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Aktuelle Rechtsprechung zu Betriebskosten im MRG
Gastautor Mag. Martin Brunnhauser von der MVÖ erläutert anhand aktueller Rechtsprechung Fragen zur auf die Mieter:innen im Rahmen der Betriebskostenabrechnung überwälzbaren Kosten.
Der Oberste Gerichtshof hat sich in jüngerer Vergangenheit mit zwei Betriebskostenüberprüfungsverfahren zu den Zahlen 5 Ob 27/21p und 5 Ob 161/21v befasst. In letzterem Verfahren erfolgte die Vertretung einiger Antragsteller:innen durch meine Kollegin Mag.a Nitsche bei der MVÖ.
Im Verfahren zu 5 Ob 27/21p haben mehrere Mieter:innen diverse Positionen der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2008 bis 2013 bekämpft. Eine der Antragsteller:innen brachte einen außerordentlichen Revisionsrekurs beim OGH ein.
Im Verfahren zu 5 Ob 161/21v haben etliche Mieter:innen einer gemeinnützigen Bauvereinigung die Verrechnung von fiktiven Mietkosten für ein Hausbetreuungszentrum und die Kosten einer Internetverbindung („UPC“) in den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2015 und 2016 bekämpft. Hier wurde von Antragsgegnerseite ein außerordentlicher Revisionsrekurs eingebracht.
In beiden Fällen wies der OGH die Rechtsmittel aufgrund des Fehlens der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Voraussetzungen zurück. Die Entscheidung hing daher nicht von der Lösung einer Rechtsfrage ab, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukam, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen wäre oder eine solche Rechtsprechung fehlen würde oder uneinheitlich wäre.
Exkurs Betriebskosten bei gemeinnützigen Bauvereinigungen („Genossenschaftswohnungen“)
Bei Mietverhältnissen über Wohnungen oder Geschäftsräume in Baulichkeiten die von einer Bauvereinigung errichtet worden sind, ist grundsätzlich das WGG anzuwenden. Für Betriebskosten, öffentliche Abgaben und Kosten des Betriebs von Gemeinschaftsanlagen finden die Bestimmungen der §§ 21, 23 und 24 MRG (mit Ausnahme der Verwaltungskosten nach § 21 Abs 1 Z 7 iVm § 22 MRG und der Verteilungsgrundsätze des § 24 Abs 1 MRG) voll Anwendung (§ 20 Abs 1 Z 1 lit a und b, Z 2 WGG; 5 Ob 138/17f).
Nachstehende Erkenntnisse lassen sich aus den OGH Entscheidungen gewinnen:
Konkretes Vorbringen erforderlich
Die Amtswegigkeit ist im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren eingeschränkt. Wenn kein entsprechendes Vorbringen der Parteien vorliegt und Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärungsbedürftigkeit fehlen, erfolgt keine amtswegige Prüfung des Sachverhalts. Demnach trifft die Parteien eine qualifizierte Behauptungspflicht. Die Amtswegigkeit bezieht sich nur auf die Abrechnungspositionen, deren Richtigkeit antragstellende Mieter:innen bestreiten. Es bedarf daher eines konkreten Vorbringens, aus welchen Gründen die Verrechnung welcher Position in welchem Ausmaß zu Unrecht erfolgt sein soll. (5 Ob 27/21p).
Ausdehnen des Antrags vor Gericht unzulässig
Die Vorschaltung der Schlichtungsstelle ist eine zwingende Verfahrensvoraussetzung für die Befassung der Gerichte mit der Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen (§ 39 MRG). Der bei der Schlichtungsstelle gestellte Antrag kann daher bei Gericht nicht mehr geändert oder erweitert werden. Dabei ist nicht nur die Änderung oder Erweiterung des Begehrens selbst, sondern auch eine Änderung oder Erweiterung des vor der Schlichtungsstelle vorgebrachten anspruchsbegründenden Sachverhalts vor Gericht unzulässig (5 Ob 27/21p).
Taxativer Betriebskostenkatalog
In beiden Ausfertigungen hat der OGH wiederholt festgehalten, dass § 21 MRG einen Katalog der auf die Gesamtliegenschaft bezogenen Aufwendungen des Vermieters darstellt, die als Betriebskosten in der in § 21 Abs 3 bis 5 MRG geregelten Weise auf die Mieter eines Hauses überwälzt werden dürfen. Diese Aufzählung ist taxativ. Eine zu Lasten der Mieter gehende extensive Gesetzesauslegung ist ausgeschlossen. Ganz allgemein gilt, dass nur solche Ausgaben als Betriebskosten verrechenbar sind, die in regelmäßigen Zeitabständen wiederkehren, bei denen es sich also um „laufende Kosten des Betriebs“ handelt (5 Ob 27/21p, Dies gilt gem § 20 Abs 1 Z 1 lit b WGG auch im WGG 5 Ob 161/21v).
Kosten für Wespenbekämpfung sind Betriebskosten
Nach § 21 Abs 1 Z 2 MRG gehören auch die vom Vermieter aufgewendeten Kosten für „Schädlingsbekämpfung“ zu den Betriebskosten. Schädlinge sind Lebewesen (tierische Organismen), von denen eine Gefahr der Beschädigung des Hauses oder eine Gesundheitsgefahr für dessen Bewohner ausgeht. Dazu zählen im Stadtgebiet auch Tauben und Wespen (5 Ob 27/21p). Im Übrigen trifft dies auch auf Ohrenschlüpfer, Silberfischchen, Feuerkäfer, fliegenden Ameisen und/oder Motten zu (LGZ Wien 40 R 124/19k).
Irrelevanz der Kostenverursachung bei Betriebskosten
Oftmals möchten Mieter:innen verrechnete Stromkosten auch mit dem Argument von Stromdiebstahl im Rahmen eines Betriebskostenüberprüfungsverfahren in Angriff nehmen. Daher ist diese Ausführung des OGH, auch wenn es sich um keine erstmalige Rechtsprechung handelt, wesentlich:
Wer die Kosten, die nach § 21 Abs 1 MRG als Betriebskosten anzusehen sind, verursacht oder verschuldet hat (hier „Stromdiebstahl“), ist für den Betriebskostencharakter ohne Bedeutung (5 Ob 27/21p).
Fiktive Mietkosten für das Hausbetreuungszentrum und die Kosten der Internetverbindung sind keine Betriebskosten
Der OGH hatte sich in der Vergangenheit bereits in drei Verfahren gegen dieselbe Antragsgegnerin mit Kosten für das so genannte Hausbetreuungszentrum zu befassen (5 Ob 270/08d; 5 Ob 72/09p; 5 Ob 138/17f). Allen Entscheidungen war gemein, dass die verrechneten Kosten keine Betriebskosten im Sinne des MRG sind. Die gemeinnützige Bauvereinigung überwälzt jedoch weiterhin Kosten für das Hausbetreuungszentrum auf die Mieter und bringt darüber zu führende Verfahren regelmäßig vor den OGH.
In der Entscheidung 5 Ob 270/08d wurde geprüft, ob nach § 23 Abs 2 lit a MRG die Überwälzung fiktiver Miete für den Arbeitsplatz der Hausbetreuer (also für das Hausbetreuungszentrum) gestattet ist. Eine Subsumtion der fiktiven Miete für das Hausbetreuungszentrum unter dem Begriff des dem Dienstnehmer gebührenden Entgelts scheidet aber aus. Auch mit den Begriffen „Gerätschaften“ und „Materialien“ verbinden sich nach allgemeinem Verständnis keinesfalls Vorstellungen, die mit (der Bereitstellung von) Räumlichkeiten zu tun haben.
In der Entscheidung 5 Ob 72/09p übertrug der Oberste Gerichtshof diese Erwägungen auf die durch die Einrichtung eines Hausbetreuungszentrums verursachten Miet‑, Energie‑ und Kommunikationskosten, in der Entscheidung 5 Ob 138/17f auf die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen, Büromaterial und Bürogeräten. Auch die damit verbundenen Aufwendungen können daher nach der Rechtsprechung nicht als Betriebskosten nach § 23 Abs 2 lit a MRG auf die Mieter überwälzt werden.
Nunmehr entschied der OGH, dass fiktive Mietkosten für das Hausbetreuungszentrum und die Kosten der Internetverbindung keine Betriebskosten iSd § 21 MRG und keine besonderen Aufwendungen iSd § 24 MRG darstellen. An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn im Hausbetreuungszentrum Brandmeldeanlagen, Garagentor, CO-Brandmeldeanlage, Sauna und Aufzugsanlage untergebracht sind, da die Tatsache der Unterbringung in einem versperrbaren Raum nicht gleichbedeutend damit ist, dass ein Hausbetreuungszentrum (mit Küche, Sanitäranlagen und Büroausstattung) erforderlich ist. Die Überwälzbarkeit von Internetkosten, wobei die Funktion der Internetverbindung hier über die bloß interne Kommunikation nicht hinausreicht und nicht einer für die behördlich vorgeschriebene Fernüberwachung durch den externen Brandschutzbeauftragten notwendigen Telefonverbindung iSd Entscheidung 5 Ob 138/17f gleicht, ist ebenfalls nicht zulässig (5 Ob 161/21v).
Kosten von Gemeinschaftsanlagen
§ 24 MRG eröffnet dem Vermieter die Möglichkeit auch Aufwendungen des laufenden Betriebs für Gemeinschaftsanlagen, die nicht notwendigerweise in allen Häusern vorhanden und im allgemeinen Betriebskostenkatalog daher nicht erfasst sind, auf die Mieter zu überwälzen. Auch im Bereich von Gemeinschaftsanlagen iSd § 24 Abs 2 MRG sind (nur) die Kosten des Betriebs selbst überwälzbar. Es können daher die Kosten der Betreuung der funktionierenden Anlagen, also die Kosten der Wartung und Aufsicht, nicht aber die Kosten der Herstellung oder Reparatur verrechnet werden (5 Ob 161/21v).
Fazit
Während sich die Entscheidung 5 Ob 27/21p als Anleitung zur richtigen Führung eines Betriebskostenverfahrens eignet, ist die Entscheidung 5 Ob 161/21v eher eine Wiederholung von Rechtsprechung die im Grunde nur für eine, wenn auch sehr große Vermieterin von Relevanz ist.