Dokument-ID: 424889

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 29/12v; OGH; 14. Februar 2012

GZ: 5 Ob 29/12v | Gericht: OGH vom 14.02.2012

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin M***** K*****, vertreten durch Winkler, Reich-Rohrwig, Illedits, Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegner 1. R***** reg. Genossenschaft mbH, *****, 2. Eigentümergemeinschaft des Hauses *****, beide vertreten durch DDr. Wolfgang Doppelbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm §§ 3 und 6 MRG über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 22. November 2011, GZ 40 R 226/11y-33, womit infolge Rekurses der Antragsgegner der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 28. Jänner 2011, GZ 23 Msch 9/10y-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner sind schuldig, der Antragstellerin die mit 410,83 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 68,47 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Das Rekursgericht hat den Revisionsrekurs für zulässig erklärt, weil zur Frage der Durchsetzbarkeit von Erhaltungspflichten eines Wohnungseigentumsvermieters betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft, keine einheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) - ist der Revisionsrekurs der Antragsgegner nicht zulässig. Es fehlt an den Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG, was zufolge § 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG kurz zu begründen ist:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit wurde geprüft, sie liegt jedoch nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2. Die vom Rekursgericht vermeintlich erkannte Widersprüchlichkeit höchstgerichtlicher Entscheidungen in der Frage der Durchsetzbarkeit von Erhaltungsansprüchen allgemeine Teile der Liegenschaft betreffend resultiert aus unterschiedlicher Rechtslage und besteht daher in Wahrheit nicht.

3.1. Während vor Inkrafttreten des § 4 Abs 1 WEG 2002 einem „Altmieter“, also einem Mieter, mit dem der Mietvertrag vor Begründung von Wohnungseigentum abgeschlossen wurde, weiterhin als Vertragsparteien alle Mit- und Wohnungseigentümer gegenüberstanden, normierte § 4 Abs 1 WEG den gesetzlichen Vertragsübergang auf den Wohnungseigentümer bei Altmietverhältnissen.

Bei Neumietverhältnissen, also solchen, die nach Wohnungseigentumsbegründung abgeschlossen wurden, ergibt sich diese Rechtsfolge aus § 2 Abs 1 zweiter Satz MRG.

3.2. § 4 Abs 3 WEG ermöglicht dem Altmieter eines Wohnungseigentumsobjekts - wie hier der Antragstellerin -, mietrechtliche Ansprüche, die sich auf allgemeine Teile der Liegenschaft oder auf die Liegenschaft als Gesamtheit beziehen, ungeachtet der Rechtsstellung des Wohnungseigentümers als alleinigem Vermieter, auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend zu machen (RIS-Justiz RS0123507). Hiebei steht dem Mieter bei unter Abs 3 fallenden Ansprüchen die Wahl frei, ob er Ansprüche nur gegen seinen Vertragspartner, nur gegen die Eigentümergemeinschaft oder gegen beide geltend macht (vgl 5 Ob 138/08t wobl 2010/32).

3.3. § 4 Abs 3 WEG führt zu einer solidarischen Haftung in der Hauptsache (RIS-Justiz RS0121465). Dies wurde auch für ein Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG zur Durchsetzung von Erhaltungspflichten ausgesprochen (5 Ob 164/06p wobl 2007/27 [Call]).

3.4. Aus § 4 Abs 3 WEG ergibt sich weiters, dass zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten, die zufolge § 4 Abs 3 WEG auch der Eigentümergemeinschaft aufgetragen wurden, die Rücklage heranzuziehen ist (5 Ob 239/07v).

4. Auf vermeintliche Rechtsschutzdefizite, weil die analoge Anwendung von § 4 Abs 3 WEG auf „Neumietverhältnisse“ abgelehnt wird (5 Ob 243/05d), ist im hier vorliegenden Fall einer unmittelbaren Anwendbarkeit des § 4 Abs 3 WEG nicht einzugehen.

Fragen der Zulässigkeit des Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG für die Durchsetzung des Erhaltungsanspruchs stellen sich hier nicht (vgl auch 5 Ob 164/06p).

5. Soweit die Antragsgegner in Zweifel ziehen, dass es sich bei der notwendigen Beseitigung von Durchnässungen und Schimmelbildung sowie deren Ursachen um Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 2 Z 2 MRG handelt, sind ihnen die maßgeblichen Feststellungen entgegenzuhalten. Demnach ist zum einen die Gesundheitsgefährdung der Mieterin erwiesen, zum anderen, dass Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung (auch) aus der Bausubstanz bzw dem Erhaltungszustand des Hauses resultieren.

Dass dann, wenn Schimmel in das Mauerwerk eindringt und deshalb nicht nur durch eine Oberflächenbehandlung beseitigt werden kann, ein Schaden des Hauses vorliegt, weil die Bausubstanz angegriffen ist, entspricht höchstgerichtlicher Rechtsprechung (5 Ob 2060/96v SZ 69/137).

Es liegen daher die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Antragstellerin hat auf das Nichtbestehen der Judikaturdifferenz und damit die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Antragsgegner hingewiesen.

Leitsätze