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Dokument-ID: 1121784

Judikatur | Entscheidung

7 Ob 207/21y; OGH; 29. April 2022

GZ: 7 Ob 207/21y | Gericht: OGH vom 29.04.2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätin und die Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, MMag. Matzka und Dr. Weber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch die Kunz Wallentin Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. W* Rechtsanwalt GmbH, *, wegen EUR 12.297,25 sA und Räumung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 20. Oktober 2021, GZ 38 R 103/21k-21, womit das Teilurteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 8. Februar 2021, GZ 31 C 45/20d-15, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Februar 2021, GZ 31 C 45/20d-17, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen klagsstattgebenden Teils als Teilurteil zu lauten hat:

„1. Die Klagsforderung besteht mit 12.297,25 EUR zu Recht.

2. Die Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 12.297,25 EUR samt 8,58 % Zinsen aus 3.513,50 EUR seit 2. 4. 2020, 8,58 % Zinsen aus 3.513,50 EUR seit 2. 5. 2020, 8,58 % Zinsen aus 3.513,50 EUR seit 2. 6. 2020 sowie 8,58 % Zinsen aus 1.738,75 EUR seit 2. 7. 2020, binnen 14 Tagen zu bezahlen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.055,41 (darin EUR 152,07 USt und EUR 1.143,– Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 2.152,52 (darin EUR 104,42 USt und EUR 1.526,– Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

[1] Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin, die Beklagte Mieterin des Bestandobjekts in * W*, mit einer Nutzfläche von rund 250 m². Die Beklagte hat das Objekt zum Zweck des Betriebs einer Rechtsanwaltskanzlei angemietet. Dort ist der Geschäftsführer der Beklagten als einziger Jurist neben zwei Sekretärinnen tätig.

[2] Die Beklagte hat den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit im Wirtschaftsrecht. Die meisten Mandanten der Beklagten reduzierten aufgrund des behördlichen Maßnahmenpakets zur Bekämpfung von COVID-19 mit 16. März 2020 ihre Geschäftstätigkeit auf unbedingt notwendige Projekte. Die von der Beklagten angebotenen Dienstleistungen wurden daher von Mitte März bis Mai 2020 um rund 80 % weniger nachgefragt. Darüber hinaus wurde der Großteil der Gerichtsverhandlungen abberaumt. Der Geschäftsführer der Beklagten musste etwa in den Monaten Mai und Juni 2020 nur eine Verhandlung pro Monat und nicht – wie ursprünglich geplant – eine Verhandlung pro Woche besuchen.

[3] Im Zeitraum von 16. März 2020 bis Ende Mai 2020 suchte der Geschäftsführer der Beklagten die Kanzlei im Durchschnitt einmal in der Woche auf, ohne selbst für diesen Tag ausreichend Arbeit vorzufinden. So hatte er etwa in der zweiten Märzhälfte 2020 nahezu keine Arbeit zu verrichten. Dies resultierte auch aus dem Umstand, dass er die täglich anstehenden Arbeiten regelmäßig am selben Tag erledigt und daher ab dem 16. März 2020 nichts nachzuarbeiten hatte. Deshalb traf die Beklagte am 23. März 2020 mit den Mitarbeiterinnen eine Kurzarbeitsvereinbarung mit einer Reduktion der Arbeitszeit um 90 % für die Dauer von drei Monaten, die rückwirkend mit 15. März 2020 bewilligt wurde. Die anfallenden Arbeiten wurden von den Mitarbeiterinnen der Beklagten im Homeoffice erledigt. So wurde etwa das Telefon einmal zu der einen und einmal zu der anderen Mitarbeiterin umgeleitet. Trotz der ständigen telefonischen Erreichbarkeit der Beklagten kontaktierten erst ab Mai 2020 wieder Klienten die Beklagte. Dadurch ergab sich jedoch zunächst nur eine wöchentliche Telefonkonferenz für den Geschäftsführer der Beklagten. Der Arbeitsanfall verbesserte sich wieder ab Juni 2020, in diesem Monat war der Geschäftsführer der Beklagten ca 80 Stunden in der Kanzlei anwesend.

[4] Die Beklagte machte vorprozessual gegenüber der Klägerin für die Monate März, April, Mai und Juni 2020 eine Mietzinsminderung von 80 % geltend. Die Klägerin erwiderte darauf, dass die von der Beklagten vorgebrachten Argumente keinen Anspruch auf Mietzinsminderung rechtfertigen würden. Der offene Mietzins beträgt EUR 12.297,25.

[5] Die Klägerin begehrt Zahlung von EUR 12.297,25 sA an offenem Mietzins sowie Räumung. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine auch nur partielle Unbrauchbarkeit des Mietobjekts gegeben gewesen. Die Beklagte habe nämlich mangels behördlicher Sperre ihrer Tätigkeit in den Kanzleiräumlichkeiten stets uneingeschränkt nachgehen können. Dass sie dies nicht getan habe, sei ihr selbst zuzurechnen. Die durch die COVID-19-Pandemie verschlechterte Auftragslage sowie die dadurch bedingte Abberaumung von Gerichtsverhandlungen und Terminen mit Mandanten sei dem allgemeinen Lebens- und Unternehmensrisiko der Beklagten zuzuordnen. Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente vermögen daher eine Mietzinsminderung nicht zu begründen.

[6] Die Beklagte bestritt und beantragte Klagsabweisung. Aufgrund der gesetzlichen und behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Corona-Virus, insbesondere der Abberaumung oder Verlegung nahezu aller Tagsatzungen, der Einstellung aller nicht unumgänglichen Aktivitäten bei den Klienten und der weitestgehenden Vermeidung persönlicher Kontakte zu Klienten und Kollegen, sei die Tätigkeit der Beklagten praktisch zum Erliegen gekommen. Aufgrund des infolge der COVID-19-Pandemie erheblich reduzierten Arbeitsanfalls sei die Mietzinsminderung in der geltend gemachten Höhe gerechtfertigt. Die Beklagte erhob darüber hinaus eine Gegenforderung in Höhe von EUR 1.756,75. Die Zahlung des gesamten Mietzinses für März 2020 sei irrtümlich in der Annahme erfolgt, dass die Brauchbarkeit des Mietobjekts im gesamten Monat März gegeben sei. Sollte die Mietzinsminderung als nicht berechtigt beurteilt werden, treffe die Beklagte kein grobes Verschulden am Zahlungsverzug.

[7] Das Erstgericht sprach mit Teilurteil aus, dass die Klagsforderung mit EUR 7.025,– und die Gegenforderung mit EUR 1.756,75 zu Recht bestehe, verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von EUR 5.268,25 sA und wies das Mehrbegehren ab. Auch wenn kein Betretungsverbot bestanden habe, sei die Mietzinsminderung teilweise berechtigt. Der Fall, dass man zwar arbeiten habe dürfen, aufgrund der gesetzlichen Anordnungen (insbesondere des allgemeinen Betretungsverbots für öffentliche Orte) und des damit einhergehenden Kundenausfalls aber nicht arbeiten habe können, sei der Unbenützbarkeit des Objekts infolge der Pandemie gleichzusetzen. Auch hier sei das Objekt faktisch wegen der Pandemie nur beschränkt für den bedungenen Gebrauch nutzbar gewesen, was der Bestandnehmer nicht selbstbestimmt entschieden habe. Die Berechtigung zur Minderung des Mietzinses bestehe aber nicht für den gesamten geltend gemachten Zeitraum. So habe ab Mitte Mai 2020 keine behördliche Beschränkung mehr bestanden, die sich unmittelbar auf den Gebrauch der Rechtsanwaltskanzlei ausgewirkt habe. Ab diesem Zeitpunkt mögen zwar noch mehr oder weniger der Pandemie geschuldete Umstände vorgelegen haben, jedoch seien diese Ausdruck des allgemeinen Lebensrisikos und daher der Sphäre der Beklagten als Mieterin zuzuordnen. Da der Arbeitsanfall der Beklagten von Mitte März bis Mitte Mai 2020 um ca 80 % reduziert gewesen sei, bestehe in Anwendung des § 273 ZPO ein Anspruch auf Mietzinsminderung in diesem Ausmaß.

[8] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Auch eine indirekte Beeinträchtigung des Gebrauchsnutzens des Bestandobjekts aufgrund der COVID-19-Pandemie falle unter §§ 1104, 1105 ABGB. Voraussetzung sei, dass die Gebrauchsbeeinträchtigung durch die COVID-19-Pandemie vom Mieter nachgewiesen werde. Die Beklagte habe nachgewiesen, dass ihre Tätigkeit infolge der Pandemie praktisch zum Erliegen gekommen sei, weil bei den von ihr betreuten Mandanten der Bürobetrieb auf unumgängliche und unaufschiebbare Tätigkeiten reduziert worden sei und auch nahezu alle Tagsatzungen abberaumt worden seien. Die vom Erstgericht vorgenommene Mietzinsminderung von Mitte März bis Mitte Mai 2020 um ca 80 % sei daher nicht zu beanstanden.

[9] Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin mit einem Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[10] Die Beklagte beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

[11] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

[12] 1. §§ 1104, 1105 und 1107 ABGB enthalten Regeln über die Gefahrtragung beim Bestandvertrag (Höllwerth in GeKo Wohnrecht I § 1104 ABGB Rz 3; Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1108 ABGB Rz 1; Tamerl, Die Gefahrtragung im Bestandrecht im Lichte der COVID-19-Pandemie, Zak 2020, 106).

[13] 2.1. Wenn die in Bestand genommene Sache wegen „außerordentlicher Zufälle“, wie etwa wegen einer Seuche – wozu auch die COVID-19-Pandemie zählt (3 Ob 78/21y; 5 Ob 192/21b) –, gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, ist gemäß § 1104 ABGB der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet und auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten. Ist das Mietobjekt wegen eines solchen außerordentlichen Zufalls nur eingeschränkt brauchbar, so ist der Mietzins verhältnismäßig zu mindern (§ 1105 ABGB).

[14] 2.2. Wird der Gebrauch des Bestandgegenstands nicht wegen dessen Beschädigung oder sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer zugestoßenen Hindernis oder Unglücksfall vereitelt, fällt dies hingegen nach § 1107 ABGB dem Bestandnehmer zur Last. Ist also der Bestandnehmer verhindert, das Bestandobjekt zu nutzen oder zu gebrauchen, obwohl es benutzbar ist, so fällt ihm das Zinsrisiko zu, so dass er den Zins zu zahlen hat, obgleich er gar keinen oder nur einen verringerten Gebrauchsnutzen hat (1 Ob 306/02k; Pesek in Schwimann/Kodek5 § 1107 ABGB Rz 1).

[15] 3.1. Für die Frage der (teilweisen) Unbenutzbarkeit des Bestandgegenstands im Sinn der §§ 1104, 1105 ABGB kommt es auf die Erfüllung des vertraglichen Geschäftszwecks an (3 Ob 184/21m; 8 Ob 131/21d Lovrek in Rummel/Lukas4 § 1108 ABGB Rz 2; vgl auch RS0020926). Das Gesetz stellt dabei nicht auf eine vollständige oder teilweise Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts durch eine Einwirkung auf dieses selbst (zB Verseuchung mit Krankheitserregern), sondern auf eine (hier) pandemiebedingte, gemessen am Vertragszweck objektive (vollständige oder teilweise) Unbenutzbarkeit ab (vgl RS0020926 [T8]).

[16] 3.2. Ist der bedungene Gebrauch des Bestandobjekts durch Kundenverkehr gekennzeichnet, so führt ein Betretungsverbot aus Anlass der COVID-19-Pandemie zur gänzlichen Unbenutzbarkeit des Bestandobjekts im Sinn des § 1104 ABGB. Ist die vertragsgemäße charakteristische Nutzung hingegen nur eingeschränkt, so kommt es gemäß § 1105 ABGB zu einer Mietzinsminderung im Umfang der Gebrauchsbeeinträchtigung nach der relativen Berechnungsmethode (3 Ob 184/21m mwN).

[17] 3.3. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass für die Rechtsanwaltskanzlei der Beklagten kein Betretungsverbot aus Anlass der COVID-19-Pandemie bestand (vgl § 2 Z 15 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, BGBl Ⅱ 2020/96, („Schließungsverordnung“), verlängert durch die beiden Verordnungen BGBl Ⅱ 2020/110 und BGBl Ⅱ 2020/151).

[18] 3.3.1. Die Frage, ob auch dann eine durch die COVID-19-Pandemie ausgelöste Beeinträchtigung des Gebrauchsrechts anzunehmen ist, wenn für das Geschäftslokal zwar keine öffentlich-rechtlichen Restriktionen bestehen, es jedoch zu Umsatzeinbußen infolge eines Auftrags- und Kundenrückgangs kommt, wird in der Lehre unterschiedlich beantwortet. Während ein Teil der Literatur die Ansicht vertritt, dass schon mangels hoheitlicher Maßnahmen keine Einschränkung im Gebrauch des Mietobjekts gegeben sei und daher solche sonstigen pandemiebedingten Umsatzrückgänge dem allgemeinen „Lebensrisiko“ (Unternehmerrisiko) des Mieters zuzuordnen seien, sodass eine Mietzinsreduktion ausgeschlossen sei, meinen andere Autoren, dass auch in einem solchen Fall, also unabhängig von öffentlich-rechtlichen Maßnahmen, unter bestimmten Voraussetzungen eine Mietzinsreduktion greifen kann (vgl die Nachweise bei Pesek, Ausgewählte Fragen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den Mietzins bei Geschäftsraummieten, wobl 2021, 125 [130] sowie zuletzt Vonkilch, Mietzinsminderung bei der Geschäftsraummiete wegen COVID-19 „jenseits“ der Lockdowns, wobl 2021, 321 und Prader, Bestandzinsentfall wegen COVID-19, ImmoZak 2022, 15). Selbst diejenigen Autoren, die nicht auf öffentlich-rechtliche Maßnahmen abstellen, setzten aber voraus, dass als Folge der COVID-19-Pandemie eingetretene Umsatzeinbußen oder Kundenrückgänge sämtliche Unternehmer wie (auch) den Mieter des Geschäftslokals, insbesondere dessen Branche, treffen müssen (besonders deutlich Vonkilch, wobl 2021, 321 [325] sowie Prader, Relative Berechnung der Mietzinsminderung bei Homeoffice im Rahmen des § 1105 ABGB, Zak 2022, 84 [85]; vgl auch Prader/Pittl, Zu Reichweite und Wirkungen von COVID-19 im Bestandrecht, RdW 2020, 402 [404]).

[19] 3.3.2. Im vorliegendem Fall konnte und durfte das Bestandobjekt vertragsgemäß als Rechtsanwaltskanzlei genutzt werden. Die Kanzlei war zwar im strittigen Zeitraum von den Mandanten der Beklagten nicht besucht und vom Geschäftsführer und seinen beiden Mitarbeiterinnen nur fallweise genutzt worden, dies jedoch nicht aufgrund pandemiebedingter behördlicher Maßnahmen oder Anordnungen, sondern aufgrund der unternehmerischen Entscheidung des Geschäftsführers der Beklagten. Dass die weitgehende Schließung der Kanzlei aus der Erwägung heraus erfolgte, die Ansteckungsgefahr mit COVID-19 zu verringern oder aufgrund dringlicher behördlicher Empfehlungen („Schutz vulnerablen Gruppen“) oder behördlicher Maßnahmen (zB Abstandsregel), hat die Beklagte nicht vorgebracht. Das zentrale Argument der Beklagten ist vielmehr, sie habe die Nutzung des Bestandobjekts deshalb eingeschränkt, weil im hier fraglichen Zeitraum wegen ihrer Tätigkeit als Wirtschaftsanwältin und ihrer konkreten Mandantenstruktur ihre Dienstleistung pandemiebedingt stark reduziert nachgefragt worden sei und beim Geschäftsführer auch kein Bedarf zum „Nacharbeiten“ bestanden habe. Aus diesem Vorbringen ergibt sich schon nicht, dass die Pandemie das Bestandobjekt nicht nur für die Beklagte, sondern in gleicher Weise auch für jeden anderen Mieter in einer vergleichbaren Situation (teilweise) unbrauchbar gemacht hat. Der Klägerin ist daher zuzustimmen, dass die von der Beklagten vorgetragenen Argumente – selbst wenn man jene bereits zu 3 Ob 209/21p abgelehnten Meinungen in der Literatur zugrunde legen wollte, die nicht auf öffentlich-rechtliche Maßnahmen abstellen – eine Mietzinsminderung nicht zu begründen vermögen.

[20] 3.3.3. Da die Beklagte somit (auch) für den Zeitraum von Mitte März bis Mitte Mai 2020 keinen Anspruch auf Mietzinsminderung hat, besteht die Klagsforderung zur Gänze zu Recht, die Gegenforderung hingegen nicht zu Recht.

[21] 4. Der Revision der Klägerin war daher Folge zu geben, die Entscheidung der Vorinstanzen abzuändern und die Beklagte mit Teilurteil zur Zahlung von EUR 12.297,25 samt den unstrittigen Zinsen zu verpflichten.

[22] 5. Der Kostenvorbehalt betreffend das Verfahren erster Instanz beruht auf § 52 Abs 4 ZPO.

[23] Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, weil nur das Zahlungsbegehren den Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens bildete und darüber nun endgültig entschieden wird (vgl 2 Ob 133/20b; RS0035972).

Leitsätze

  • Zinsminderung wegen COVID-19 für Büromieter: Bsp Rechtsanwaltskanzlei

    Besteht für ein Bestandobjekt kein behördliches Betretungsverbot aus Anlass der COVID-19-Pandemie, so ist eine Mietzinsminderung nach § 1105 ABGB nur dann denkbar, wenn die pandemiebedingt eingetretenen Umsatzeinbußen nicht nur das eine Bestandobjekt, sondern in gleicher Weise auch andere Mieter in vergleichbarer Situation betreffen. Eine Mietzinsminderung auf Basis einer vom Mieter bewusst unterlassenen Nutzung des Bestandobjekts sieht § 1105 ABGB nicht vor.
    Eva-Maria Hintringer | Judikatur | Leitsatz | 7 Ob 207/21y | OGH vom 29.04.2022 | Dokument-ID: 1121777