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Lagezuschlag wegen Nähe zu Drogenhotspot und Lärmbeeinträchtigung?
Mag. Roman Reßler erläutert anhand einer aktuellen OGH-Entscheidung, ob Lärmbeeinträchtigung und die Nähe zu einem allgemein bekannten Drogenhotspot die Einhebung eines Lagezuschlages zum Richtwert rechtfertigen.
Der OGH hat in einer jüngst ergangenen Entscheidung vom 20.07.2021 5 Ob 104/21m zusätzliche Kriterien, welche für die Zulässigkeit der Einhebung eines Lagezuschlages erforderlich sind, festgelegt.
Sachverhalt
Im gegenständlichen Fall ist der Antragsteller Mieter aufgrund eines unbefristet abgeschlossenen schriftlichen Mietvertrages, über eine im Wohnungseigentum der Antragsgegnerin (Eigentümerin und Vermieterin) stehenden Wohnung Top 14 mit einer Nutzfläche von 81,34m² in einem Haus in 1080 Wien.
Im Mietvertrag wurde ein monatlich im Vorhinein zu entrichtender Hauptmietzins von EUR 720,00 netto, sowie ein Entgelt für mitvermietete Einrichtungsgegenstände in der Höhe von EUR 25,00 vereinbart. Zur Begründung eines Lagezuschlages verwies der Mietvertrag auf die überdurchschnittliche Lage, nämlich außerhalb eines Gründerzeitviertels, sowie die gute Verkehrsanbindung, gute Infrastruktur, optimale Nahversorgung, und zentrumsnahe Lage. Darüber hinaus wurde im Mietvertrag auch auf andere zuschlagsbegründende Kriterien wie Parkette, Flügeltüren, Telekabel, Erstbezug nach Sanierung sowie eine Gegensprechanlage hingewiesen.
Der Mieter begehrte die Überprüfung der Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses und des Entgeltes für mitvermietete Einrichtungsgegenstände. Überdies war auch strittig, ob bei der Ermittlung des höchstzulässigen Richtwertmietzinses auch ein Lagezuschlag gemäß § 16 Abs 2 Z 3 MRG zu berücksichtigen wäre.
Rechtliche Begründung des OGH
In seiner rechtlichen Begründung stellte das Höchstgericht klar, dass betreffend des Lagezuschlages eine generelle überdurchschnittliche Lärmbeeinträchtigung eine erhebliche Rechtsfrage darstellt, die über den Einzelfall hinausgeht, sodass der eingebrachte Revisionsrekurs jedenfalls zulässig ist. Dass die U-Bahnhaltestelle Josefstädterstraße der Linie U6 im gegenständlichen Fall 160 m entfernt und drei Straßenbahnlinien nur 60 m entfernt liegen, sowie Einkaufsstraßen, Kindergärten, Schulen, sämtliche Geschäfte des täglichen Bedarfs, Aus- und Weiterbildungseinrichtungen sowie Gesundheitseinrichtungen ebenfalls in unmittelbarer Nähe und fußläufig erreichbar sind, mag selbst für innerstädtische Lagen überdurchschnittlich sein. Dem gegenüber steht jedoch nach Ansicht des OGH die massive Lärmbelastung der Wohnumgebung des Hauses nicht nur durch Individual-, sondern auch Schienenverkehr, der in diesem Bereich über 75 Dezibel liegt. Dies ist eine selbst für innerstädtische Lagen überdurchschnittliche Belastung durch Verkehr, Abgase und Lärm. Dazu kommt die unmittelbare Nähe zum Gürtel und die genannte U-Bahnstation, die aufgrund dort vorherrschender Kleinkriminalität (Drogenhandel, Rotlicht) ein negatives Image aufweist. Darüber hinaus kommt es zu regelmäßigen Polizeieinsätzen, welche nach der Verkehrsauffassung und der Erfahrung des täglichen Lebens bei der Beurteilung der Überdurchschnittlichkeit der Lage eines Hauses nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Derartige Aspekte lassen die Lage im Vergleich zu anderen innerstädtischen Lagen nicht als überdurchschnittlich erscheinen. Bei der gebotenen Gesamtschau und der erforderlichen Gewichtung dieser Lagecharakteristika ergibt sich, dass die Lage des konkreten Hauses insgesamt jedenfalls nicht als überdurchschnittlich zu beurteilen ist und daher ein Lagezuschlag zu verneinen ist.
Aus den angeführten Gründen war daher der Revisionsrekurs des Mieters berechtigt und führt im Endergebnis neben der Verneinung des Lagezuschlages zu einer erheblichen Rückzahlung des vereinbarten Hauptmietzinses durch den Vermieter.
Fazit
Die vorliegende Entscheidung schränkt die Möglichkeit der Einhebung eines Lagezuschlages weiter ein. Während früher die Einhebung eines Lagezuschlages in erster Linie von der Frage abhing, ob sich die Liegenschaft im Gründerzeitviertel befand oder nicht, beziehungsweise ob neben den erhöhten Bau- und Grundkostenanteilen auch bestimmte infrastrukturelle Begebenheiten vorhanden waren, nimmt gegenständliche Entscheidung auch auf äußere Einflüsse, wie Lärm, Drogenhotspot, und häufige Polizeieinsätze Bezug. Diese Umstände sind jedoch häufig nicht vorhersehbar und können sich im Laufe der Zeit ändern, sodass die gegenständliche Entscheidung kritisch zu hinterfragen ist.