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Dokument-ID: 634512

Judikatur | Entscheidung

3 Ob 47/13b; OGH; 19. Juni 2013

GZ: 3 Ob 47/13b | Gericht: OGH vom 19.06.2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Kaufmann & Thurnher Rechtsanwälte GmbH in Dornbirn, gegen die beklagte Partei E.***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Singer, Rechtsanwalt in Schwaz, wegen EUR 5.571,43 sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Streitwert EUR 3.714,89 sA) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 4. Dezember 2012, GZ 2 R 312/12s-13, womit über Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 18. September 2012, GZ 3 C 978/12w-7, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 18. Oktober 2012, GZ 3 C 978/12w-10, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil zu lauten haben wie folgt:

„1. Die Klageforderung besteht mit EUR 3.714,89 samt 10 % Zinsen aus EUR 56,55 seit 6. Juni 2012, aus EUR 1.829,17 seit 6. Juli 2012 und aus EUR 1.829,17 seit 6. August 2012 zu Recht.

2. Die Einwendung einer Gegenforderung bis zur Höhe der Klageforderung wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 3.714,89 samt 10 % Zinsen aus EUR 56,55 seit 6. Juni 2012, aus EUR 1.829,17 seit 6. Juli 2012 und aus EUR 1.829,17 seit 6. August 2012 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

4. Die Entscheidung über das weitere Zahlungsbegehren von EUR 1.856,54 sA und über das Räumungsbegehren sowie die das Teilurteil betreffende Kostenentscheidung werden der Endentscheidung vorbehalten.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.170,32 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten EUR 108,72 USt, EUR 518,– Barauslagen) und die mit EUR 1.095,98 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten EUR 74,66 USt, EUR 648,– Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

Die klagende Partei ist Eigentümerin einer Liegenschaft in D*****, auf der der Wirtschaftspark „R*****“ betrieben wird. Sie vermietete der beklagten Partei mit Mietvertrag vom 26. Juni 2009, beginnend mit 1. Juli 2009 und befristet bis 31. Dezember 2020, Flächen im Erdgeschoss und im Untergeschoss des auf der Liegenschaft errichteten „Krafthauses“.

Der Mietvertrag enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

„II. Verwendungszweck

Die Mieterin darf die angemieteten Räumlichkeiten ausschließlich zum Betrieb eines Blockheizkraftwerkes, das gemäß dem gewerberechtlichen Bescheid Zahl II-1301-2002/0105 vom 17.12.2002 (Anlage 1a) sowie Bescheid Zahl II-1301-2002/0105 vom 14.06.2006 (Anlage 1b) diesem Vertrag angeschlossen, verwendet werden. …

VIII. Umfang des Benützungsrechtes und Instandhaltung

Die Mieterin übernimmt das Mietobjekt wie besichtigt. Die Mieterin begehrt über diesen Zustand hinaus keine weiteren Instandsetzungen oder Verbesserungen und verzichtet darauf, Einwendungen der Art zu erheben, dass das Mietobjekt eine bedungene oder gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft ganz oder teilweise nicht hat. Dabei ist bei der Übergabe des Mietobjektes ein Übergabeprotokoll anzufertigen. Allfällige Mängel des Mietobjektes sind spätestens bei der Übergabe von der Mieterin zu rügen.

Die Mieterin verpflichtet sich, das Mietobjekt unter Berücksichtigung des unter Punkt II. vereinbarten Verwendungszweckes dem Vertrag gemäß schonend und pfleglich zu benützen und bei Beendigung des Mietverhältnisses in ordnungsgemäßem Zustand gemäß Anlage ./2 und frei von irgendwelchen Schäden, tadellos und besenrein gereinigt der Vermieterin zurückzugeben. Dementsprechend sind zB vorhandene Putzschäden zu beheben und die Wände zu spachteln.

Die Mieterin verpflichtet sich zur Instandhaltung des Mietobjektes im Inneren. Die Mieterin ist dabei im Interesse aller Bestandnehmer verpflichtet, das Mietobjekt stets in einwandfreiem und gutem Zustand zu halten. Besonders sind auch sämtliche Schönheitsreparaturen, aber auch sonstige Reparaturen vorzunehmen und die entstehenden Schäden am Mietobjekt sogleich zu beheben. Es ist von besonderer Bedeutung, dass der Wirtschaftspark in seiner Gesamtheit aber auch seine einzelnen Einheiten ein ordnungsgemäßes Bild ergeben.

IX. Notwendige Adaptierungen, Einholung von behördlichen Genehmigungen, Kosten von Auflagen, Gesamtkonzeption, Höchstlasten

Die Mieterin übernimmt das Mietobjekt im Zustand wie in Anlage ./2 dargestellt. Maßnahmen, welche zusätzlich erforderlich sind, damit der Betrieb der Mieterin im Mietobjekt unter Schonung der Substanz dieses Gebäudes betrieben werden kann, hat die Mieterin auf ihre Kosten vorzunehmen.

Vereinbart wird, dass die Mieterin den Betrieb ihrer Anlage wie im Bescheid der BH D***** gemäß Anlage 1a und 1b vorzunehmen hat. Sollten dennoch objektiv störende Lärmbelästigungen oder Geruchsbelästigungen auftreten, welche durch die von der Mieterin betriebene Anlage verursacht wurden, sind diese von der Mieterin durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden. In diesem Zusammenhang festgehalten wird, dass bislang bei dem seit dem Jahr 2006 von der W***** GmbH durchgeführten Betrieb keine solchen Maßnahmen – auch seitens der Vermieterin – als notwendig erachtet wurden.

Die Verletzung der Verpflichtungen unter Absatz 2. bis 4. stellt vereinbarungsgemäß einen erheblich nachteiligen Gebrauch vom Mietobjekt dar, wenn diese trotz Einmahnung durch die Vermieterin nicht umgehend beendet wird.

Die behördlichen Bewilligungen, welche für den Betrieb der Mieterin erforderlich sind, hat diese auf ihre Kosten einzuholen. Die Mieterin verpflichtet sich diesbezüglich auch, sämtliche Kosten der sie betreffenden Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, von behördlichen Bescheiden und Auflagen selbst zu tragen.

Die Mieterin ist verpflichtet, sämtliche zukünftige Adaptierungen und Investitionen am Mietobjekt unter Abstimmung auf das Gesamtkonzept für den Wirtschaftspark vorzunehmen.

X. Betriebsweise

Die Mieterin ist verpflichtet, den Mietgegenstand während der gesamten Mietdauer seiner Zweckbestimmung gemäß Punkt II. dieses Vertrages entsprechend zu nutzen. Die Mieträumlichkeiten dürfen während der gesamten Bestandsdauer weder ganz noch teilweise unbenutzt gelassen werden.

XIII. Schriftlichkeit, Aufrechnungsverbot, Rückbehaltungsrecht, Gerichtsstand

Zusätze und Änderungen dieses Mietvertrages bedürfen zur Gültigkeit der Schriftform und Namensfertigung der Vertragspartner.

Die Mieterin verzichtet darauf, allfällige Gegenforderungen, die sich gegen die Vermieterin aus diesem Vertrag oder aus einem anderen Rechtstitel ergeben könnten, gegen Forderungen der Vermieterin aus diesem Vertrag aufzurechnen oder den Mietzins ganz oder teilweise zurückzubehalten …“

Der im Mietvertrag erwähnte Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft vom 17. Dezember 2002 wurde von der klagenden Partei erwirkt; jener vom 14. Juni 2006 von der Vormieterin und Vornutzerin des Blockheizkraftwerks.

Die beklagte Partei übernahm die Bestandräumlichkeiten bei Mietbeginn im Jahr 2009 völlig unverändert von der Vormieterin. Sie selbst führte keinerlei Baumaßnahmen oder Änderungen durch.

Im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vom 17. Dezember 2002 ist unter Spruchpunkt I.c).2. bei den gewässerschutztechnischen Auflagen festgehalten:

„Der Boden in der Maschinenhalle sowie die anschließenden Wände sind auf eine Höhe von mindestens 3 cm flüssigkeitsdicht und ölbeständig auszuführen.“

Die tatsächliche Ausführung des Bodenbelags der mitvermieteten Maschinenhalle entspricht, wie sich aus einem in einem Parallelverfahren eingeholten Gutachten ergibt, entgegen der Auflage nicht dem auflagengeforderten flüssigkeitsdichten Standard. Im Bodenaufbau befindet sich kein wie immer geartetes Abdichtungssystem. Die beiden vorhandenen Belagsarten, nämlich keramischer Fliesenbelag bzw Estrich, sind nicht flüssigkeitsdicht, ebenso wenig altersbedingt die Betondecke.

Der Mangel war beiden Parteien bei Vertragsabschluss nicht bekannt.

Dieser Mangel führte dazu, dass Öl aus dem von der beklagten Partei betriebenen Blockheizkraftwerk in die darunter liegende Trafostation der VKW fließen und in die Trafoschränke gelangen konnte. Dies wurde zufällig am 15. August 2011 bei der alljährlichen Trafowartung entdeckt. Die Schäden wurden direkt vom Stromversorger VKW behoben.

Mit Schreiben vom 6. September 2011 informierte die klagende Partei die beklagte Partei über den „Ölfluss“, wobei sie die beklagte Partei aufforderte, die durch den Ölaustritt entstandenen Schäden zu sanieren und die Auflagen aus dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D***** einzuhalten, widrigenfalls die Kündigung drohe.

Die beklagte Partei weigert sich, diese massiven Schäden zu beheben und die Flüssigkeits- und Ölaustritte abzustellen.

Seit der Zustellung des Gutachtens am 25. Juni 2012 verweigert die beklagte Partei unter Hinweis auf eine ihr zustehende Mietzinsminderung die Bezahlung der vereinbarten Mietzinse. Das Blockheizkraftwerk wird seither auch nicht mehr betrieben.

Die klagende Partei begehrt mit ihrer am 21. August 2012 eingebrachten Klage Zahlung von insgesamt EUR 5.571,43 sA sowie die Räumung der der beklagten Partei vermieteten Räumlichkeiten. Das Zahlungsbegehren umfasst – neben Betriebskostenrückständen, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind – Hauptmietzinsforderungen in Höhe von restlichen EUR 56,55 für Juni 2012 sowie in Höhe von jeweils EUR 1.829,17 für die Monate Juli und August 2012.

In der Klage erklärte die klagende Partei – nach behaupteter vorheriger Mahnung – die Auflösung des Bestandsvertrags gemäß § 1118 zweiter Fall ABGB.

Sie brachte vor, der Mietgegenstand befinde sich in einem Wirtschaftspark, weshalb gemäß § 1 Abs 5 MRG auf das Mietverhältnis nur die Kündigungsschutzbestimmungen des MRG anwendbar seien. Die beklagte Partei habe in Abänderung der dispositiven Regel des § 1096 ABGB die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht für das Mietobjekt zur Gänze übernommen. Es sei ausdrücklich vereinbart worden, dass die beklagte Partei das Mietobjekt in jenem Zustand übernehme, wie er im Mietvertrag dargestellt worden sei, wobei Maßnahmen, welche zusätzlich erforderlich seien, damit der Betrieb der Mieterin im Mietobjekt unter Schonung der Substanz des Gebäudes betrieben werden könne, von der Mieterin auf eigene Kosten vorzunehmen seien. Allfällige Mängel der Bestandsache seien daher von der beklagten Partei zu beheben. Die klagende Partei treffe insofern keinerlei Instandhaltungs- oder Verbesserungspflicht.

Ferner sei im Mietvertrag ein Aufrechnungsverbot vereinbart worden.

Die beklagte Partei wendet ein, dass sie das Bestandobjekt seit dem Mietbeginn im Jahr 2009 nicht verändert und selbst keinerlei Baumaßnahmen oder Änderungen herbeigeführt habe. Im Betriebsanlagen-genehmigungsbescheid sei die gewässerschutztechnische Auflage erteilt worden, den Boden in der Maschinenhalle sowie die anschließenden Wände auf eine Höhe von mindestens 3 cm flüssigkeitsdicht und ölbeständig auszuführen. Die tatsächliche Ausführung in der Maschinenhalle entspreche eindeutig nicht dieser Bescheidauflage. Es sei damit evident, dass die klagende Partei der beklagten Partei keine zum Betrieb eines Blockheizkraftswerks geeignete Räumlichkeit übergeben habe. Der Bestandgegenstand sei somit zum bedungenen Gebrauch nicht tauglich, weshalb die beklagte Partei gemäß § 1096 Abs 1 ABGB wegen der gänzlichen Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Mietzinses befreit sei.

Ferner wendete die beklagte Partei – nicht näher aufgeschlüsselte und bezifferte – Gegenforderungen „aus dem Titel des Schadenersatzes“ wegen Mietzinsüberzahlungen seit Juli 2009 mit der Behauptung ein, der daraus resultierende Schaden der beklagten Partei übersteige die Klageforderung bei weitem. Eine weitere Gegenforderung in der Höhe von EUR 133.955,86, die von der beklagten Partei ebenfalls compensando gegen die Klageforderung eingewendet wurde, gründete die beklagte Partei darauf, dass die klagende Partei die sie treffenden Verpflichtungen aus einem Wärmeliefervertrag, der eine wirtschaftliche Einheit mit dem Mietvertrag bilde, nicht erfüllt habe. Die klagende Partei habe die Mindestabnahmemengen nicht eingehalten, wodurch der beklagten Partei näher bezeichnete Schäden in den Jahren 2009 bis 2011 in Höhe von EUR 133.955,86 entstanden seien.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil ein Zahlungsbegehren von EUR 3.714,89 sA (Mietzinsrückstandrest Juni 2012; Mietzinse Juli und August 2012) ab und behielt die Entscheidung über das restliche Zahlungsbegehren und das Räumungsbegehren samt der Kostenentscheidung der Endentscheidung vor.

Es vertrat die Auffassung, dass die Streitteile bei Vertragsschluss davon ausgegangen seien, dass das Bestandobjekt zum vereinbarten Betrieb des Blockheizkraftwerks geeignet sei. Diese Meinung habe sich im Nachhinein als falsch herausgestellt. Es liege ein gemeinsamer Geschäftsirrtum vor. Die klagende Partei als Bestandgeberin schulde wegen der Anführung des Verwendungszwecks des Bestandgegenstands die Eignung des Mietobjekts zum Betrieb eines Blockheizkraftwerks. Ein Ausschluss des Zinsminderungsrechts wäre nur dann gegeben, wenn die beklagte Partei die mangelnde Gebrauchsfähigkeit des Bestandobjekts bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw der Übernahme des Bestandobjekts gekannt hätte.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es billigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts.

Gegen das Berufungsurteil wendet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit einem Abänderungsantrag.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, weil die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts korrekturbedürftig ist.

Es wurde daher der beklagten Partei die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt.

In ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die beklagte Partei, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Die Revision verweist ua darauf, dass die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts unvertretbar sei, weil aus dem Mietvertrag klar abzuleiten sei, dass die beklagte Partei die Erhaltungs- und Instandsetzungspflicht für das Mietobjekt ab Übergabe zur Gänze treffe.

Dazu wurde erwogen:

1. Das Teilurteil über ein Mietzinszahlungsbegehren, bei dem der Wert des Entscheidungsgegenstands (nun) EUR 5.000,– nicht übersteigt, ist einer Anfechtung in dritter Instanz nicht entzogen, wenn im Verfahren noch über die Räumung zu entscheiden ist (RIS-Justiz RS0115742; RS0042922 [T7]).

2. Zutreffend ist zunächst, dass nach dem klaren Wortlaut des § 1096 Abs 1 ABGB Zinsminderung nicht nur wegen nach Übergabe auftretender Mängel eintritt, sondern auch wegen Mängeln bei der Übergabe selbst.

2.1 Das gilt jedoch dann nicht, wenn dem Mieter die Mängel des Mietgegenstands bei Vertragsabschluss bekannt waren und er den Vertrag dennoch ohne Vorbehalte geschlossen hat. Die Rechtsprechung formuliert für solche Fälle, dass der Mieter „durch den vorbehaltslosen Vertragsschluss auf die Minderung verzichtet“ habe (zB RIS-Justiz RS0021408 [T3]; RS0020799 [T1]).

2.2 In der Entscheidung 4 Ob 191/10g (immolex 2011/64 [Prader]) betonte der Oberste Gerichtshof zu Recht, dass die Annahme eines „Verzichts“ im strengen Sinn in diesem Fall nicht notwendig ist: § 1096 Satz 2 ABGB ist eine Vorschrift des Gewährleistungsrechts. Ihre Anwendung setzt daher nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass die tatsächlich erbrachte von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht. Das gilt auch für den Mietvertrag: Der Umfang des Gebrauchs und die Pflicht zu dessen Gewährung unterliegt grundsätzlich der Parteiendisposition. Ist den Parteien bei Vertragsschluss bewusst, dass das Mietobjekt ganz oder teilweise unbrauchbar ist, dann wird dieser Zustand Vertragsinhalt. Die Leistung des Vermieters ist vertragskonform; ein (subjektiver Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts liegt von vornherein nicht vor).

3. Nun ist der vorliegende Fall dadurch gekennzeichnet, dass weder die Mieterin noch die Vermieterin erkannten, dass der Bodenbelag nicht flüssigkeitsdicht ist. Eine vorbehaltlose Übernahme des Bestandgegenstands liegt daher hier nicht vor. Nach allgemeinen Regeln würde daher dieser „gemeinsame Irrtum“ der Parteien bei Vertragsabschluss, soweit der unbekannte Mangel die Brauchbarkeit der Bestandssache hindert, zu einer Behebungspflicht des Vermieters führen, deren Verletzung Zinsminderung nach sich ziehen würde.

4. Auch die beklagte Partei bezweifelt nicht, dass eine – wie hier – im Teilanwendungsbereich des MRG geschlossene, nicht dem KSchG unterliegende Vereinbarung, womit dem Mieter in Abänderung der dispositiven Regelung des § 1096 Abs 1 Satz 1 ABGB Instandhaltungspflichten auferlegt werden, grundsätzlich zulässig ist (3 Ob 20/09a immolex 2009/82 [Böhm] mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus Lehre und Rechtsprechung; RIS-Justiz RS0124826). Auf eine Unwirksamkeit einzelner Vertragsbestimmungen etwa wegen Verstoßes gegen § 879 Abs 3 ABGB – die im Übrigen voraussetzen würde, dass ein Formularvertrag vorliegt – hat sich die beklagte Partei nicht berufen.

5. In Lehre und Rechtsprechung besteht ferner Übereinstimmung dahin, dass außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG auch eine Vereinbarung getroffen werden kann, womit sich der Mieter verpflichtet, selbst für die Brauchbarkeit des Bestandobjekts Sorge zu tragen (2 Ob 550/94 MietSlg 46.097; 3 Ob 20/09a; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht I22 § 1096 ABGB Rz 5). Auch die Erwirkung der zum bedungenen Gebrauch erforderlichen Bewilligungen kann vertraglich dem Mieter überbunden werden (RIS-Justiz RS0020947).

6. Der vorliegende Mietvertrag enthält in besonderer Deutlichkeit eine gänzliche Überwälzung der hier interessierenden Behebungspflicht auf den Mieter.

6.1 Die Auffassung der Vorinstanzen, das gelte nicht für bei Vertragsschluss bereits vorhandene Mängel, lässt Punkt VIII. außer Acht, der ausdrücklich festhält, dass die Mieterin das Mietobjekt wie besichtigt übernimmt und über diesen Zustand hinaus keine weiteren Instandsetzungen oder Verbesserungen begehrt, sondern vielmehr ihrerseits zur Gänze in dem hier interessierenden Umfang instandhaltungspflichtig ist. Sie verzichtet ferner darauf, Einwendungen derart zu erheben, dass das Mietobjekt eine bedungene oder gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft ganz oder teilweise nicht hat. In Punkt IX. des Vertrags ist (erneut) festgelegt, dass die Mieterin das Objekt im Zustand wie in Anlage ./2 dargestellt übernimmt, wobei sie Maßnahmen, die für den Betrieb zusätzlich erforderlich sind, auf ihre Kosten vorzunehmen hat.

6.2 Warum diese Bestimmungen auf bei Vertragsschluss vorhandene „geheime“ Mängel nicht anzuwenden sind, ist nicht ersichtlich. Die mietvertragliche Bestimmung ist vielmehr dahin auszulegen, dass die Parteien vereinbarten, dass der Mietgegenstand in dem Zustand bei Übergabe dem geschuldeten Zustand entspricht. Darin liegt kein unzulässiger Vorausverzicht auf Mietzinsminderung (§ 1096 Abs 1 Satz 3 ABGB), sondern eine – außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG zulässige – Vereinbarung über den Vertragsinhalt.

6.3 Der vom Erstgericht thematisierte „gemeinsame Irrtum“ ist ohne Relevanz. Eine Irrtumsanfechtung erklärte die beklagte Partei nicht.

7. Der Mietvertrag ist daher dahin auszulegen, dass die klagende Partei ab Übergabe des Mietgegenstands im konkreten Zustand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses keinerlei Verpflichtung traf und trifft, Mängel zu beheben.

Da aus den dargelegten Gründen die Pflicht zur Behebung allfälliger, auch schon zum Übergabezeitpunkt bestehender Mängel wirksam auf die beklagte Partei überwälzt wurde, kann sie sich nicht auf ein Zinsbefreiungsrecht berufen.

8. Daraus folgt, dass dem der Höhe nach unstrittigen und auch in der Zinsenhöhe und im Zinsenlauf nicht bestrittenen Zahlungsbegehren für die Mietzinsperioden Juni bis August 2012 in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen stattzugeben ist.

9. Auf die von der beklagten Partei eingewendeten Gegenforderungen ist im Hinblick auf das – außerhalb des KSchG zulässig vereinbarte (3 Ob 141/03m) – vertragliche Aufrechnungsverbot nicht einzugehen (RIS-Justiz RS0018102; 3 Ob 175/11y). Die Einwendung der Gegenforderungen bis zur Höhe der Klageforderung ist daher abzuweisen.

10. Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung gründet sich auf § 52 ZPO. Die schon jetzt zu fällende Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens (Bydlinski in Fasching Zivilprozessgesetz² § 52 Rz 6) gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Bemessungsgrundlage beträgt lediglich EUR 3.714,89.

Leitsätze