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Dokument-ID: 009478

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 33/09b; OGH; 12. Mai 2009

GZ: 5 Ob 33/09b | Gericht: OGH vom 12.05.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann–Prentner als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache des Antragstellers Mag. Heinz H*****, vertreten durch Dr. Franz Terp, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin V***** reg.GenmbH, *****, vertreten durch Tröthandl, Rupprecht, Schenz, Haider Rechtsanwälte OEG in Baden, wegen §§ 16 Abs 1 Z 1, 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Dezember 2008, GZ 18 R 221/08s–14, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Der Antragsteller betreibt „seit vielen Jahren“ als Mieter von Geschäftsräumlichkeiten im Haus *****, eine Apotheke. Das Mietobjekt liegt in einem Gebäude, das aufgrund einer Baubewilligung vor dem 30.06.1953 errichtet wurde, als Geschäftslokal genutzt wird und über mehr als zwei selbstständige Einheiten verfügt. Die Antragsgegnerin erwarb dieses Gebäude im Jahr 2002 und plante 2005 dessen Gesamtumbau, wobei vor März 2005 Verhandlungen mit dem Antragsteller über die geplante Erneuerung und den Umbau der Apotheke stattfanden. Diese Verhandlungen hatten den Zweck, den Gesamtumbau des Gebäudes mit den Umbauwünschen des Antragstellers zu akkordieren. Von der Antragsgegnerin ausbedungene Voraussetzung für die vom Antragsteller gewünschten Umbauarbeiten „in seiner Apotheke“ war der Abschluss eines neuen Mietvertrags, welchen die Parteien am 07.03.2005 unterfertigten. Der vereinbarte Hauptmietzins beträgt derzeit monatlich netto EUR 1.800,–.

Bereits vor Abschluss des Mietvertrags hatte der Antragsteller DI F***** den Auftrag erteilt, die Umbaupläne für die Apotheke zu erstellen. Aufgrund der Umbauarbeiten veränderte sich das Bestandobjekt dahin, dass eine frühere Bestandfläche von 36,89 m² nicht mehr Bestandteil des neuen Mietvertrags war, während bisher nicht vom Vertrag umfasste Flächen im Gesamtausmaß von 61,62 m² neuer Teil des Bestandobjekts und so auch Gegenstand des neuen Mietvertrags wurden.

Ende Mai/Anfang Juni 2005 begannen die Umbauarbeiten am Geschäftslokal, welche über Auftrag sowie unter Verantwortung und Planung des Antragstellers durchgeführt wurden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller die physische Gewahrsame an „allen Teilen", die Inhalt des neu abgeschlossenen Mietvertrags waren. Mitte August 2005 übersiedelte „die Apotheke in Container"; nach Abschluss der Umbauarbeiten war es dem Antragsteller schließlich am 07.11.2005 möglich, die Apotheke wieder in den nun umgebauten Räumlichkeiten zu betreiben. Am 31.10.2005 verfasste der Antragsteller eine den Hauptmietzins betreffende Rüge an die Antragsgegnerin.

Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren die gerichtliche Überprüfung des im Mietvertrag vom 07.03.2005 vereinbarten Nettohauptmietzinses, im Fall der Überschreitung des angemessenen Mietzinses die Rückzahlung zu viel bezahlter Beträge und die Unwirksamerklärung der Mietvereinbarung, soweit sie den angemessenen Mietzins übersteigt.

Die Antragsgegnerin beantragte Antragsabweisung und wandte – soweit hier wesentlich – die Verletzung der Rügeobliegenheit nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG ein.

Das Erstgericht wies mit seinem Sachbeschluss den Mietzinsüberprüfungsantrag mit der wesentlichen Begründung ab, dass – ausgehend von einer Übergabe des Bestandobjekts mit Beginn der Umbauarbeiten – die am 02.11.2005 bei der Antragsgegnerin eingelangte Rüge verspätet erfolgt sei.

Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige EUR 10.000,– und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller zusammengefasst geltend, es habe im Hinblick auf die weitgehend unverändert gebliebene Fläche des Bestandobjekts keine Rückgabe und dann naturgemäß auch keine Übergabe des Geschäftslokals stattgefunden. Für das einheitliche Bestandobjekt habe daher keine Rügeobliegenheit gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG bestanden, wie dies der Oberste Gerichtshof bereits für den vergleichbaren Fall einer Unternehmensveräußerung im Sinn des § 12a MRG zu 5 Ob 257/99a (= MietSlg 51.310) judiziert habe. Selbst wenn man aber eine erfolgte Übergabe des (neuen, umgebauten) Bestandobjekts bejahen wollte, dann könne diese erst mit dem Tag nach der Kollaudierungsverhandlung am 05.11.2005 angesetzt werden, womit sich die Rüge des Antragstellers als rechtzeitig erweise.

Rechtliche Beurteilung

Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt der Antragsteller mit diesen Ausführungen nicht auf:

1. Vereinbarungen zwischen dem Vermieter und dem Mieter über die Höhe des Hauptmietzinses für einen in Hauptmiete gemieteten Mietgegenstand sind ohne die Beschränkungen nach § 16 Abs 2 bis 5 MRG bis zu dem für den Mietgegenstand im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags nach Größe, Art, Beschaffenheit, Lage, Ausstattungs– und Erhaltungszustand angemessenen Betrag gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG dann zulässig, wenn der Mietgegenstand nicht zu Wohnzwecken dient. Ein Unternehmer, der eine Geschäftsräumlichkeit mietet, kann sich auf die Überschreitung des zulässigen Höchstmaßes nach § 16 Abs 8 erster Satz MRG nur berufen, wenn er die Überschreitung unverzüglich, spätestens jedoch bei Übergabe des Mietgegenstands, gerügt hat.

Inhalt der in § 16 Abs 1 Z 1 MRG normierten Rügeobliegenheit des Geschäftsraummieters ist die Geltendmachung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Mietzinses. Die Rüge muss dem Vermieter signalisieren, dass von der Möglichkeit einer gerichtlichen Mietzinsreduzierung unter Aufrechterhaltung aller übrigen Bestimmungen des Mietvertrags Gebrauch gemacht wird, falls dieser auf Einhebung des rechtsunwirksam vereinbarten Mietzinses beharrt (RIS–Justiz RS 0109327; näher zum Regelungszweck auch T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 16 MRG Rz 23). Die Rüge muss zwischen dem rechtswirksamen Abschluss des Vertrags und der Übergabe des Bestandobjekts erfolgen (5 Ob 510/97d = wobl 1998/192, 301 = immolex 1998/203, 328 = MietSlg 50.328; 5 Ob 257/99a = MietSlg 51.310).

2. Da nicht die Antragsgegnerin, sondern der Antragsteller selbst die Umbauarbeiten im Bestandobjekt vornehmen ließ, muss ihm – wie von den Vorinstanzen zutreffend erkannt – bereits zu Beginn der Umbauarbeiten, also Ende Mai/Anfang Juni 2005 die Sachherrschaft über das Bestandobjekt zugestanden haben. Die Erlangung dieser Verfügungsmacht über das gesamte neue Bestandobjekt enspricht im Lichte des Zwecks des § 16 Abs 1 Z 1 MRG der „Übergabe“ im Sinn dieser Norm (vgl dazu auch Pfiel, Die Rügeobliegenheit nach § 16 Abs 1 Z 1 MRG, 2. Teil, immolex 1997, 303 [305]). Diese „Übergabe“ markierte den letzten möglichen Zeitpunkt einer rechtzeitigen Rüge, welchen der Antragsteller versäumt hat.

3. Die vom Antragsteller für seinen gegenteiligen Standpunkt in Anspruch genommene Entscheidung 5 Ob 257/99a (= MietSlg 51.310) ist aus mehreren Gründen nicht einschlägig. Im Gegensatz zum hier vorliegenden Fall wurde dort weder ein neuer Mietvertrag abgeschlossen noch war eine Änderung des Bestandobjekts vorgenommen worden. Maßgeblicher Ansatzpunkt für die in der bezeichneten Entscheidung erfolgte Verneinung einer zeitlichen Beschränkung der Mietzinsüberprüfung durch das Erfordernis einer Rüge war der Umstand, dass der seinerzeitige Antragsteller (Unternehmenserwerber) vor (ursprünglicher) Übergabe des Bestandobjekts selbst nicht Mieter war und ihn deshalb keine Rügepflicht treffen habe können. Demgegenüber erfolgte hier der Abschluss des neuen Mietvertrags vor Überlassung (Inanspruchnahme) des neuen (geänderten) Bestandobjekts (zum Umbau), sodass einer Rüge durch den Antragsteller kein Hindernis entgegen stand.

Der Antragsteller vermag das Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 37 Abs 3 MRG) nicht aufzuzeigen, weshalb sich sein Revisionsrekurs als unzulässig erweist und zurückzuweisen ist.

Leitsätze