Dokument-ID: 898477

WEKA (ato) | Judikatur | Entscheidung

5 Ob 236/16s; OGH; 23. Jänner 2017

GZ: 5 Ob 236/16s | Gericht: OGH vom 23.01.2017

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „L*****“ *****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Mag. Gerlinde Goach, Rechtsanwältin in Gratkorn, gegen die beklagte Partei H***** H*****, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 21. November 2016, GZ 7 R 89/16h-16, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Erheblich nachteiliger Gebrauch gemäß § 1118 erster Fall ABGB umfasst sowohl den Tatbestand des nachteiligen Gebrauchs iSd § 30 Abs 2 Z 3 erster Fall MRG als auch jenen des unleidlichen Verhaltens iSd § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG (RIS-Justiz RS0020956). Ein unleidliches Verhalten liegt dann vor, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird (RIS-Justiz RS0067678). Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG setzt erhebliche Störungen des friedlichen Zusammenlebens voraus (RIS-Justiz RS0070437). Schwerwiegend ist ein Vorfall, wenn er das Maß des Zumutbaren überschreitet und objektiv geeignet erscheint, auch nur einem Mitbewohner das Zusammenleben zu verleiden. Es kommt daher – entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht – nicht schlechthin darauf an, ob Abhilfe auf andere Art als durch Kündigung möglich ist, sondern – selbst im Fall der Möglichkeit einer solchen Abhilfe – darauf, ob ein gedeihliches Zusammenleben der „Mitbewohner“ weiterhin gewährleistet ist (RIS-Justiz RS0070303 [T2]). Zu all diesen Voraussetzungen liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor, die angesichts des vorliegenden Einzelfalls keiner Verbreiterung bedarf. Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht liegt nicht vor:

Der Beklagte hat Lärmbelästigungen und eine zeitweilige, inzwischen eingestellte Videoüberwachung seines Carports nach der Beschädigung seines Pkws, von der auch vorbeikommende andere Mieter und Dritte erfasst wurden, zu vertreten. Entscheidend ist aber, dass er die Mieterin eines Nachbarobjekts (einer im Eigentum der Klägerin stehenden Wohnanlage) jedenfalls mehr als 50-mal, die Familie eines Mieters im selben Haus – trotz deren Einwände – „laufend, wenn auch mit unterschiedlicher Häufigkeit“ und andere Mieter beim Rasenmähen in Badebekleidung oder beim Sonnenbaden fotografierte. Wenn die Vorinstanzen darin schwerwiegende und fortgesetzte Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mieter und ihrer Angehörigen erkannt haben, die künftig kein gedeihliches Zusammenleben der „Mitbewohner“ mehr erwarten lassen, ist darin jedenfalls keine unvertretbare Einzelfallbeurteilung zu erkennen.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision unzulässig und daher zurückzuweisen.

Leitsätze

  • Stellt das häufige Fotografieren anderer Mieter ein unleidliches Verhalten gem § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG dar?

    Ein unleidliches Verhalten ist gegeben, wenn das friedliche Zusammenleben durch längere Zeit oder durch häufige Wiederholungen gestört wird. Schwerwiegend ist ein Vorfall, wenn er das Maß des Zumutbaren überschreitet und objektiv geeignet erscheint, auch nur einem Mitbewohner das Zusammenleben zu verleiden. Das häufige wiederholte Fotografieren anderer Mieter stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Mieter und ihrer Angehörigen dar.
    Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 236/16s | OGH vom 23.01.2017 | Dokument-ID: 898478