Dokument-ID: 897300

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 197/16f; OGH; 19. Dezember 2016

GZ: 5 Ob 197/16f | Gericht: OGH vom 19.12.2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Mag. C***** O***** M*****, vertreten durch Mag. Nina Schönwiese, Mietervereinigung Österreich, diese vertreten durch Mag. Alexandra Rezaei, Mietervereinigung Österreich, Reichsratsstraße 15, 1010 Wien, 2. Dr. T***** S*****, gegen die Antragsgegnerin I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Ladstätter, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG iVm § 20 Abs 3 WEG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Juli 2016, AZ 39 R 93/16i-21, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 14. März 2016, GZ 10 Msch 5/15z-15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, jeweils binnen 14 Tagen der Erstantragsgegnerin die mit 184 EUR (darin 4 EUR Barauslagen) und dem Zweitantragsgegner die mit 418,77 EUR (darin enthalten 69,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Die Antragsteller sind die beiden Miteigentümer einer Liegenschaft in Wien; mit deren jeweiligen Miteigentumsanteilen ist Wohnungseigentum an mehreren Objekten verbunden. Zum Zeitpunkt der das Verfahren einleitenden Antragstellung war die Begründung des Wohnungseigentums in Vorbereitung und bei den Anteilen der Miteigentümer die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums im Grundbuch angemerkt.

Der Erstantragsteller begehrte, der Antragsgegnerin unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzutragen, eine formal ordnungsgemäße und richtige Jahresabrechnung für die Abrechnungsperioden 2011, 2012 und 2013 zu legen und Einsicht in die Belege zu gewähren. Die Antragsgegnerin habe die Liegenschaft (nur) faktisch verwaltet.

Der (als solcher bezeichnete) Zweitantragsteller wurde diesem Verfahren als weitere Verfahrenspartei beigezogen.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags. Sie sei mangels wirksamer Bestellung zur Verwalterin nicht passiv legitimiert. Abgesehen davon habe sie die Abrechnungen ohnedies gesetzmäßig gelegt und die erforderlichen Unterlagen übergeben. Der geltend gemachte Anspruch sei zum Teil auch bereits verjährt. Im Laufe des Verfahrens bestritt die Antragsgegnerin zudem die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs und beantragte die Zurückweisung des Antrags.

Das Erstgericht sprach aus, dass der außerstreitige Rechtsweg zulässig und das Verfahren in diesem zu erledigen sei. Die Verweisung des geltend gemachten Rechtsschutzanspruchs ins außerstreitige Verfahren ergebe sich aus einem unzweifelhaften Analogieschluss zu § 52 Abs 1 Z 6 WEG.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge. Entgegen der Auffassung des Zweitantragstellers liege keine bindende Zuständigkeits-entscheidung iSd § 46 JN vor. Zwar habe sich das Bezirksgericht für Handelssachen Wien in einem von ihm als Miteigentümer gegen die Antragsgegnerin eingeleiteten streitigen Verfahren auf Rechnungslegung für unzuständig erklärt und die Rechtssache gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Leopoldstadt verwiesen. Diese Entscheidung sei für das Verfahren über den vorliegenden Antrag jedoch nicht bindend, weil die Parteien nicht gleich seien. Verfahrenspartei in dem Verfahren des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien sei – abgesehen von der Antragsgegnerin – nur der Zweitantragsteller, nicht aber auch der Erstantragsteller gewesen. Das Erstgericht habe hier daher die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs aus eigenem zu beurteilen gehabt. Das Rekursgericht teile die Ansicht des Erstgerichts, dass auch der Rechnungslegungsanspruch gegen den faktischen Verwalter im außerstreitigen Verfahren und nicht im streitigen Verfahren durchzusetzen sei. In seiner Entscheidung 5 Ob 303/03z habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass gravierende Bedenken gegen die Ansicht bestünden, wonach den nur de facto die Verwaltungsangelegenheiten Führenden keine im außerstreitigen Verfahren durchsetzbare Rechnungslegungs-pflicht treffe. Das Rekursgericht halte die dort für die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens ins Treffen geführten Argumente für überzeugend.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Zur Frage, ob den bloß faktisch Verwaltenden eine im außerstreitigen Verfahren durchzusetzende Rechnungslegungspflicht nach § 20 Abs 3 WEG 2002 treffe, liege keine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der außerstreitige Rechtsweg für unzulässig erklärt und die Klage zurückgewiesen werde. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die Antragsteller beantragen in ihren jeweiligen Revisionsrekursbeantwortungen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. In welchem Verfahren eine Rechtssache zu behandeln ist, richtet sich nicht nach der Bezeichnung durch die Partei, sondern nach dem Inhalt des Begehrens und dem Parteivorbringen (§ 40a JN). Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind also der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei. Von Bedeutung ist die Natur, das Wesen des erhobenen Anspruchs; ob der behauptete Anspruch begründet ist, ist hingegen ohne Einfluss (vgl RIS-Justiz RS0045584, RS0045718, RS0005861, RS0005896, RS0013639).

2.1 Ist zweifelhaft, welches Verfahren anzuwenden ist, so hat das Gericht darüber zu entscheiden; dieser Beschluss ist selbstständig anfechtbar (§ 40a JN). Die Anfechtbarkeit solcher Entscheidungen nach § 40a JN richtet sich dabei nach der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart (RIS-Justiz RS0046245 [T4, T9], RS0046238 [T2]; Mayr in Rechberger, ZPO³ § 40a JN Rz 6 mwN).

2.2 Die Wahrnehmung des Mangels der Zulässigkeit des Rechtswegs ist nicht mehr möglich, wenn von demselben oder von einem anderen Gericht bereits eine bindende Entscheidung gefällt wurde (§ 42 Abs 3 JN). Diese im § 42 Abs 3 JN für einzelne Prozesshindernisse normierten Rechtsfolgen gelten nach Lehre und Rechtsprechung für alle Prozesshindernisse (RIS-Justiz RS0046234), insbesondere auch für die Zulässigkeit des streitigen oder außerstreitigen Verfahrens (8 Ob 262/00p = RIS-Justiz RS0039774 [T10]; Mayr aaO, § 40a JN Rz 8 mwN). Um für den Rechtsstreit bindend zu sein, muss die Entscheidung unanfechtbar (formell rechtskräftig) und in derselben Rechtssache zwischen denselben Prozessparteien ergangen sein. Die Voraussetzungen für die bindende Wirkung nach § 42 Abs 3 JN entsprechen daher den Voraussetzungen für die Rechtskraftwirkung (7 Ob 110/08i; Garber in Fasching/Konecny³ § 42 JN Rz 43 mwN).

2.3 Der Beschluss des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien, mit dem dieses sich in einem vom Zweitantragsteller gegen die Antragsgegnerin eingeleiteten Verfahren auf Rechnungslegung wegen Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs für unzuständig erklärt hat, wurde in einem streitigen Ausgangsverfahren nach Streitanhängigkeit gefällt. Dieser Beschluss entfaltet daher nach Rechtskraft grundsätzlich bindende Wirkung (vgl Horn in Fasching/Konecny³ § 40a JN Rz 15). Der Erstantragssteller hatte in diesem streitigen Ausgangsverfahren allerdings keine Parteistellung, sodass die in diesem gefällte Entscheidung nach § 40a JN für das hier vom Erstantragsteller eingeleitete Außerstreitverfahren keine Bindungswirkung entfalten kann. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in diesem Abrechnungsverfahren allen Wohnungseigentümern, also auch dem Zweitantragsteller, Parteistellung zukommt (vgl RIS-Justiz RS0119055).

2.4 Im Hinblick auf das (andere) beim Erstgericht infolge Überweisung des vom Zweitantragsgegner eingeleiteten Verfahrens geführte Außerstreitverfahren zur Durchsetzung der (behaupteten) Rechnungslegungspflicht der Antragsgegnerin ist anzumerken, dass dem Außerstreitverfahren der Begriff der Streitanhängigkeit fremd ist (RIS-Justiz RS0125903 [T3]). Vielmehr normiert § 12 Abs 2 AußStrG für die der Streitanhängigkeit entsprechenden Verfahrenskonstellation eine spezifische Art des Umgangs. Diese Bestimmung sieht – im Gegensatz zum Zivilprozess – kein Prozesshindernis, sondern die „Vereinigung“ aller Anträge vor (RIS-Justiz RS0116910 [T1]). Im Außerstreitverfahren führt die Anhängigkeit desselben Verfahrensgegenstands bei mehreren Gerichten nicht zur Zurückweisung des zweiten Antrags. Vielmehr hat, wenn dieselbe Sache bei mehreren Gerichten anhängig und jedes der Gerichte grundsätzlich auch zuständig (sowohl sachlich als auch örtlich) ist, das später befasste Gericht den Antrag nach § 44 JN an das Gericht, bei dem sie zuerst anhängig geworden ist, zu überweisen. Die Verbindung nach § 12 Abs 2 AußStrG dient dazu, parallele Verfahren und damit widersprechende Entscheidungen zu verhindern (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 12 Rz 10). Nach § 12 Abs 2 AußStrG entscheidet bei mehreren Anträgen also das Zuvorkommen (RIS-Justiz RS0125903) und die Einheitlichkeit des Verfahrens ist unter Beachtung der Überweisungsvorschrift des § 12 Abs 2 AußStrG durch die Verbindung der Verfahren zu bewirken (RIS-Justiz RS0116910 [T2], RS0125903 [T2]).

3.1 Gegenstand des vorliegenden Antrags ist – nach dem Wortlaut des Begehrens und den zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen – die Durchsetzung der (behaupteten) Rechnungslegungspflicht nach den §§ 20, 34 WEG.

3.2 Nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG ist über Anträge in den Angelegenheiten der Durchsetzung der Pflichten des Verwalters mit Ausnahme der Herabsetzung des Entgelts (§§ 20 Abs 1 bis 7, 31 Abs 3 WEG) im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden. Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit der Pflichten des Verwalters nach diesem Kompetenztatbestand ist, dass an der Liegenschaft bereits Wohnungseigentum begründet wurde oder – wie zum Zeitpunkt der Antragstellung hier – § 37 Abs 5 WEG zur Anwendung gelangt (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 § 52 WEG Rz 32).

3.3 Die Rechtsstellung des Verwalters im Wohnungseigentum setzt eine den Bestimmungen des § 19 WEG entsprechende Bestellung voraus. Die Durchsetzung solcher Ansprüche gegenüber einer Person, der die Tätigkeit eines Verwalters bloß faktisch ausübt, ist daher dem reinen Wortlaut nach vom Kompetenztatbestand des § 52 Abs 1 Z 6 WEG nicht umfasst. Die Aufzählung der in das Außerstreitverfahren verwiesenen Angelegenheiten im § 52 Abs 1 WEG ist zwar taxativ, aber analogiefähig und der berichtigenden Auslegung zugänglich; die Zuordnung von Rechtsschutzansprüchen zum außerstreitigen Wohnrechts-verfahren kann sich also nicht nur aus der direkten Aufzählung, sondern auch aus einem unzweifelhaften Analogieschluss ergeben (RIS-Justiz RS0123353, RS0005948 [T18]; Klicka in Hausmann/Vonkilch³ § 52 WEG Rz 4).

3.4 Zur Frage, ob im Wege einer solchen analogen Anwendung des § 52 Abs 1 Z 6 WEG die Durchsetzung von eigentlichen Verwalterpflichten im Allgemeinen und der Anspruch der Wohnungseigentümer auf Rechnungslegung im Besonderen gegen eine die Verwaltungstätigkeit bloß faktisch ausübende Person auf den außerstreitigen Rechtsweg verwiesen ist, hat der Oberste Gerichtshof bisher lediglich obiter Stellung genommen; dies jeweils unter Hinweis auf die von Würth (Wohnrecht 94, Anm 1 zu § 17 WEG 1975 und Anm 3 zu § 26 WEG 1975) vertretene Auffassung, dass die (früher in § 17 WEG 1975 und nunmehr in § 20 WEG 2002) normierten Verwalterpflichten auch gegen denjenigen im außerstreitigen Verfahren (früher nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975 und nunmehr nach § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002) durchsetzbar seien, der die Tätigkeit eines Verwalters bloß faktisch ausübe. In der Entscheidung 5 Ob 64/99v ist der Oberste Gerichtshof dieser Auffassung ausdrücklich gefolgt. Die (damals) maßgebliche Kompetenznorm des § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975 verweise seit dem 3. WÄG die „Durchsetzung der Pflichten des Verwalters (§ 16 Abs 3, § 17 [WEG 1975])“ ins außerstreitige Verfahren. Damit sei die Zuständigkeit des Außerstreitrichters gegenüber der Rechtslage vor dem 3. WÄG erweitert worden. Es sei seither klar, dass die Durchsetzung aller in § 17 WEG 1975 genannten Pflichten des Verwalters oder desjenigen, der diese Tätigkeit ausübe, ins außerstreitige Verfahren verwiesen sei. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Auseinandersetzung zwischen der Eigentümergemeinschaft und dem bestellten Verwalter im Zusammenhang mit der Frage der rechtswirksamen Kündigung des Verwaltervertrags und die daran anknüpfenden Verpflichtungen des (ehemaligen) Verwalters auf Unterlassung und Herausgabe von Unterlagen und Guthaben. In der Entscheidung 5 Ob 303/03z führte der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit einem faktisch verwaltenden Mit- und Wohnungseigentümer aus, dass im Hinblick auf die Regelung des § 837 ABGB, der dem auftragslos verwaltenden Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft dieselben Rechte und Pflichten zuordne wie dem bestellten Verwalter, und die (oben dargestellte) Meinung von Würth gravierende Bedenken gegen die dazu gegenteilige Rechtsansicht des Rekursgerichts bestünden; die konkrete Sachentscheidung hänge jedoch von der Lösung der angesprochenen Rechtsfrage gar nicht ab.

3.5 Für E.M. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch³ § 20 WEG Rz 9) ist es für die Anwendung des Pflichtenkatalogs des § 20 WEG unerheblich, auf welche Weise die Bestellung des Verwalters zustande gekommen ist oder ob allenfalls nur ein der Bestellung vergleichbarer Zustand herrscht. Die Regelung gelte für den die Verwaltung faktisch ausübenden (idR Mehrheits-)Miteigentümer nach § 837 ABGB wie auch für jeden anderen, der ohne förmlichen Bestellungsakt die Verwaltung tatsächlich führe. Die Verwalterpflichten könnten aber gegen einen „Verwalter“, dessen Stellung sich nicht auf einen wohnungseigentumsrechtlichen Bestellungsakt gründe, nicht notwendigerweise im Außerstreitverfahren durchgesetzt werden. Zur Begründung ihrer Aussage zur Frage der Rechtswegzulässigkeit verweist E.M. Hausmann (aaO) auf die Entscheidung 5 Ob 280/08z, in der der Oberste Gerichtshof, wie auch schon in der Entscheidung 5 Ob 189/97y, die Zulässigkeit des außerstreitigen Verfahrens für ein Vorgehen gegen einen Wohnungseigentümer verneint hat, der faktisch Verwaltungshandlungen setzt, obwohl ohnehin ein gemeinsamer Verwalter bestellt ist (vgl RIS-Justiz RS0107883).

3.6 Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

3.6.1 Eine ausdrückliche Anordnung des außerstreitigen Rechtswegs ist nicht erforderlich; es reicht eine unzweifelhaft schlüssige bzw aus dem inneren Zusammenhang des geltend gemachten Anspruchs unmissverständliche Zuweisung. Demnach gehören jene Rechtssachen in das Verfahren außer Streitsachen, die – der Natur des geltend gemachten Anspruchs nach – erschließbar nach seinen Grundsätzen zu erledigen sind (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 1 Rz 80). Das ist etwa auch dann der Fall, wenn ein starker (oder untrennbarer) innerer Zusammenhang mit einer gesetzlich angeordneten Außerstreitmaterie besteht (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen³ Rz 35).

3.6.2 Das – für die Zuordnung von Rechtsschutz-ansprüchen zum außerstreitigen Wohnrechtsverfahren ausschlaggebende – Wesen der Auseinandersetzung ist im Fall der Durchsetzung von Abrechnungsansprüchen durch den inneren Zusammenhang zwischen der Besorgung der Verwaltung und der Rechnungslegung darüber geprägt. Demgegenüber tritt die Frage der formalen Rechtsstellung desjenigen, der die Verwaltung besorgt und den daher die behauptete Rechnungslegungspflicht treffen soll, in den Hintergrund. In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof nicht nur schon vor Inkrafttreten des § 23 Abs 4 WEG 1975 durch die WRN 1999 die (analoge) Anwendung von wohnungseigentumsrechtlichen Verwaltungsbestimmungen und die Zulässigkeit des Außerstreitverfahrens für das Vorstadium des Wohnungseigentums bejaht (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II²³ § 52 WEG Rz 32 [unter Hinweis auf 5 Ob 96/01f und 5 Ob 160/02v]). Es entspricht auch dessen ständiger Rechtsprechung, dass der Anspruch auf Rechnungslegung gegen den Verwalter auch nach dessen Kündigung noch im Außerstreitverfahren durchzusetzen ist. Auf Grund des inneren Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit des Verwalters während der Besorgung der Verwaltung durch ihn und seiner Verpflichtung zur abschließenden Rechnungslegung nach der Kündigung ist von einer unzweifelhaft schlüssigen Verweisung von Streitigkeiten mit dem Verwalter über die Legung der Rechnung iSd § 52 Abs 1 Z 6 WEG auch nach der Kündigung des Verwaltervertrags in das Außerstreitverfahren auszugehen (RIS-Justiz RS0083562).

3.6.3 Eine die Natur des geltend gemachten Anspruchs entscheidend veränderte Bedeutung kommt der formalen Rechtsstellung des Anspruchsgegners freilich dann zu, wenn es gilt, gegen einen Wohnungseigentümer vorzugehen, der faktisch Verwaltungshandlungen setzt, obwohl ohnehin ein gemeinsamer Verwalter bestellt ist. Geht es in dieser Auseinandersetzung doch nicht um die Durchsetzung von Verwalterpflichten, sondern um die Abwehr von unzulässigen Eingriffen in die Verwaltung durch den bestellten Verwalter (vgl RIS-Justiz RS0107883). Diese – den Entscheidungen 5 Ob 189/97y und 5 Ob 280/08z zu Grunde liegende – Fallkonstellation ist mit der hier vorliegenden daher auch nicht vergleichbar.

3.6.4 Im Fall eines faktisch verwaltenden Mit- und Wohnungseigentümers findet die Gleichstellung des bloß faktischen mit dem förmlich bestellten Verwalter (auch) im Wohnungseigentum in der Regelung des § 837 ABGB eine entsprechende Stütze (vgl 5 Ob 303/03z; E.M. Hausmann aaO, § 20 WEG Rz 9); schließlich sind die §§ 825 ff ABGB im Wohnungseigentum – wie in allen anderen Gemeinschaftsfällen auch – subsidiär heranzuziehen, soweit weder durch Gesetz noch durch Vertrag Besonderes geregelt ist (RIS-Justiz RS0013155). Im Recht des schlichten Miteigentums wird der Verwalter als Machthaber angesehen (§ 837 Satz 1 ABGB); ihn treffen daher alle Rechte und Pflichten der §§ 1002 ff ABGB (RIS-Justiz RS0013751). Der Verwalter hat insbesondere auch ordnungsgemäß Rechnung zu legen (§ 837 Satz 1 ABGB; RIS-Justiz RS0013784); dazu ist er notfalls auf dem Rechtsweg zu verhalten, und zwar als Fremdverwalter im streitigen, als Teilhaber im außerstreitigen Verfahren (Sailer in KBB4 § 837 Rz 2, § 830 Rz 3 und § 838a Rz 2). All das gilt auch in dem Falle, dass ein Miteigentümer ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der übrigen Teilnehmer verwaltet (§ 837 Satz 3 ABGB). Der einzelne Teilhaber, der ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der Übrigen verwaltet, wird nämlich im Bereich der ordentlichen Verwaltung als bevollmächtigt angesehen, wenn die übrigen Teilhaber den Verwaltungshandlungen nicht widersprechen, obwohl sie vom auftragslosen Handeln Kenntnis haben (RIS-Justiz RS0114179).

3.6.5 Die Anordnung des § 837 ABGB, wonach der faktisch die Tätigkeit eines Verwalters ausübende Miteigentümer unter bestimmten Voraussetzungen dem förmlich bestellten Verwalter gleichzustellen ist, kommt auch bei Bestehen von Wohnungseigentum zum Tragen (vgl 5 Ob 303/03z). Es besteht insbesondere kein ersichtlicher Grund dafür, im Anwendungsbereich des WEG die Durchsetzung der Verwalterpflichten gegenüber einem nicht förmlich zum Verwalter bestellten und iSd § 837 Satz 3 ABGB ohne Auftrag der übrigen Wohnungseigentümer verwaltenden Mit- und Wohnungseigentümer im Bereich des WEG nicht als in das Außerstreitverfahren verwiesen anzusehen. Wobei freilich einzelne Wohnungseigentümer noch nicht dadurch zu „Verwaltern“ iSd §§19 f WEG werden und daher in der Regel von den entsprechenden Verwalterpflichten des WEG nicht umfasst sind, wenn sie bei bestehender Selbstverwaltung bloß bestimmte Ausschnitte von Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (RIS-Justiz RS0122296 [T2], RS0118530 [T2]). Im Wohnungseigentum gilt für die Rechnungslegungspflicht des Verwalters im Verhältnis zum Miteigentum lediglich insofern Besonderes, als die in den §§ 20 Abs 1 bis 7, 31 Abs 3 WEG normierten Pflichten des Verwalters gemäß der ausdrücklichen Anordnung des § 52 Abs 1 Z 6 WEG auch dann im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzen sind, wenn dieser nicht Mit- oder Wohnungseigentümer, sondern ein Dritter ist. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung zwischen einem faktisch verwaltenden Mit- und Wohnungseigentümer und einem faktisch verwaltenden Dritten besteht nicht. Die für die Zuordnung zum außerstreitigen Wohnrechtsverfahren ausschlaggebende Natur des Anspruchs und die Interessenlage sind schließlich im Wesentlichen gleich.

4. Ergebnis: Diese Erwägungen bilden eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines unzweifelhaft schlüssigen Verweises der vorliegenden Angelegenheit in das Außerstreitverfahren. Die Durchsetzung eines auf die Abrechnungspflicht iSd §§ 20 Abs 3, 34 WEG gestützten Anspruchs auf Rechnungslegung gegen einen die Verwaltungstätigkeit bloß faktisch ausübenden Mit- und Wohnungseigentümer oder Dritten hat daher, wenn nicht ohnehin ein Verwalter bestellt ist, analog § 52 Abs 1 Z 6 WEG auf dem außerstreitigen Rechtsweg zu erfolgen.

5. Der Revisionsrekurs ist somit nicht berechtigt. Die Kostenentscheidung im Zwischenverfahren nach § 40a JN richtet sich nach jener Verfahrensart, die in dem das Verfahren einleitenden Rechtsschutzantrag gewählt und behauptet wurde (RIS-Justiz RS0046245 [T5]). Demnach sind hier die Kostenersatzregeln des § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG maßgebend. Es entspricht der Billigkeit, den im Zwischenverfahren erfolgreichen Antragstellern die Kosten für ihre Revisions-rekursbeantwortung zuzusprechen. Dem Zweitantragsgegner steht jedoch kein Streitgenossenzuschlag zu, weil die Voraussetzungen des § 15 RATG nicht vorliegen.

Leitsätze

  • Zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Rechnungslegung gegen einen bloß faktisch ausübenden Verwalter

    Die Durchsetzung der Ansprüche gegen einen Verwalter wird in Wohnungseigentumsfragen im Außerstreitverfahren geklärt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sind Ansprüche gegen faktisch verwaltende Personen nicht umfasst, sodass sich der OGH einer Analogie bedient. Wichtig sei bloß der starke Zusammenhang zwischen der Rechtssache und der bestehenden Außerstreitmaterie. Eine Differenzierung zwischen einem Teilhaber nach § 837 ABGB und einem faktischen Verwalter im WEG sei auch nicht gerechtfertigt.
    WEKA (api) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 197/16f | OGH vom 19.12.2016 | Dokument-ID: 897298