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Andrea Weisert | News | 09.02.2022

Schimmelbildung in der Mietwohnung

Gastautorin Dr. Weisert erläutert in diesem Beitrag, wozu Mieter verpflichtet sind und wann sie Anspruch auf Mietzinsminderung haben. Wann besteht die Pflicht auf Beseitigung des Schimmels durch den Vermieter?

Wer kennt es nicht, das Problem mit Schimmel? Plötzlich und unerwartet bilden sich schwarze Stellen oder Salzausblühungen an den Wänden bzw an Möbeln in der Wohnung. Schuld daran ist das Vorhandensein von Feuchtigkeit, die das Wachstum von Schimmelpilzen fördert.

Gründe für Schimmelbildung

Die Ursache von Feuchtigkeit ist entweder eine zu hohe Raumluftfeuchte in der Wohnung, eine durchgehende Möblierung oder Wandverkleidung an Außenbauteilen, eine Baurestfeuchte, oder eine eindringende von außen kommende Feuchtigkeit oder Wärmebrücken (Quelle: Amt der OÖ. Landesregierung Herausgeber: Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik).

Schimmelpilze bilden zur Fortpflanzung so genannte Sporen, die über die Luft zu einem neuen Wachstumsort vertragen werden. Es ist normal, dass zu bestimmten Jahreszeiten (zum Beispiel im Spätsommer) viele tausende Schimmelpilzsporen pro Kubikmeter in der Außenluft vorkommen. So gelangen sie auch in Wohnungen, wodurch es bei für sie günstigen Bedingungen (wie eben Feuchtigkeit) zu einem Schimmelpilzwachstum kommen kann. Schimmelpilzwachstum ist in einem weiten Temperaturbereich – in etwa von zirka Null bis 50 Grad Celsius möglich. Wenn genug Wasser zur Verfügung steht, es am Material oder das Material selbst ausreichend feucht ist, können Schimmelpilze auf fast allen Materialien auch in Innenräumen wachsen (Quelle: www.wien.gv.at).

Durch Schimmelbefall kann es zu gesundheitlichen Beschwerden, wie zB Atemwegserkrankungen, Allergien kommen.

Mieterpflichten

Oberflächliche Schimmelbildung ist vom Mieter zu beseitigen, wenn der Schaden nicht durch Mängel in der Bausubstanz bedingt ist und durch richtiges Beheizen und Lüften hintangehalten werden kann.

Kann die Schimmelbildung allerdings nicht mehr mit einfachen Mitteln beseitigt werden, hat der Mieter den Vermieter bzw die Hausverwaltung über den Befall umgehend zu informieren. Bei Schimmelbefall, der gesundheitsschädlich ist, liegt jedenfalls eine wesentliche Beeinträchtigung des Mieters vor.

Erheblich nachteiliger Gebrauch wegen Schimmelbildung?

Wenn der Mieter es unterlässt, derartige Probleme seinem Vermieter bekannt zu geben, wäre es denkbar, dass der Mieter wegen erheblich nachteiligen Gebrauches iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG aufgekündigt werden könnte. Es ist ausreichend, wenn durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen eine erhebliche Verletzung der Substanz des Mietgegenstands erfolgte oder auch nur drohe. Dass einem durchschnittlichen Mieter die Schädlichkeit langjähriger Schimmelbildung sowohl für die eigene Gesundheit als auch für den Mietgegenstand bewusst sein muss, entspricht der Lebenserfahrung. Zwar konnte in diesem gegenständlichen Fall (OGH 2 Ob 165/11w) die Ursache der Feuchtigkeits- und Schimmelbildung nicht festgestellt werden, die Unterlassung von Soforthilfemaßnahmen durch den Mieter führte aber letztlich zur tatsächlichen Gefährdung der Substanz des Mietobjekts und damit zum Verlust der Vertrauenswürdigkeit.

Mieterrechte

Ist eine Immobilie zu Wohnzwecken vermietet, hat der Vermieter dafür einzustehen, dass es in ortsüblicher Weise auch dafür genutzt werden kann.

Oft wird Mietern bei Schimmelbildung entgegengehalten, sie hätten zu wenig oder falsch gelüftet und wären für den Befall selber verantwortlich. Mag sein, dass dies in manchen Fällen auch zutreffen kann, Faktum ist allerdings, dass bei einer üblicherweise anzunehmenden, durchschnittlichen Brauchbarkeit eines als Wohnung vermieteten Bestandobjektes der Mieter auch erwarten kann, dass mit einem durchschnittlichen Lüften das Auslangen gefunden werden kann. Wäre aber ein darüber hinausgehendes Lüftungsverhalten zur Verhinderung des Befalles nötig, wird in der Regel davon auszugehen sein, dass dies an der Beschaffenheit des Bestandobjektes liegt und nicht am Verhalten des Mieters. Der Befall wäre dann dem Vermieter zuzurechnen.

In einer Entscheidung des OGH vom 28.09.2017, 8 Ob 34/17h, wurde ausgeführt, dass, wenn die Feuchtigkeitsbildung auf Atmung, Waschen, Kochen, Aufstellen von Pflanzen zurückzuführen ist, dies dem Mieter nicht angelastet werden kann, da diese „Feuchtigkeit“ bei einem normalen Wohnverhalten unvermeidbar ist. Festgehalten wurde auch, dass es einem Mieter auch nicht zugemutet werden kann, dass er sieben Mal täglich querlüftet, vor allem nicht in den Wintermonaten. Auch die Problematik, dass Wäsche in der Wohnung laut Mietvertrag nicht aufgehängt werden darf, wurde in dieser Entscheidung angesprochen, Wäscheaufhängen zum Trocknen gehört grundsätzlich zur gewöhnlichen Nutzung. Wenn allerdings im Mietvertrag ein Verbot des Aufhängens der Wäsche im Wohnbereich vereinbart wurde und ein Trockner im Haus sogar zur Verfügung gestellt wird, dann muss geprüft werden (fallweise), ob die Schimmelbildung auf das vertragswidrige Wäscheaufhängen zurückzuführen ist bzw zumindest mitursächlich war. D.h. das Argument, man muss doch seine Wäsche aufhängen können zum Trocknen, ist vor allem im Hinblick auf eindeutige mietvertragsrechtliche Bestimmungen, nicht empfehlenswert.

Diesbezüglich fehlten allerdings die näheren Feststellungen, die Rechtssache wurde wieder an das Erstgericht zurücküberwiesen.

OGH-Entscheidung zu ernstem Schaden

In einer Entscheidung des OGH, 5 Ob 142/19x wurde nochmals klargestellt, dass die Behebung eines ernsten Schadens des Hauses oder eines Wohnungseigentumsobjektes Sache der Wohnungseigentümergemeinschaft ist, vor allem sei eine die Bausubstanz angreifende Schimmelbildung jedenfalls als ernster Schaden anzusehen. Diese Entscheidung behandelt vor allem die Frage, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft für schädigende Handlungen oder Unterlassungen der bestellten Hausverwaltung haftet und führt aus, dass dies nur dann der Fall wäre, wenn die Hausverwaltung deliktisch gehandelt hätte. Dass die Hausverwaltung zwar einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab gegen sich gelten lassen muss, bedeutet aber nicht, dass sie Sachverständige für bautechnische Fragen wäre. Es empfiehlt sich jedenfalls bei gröberem Schimmelbefall auch die bautechnischen Aspekte überprüfen zu lassen und gegebenenfalls einen Bausachverständigen beizuziehen, vor allem wenn eine fachgerechte Schimmelbekämpfung nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat und der Schimmel wieder auftritt.

Recht auf Mietzinsminderung

Wenn der Mieter die Gebrauchsbeeinträchtigung durch Schimmelbefall nicht selber zu verantworten hat, steht ihm gemäß § 1096 ABGB das Recht auf Mietzinsminderung zu. Die Höhe der Minderung ist dabei von dem Ausmaß der Schimmelbildung abhängig.

Sogar Reduktionen bis 100 % sind möglich, wenn die ganze Wohnung praktisch gänzlich unbewohnbar ist.

Für die Ausmittlung der Höhe der Mietzinsminderung ist festzustellen, in welchen Räumen und in welcher Intensität es tatsächlich zu Schimmelbildung und damit einer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit gekommen ist. Weiters ist es erforderlich, eine zeitliche Relation zu den Mietzinsperioden, in denen nicht der gesamte Mietzins bezahlt wurde, herzustellen, um beurteilen zu können, ob die Beeinträchtigung während des gesamten Zeitraums gleich war, sich über einen längeren Zeitraum erst entwickelt hat oder aber etwa abhängig von den Jahreszeiten differierte (OGH, 8 Ob 34/17h).

Pflicht auf Beseitigung des Schimmels durch den Vermieter?

Ob der Vermieter seitens des Mieters bei Schimmelbefall zur Beseitigung des Problems angehalten werden kann, wird in den anzuwendenden Mietrechtsgesetzen unterschiedlich behandelt.

Bei Vollanwendung des MRG kann dem Vermieter gemäß § 3 MRG die Beseitigung des Schimmels aufgetragen werden (zB in einem Schlichtungsstellenverfahren), im Teilanwendungsbereich des MRG bzw Vollanwendungsbereich des ABGB, ist der Vermieter zu allen Reparaturarbeiten in der Wohnung verpflichtet, dies kann aber vertraglich im Mietvertrag abbedungen sein.

Im Vollanwendungsbereich des MRG ist die Frage, wer die Kosten der Beseitigung zu tragen hat, zunächst auch nicht relevant. Im MRG-Bereich wird nur geprüft, ob eine Erhaltungsarbeit (gemäß § 3 MRG) vorliegt, die auf Kosten des Vermieters durchgeführt werden muss. Natürlich hat der Vermieter, wenn dem Mieter tatsächlich ein Fehlverhalten vorwerfbar ist, Regressmöglichkeiten gegen diesen.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.

www.weisert.at