags waren, wird nämlich § 1120 ABGB wirksam. Solange also ein Miteigentümer noch Vertragspartner des ursprünglichen Mietvertrags war (hier der Vater der Beklagten), besteht die vertragliche Verpflichtung ohne jede Einschränkung weiter (RIS–Justiz RS 0026168 [T1]; Würth in Rummel³, § 1120 ABGB Rz 2; Iro in KBB² § 1120 ABGB Rz 2 mwN).
3. Die Mitteilung über die Übergabe der Mietrechte an die Beklagte mit Schreiben vom 30.09.1965 (./D) bedeutet, dass der Vater der Beklagten seine Rechte und Pflichten als Mieter im Weg einer Vertragsübernahme an die Beklagte übertragen hat. Dies bedurfte zwar der Zustimmung des Vermieters (RIS–Justiz RS 0032607), also der Gemeinschaft der Miteigentümer und daher auch der AS. Da diese Mitteilung an die Hausverwaltung aber mangels anderer Behauptungen und Feststellungen widerspruchslos hingenommen und die Beklagte ab diesem Zeitpunkt ganz offensichtlich als neue Hauptmieterin akzeptiert wurde, ist von einer (zumindest) schlüssigen Zustimmung zur Vertragsübernahme durch AS auszugehen. Im Übrigen gestand der Kläger in erster Instanz zu, dass die Beklagte seit dieser Mitteilung als Mieterin geführt wurde (ON 5 S 8). Damit trat die Beklagte in das inhaltlich unverändert gebliebene Schuldverhältnis ein und wurde zur Hauptmieterin des Geschäftslokals aufgrund eines (unbefristeten) Bestandvertrags zwischen ihr und der Gemeinschaft der Miteigentümer als Vermieter. Sie trat damit auch an die Stelle ihres Vaters hinsichtlich des Kündigungsverzichts und auch des Anwartschaftsrechts auf das weitere Geschäftslokal.
4. Die Zusatzvereinbarung vom 15.01.1969 (./3) stellt eine Benützungsvereinbarung zwischen den damaligen Hälfteeigentümern dar, abgeschlossen zwischen AS (als erste Rechtsnachfolgerin nach RS) und dem Vater der Beklagten, mit der ihm (erstmals) weitreichende Befugnisse („das alleinige unumschränkte Verfügungsrecht") zum benutzten und allenfalls in Zukunft zusätzlich benutzten Geschäftslokal eingeräumt wurden. Soweit dem Rechtsnachfolger des Vaters der Beklagten als Bestandnehmer das alleinige unumschränkte Verfügungsrecht hinsichtlich des Geschäftsraums eingeräumt wurde, ist darauf im Punkt 6.2. einzugehen.
5. Der Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 05.03.1971 (./4) betreffend die Liegenschaftshälfte des Vaters der Beklagten ließ die bestehende Miteigentumsgemeinschaft (vorerst) unberührt.
6.1. Soweit im Übergabe- und Leibrentenvertrag vom 29.03.1971 (./E = 5) Bestandrechte an die Beklagte (mit–)übertragen werden, erweist sich das als gegenstandslos, weil ihr Vater ja gar nicht mehr über Mietrechte am Geschäftslokal verfügte, da er sie schon 1965 an die Beklagte wirksam übertragen hatte. Eine vorhergehende Rückübertragung des Bestandrechts von der Beklagten an ihren Vater wurde aber weder behauptet noch festgestellt.
6.2. Zum im § 5 dieses Vertrags vorgesehenen Eintritt der Beklagten „insbesonders in das alleinige unumschränkte Verfügungsrecht hinsichtlich der dem Gewerbeunternehmen gewidmeten Räumlichkeiten“ ist Folgendes zu beachten: Die Benützungsbefugnis kann nicht vom Miteigentum getrennt und verselbständigt werden, sondern nur der Ausübung nach durch Abschluss eines Bestandvertrags übertragen werden; daher ist ein Eintritt in eine Benützungsvereinbarung ohne Übertragung des Miteigentums unmöglich (OLG Wien EFSlg 72.068; Egglmeier/Gruber/Sprohar in Schwimann³ § 834 ABGB Rz 11). Auf einen solchen unwirksamen Eintritt in die Benützungsvereinbarung läuft aber die Einräumung des unumschränkten Verfügungsrechts an den - nicht zu den Miteigentümern zählenden - Bestandnehmer hinaus. Daher ist aus § 5 der Zusatzvereinbarung, indem der Eintritt der Beklagten bloß als Bestandnehmerin und/oder als Unternehmenserwerberin (nicht jedoch als Liegenschaftsmiteigentümerin) in den Kaufvertrag vom 26.11.1924 samt Zusatzvereinbarung vorgesehen ist, für die Beklagte nichts zu gewinnen ist, weil die Rechtsordnung Derartiges nicht vorsieht.
6.3. Die im § 9 Punkt 3. dieses Vertrags vom Vater der Beklagten ausdrücklich „als Miteigentümer“ abgegebene Erklärung, auf Rechte betreffend den Bestandvertrag gegenüber der Beklagten zu verzichten (lit a. und b.) und andere einzuräumen (lit c.), die die Beklagte der Kündigung entgegen setzt, stellt zweifelsfrei eine Erklärung im eigenen Namen dar; eine Erklärung im Namen der Gemeinschaft der Miteigentümer, also auch der zweiten Hälfteeigentümerin AS, ist nach dem Wortlaut jedenfalls auszuschließen.
Die anlässlich der vertraglichen Benützungsregelung dem Miteigentümer eingeräumte unbeschränkte Verfügungsmacht über den zur Benützung überlassenen Teil (hier zugunsten des Vaters der Beklagten im Rahmen der Zusatzvereinbarung ./3) ist einer auch zur Vermietung mit Wirkung für die Gesamtheit der Liegenschaftseigentümer berechtigenden Verwaltungsvollmacht gleichzuhalten, weshalb er seine Verfügung dann auch als Vertreter der anderen Miteigentümer vornimmt (RIS–Justiz RS 0013398, RS 0042537, RS 0013607), er ist also nur zum Handeln im Namen aller Miteigentümer berechtigt (vgl RIS–Justiz RS 0013398 [T5] = RS 0042537 [T6]). Bloß im eigenen Namen eingeräumte Rechte führen daher nicht zu einer wirksamen Stellvertretung der Miteigentümergemeinschaft und binden diese daher nicht, jedenfalls sofern nicht im Nachhinein eine Offenlegung erfolgt (vgl P. Bydlinski in KBB² § 1002 ABGB Rz 13 ff mwN), die hier weder feststeht noch erkennbar ist.
Die mit dem Übergabe- und Leibrentenvertrag vom 29.03.1971 zwischen dem Vater der Beklagten im eigenen Namen und der Beklagten getroffenen Nebenabreden zum Bestandvertrag der Beklagten mit der Gemeinschaft der Miteigentümer konnte die Beklagte daher - im Widerspruch zur Rechtsansicht der Vorinstanzen - weder der Miteigentumsgemeinschaft erfolgreich entgegenhalten noch kann sie dies gegenüber dem Kläger als deren Rechtsnachfolger tun. Auf deren Überbindung an die Rechtsnachfolgerin im Eigentum des Vaters der Beklagten, also die Schwester der Beklagten, kommt es daher gar nicht an.
6.4. Mit dem Übergabe- und Leibrentenvertrag vom 29.03.1971 (./E = 5) wurde daher wirksam nur die rechtsgeschäftliche Übertragung des Unternehmens des Vaters der Beklagten auf sie gegen Entgelt vereinbart, was zur Einzelrechtsnachfolge am Unternehmen führte.
7. Die Vereinbarung vom 11.04.1972 (./F) bedeutet die Übertragung der Hauptmietrechte am weiteren Geschäftslokal an die Beklagte, womit der nunmehr gegenständliche Umfang des Bestandobjekts erreicht wurde. Der schon 1924 dafür im Vorhinein abgegebene Kündigungsverzicht kam damit auch diesbezüglich zum Tragen.
8. Auch die 1976 eingetretene Rechtsnachfolge nach AS im Eigentum der Liegenschaftshälfte führte keinesfalls zu einer Änderung des zwischen der Gemeinschaft der Miteigentümer und dem Vater der Beklagten abgeschlossenen Bestandvertrags, wozu auf die Begründung zu Punkt 2. verwiesen werden kann.
9. Erst 1979 kam es auch auf Seiten des Vaters der Beklagten zu einer Rechtsnachfolge durch Verbücherung des Eigentums der Schwester der Beklagten aufgrund des Schenkungsvertrags auf den Todesfall (./4). Da feststeht, dass der schon ursprünglich vereinbarte Kündigungsverzicht bis zur Schwester der Beklagten und GH (der 1986 zum mittelbaren Miteigentümer nach AS wurde) wirksam auf die jeweiligen Rechtsnachfolger überbunden wurde, ist ungeachtet der Bestimmungen des § 1120 ABGB und des § 2 Abs 1 MRG vom Weiterbestand des Mietvertrags zwischen der Gemeinschaft der Miteigentümer und der Beklagten einschließlich des dazu vereinbarten Kündigungsverzichts auch noch beim Erwerb durch den Kläger im Februar 2006 auszugehen.
10. Dem Verlangen des Rechtsvertreters der Beklagten nach Anerkennung durch die Miteigentümer, „dass kein Hauptmietzinsanhebungsrecht bestehe und geltend gemacht“ werde, und dass der Beklagten die „angeführten Rechte zukommen bzw auch auf eine Kündigung verzichtet wurde“ im Schreiben vom 25.04.1996 (./6) wurde mit dem von der Vertreterin der damaligen Hälfteeigentümer verfassten Schreiben vom 10.06.1996 (./7) – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht entsprochen.
Diese Antwort stellt nämlich kein (konstitutives) Anerkenntnis im verlangten Sinn dar, und zwar weder betreffend die gewünschte Anerkennung, dass kein Hauptmietzinsanhebungsrecht bestehe, noch zu den aufgelisteten Rechten und zum Kündigungsverzicht. Vielmehr enthält sie nur die Erklärung, vom Hauptmietzinsanhebungsrecht (!) keinen Gebrauch zu machen, ohne Bezug auf die ganz konkret behaupteten Rechte der Beklagten und den zu ihren Gunsten in Anspruch genommenen Kündigungsverzicht zu nehmen; gleichzeitig wurde (offensichtlich ganz bewusst) erklärt, die sich aus den Vertragsgrundlagen ergebenden, jedoch in keiner Weise präzisierten Rechte der Beklagten nicht zu bestreiten. Damit haben sich die Miteigentümer auf den Standpunkt zurückgezogen, der Beklagten wirksam vertraglich eingeräumte Rechte nicht infrage zu stellen, ohne jedoch - unter Übergehen des Ersuchens der Beklagten - auf die von ihr konkret behaupteten Rechte einzugehen. Ein Anerkenntnis der behaupteten Rechte iS einer Schaffung eines selbstständigen, vom allfälligen Bestehen vertraglicher Grundlagen unabhängigen Rechtsgrundes kann den Miteigentümern durch diese Erklärung aber keinesfalls unterstellt werden; sie durfte von der Beklagten und ihrem Vertreter objektiv auch nicht idS verstanden werden. Der Umstand, dass sich die Beklagte (und ihr Vertreter) dennoch mit dieser Erklärung, mit der ihrer unmissverständlichen Forderung nach Anerkennung nicht entsprochen wurde, zufrieden gaben, vermag daran nichts zu ändern.
11. Die 1997 (also vor In-Kraft-Treten des § 4 Abs 1 WEG 2002) erfolgte Begründung von Wohnungseigentum, in deren Rahmen das streitgegenständliche Geschäftslokal ins Wohnungseigentum der Schwester der Beklagten fiel, führte zu keiner Abänderung des Mietvertrags. Nach dem WEG 1975 führte nämlich die Begründung von Wohnungseigentum an einem vermieteten Objekt nicht zu einem gesetzlichen Vertragsübergang auf den Wohnungseigentümer als Einzelrechtsnachfolger der bisherigen Eigentümer. Dem Mieter standen weiterhin alle Mit- und Wohnungseigentümer als Träger der ihm gegenüber zu erfüllenden Vertragspflichten gegenüber (RIS-Justiz RS 0021201 [T11] und [T16], RS 0106931 [T2]; 5 Ob 138/08t mwN).
12. Die Beklagte behauptet, die Hauseigentümer hätten jahrzehntelange Kenntnis der erfolgten Weitergabe gehabt und diese sei mit Wissen, Kenntnis und Zustimmung der Miteigentümerschaft zunächst in Form der Verpachtung und in der Folge durch Untervermietung erfolgt, und macht damit erkennbar einen (konkludenten) Verzicht des Vermieters (hier der Miteigentümer seit 1989, also der Schwester der Beklagten und GH) auf die Geltendmachung des angezogenen Kündigungsgrundes geltend.
Eine Behauptung, die Miteigentümer hätten auch Kenntnis vom tatsächlich geleisteten Untermietzins gehabt, wurde dazu nicht aufgestellt. Ein Verzicht des Vermieters auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG kann aber jedenfalls solange nicht angenommen werden, als der Vermieter von der Höhe des tatsächlich geleisteten Untermietzinses nichts erfahren hat. Eine Erkundigungspflicht hinsichtlich der zur Verwirklichung des Kündigungstatbestands tauglichen Fakten trifft den Vermieter nämlich nicht (RIS–Justiz RS 0070551). Daher ist ein (konkludenter) Verzicht der Vermieter auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG – dessen objektive Verwirklichung hier gar nicht strittig ist – zu verneinen.
13. Vor Erwerb der gesamtem Liegenschaft durch den Kläger stellt sich die Rechtslage daher so dar, dass zwischen den beiden Hälfteeigentümern der Liegenschaft und der Beklagten ein unbefristetes Hauptmietverhältnis über das Geschäftslokal im nunmehrigen Umfang bestand, dessen einzige Nebenabrede in einem (nach dem Wortlaut in keiner Weise eingeschränkten) Kündigungsverzicht der Vermieterseite zugunsten der Beklagten als Bestandnehmerin und ihres Gesamtrechtsnachfolgers (§ 1116a ABGB, § 14 Abs 1 MRG) bestand.
14.1. Die im Jahr 2006 nach beiden Mit- und Wohnungseigentümern durch die Kaufverträge mit dem Kläger eingetretene Einzelrechtsnachfolge unterliegt der Beurteilung nach § 2 Abs 1 Satz 4 und 5 MRG, wobei der Eintritt des Klägers in den Mietvertrag nicht mehr strittig ist. Eine rechtsgeschäftliche Übernahme des Bestandvertrags durch den Kläger ist nach dem Inhalt der Kaufverträge zu verneinen. Wesentlich ist daher, ob der vereinbarte Kündigungsverzicht eine Nebenabrede ungewöhnlichen Inhalts darstellt, und im Fall der Bejahung, ob sie der Kläger kannte oder kennen musste.
14.2. Bei der Beurteilung der Ungewöhnlichkeit des Inhalts einer Nebenabrede ist daran anzuknüpfen, ob eine solche als untypisch (und daher auch als unerwartet) im Hinblick auf die tatsächlichen Lebensverhältnisse zu beurteilen ist, was letztlich immer nur an Hand der konkreten Umstände im Einzelfall beurteilt werden kann (RIS–Justiz RS 0114663). Dabei kommt es ua auf die Art des Mietgegenstands und den Inhalt des konkreten Vertrags an. Ungewöhnlich ist eine Nebenabrede, wenn sie bei vergleichbaren Mietgegenständen und vergleichbaren Vertragsinhalten nicht oder jedenfalls nur äußerst selten vereinbart wird (RIS–Justiz RS 0069562). Die Nebenabreden der Einräumung der Befugnis zur gänzlichen Untervermietung und der Weitergabe des Mietobjekts sind nicht ungewöhnlich (RIS–Justiz RS 0069531). Ein Verzicht auf den Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG (fehlendes dringendes Wohnbedürfnis) stellt für sich allein noch keine „ungewöhnliche Nebenabrede“ im Sinn des § 2 Abs 1 vierter Satz MRG dar (4 Ob 333/98v = MietSlg 51.059).
Hier ist ein Kündigungsverzicht des Vermieters zu beurteilen, der keinerlei Einschränkung enthält und daher jedenfalls alle gesetzlichen Kündigungsgründe umfasst. Ein derartig weitreichender Verzicht entspricht aber nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls im Zusammenhang mit seiner Befristung mit der Lebensdauer der Mieterin (= der Beklagten) und ihres Gesamtrechtsnachfolgers nicht der typischen Interessensituation der beteiligten Vertragsparteien (idS schon LG für ZRS Wien MietSlg 57.257). Schließlich verbleibt dem Vermieter über lange Zeit nur die Möglichkeit der Kündigung des Dauerschuldverhältnisses, wenn ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus gewichtigen Gründen nicht mehr zugemutet werden kann (RIS–Justiz RS 0021107 [T4], RS 0018368), was aber - wenn der Mietvertrag wie hier dem MRG unterliegt - nur für Gründe gilt, die in der Sphäre des Bestandnehmers liegen, und deshalb eine erhebliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten bedeutet (3 Ob 66/06m = RS0018368 [T15]).
Es kommt daher darauf an, ob der Kläger die ungewöhnliche Nebenabrede kannte oder kennen musste.
14.3. Nach den Feststellungen war dem Kläger (nur) die Korrespondenz ./6 und ./7 bekannt. Er wusste daher von den von der Beklagten behaupteten Nebenabreden, darunter ein nicht näher präzisierter Kündigungsverzicht, und der Reaktion seiner Verkäufer, die auch der Kläger nicht als Anerkenntnis der behaupteten Nebenabreden zu verstehen brauchte. Von der positiven Kenntnis der Existenz der Nebenabrede kann daher keine Rede sein.
14.4. Kennen-Müssen liegt dann vor, wenn dem Rechtsnachfolger die Existenz der fraglichen Nebenabrede bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bekannt werden können, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt (Fenyves in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 2 MRG Rz 33 mwN). Das „Kennenmüssen“ stellt grundsätzlich darauf ab, ob etwas bei verkehrsüblicher, objektiv gebotener Sorgfalt erkennbar ist oder auffallen muss; es ist also dann anzunehmen, wenn die Unkenntnis auf einer Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt beruht; ob und welche Erkundigungen hätten eingeholt werden müssen, ist regelmäßig eine Frage des jeweiligen Einzelfalls (9 Ob 160/02y mwN). Ob dem Rechtsnachfolger leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt, bestimmt sich nach den ihm im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zu Gebote stehenden Auskunftsmittel, dem Maß ihrer vernunftgemäß zumutbaren Heranziehung und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Bewertung, wobei das Wissenmüssen der mit der Sache für den Anfechtungsgegner befassten Personen entscheidet (vgl RIS–Justiz RS 0064672).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass sich der Kläger mit der Kenntnisnahme vom Inhalt der Korrespondenz ./6 und ./7 nicht zufrieden geben durfte, weil danach keine Klarheit über die behaupteten Rechte herrschte. Das verlangte jedenfalls eine Rücksprache mit den Verkäufern, um möglichste Aufklärung zu erhalten, deren Reaktion ausschlaggebend ist, ob und wie der Kläger weiter vorzugehen hatte. Keinesfalls darf aber seine Nachforschungspflicht überspannt werden, also zum Beispiel verlangt werden, den vorliegenden Prozess vor Vertragsabschluss durch seine Erhebungen vorweg zu nehmen.
Eine nähere Beurteilung der relevanten Umstände des konkreten Einzelfalls ist derzeit nicht möglich, weil sich weder die Parteien noch die Vorinstanzen mit dieser Problematik auseinandersetzten, weil sie infolge unzutreffender Rechtsansichten die Relevanz dieser Thematik nicht erkannten; deshalb fehlen auch entsprechende Feststellungen. Zur Vermeidung einer verpönten Überraschungsentscheidung (§ 182a ZPO) bedarf es deshalb der Aufhebung zwecks Ergänzung des erstinstanzlichen Verfahrens, um die hier vertretene Rechtsansicht mit den Parteien zu erörtern, ihnen Gelegenheit zur Äußerung zu geben, die entsprechenden Beweise aufzunehmen und die relevanten Feststellungen zu treffen.
15. Gegenstand des fortzusetzenden Verfahrens hat nur mehr die Frage zu sein, ob der Kläger die Nebenabrede des Kündigungsverzichts iSd § 2 Abs 1 Satz 5 MRG kennen hätte müssen. Die Verwirklichung des Kündigungsgrundes des § 30 Abs 2 Z 4 2. Fall MRG ist - wie bereits erwähnt - gar nicht strittig.
15.1. Sollte das Erstgericht zur Auffassung gelangen, dass der Kläger an den Kündigungsverzicht nicht gebunden ist, ist auch der Schikaneeinwand der Beklagten nicht weiter zu prüfen. Diesem kommt nämlich, wie schon jetzt beurteilt werden kann, keine Berechtigung zu, weil in der Verfolgung legitimer Interessen des Klägers als neuer Eigentümer weder eine Absicht der Schädigung der Beklagten noch sonstige unlautere Motive zu erkennen sind.
15.2. Ähnliches gilt, wenn der Kläger den Kündigungsverzicht gegen sich gelten lassen muss, für den Einwand der Sittenwidrigkeit. Er ist, wie sich auch schon jetzt sagen lässt, zu verneinen. Ein allgemeiner Kündigungsverzicht (auch nur von einer Seite) auf bestimmte oder bestimmbare Zeit ist nämlich nach Lehre und Rechtsprechung nicht als unzulässiger Knebelungsvertrag sittenwidrig, sondern vielmehr zulässig und wirksam (9 Ob 4/03h, 4 Ob 324/00a; Würth in Rummel³ § 1116 ABGB Rz 7). So wurde die Zulässigkeit und Wirksamkeit eines für den Zeitraum von 50 Jahren vereinbarten einseitigen Kündigungsverzichts ebenso bejaht (EvBl 1992/123) wie eines Kündigungsverzichts auf 40 Jahre (4 Ob 324/00a) oder eines Kündigungsverzichts auf Lebenszeit (JBl 1956, 405). Lediglich die völlige Ausschaltung einer vorzeitigen Vertragsaufhebung aus wichtigem Grund wird als sittenwidrig beurteilt (RIS–Justiz RS 0016630).
Davon ist aber beim hier zu beurteilenden Kündigungsverzicht im Zweifel nicht auszugehen, weil er eine so genannte außerordentliche Kündigung nicht ausdrücklich ausschließt. Deshalb bleibt dem Vermieter die – bereits oben (Punkt 14.2.) angesprochene – Möglichkeit der Kündigung des Dauerschuldverhältnisses, wenn ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus gewichtigen, in der Sphäre des Bestandnehmers liegenden Gründen nicht mehr zugemutet werden kann. Dies bedeutet zwar eine erhebliche Einschränkung der Kündigungsmöglichkeiten, jedoch nicht für immerwährende Zeit, sondern im Wesentlichen für die Lebensdauer der Bestandnehmerin und ihres Gesamtrechtsnachfolgers, während der Vermieter einen wenn auch geringen, jedoch nicht zu vernachlässigenden Hauptbestandzins lukriert.
16. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
Leitsätze
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Nebenabreden ungewöhnlichen Inhalts iSd § 2 Abs 1 MRG
Ungewöhnlich ist eine Nebenabrede, wenn sie bei vergleichbaren Mietgegenständen und vergleichbaren Vertragsinhalten nicht oder jedenfalls nur äußerst selten vereinbart wird; Kennen-Müssen liegt dann vor, wenn dem Rechtsnachfolger die Existenz der fraglichen Nebenabrede bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bekannt werden können, wobei leichte Fahrlässigkeit genügt. Keinesfalls darf aber die Nachforschungspflicht überspannt werden.Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 102/09z | OGH vom 10.11.2009 | Dokument-ID: 252693