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Judikatur | Entscheidung

8 Ob 54/23h; OGH; 24. Oktober 2024

GZ: 8 Ob 54/23h | Gericht: OGH vom 24.10.2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat MMag. Matzka als Vorsitzenden sowie die Senatspräsidentin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R*, vertreten durch Hornek Hubacek Lichtenstrasser Epler Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. W* GmbH, *, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. Dr. M*, vertreten durch Denk & Fuhrmann Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 82.348 EUR sA (Revisionsinteresse 76.466 EUR), über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. März 2023, GZ 5 R 156/22f-60, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 4. August 2022, GZ 47 Cg 56/20t-54, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

I. Der Revision der erstbeklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung der erstbeklagten Partei dahin abgeändert, dass das Urteil insgesamt lautet:

„Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen EUR 26.469,– samt 7,38 % Zinsen seit 30.11.2018 zu zahlen und die mit EUR 1.030,62,– Barauslagen bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

Das Mehrbegehren, die erstbeklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere EUR 55.879,– samt Zinsen zu zahlen, sowie das Eventualbegehren, die erstbeklagte Partei sei zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei schuldig, diesen Betrag auf das von der zweitbeklagten Partei für die treuhändische Abwicklung des zwischen der klagenden Partei und der erstbeklagten Partei geschlossenen Bauträgervertrages vom 9. 1. 2018 eingerichtete Treuhandkonto oder im Falle der bereits erfolgten Auflösung dieses Kontos auf ein neu zu errichtendes Treuhandkonto binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit EUR 5.656,09,– (darin EUR 940,44,– USt und EUR 13,44,– Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

2. Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei EUR 1.160,50,– (darin EUR 193,42,– USt) an Kosten des Berufungsverfahrens und EUR 4.791,93,– (darin EUR 137,39,– USt und EUR 3.967,60,– Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 1.611,81,– (Barauslagen) an Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.

II. Der Revision der zweitbeklagten Partei wird Folge gegeben.

1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird in Ansehung der zweitbeklagten Partei dahin abgeändert, dass das klagsabweisende Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

2. Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei EUR 3.223,62,– (darin EUR 537,27,– USt) an Kosten des Berufungsverfahrens und EUR 8.851,76,– (darin EUR 457,96,– USt und EUR 6.104,– Barauslagen) an Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin schloss mit der Erstbeklagten als Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin einen Kaufvertrag über eine Wohnungseigentumseinheit samt PKW-Abstellplatz zu einem Kaufpreis von insgesamt EUR 294.100,–.

[2] Zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagten, der auch Vertragsverfasser war, kam ein Treuhandverhältnis hinsichtlich der Abwicklung des Kaufpreises zustande, der die Auszahlung der Kaufpreisraten gemäß BTVG und die treuhändige Verwahrung des Haftrücklasses von 2 % der Kaufpreissumme über die dreijährige Haftzeit umfasste. Die Klägerin erlegte beim Zweitbeklagten den gesamten Kaufpreis für die Wohnung.

[3] Der Kaufvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„II. Vertragsgegenstand (Kaufobjekt):

(1) Gegenstand dieses Kaufvertrages ist die in den besonderen Vertragsbestimmungen genannte Wohnungseigentumseinheit samt Zubehör sowie gegebenenfalls ein PKW-Abstellplatz (oder mehrere). Der genaue Umfang und die bauliche Ausgestaltung dieses Kaufobjektes sowie des damit verbundenen Zubehörs sind dem diesem Kaufvertrag als Beilage ./1 angeschlossenen Plan, sowie der Bau- und Ausstattungsbeschreibung Beilage ./2 zu entnehmen, welche jeweils einen integrierenden Vertragsbestandteil darstellen.

(…)

III. Änderungen des Projektes oder Kaufobjektes:

(1) Der Käufer erklärt, das kaufgegenständliche Bauprojekt zu kennen. Er nimmt zur Kenntnis, dass der Verkäufer zu Änderungen des Projektes berechtigt ist, sofern diese aus technischen, gestalterischen, rechtlichen, behördlichen oder wirtschaftlichen Gründen erforderlich sind und die Gesamtcharakteristik des Projektes trotz dieser Änderungen gewährt bleibt. Der Verkäufer verpflichtet sich, bei all diesen Änderungen die Interessen des Käufers zu berücksichtigen und Beeinträchtigungen wesentlicher Käuferinteressen zu vermeiden. (…)

V. Kaufpreis:

(1) Als Kaufpreis für die kaufgegenständliche Wohnungseigentumseinheit einschließlich allem damit verbundenen Zubehör wird der in den besonderen Vertragsbestimmungen festgelegte Betrag vereinbart. (…)

VI. Treuhandauftrag:

(1) Die Vertragspartner ermächtigen den Vertragserrichter und Treuhänder, (…), den Kaufpreis bei Erfüllung der folgenden Voraussetzungen an den Verkäufer zur Auszahlung zu bringen:

Grundvoraussetzung für die Auszahlung ist die lastenfreie Einverleibung des Wohnungseigentumsrechtes des Käufers hinsichtlich der vertragsgegenständlichen Miteigentumsanteile.

(2) Sodann erfolgt die Auszahlung gemäß Ratenplan B des BTVG wie folgt:

a) 10 % (zehn Prozent) nach Abschluss des Kaufvertrages, sofern der Baubeginn aufgrund rechtskräftiger Baubewilligung bereits erfolgt ist;

b) 30 % (dreißig Prozent) nach Fertigstellung des Rohbaus und des Daches;

c) 20 % (zwanzig Prozent) nach Fertigstellung der Rohinstallationen;

d) 12 % (zwölf Prozent) nach Fertigstellung der Fassade und der Fenster einschließlich deren Verglasung;

e) 17 % (siebzehn Prozent) nach Bezugsfertigstellung der Wohnung;

f) 9 % (neun Prozent) nach Fertigstellung der Gesamtanlage;

g) 2 % (zwei Prozent) Haftrücklass nach Ablauf der dreijährigen Haftzeit.

(4) Die letzte 2 %-ige Kaufpreisrate gilt als Haftrücklass im Sinne des § 10 Abs 2 lit. g BTVG. Der Verkäufer ist diesbezüglich berechtigt, diesen Haftrücklass durch Beibringung einer Bankgarantie für allfällige Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche des Käufers zu ersetzen. (...)

(3) Die Bestätigung des Baufortschritts hat durch einen staatlich beeideten Ziviltechniker oder einen befugten Architekten zu erfolgen.

VII. Kaufpreiskalkulation:

(…)

(2) Der Kaufpreis umfasst den mit der Herstellung des Kaufgegenstandes im Zusammenhang stehenden Aufwand, einschließlich der Kosten für die allgemeinen Teile des Projektes. (…)

(3) Ausdrücklich festgehalten und vereinbart wird, dass derzeit eine Gasheizung mit Notkaminen bewilligt ist. Vorgesehen ist aber die Errichtung eines redundanten Heizsystems mit Gas, Pellets und Solarthermie bei gleichzeitigem Entfall der Notkamine. Für den Fall der Errichtung dieses redundanten Heizsystems entfällt die Errichtung der Notkamine. Diese sind daher diesfalls im Kaufpreis nicht enthalten und werden verkäuferseits nur als Sonderwunsch gegen entsprechenden Aufpreis errichtet.

(4) Der Käufer nimmt zur Kenntnis, dass die Energiebereitstellung über ein Contracting-Unternehmen erfolgt und dass der entsprechende Vertrag langfristige Bindungen der Eigentümergemeinschaft enthält. Der Vertrag wird ausgehändigt, sobald er vorliegt, und der Käufer akzeptiert die darin vereinbarte Bindungsfrist.“

[4] Der Umfang und die bauliche Ausgestaltung des Kaufgegenstands samt Zubehör waren den dem Kaufvertrag als Bestandteil angeschlossenen Plänen und der Bau- und Ausstattungsbeschreibung (nachfolgend kurz als „BAB“ bezeichnet) zu entnehmen. Weder aus den Plänen noch aus der BAB ging hervor, dass die gegenständliche Liegenschaft mit einer Heizungsanlage ausgestattet ist. Es wird in der BAB nur die zentrale Warmwasserversorgung und -aufbereitung wie folgt beschrieben:

„6.2. Die Warmwasserversorgung und Warmwasseraufbereitung erfolgt zentral mittels einer Gasbrennwertanlage und Solarpaneelen.“

[5] Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags stand noch nicht fest, welches Contracting-Unternehmen mit der Energiebeistellung betraut werden sollte. Aus diesem Grund waren zum damaligen Zeitpunkt weder der Inhalt des abzuschließenden Wärmelieferungsvertrags noch der Inhalt der mit den einzelnen Wohnungseigentümern abzuschließenden Einzelwärmelieferungsverträge bekannt.

[6] Am 25.05.2018 schloss die Erstbeklagte einen Wärmelieferungsvertrag mit dem Contracting-Unternehmen E* GmbH. Dieses verpflichtete sich darin, auf der Liegenschaft auf eigene Kosten eine Wärmeerzeugungsanlage zu errichten, die Wohnungen anzuschließen und mit Wärme zu versorgen.

[7] Der Wärmelieferungsvertrag sieht vor, dass die Wärmeerzeugungsanlage nicht Bestandteil der Liegenschaft werden solle und im Eigentum der E* GmbH verbleibe, welche auch die Instandsetzung bzw Instandhaltung übernehme. Die jeweiligen Eigentümer der Wohnungen hätten für den gesonderten Wärmebezug einen Einzelwärmelieferungsvertrag mit der E* GmbH abzuschließen.

[8] Auch die Klägerin unterzeichnete am 10.12.2018 einen befristeten Einzelwärmelieferungsvertrag über Heizung und Warmwasserbereitung, nachdem sie im vorgefassten Text handschriftlich Streichungen und Änderungen vorgenommen hatte. Insbesondere kürzte sie die vorgedruckte Vertragsdauer von 20 Jahren auf ein Jahr und strich den vorgesehenen Kündigungsverzicht ebenso wie den Passus über die Folgen der Vertragsbeendigung.

[9] Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Klägerin vor der Kaufvertragsunterfertigung über das Contracting-Modell aufgeklärt wurde, insbesondere darüber, dass die Heizungsanlage nicht im Eigentum der Eigentümergemeinschaft stehen und zusätzlich zum Kaufpreis für die Wohnung über die Heizkostenabrechnung finanziert würde. Es steht auch nicht fest, dass sie davon aus anderen Quellen Kenntnis hatte.

[10] Der Zweitbeklagte brachte als Treuhänder sämtliche Teilbeträge nach dem Ratenplan an die Erstbeklagte zur Auszahlung, nachdem er jeweils die vereinbarten Fertigstellungsmeldungen des Ziviltechnikers erhalten hatte. Für den 2%igen Haftrücklass liegt ihm noch eine Bankgarantie vor.

[11] Die Klägerin hat unstrittig die Wohnung übernommen und benützt sie. Die E* GmbH kam und kommt ihrer vertraglichen Verpflichtung zur Beheizung und Warmwasserbereitstellung nach.

[12] In der Klage wird (soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich) vorgebracht, die laut BAB vorgesehenen Anlagen für Heizung und zentrale Warmwasserversorgung und Warmwasseraufbereitung seien nicht vorhanden, die Gesamtanlage sei daher nicht fertiggestellt. Der im Kaufvertrag enthaltene Hinweis auf die Energiebereitstellung durch ein Contracting-Unternehmen erwähne nicht, dass die errichtete Heizungsanlage nicht im Eigentum der Eigentümergemeinschaft stehen würde. Die Wohnungseigentümer seien darüber erst nach Übergabe der Wohnung aufgeklärt worden. Das Contracting-Modell sei mit höheren Kosten verbunden und widerspreche § 38 Abs 1 WEG. Die Vereinbarung sei intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, überraschend iSd § 864a ABGB sowie mangels sachlicher Rechtfertigung gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

[13] Da die geschuldete Leistung laut Kaufvertrag und Treuhandabrede nicht zur Gänze erbracht worden sei, hätten die fünfte und sechste Rate, insgesamt 28 % des Kaufpreises, noch nicht ausbezahlt werden dürfen. Der Betrag sei der Klägerin zurückzuerstatten, eventualiter durch Überweisung an den Zweitbeklagten als Treuhänder. Dieser selbst hafte wegen Verletzung seiner Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag solidarisch mit dem Bauträger.

[14] Die Erstbeklagte wandte ein, die Klägerin habe die Wohnung übernommen und benütze sie uneingeschränkt, sie könne daher nur noch Gewährleistungsansprüche geltend machen, aber nicht den Kaufpreis zurückfordern. Eine Heizungsanlage sei nie Teil des Kaufgegenstands gewesen. Das Contracting-Modell sei für die Käufer vorteilhaft, weil es einen geringeren Kaufpreis ermöglicht habe und sie von niedrigeren Energiekosten profitieren könnten.

[15] Der Zweitbeklagte wandte ein, er habe als Treuhänder die Kaufpreisraten korrekt in Übereinstimmung mit dem Bauträgervertrag ausbezahlt. Über das Contracting-Modell habe die Klägerin beim Kauf Bescheid gewusst und es akzeptiert.

[16] Das Erstgericht wies das Klage- und Eventualbegehren ab.

[17] Ein Anlagen-Contracting sei im Anwendungsbereich des BTVG grundsätzlich zulässig, die Klägerin sei im Kaufvertrag ausreichend darauf hingewiesen worden, auch der BAB sei nichts Abweichendes zu entnehmen. Die Vereinbarung sei weder sittenwidrig noch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 1 und 3 ABGB. Der Zweitbeklagte habe alle Auszahlungen vertragskonform vorgenommen.

[18] Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin teilweise Folge.

[19] Es verpflichtete die Erstbeklagte unter Abweisung des Mehrbegehrens (Haftrücklass) zur Zahlung von EUR 76.466,– (fünfte und sechste Ratenplanzahlung) samt Zinsen an die Klägerin. Den Zweitbeklagten verpflichtete es zur Zahlung des gleichen Betrags, aber unverzinst, auf das – erforderlichenfalls nochmals neu zu errichtende – projektbezogene Treuhandkonto.

[20] Der Kaufvertrag sei mangels eines feststellbaren übereinstimmenden Parteiwillens zu den Themen „Heizung“ und „Contracting“ nach seinem objektiven Erklärungswert auszulegen. Sachenrechtlich sei eine im Haus befindliche Anlage für die Warmwasseraufbereitung und Heizung ein Zubehör der Liegenschaft. Bei Ankauf eines Wohnungseigentumsobjekts werde iSd § 922 ABGB gewöhnlich vorausgesetzt, dass auch Eigentum bzw Miteigentum an der Heizungsanlage erworben werde.

[21] Sowohl in der BAB als auch im Kaufvertrag werde auf eine „Heizungsanlage und Warmwasseraufbereitung“ zur zentralen Versorgung bzw auf die „Errichtung eines redundanten Heizsystems“ Bezug genommen. Daraus sei abzuleiten, dass im Wohnungskaufpreis auch ein entsprechender Anteil an einer zentralen Heizungsanlage enthalten sei.

[22] Gem § 14 Abs 1 BTVG könne die Klägerin eine noch nicht fällige Leistung, die sie bzw der Treuhänder für sie gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes erbracht habe, zurückfordern, auch wenn sie am Vertrag festhalte. Die Erstbeklagte habe auf Verlangen eine Direktzahlung zu leisten.

[23] Der Zweitbeklagte habe als Treuhänder nach dem BTVG eine Verletzung seiner Pflicht zur rechtlichen Prüfung des Vertragswerks zu verantworten und hafte aus dem Titel des Schadenersatzes. Der Schaden der Klägerin bestehe bereits im Verlust der mit dem Ratenplan gewährten Sicherheit. Der Zweitbeklagte habe durch Einzahlung der zu früh gezahlten Rate auf das Treuhandkonto diese Sicherheit wiederherzustellen.

[24] Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil zu der über den Einzelfall hinaus bedeutenden Frage der Vereinbarkeit von Anlagen-Contracting mit dem BTVG noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

[25] Die von der Klägerin beantworteten Revisionen beider Beklagten, mit denen sie die Wiederherstellung des klagsabweisenden Urteils des Erstgerichts anstreben, sind aus dem im Zulassungsausspruch genannten Grund zulässig. Die Revision der Erstbeklagten ist teilweise, jene des Zweitbeklagten zur Gänze berechtigt.

I. Revision der Erstbeklagten

[26] 1. Contracting-Maßnahmen sind im Regelfall darauf ausgerichtet, dass ein Unternehmer (Contractor) Energiesparmaßnahmen oder die Energieversorgung auf einer Liegenschaft des Kunden verwirklicht, wobei er diese Maßnahmen vorfinanziert und sich während der regelmäßig mehrjährigen Vertragslaufzeit aus den erwarteten Energieeinsparungen oder den zu lukrierenden Energiepreisen refinanziert (vgl RS0126688).

[27] Die Zuordnung des sachenrechtlichen Eigentums an der errichteten Wärmebereitungsanlage kann je nach „Contracting-Modell“ unterschiedlich sein. Das Eigentum kann beim Contractor bleiben, die Wohnungseigentümer können nach einer gewissen Zeit Miteigentum erwerben, oder der Bauträger erwirbt Eigentum an der Anlage und überträgt sie unter Belastung durch die Nutzungsrechte des Contractors ins Miteigentum der Erwerber (Rosifka/Berger, Wohnungseigentumserwerb und Contracting, VbR 2022/30, 57 [58]; vgl auch Stöhr, Die Crux mit dem Contracting, ecolex 2023/398, 651).

[28] 2. Die von der Erstbeklagten als Bauträgerin den Käufern geschuldeten Leistungen ergaben sich aus den Bedingungen und Beschreibungen im Kauf- und Bauträgervertrag, die nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung zu beurteilen sind.

[29] Bei Auslegung einer Willenserklärung nach den §§ 914 ff ABGB ist zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung auszugehen, dabei aber nicht stehen zu bleiben, sondern der Wille der Parteien, das ist die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen. Letztlich ist die Willenserklärung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht, wobei die Umstände der Erklärung und die im Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche heranzuziehen sind (RS0017915).

[30] 3. Das Berufungsgericht ist zutreffend von der Prämisse ausgegangen, dass der Bauträger grundsätzlich die Herstellung und Übertragung der gesamten Anlage ins Miteigentum der Käufer schuldet, einschließlich einer Wärmeversorgungsanlage.

[31] Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Abschluss eines Contracting-Vertrags, mit dem der Bauträger seine Verpflichtung zur Herstellung der Gesamtanlage hinsichtlich des Heizungssystems an einen Dritten auslagert und den Wohnungseigentümern durch Überbinden eines langfristigen Vertrags die Kosten der Herstellung gesondert in Rechnung stellen will, eine unbillige Beschränkung der „Nutzungs- und Verfügungsrechte“ iSd § 38 Abs 1 WEG darstellt (1 Ob 220/14f = immolex 2015/35, 127 [Prader] = wobl 2015/167, 397 [Vonkilch]; vgl Hoti/Scharmer, wobl 2023, 483 [484]; Pittl/Prader, Modernes Wohnen – Erwerb einer Eigentumswohnung ohne Heizung oder Anlagencontracting als „Teilfluchtalternative“ aus dem BTVG? Zak 2023/477, 269 [270]; Rosifka/Berger, VbR 2022, 57).

[32] 4. Aus dieser Entscheidung ist nicht abzuleiten, dass ein Anlagen-Contracting im Anwendungsbereich des BTVG in jedem Fall unzulässig sein muss, es bedarf jedoch einer deutlichen Vereinbarung im Kaufvertrag. Diese muss dem typischen Käufer Klarheit sowohl darüber verschaffen, dass die Herstellung der Heizungsanlage nicht zum Umfang der vom Bauträger zu erbringenden Leistungen gehört, sondern die Anlage im Eigentum des Contractors verbleibt, als auch welche kurz- und langfristigen rechtlichen und finanziellen Folgen sich für ihn daraus ergeben. Beschränkungen, die ein Wohnungseigentumsbewerber auch bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich genommen hätte, die also einer vernünftigen Interessenabwägung entsprechen, fallen nicht unter § 38 Abs 1 WEG (vgl RS0083371; 5 Ob 160/22y Rz 31 ff; 4 Ob 235/22w).

[33] 5. Die Revision der Erstbeklagten führt gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts ins Treffen, dass sich aus der streitgegenständlichen BAB der Anlage kein Hinweis auf das Vorhandensein einer Heizungsanlage als Teil der Ausstattung ergebe, woraus bereits geschlossen werden müsse, dass die Verschaffung des Miteigentums an einer Heizungsanlage nicht geschuldet war. Damit vermag die Revision aber nicht zu überzeugen.

[34] Das Verschweigen eines für den Vertrag wesentlichen Umstands führt nicht zur Bindung des Vertragspartners an den verschwiegenen Inhalt, wenn der andere nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten (§ 863 ABGB) oder aus besonderen Gründen verpflichtet ist, darüber aufzuklären (vgl RS0014811 [T8]). Aus einer inhaltlich unvollständigen Leistungsbeschreibung, die sich über die für eine Wohnhausanlage jedenfalls erforderliche Beheizung ausschweigt, kann die Erstbeklagte nichts für ihren Standpunkt ableiten.

[35] 6. Die Revision übergeht auch, dass zwar nicht in der BAB, sehr wohl aber im Kaufvertrag zwischen Klägerin und Erstbeklagter von einer „bewilligten Gasheizung“ mit Notkaminen die Rede ist, an deren Stelle die „Errichtung eines redundanten Heizsystems vorgesehen“ sei, wobei im Falle dieser Errichtung die Notkamine entfallen würden.

[36] Diesem Text ist bei objektivem Verständnis kein anderer Erklärungsgehalt zu entnehmen, als dass die Errichtung einer Heizungsanlage zum Ausstattungsumfang gehört und sich die Erstbeklagte nur die endgültige Auswahl der technischen Ausführung vorbehalten wollte. Nach diesem Verständnis war es auch kein Widerspruch, sondern geradezu zwingend, dass die Heizungsanlage in der BAB nicht beschrieben wurde, weil ihre tatsächliche Ausführung eben noch nicht feststand. Schließlich wurde die Art der Anlage erst mehrere Monate nach dem Vertragsabschluss mit der Klägerin durch den Contracting-Vertrag der E* GmbH konkretisiert.

[37] Die Klägerin wurde zwar im Bauträgervertrag darauf hingewiesen, dass „die Energiebereitstellung über ein Contracting-Unternehmen“ erfolge (Punkt 4) bzw „die Wärmeversorgung über einen zentralen Wärmelieferanten durchgeführt wird“ (Punkt 5) und der Vertrag langfristige Bindungen der Eigentümergemeinschaft enthalten werde und von den Käufern Einzelbezugsverträge abzuschließen seien.

[38] Der Inhalt der beabsichtigten Contracting-Vereinbarung wird im Bauträgervertrag aber nicht konkretisiert. Aus der ganz allgemein gehaltenen Ankündigung, dass eine Vereinbarung geplant sei, war für die Käufer in keiner Weise erkennbar, dass eine Vertragsvariante beabsichtigt war, durch die die Wohnungseigentümer für den Kaufpreis kein Miteigentum an der künftigen Heizungsanlage erwerben werden. Von einer klaren und deutlichen Vereinbarung, die für eine Zulässigkeit der Beschränkung des üblichen Leistungsumfangs des Bauträgers zumindest erforderlich wäre (vgl 5 Ob 160/22y), kann hier keine Rede sein.

[39] 7. Eine Leistung ist mangelhaft iSd § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Ist die Verschaffung des Mit- und Wohnungseigentums an einer Wohnanlage mit Heizungsanlage geschuldet, stellt das von Dritten vorbehaltene Eigentum an der Heizungsanlage zumindest einen Rechtsmangel dar, der einer Fertigstellung des Bauwerks iSd § 10 BTVG entgegensteht (vgl H. Böhm/Höllwerth in GeKo Wohnrecht III § 10 BTVG [2023] Rz 24; Gartner, BTVG5 [2023] § 10 Rz 14; Prader/Dobler, Zur Relevanz und den Folgen von Rechtsmängeln im Bauträgervertragsrecht, immolex 2021/88, 183 [185]; RS0029427; RS0110820).

[40] 8. Zutreffend zeigt die Revision aber auf, dass die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zur Bedeutung des Mangels des fehlenden Miteigentums an der Heizungsanlage für die Fälligkeit der Raten nach dem Ratenplan B gemäß § 10 Abs 2 Z 2 BTVG einer Korrektur bedarf.

[41] Für die Beurteilung, ob ein Bauabschnitt nach diesen Bestimmungen als abgeschlossen zu beurteilen ist, kommt es auf die Art und Schwere noch vorhandener Mängel an. Nach den Materialien zur Stammfassung des BTVG (ErläutRV 312 BlgNR 20. GP 23) soll ein Bauabschnitt als abgeschlossen gelten, sofern die Mängel nicht so gravierend sind, dass schon nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht von einem Erreichen des betreffenden Fertigstellungsgrads gesprochen werden kann.

[42] Die Baufortschrittskontrolle ist aber primär keine Qualitätskontrolle, sondern wesentlich ist, in welchem Ausmaß der Wertzuwachs der Liegenschaft aufgrund des Mangels beeinträchtigt wird, sodass der Relation zwischen Mängelbehebungskosten und der auf die betreffende Bauetappe entfallenden Kaufpreisteilsumme Bedeutung zukommt. Eine verbindliche Berechnungsformel dafür besteht nicht (vgl Gartner, BTVG5 [2023] § 10 Rz 12, unter Hinweis auf ÖNORM B 2120; Würth in Rummel, ABGB3 § 10 BTVG [2003] Rz 3; H. Böhm/Höllwerth in GeKo Wohnrecht III § 10 BTVG [2023] Rz 13 ff [insb 16]; Prader/Pittl in Schwimann/Kodek, BTVG Praxiskommentar2 [2023] § 10 Rz 10 ff [insb 12 f]).

[43] 9. Die (fünfte) Rate nach § 10 Abs 2 Z 2 lit e BTVG wird fällig nach Bezugsfertigstellung oder bei vereinbarter vorzeitiger Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstands. Unter „Bezugsfertigstellung“ iSd § 10 Abs 2 Z 2 lit e BTVG ist die Fertigstellung des einzelnen Vertragsobjekts sowie jener allgemeinen Teile des Gebäudes und der Anlage einschließlich der behördlichen Bewilligungen zu verstehen, die für die Benutzbarkeit dieses Objekts notwendig sind (ErläutRV 312 BlgNR 20. GP 23; Prader/Pittl in Schwimann/Kodek, BTVG Praxiskommentar2 [2023] § 10 Rz 26 f; 8 Ob 79/21g Rz 17; vgl Rainer, Bezugsfertigstellung im BTVG – eine Klarstellung, immolex 2021/154, 321)

[44] Der Bezugsfertigstellung wird im Gesetz aber die „vereinbarte vorzeitige Übergabe des eigentlichen Vertragsgegenstandes“ gleichgestellt. Es kommt für die Vollendung dieses Bauabschnitts demnach im Zweifel vornehmlich darauf an, dass das Bauwerk bzw die Wohnung physisch übergeben wurde und vom Käufer bestimmungsgemäß benützt (bezogen) werden kann. Damit ist das aus Sicht eines durchschnittlichen Wohnungskäufers wichtigste Stadium der Abwicklung des Bauvorhabens erreicht.

[45] Auch wenn dem Berufungsgericht beizupflichten ist, dass eine Wärmeversorgung unter mitteleuropäischen klimatischen Verhältnissen unverzichtbar für die Benützbarkeit eines Wohnobjekts ist und ein die Beheizbarkeit ausschließender Mangel daher eine Bezugsfertigstellung ausschließen würde, ist im vorliegenden Fall die Beheizbarkeit trotz des Rechtsmangels an der errichteten Wärmeversorgungsanlage gesichert. Die Klägerin hat die Wohnung daher „vorzeitig“ iSd § 10 Abs 2 Z 2 lit e BTVG übernommen; mit der tatsächlichen Nutzung war die entscheidende Voraussetzung für die Fälligkeit der Rate nach § 10 Abs 2 Z 2 lit e BTVG für diesen Bauabschnitt erfüllt.

[46] Die (sechste) Rate nach § 10 Abs 2 Z 2 lit f BTVG wird nach Fertigstellung der Gesamtanlage fällig. Auch nach der allgemeinen Verkehrsauffassung kann im fehlenden Miteigentum an einer tatsächlich errichteten und in Betrieb befindlichen Heizungsanlage kein Ausmaß der Beeinträchtigung erkannt werden, das die objektive Äquivalenz der Leistungen infrage stellt. Nach den Feststellungen übersteigen die geschätzten Kosten der Anschaffung der Heizungsanlage zwar bei weitem die Höhe der bei der Gesamtfertigstellung von der Klägerin zu zahlenden Rate und erst recht den Haftrücklass, allerdings steht ihr nur ein Miteigentumsanteil zu. Für den Äquivalenzvergleich kommt es auf die Gesamtheit der Wohnungseigentümer an. Es wurde nicht behauptet, dass auch die Summe der auf alle Wohnungseigentümer der Anlage entfallenden Teilraten gem § 10 Abs 2 Z 2 lit f und g BTVG die geschätzten Kosten für den Erwerb der Heizungsanlage nicht erreichen würden (vgl H. Böhm/Höllwerth in GeKo Wohnrecht III § 10 BTVG [2023] Rz 22, 23).

[47] 10. Nur soweit das Berufungsgericht von der fehlenden Fälligkeit der Teilrate für die Fertigstellung der Gesamtanlage ausgegangen ist, ist seine Entscheidung aus den dargelegten Gründen zu bestätigen.

[48] 11. Wurde eine Zahlung nach dem Ratenplan gem§ 10 Abs 2 BTVG vor Fertigstellung des zugrunde liegenden Bauabschnitts ausbezahlt, kann der Erwerber sich auf das ihm nach § 14 BTVG zustehende Recht berufen, alle Leistungen samt erhöhten Zinsen zurückzufordern, die er (oder der Treuhänder für ihn) vorzeitig erbracht hat. Der Rückforderungsanspruch nach § 14 BTVG richtet sich nur gegen den Bauträger, auch wenn BTVG-widrige Zahlungen vereinbarungsgemäß an Dritte erfolgt sind. Sonstige Ansprüche gegen Dritte aus anderen Rechtsgründen bleiben aber unberührt (10 Ob 64/17k Pkt 1.2. mwN; H. Böhm/Höllwerth in GeKo Wohnrecht III § 14 BTVG [2023] Rz 7; Prader in Schwimann/Kodek, ABGB4 Va [2015] § 14 BTVG Rz 7).

[49] Das Berufungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nach dem Gesetzeswortlaut nicht nur berechtigt ist, eine Rückzahlung an den Treuhänder zur weiteren Abwicklung, sondern auch Zahlung an sich selbst zu verlangen.

[50] 12. Zusammengefasst ist die Entscheidung des Berufungsgerichts betreffend die Erstbeklagte daher teilweise dahin abzuändern, dass sie der Klägerin die vor dem Termin der Fertigstellung der Gesamtanlage nach § 10 Abs 2 Z 2 lit f BTVG ausbezahlte sechste Rate in Höhe von EUR 26.469,– samt gesetzlichen Zinsen gem § 14 Abs 1 BTVG (begrenzt mit der Höhe des begehrten Zinssatzes) zurückzuzahlen hat. Das auf Rückzahlung auch der fünften Rate gerichtete Mehrbegehren besteht nicht zu Recht.

II. Revision des Zweitbeklagten

[51] 1. Leitet ein Treuhänder Zahlungen vor Fälligkeit weiter, ohne dass eine Sicherheit vorliegt, verletzt er seine Verpflichtung nach dem BTVG und wird gegenüber den Erwerbern schadenersatzpflichtig (8 Ob 79/21g Rz 16 mwN; 6 Ob 173/18m Pkt 3.1.; H. Böhm, Nur eingeschränkte Haftung des Treuhänders bei verfrühter Weiterleitung des Treuhanderlags an den Bauträger? wobl 2021, 81 [83 f]).

[52] 2. Im Revisionsverfahren ist nur mehr der mit dem Eventualbegehren verfolgte Anspruch gegen den Zweitbeklagten zu beurteilen, das Treuhandkonto bzw ein neu zu eröffnendes Treuhandkonto um die vorzeitig gezahlte Rate wieder aufzufüllen. Die Abweisung des Hauptbegehrens, den Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten zur Zahlung an die Klägerin zu verpflichten, ist unbekämpft geblieben.

[53] Nach der Rechtsprechung ist der Schaden eines Erwerbers bei Verstoß gegen die Fälligkeit nach dem Ratenplan bereits mit dem Verlust der vorgeschriebenen Sicherheit durch die erfolgte Verminderung des Treuhanderlags eingetreten (6 Ob 173/18m Pkt 3.1.). Die Schadenersatzklage ist daher nach der Rechtsprechung grundsätzlich auf Wiederauffüllung des Treuhandkontos zu richten, allenfalls kommt bei Bestehen eines rechtlichen Interesses auch eine Feststellungsklage in Betracht (4 Ob 3/14s Pkt 3.8.; 6 Ob 35/24a Rz 15).

[54] Im vorliegenden Verfahren hat sich die Klägerin allerdings nicht für das – auch gegenüber der Erstbeklagten als Bauträger mögliche – Begehren auf Wiederherstellung der Sicherung gemäß Ratenplan entschieden, sondern für die direkte Rückzahlung des vorzeitig Geleisteten an sich selbst. Sie hatte diese Leistungen auch nicht kumulativ begehrt, sondern alternativ, jeweils von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand.

[55] 3. Mit der angefochtenen Entscheidung wird der Klägerin aber sowohl die Rückzahlung der verfrüht bezahlten Kaufpreisrate durch die Erstbeklagte als auch zusätzlich deren Zahlung durch den Zweitbeklagten auf das Treuhandkonto mit identen Leistungsfristen zuerkannt. Das Berufungsgericht hat dies damit begründet, dass die Klägerin den ihr zugesprochenen Betrag von der Erstbeklagten noch nicht erhalten habe und daher ihr Sicherungsbedürfnis aufrecht sei.

[56] Diesem Ergebnis vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

[57] 4. Erfüllt die Erstbeklagte ihre mit dem vorliegenden Urteil verhängte Judikatschuld, dann verfügt die Klägerin wieder über den gesamten vorzeitig ausbezahlten Betrag. Sie hat dann kein finanzielles Risiko mehr zu tragen, das einer Sicherung bedürfte.

[58] Eine zusätzliche Zahlung auf das Treuhandkonto würde einer Doppelliquidation gleichkommen. Nach der angefochtenen Entscheidung hängt die Judikatschuld des Zweitbeklagten nicht davon ab, ob und wann die Erstbeklagte an die Klägerin zahlt. Ein Gesamthandverhältnis, das sowohl dem Haupt- als auch Eventualbegehren zugrunde liegt, und bei dem die Zahlung eines Schuldners auch die Verbindlichkeit des anderen tilgen würde, besteht in dieser Spruchkonstellation nicht.

[59] 5. Auch unter der Hypothese, dass die der Erstbeklagten mit dem Urteil auferlegte Leistung uneinbringlich wäre, würde das Auffüllen des Treuhanderlags nach der baulichen Fertigstellung sowie der vollständigen Bezahlung des Bauprojekts weder seine vom BTVG intendierte, noch eine andere Sicherungsfunktion für die Klägerin erfüllen.

[60] Der Zweck eines Ratenplans nach § 10 Abs 2 BTVG ist es, dem Erwerber ein sukzessives Zurückbehalten seiner Kaufpreiszahlung bis zur Herstellung des entsprechenden Bauabschnitts zu erlauben und dadurch die Äquivalenz der beiderseitigen Leistungen zu sichern. Sobald das Bauprojekt beendet ist und wie hier sämtliche Raten an den Bauträger bereits ausbezahlt wurden, ist ein Zurückbehalten nicht mehr möglich. Ein durch Wiederauffüllen geschaffenes neues Guthaben auf dem Treuhandkonto ist dann funktionslos, weil keine weiteren Forderungen des Bauträgers mehr existieren, die daraus zu begleichen wären, er hat alles erhalten.

[61] Ein vom Zweitbeklagten wieder aufgefülltes Treuhandguthaben wäre auch kein taugliches Exekutionsobjekt zur allfälligen Hereinbringung der Judikatschuld gegen die Erstbeklagte, weil ihr – nachdem sie den gesamten Kaufpreis bereits in Händen hat – kein Anspruch auf das Guthaben zusteht.

[62] 6. Auch aus dem Blickwinkel, dass der Zweitbeklagte der Klägerin den Vermögensschaden ersetzen müsste, der ihr bei Uneinbringlichkeit der Forderung gegen die Erstbeklagte entstehen könnte, ist der Zwischenschritt einer Zahlung auf ein (wiedereröffnetes) Treuhandkonto ohne Sinn, weil die Klägerin auch in diesem Fall einen direkten Zahlungsanspruch hat.

[63] Unter den gegebenen Voraussetzungen, nämlich nach vollständiger Abwicklung des Treuhandverhältnisses und vollständiger Zahlung des Kaufpreises für das (bloß noch mit Rechtsmängeln behaftete) Bauvorhaben, kann eine Naturalrestitution nur mehr in der direkten Rückforderung der verfrüht gezahlten Rate bestehen.

[64] Durch die in der Klage begehrte Verpflichtung der beiden Beklagten zu einer gleichartigen Leistung zur ungeteilten Hand wäre eine Doppelliquidation ausgeschlossen und gleichzeitig der Sicherungspflicht des Zweitbeklagten für den Fall der Uneinbringlichkeit bei der Erstbeklagten Rechnung getragen worden.

[65] Da aber die Abweisung des Hauptbegehrens gegen den Zweitbeklagten auf Zahlung an die Klägerin direkt in Rechtskraft erwachsen ist, ist eine Abänderung der Entscheidung im Sinne einer Solidarhaftung nicht möglich. Der Anspruch auf Wiederbefüllung des Treuhandkontos besteht jedoch nicht zu Recht.

[66] 7. Bei diesem Ergebnis kommt es auf die in der Revision des Zweitbeklagten relevierte Rechtsfrage, ob er als Rechtsanwalt bei der Treuhandabwicklung seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, oder ob er einer zum Zeitpunkt der Auszahlung der Rate nach dem damaligen Stand der Rechtsprechung und des Schrifttums noch vertretbaren und daher nicht haftungsbegründenden Gesetzesauslegung gefolgt ist (vgl RS0038663 [T13]; RS0023526; RS0026727 [T1]) nicht mehr an.

[67] Die Revision des Zweitbeklagten ist daher im Ergebnis berechtigt. Es ist ihm gegenüber das klageabweisende Ersturteil wiederherzustellen.

[68] III. Aufgrund der Abänderung der Urteile der Vorinstanzen war die Kostenentscheidung neu zu fassen.

[69] Die Klägerin ist in erster und zweiter Instanz gegen die Erstbeklagte mit gerundet 32 % ihres Begehrens durchgedrungen und hat dieser 36 % der Verfahrenskosten und 68 % ihrer Barauslagen nach § 43 Abs 1 ZPO zu ersetzen, wobei auf die bereits vom Erstgericht auf Einwendung der Klägerin vorgenommene Kürzung in Ansehung der Kosten für die Schriftsätze ON 16 und ON 28 Bedacht zu nehmen war; die Klägerin hat ihrerseits gegen die Erstbeklagte Anspruch auf Ersatz von 32 % der von ihr getragenen Pauschalgebühren (§ 43 Abs 1 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO).

[70] Mit ihrem Revisionsinteresse von EUR 76.466.– ist die Erstbeklagte zu 65 % durchgedrungen, sodass ihr die Klägerin 30 % der Revisionskosten und 65 % der Pauschalgebühr dritter Instanz zu ersetzen hat.

[71] Der zur Gänze obsiegende Zweitbeklagte hat gem § 41 (iVm § 50) ZPO Anspruch auf Ersatz seiner gesamten Kosten aller Instanzen. Bei den Kosten der Revision war auf den reduzierten Streitwert Bedacht zu nehmen.

Leitsätze

  • Intransparenter „Contractinghinweis“ im Bauträgervertrag

    Contracting-Maßnahmen sind im Anwendungsbereich des BTVG nicht grundsätzlich unzulässig iSd § 38 Abs 1 WEG 2002. Es bedarf zur Wirksamkeit allerdings einer deutlichen Vereinbarung im Kaufvertrag, die dem typischen Käufer klar vermittelt, dass die Herstellung der Heizungsanlage nicht zum Umfang der vom Bauträger zu erbringenden Leistungen gehört, sondern die Anlage im Eigentum des Contractors verbleibt. Auch die kurz- und langfristigen rechtlichen und finanziellen Folgen für den Käufer müssen eindeutig hervorgehen.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 8 Ob 54/23h | OGH vom 24.10.2024 | Dokument-ID: 1193001