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Dokument-ID: 306113

Judikatur | Entscheidung

6 Ob 251/10w; OGH; 16. Juni 2011

GZ: 6 Ob 251/10w | Gericht: OGH vom 16.06.2011

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Z***** AG, *****, vertreten durch Kaufmann & Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei z*****-gmbh, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Mandl GmbH, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2010, GZ 1 R 330/10b-34, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Mit Vertrag vom 12. 4. 2005 vermietete die Klägerin der Beklagten „Büro- und Geschäftsräumlichkeiten im Ausmaß von 6.429,43 m2“ in zwei Hallen, die auf sechs aneinander grenzenden Liegenschaften stehen, sowie Hofflächen und Parkplätze.

Das Berufungsgericht bestätigte die Aufhebung der gerichtlichen Aufkündigung. Es sah den von der Klägerin geltend gemachten Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 Z 5 MRG nicht verwirklicht, weil der Mietgegenstand selbst aus mehr als zwei selbstständigen Geschäftsräumlichkeiten im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bestanden habe und bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.

Gemäß § 1 Abs 2 Z 5 MRG fallen nicht in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten, wobei Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden, nicht zählen.

Ob ein Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten vorliegt, entscheidet im Sinn der ständigen Rechtsprechung letztlich die Verkehrsauffassung (RIS-Justiz RS0079853). Neben den höchstens zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten dürfen keinerlei weitere, einer selbstständigen Vermietbarkeit zugänglichen Räume bestehen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist allerdings für Räume zu machen, die - obwohl sie abgesondert vermietbar wären - üblicherweise zu einem Ein- oder Zweifamilienhaus (oder zu einer Geschäftsräumlichkeit) gehören (5 Ob 12/08k mwN). Nach der Rechtsprechung ist der Begriff der „Geschäftsräumlichkeit“ in § 1 Abs 1 MRG weit zu verstehen, wie nicht zuletzt die darin enthaltene, bloß beispielhafte Aufzählung zeigt (RIS-Justiz RS0110398). Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung jedenfalls vertretbar, dass in der Halle 1 neben der Einheit A mit den im Obergeschoß gelegenen, von außen separat zugänglichen, baulich dreidimensional abgeschlossenen, aktuell als Büros genutzten Gebilden Einheit B und Einheit C zwei weitere „selbständige“, einer gesonderten Vermietung zugängliche Geschäftsräumlichkeiten bestanden und bestehen. Dass diese Einheiten über keine eigenen Wasseranschlüsse und sanitären Anlagen verfügen, sondern nur über das Stiegenhaus Zugang zu solchen diesen beiden Einheiten dienenden Anlagen besteht, hindert die Annahme der „Selbständigkeit“ als Geschäftsräumlichkeiten nicht, sind doch nach der weiter anwendbaren Rechtsprechung zu § 1 Abs 4 Z 2 MRG idF vor der MRN 2001 auch Substandardwohnungen selbstständige Wohnungen (5 Ob 154/00h).

Die von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken an der Einbeziehung von Geschäftsräumlichkeiten in den sachlichen Anwendungsbereich des MRG vermag der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen, liegt doch die Einbeziehung im Rahmen der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die auch im Mietrecht besteht (vgl VfGH G 33/87, VfSlg 11.373).

§ 1 Abs 2 Z 1 MRG ist nicht präjudiziell. Die geltend gemachten Bedenken gegen darin normierte Ausnahmen vom Anwendungsbereich des MRG müssten zu einer Aufhebung der Ausnahme für die dort genannten Unternehmen führen, nicht aber zu einer Ausdehnung der Ausnahme auf Mietgegenstände, die im Rahmen des Betriebs eines jeglichen Unternehmens vermietet werden.

Leitsätze