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Dokument-ID: 009435

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 139/09s; OGH; 1. September 2009

GZ: 5 Ob 139/09s | Gericht: OGH vom 01.09.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian W*****, vertreten durch Dr. Alfred Pressl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sundeep S*****, vertreten durch Jirovec & Partner, Rechtsanwalts-GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 2009, GZ 39 R 420/08s–32, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Das Erstgericht sprach mit seinem Urteil aus, dass die gerichtliche Aufkündigung aufrecht bleibe, weil der Kündigungsgrund nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG (gänzliche Weitergabe des Mietgegenstands) verwirklicht sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte macht in ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage geltend:

1. Unter „Weitergabe“ im Sinn des § 30 Abs 2 Z 4 MRG ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Gebrauchsüberlassung zu verstehen (RIS–Justiz RS 0070718; RS 0070650). Keine „gänzliche“ Überlassung liegt vor, solange der Mieter die Wohnung weiterhin regelmäßig (wenngleich nicht immer) benützt, auch wenn er einem Dritten die Benützung der ganzen Wohnung gestattet (7 Ob 53/98i = MietSlg 50.415; RIS–Justiz RS 0068823; Würth in Rummel³, § 30 MRG Rz 24 mwN; vgl auch

T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 30 MRG Rz 39).

2. Das Erstgericht hat festgestellt, dass „die Wohnung (…) seitdem (gemeint: seit der „Umschreibung“ des Mietvertrags auf die Beklagte) auch von der Beklagten nahezu überhaupt nicht benutzt (wurde). Stattdessen wohnen bis zu 5 männliche Personen indischer Herkunft in der aufgekündigten Wohnung. Die Beklagte selbst verbringt einen Großteil des Jahres in Indien und wohnt, soferne sie in Wien weilt, bei ihren Eltern. Bei diesen (gemeint: im Mietgegenstand wohnenden) Personen handelt es sich teils um Verwandte der Familie der Beklagten, teils um Freunde und Bekannte."

3. Nach Ansicht der Beklagten sei die Feststellung des Erstgerichts, wonach „die Wohnung von der Beklagten nahezu überhaupt nicht benutzt wurde", durch die aufgenommenen Beweise nicht gedeckt. Mit dieser Behauptung bekämpft die Beklagte die Beweiswürdigung des Erstgerichts, womit sie keinen tauglichen Revisionsgrund geltend macht (vgl RIS–Justiz RS 0043371; RS 0043414 [T11]).

4. Der von der Beklagten begehrten Klärung der Frage nach dem Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen bedarf es nicht, weil nach dem vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt (laut Punkt 2.) jedenfalls feststeht, dass dieser nicht im Mietgegenstand liegt.

5. Die Beklagte bemängelt, die Vorinstanzen hätten sich nicht mit ihrer indischen Landessitte auseinander gesetzt, wonach die Beklagte bis zu ihrer Heirat nicht alleine in einer Wohnung leben dürfe, und es hätte geklärt werden müssen, wer jene Männer seien, die den Mietgegenstand bewohnten. Bei Klärung dieser Tatfragen hätte sich ergeben, dass die Beklagte gemeinsam mit ihren Brüdern das Bestandobjekt bewohne. Mit diesen Ausführungen strebt die Beklagte wiederum – unzulässig – von dem vom Erstgericht angenommenen Sachverhalt abweichende Tatsachenannahmen an. Dass Erstgericht hat nämlich ohnehin festgestellt, dass die Beklagte, sofern sie sich nicht in Indien, sondern in Wien aufhält, – offenbar ihrer Landessitte entsprechend – bei ihren Eltern, aber eben nicht im Mietgegenstand wohnt.

6. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt nach den (oben zu Punkt 2. wiedergegebenen und dazu auch ausreichenden) Feststellungen des Erstgerichts nicht bloß eine teilweise, sondern eine gänzliche Weitergabe des Mietgegenstands im Sinn des § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG vor und für die weitere Behauptung der Beklagten, es sei von Vermieterseite ein Weitergaberecht eingeräumt bzw auf den genannten Kündigungsgrund verzichtet worden, fehlt eine entsprechende Tatsachengrundlage.

Mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der Beklagten unzulässig und zurückzuweisen.

Leitsätze