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Eva-Maria Hintringer | News | 14.10.2020
Zum Eintritt und Ausmaß einer Mietzinsminderung und groben Verschulden
Bezahlen die Mieter über Jahre hinweg wegen einer Geruchsbelästigung aufgrund eines zu hohen Bleigehalts im Trinkwasser keinen Mietzins, ist es aufgrund des groben Verschuldens nicht geboten, nach § 33 Abs 2 MRG vorzugehen.
Geschäftszahl
OGH 02.07.2020, 4 Ob 83/20i
Norm
Leitsatz
Quintessenz:
Liegt wegen des hohen Bleigehalts des Trinkwassers und der nur zeitweise und nur in Teilen der Wohnung aufgetretenen Geruchsbelästigungen keine gänzliche Unbrauchbarkeit, sondern nur eine – wenngleich massive – Gebrauchsbeeinträchtigung vor, bewegt es sich im Rahmen der Rechtsprechung, dass eine 100%ige Mietzinsminderung zu verneinen sei. Bezahlten die Mieter über Jahre hinweg dennoch keinen Mietzins, ist es aufgrund des groben Verschuldens nicht geboten, nach § 33 Abs 2 MRG vorzugehen.
OGH: Im Anlassfall begehrte die Klägerin als Eigentümerin und Vermieterin einer an die Beklagten vermieteten Wohnung die auf § 1118 ABGB gestützte Räumung des Bestandobjekts, weil die Beklagten wegen einer Geruchsbelästigung und wegen eines überhöhten Bleigehalts im Trinkwasser seit Jahren für das Bestandobjekt keinen Mietzins mehr bezahlten.
Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass sowohl die Geruchsbelästigung als auch der Bleigehalt des Wassers eine Mietzinsminderung rechtfertige. Der Höhe nach komme hier allerdings nur eine Reduktion von maximal 35 %, nicht aber von 100 % in Betracht. Da die Mieter die Mietzinszahlung (auch des auferlegten einstweiligen Mietzinses) seit Jahren unterlassen hatten, liege grobes Verschulden vor, sodass ein Vorgehen nach § 33 Abs 2 MRG nicht geboten sei.
Im Anlassfall lag wegen des hohen Bleigehalts des Trinkwassers und der (nur) zeitweise und (nur) in Teilen der Wohnung aufgetretenen Geruchsbelästigungen keine gänzliche Unbrauchbarkeit, sondern nur eine (wenn auch erhebliche) Gebrauchsbeeinträchtigung vor. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass eine 100%ige Mietzinsminderung zu verneinen sei, bewegt sich im Rahmen der Rechtsprechung, der zufolge etwa bei gesundheitsschädlicher Bleikonzentration im Trinkwasser eine Reduktion um 25 % bejaht wurde.