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Dokument-ID: 697187

Judikatur | Entscheidung

5 Ob 191/13v; OGH; 20. Mai 2014

GZ: 5 Ob 191/13v | Gericht: OGH vom 20.05.2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. F***** R*****, 2. E***** R*****, ebendort, 3. H***** B*****, 4. I***** R*****, 5. S***** F*****, 6. J***** B*****, 7. E***** B*****, ebendort, Erst-, Zweit-, Dritt-, Sechst- und Siebentantragsteller vertreten durch Zauner & Mühlböck, Rechtsanwälte KG in Linz, gegen die Antragsgegner, 1. R***** S*****, 2. S***** S*****, ebendort, 3. H***** L*****, 4. K***** L*****, ebendort, Erst- bis Viertantragsgegner vertreten durch Dr. Josef Hofer, Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in Wels, 5. K***** N*****, 6. M***** N*****, ebendort, 7. G***** K*****, ebendort, 8. S***** P*****, ebendort, 9. M***** P*****, ebendort, 10. C***** P*****, ebendort, 11. B***** W*****, ebendort, 12. W***** F***** P*****, ebendort, 13. F***** R*****, ebendort, 14. L***** R*****, ebendort, 15. J***** B*****, 16. R***** D*****, ebendort, 17. H***** D*****, ebendort, 18. F***** K*****, ebendort, 19. A***** K*****, ebendort, 20. E***** Z*****, ebendort, 21. F***** V*****, ebendort, 22. A***** O*****, ebendort, 23. M***** O*****, ebendort, 24. M***** S*****, ebendort, 25. S***** F*****, ebendort, 26. K***** Z*****, ebendort, 27. R***** Z*****, ebendort, 28. M***** B*****, ebendort, 29. R***** B*****, ebendort, 30. F***** A***** H*****, 31. O***** A*****, 32. H***** P*****, 33. M***** P*****, ebendort, 34. A***** C*****, 35. R***** J***** S*****, 36. E***** S*****, ebendort, 37. H***** H*****, ebendort, 38. R***** H*****, ebendort, 39. H***** W*****, ebendort, 40. J***** S*****, 41. G***** R*****, 42. C***** R*****, ebendort, 43. O***** M*****, 44. R***** A***** M*****, ebendort, 45. R***** G*****, ebendort, 46. G***** *****, ebendort, 47. H***** R*****, ebendort, 48. M***** R*****, ebendort, 49. M***** R***** H*****, 50. S***** Ö*****, ebendort, 51. G***** R*****, ebendort, 52. J***** R*****, ebendort, 53. J***** L*****, ebendort, 54. I***** L*****, ebendort, 55. M***** B*****, ebendort, 56. B***** E***** B*****, ebendort, 57. F***** G*****, ebendort, 58. N***** P*****, ebendort, 59. N***** P*****, ebendort, 60. A***** S*****, ebendort, 61. R***** M*****, 62. M***** P*****, ebendort, 63. R***** P*****, ebendort, 64. A***** R***** H***** L*****, ebendort, 65. J***** S*****, ebendort, 66. I***** S*****, ebendort, 67. F***** H*****, ebendort, 68. B***** H*****, ebendort, 69. E***** S*****, ebendort, 70. F***** S*****, ebendort, 71. R***** K*****, ebendort, 72. B***** K*****, ebendort, 73. G***** N*****, 74. I***** N*****, 75. E***** B*****, ebendort, 76. S***** B*****, ebendort, 77. J***** Ö*****, ebendort, 78. B***** Ö*****, ebendort, 79. J***** G*****, ebendort, 80. B***** K*****, ebendort, 81. A***** M*****, ebendort, 82. G***** M*****, ebendort, 83. A***** S*****, ebendort, 84. I***** S*****, ebendort, 85. J***** R*****, ebendort, 86. M***** R*****, ebendort, 87. E***** O*****, ebendort, 88. I***** D*****, 89. Mag. S***** P*****, 90. M***** S*****, 91. L***** S*****, ebendort, 92. M***** D*****, ebendort, 93. A***** D*****, ebendort, 94. E***** H*****, ebendort, 95. E***** M***** M*****, ebendort, 96. E***** P*****, 97. R***** H*****, 98. G***** E*****, 99. A***** U*****, 100. A***** R*****, 101. H***** A***** J*****, 102. Mag. H***** J*****, ebendort, 103. J***** H*****, ebendort, 104. E***** H*****, ebendort, 105. M***** W*****, 106. G***** A*****, ebendort, 107. M***** P*****, 108. S***** P*****, ebendort, 109. M***** F*****, 110. H***** M***** W*****, 111. Y***** Z*****, 112. A***** F*****, 113. J***** S*****, 114. B***** S*****, ebendort, 115. U***** K*****, 116. C***** B*****, 117. G***** W*****, 118. M***** W*****, ebendort, 119. A***** S*****, 120. E***** G*****, 121. J***** B*****, 122. A***** R*****, 123. A***** V*****, 124. J***** V*****, ebendort, 125. A***** H*****, 126. E***** B*****, 127. E***** G*****, 128. I***** G*****, ebendort, 129. H***** K*****, 130. L***** N*****, 131. R***** B*****, 132. G***** B*****, 133. G***** H*****, 134. F***** P*****, 135. A***** Y*****, 136. S***** Y*****, ebendort, 137. L***** P*****, 138. Z***** M***** P*****, ebendort, 139. W***** G*****, 140. A***** G*****, ebendort, 141. I***** T*****, 142. M***** T*****, ebendort, 143. Z***** B*****, 144. I***** B*****, ebendort, 145. D***** F*****, 146. R***** V*****, 147. M***** V*****, 148. M***** B*****, ebendort, 149. S***** K*****, 150. A***** S*****, 151. M***** G*****, 152. M***** K*****, 153. T***** Y*****, 154. G***** K*****, 155. R***** Z*****, 156. H***** P*****, 157. H***** N*****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 WEG, über den Revisionsrekurs der Erst- bis Viertantragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 11. Juli 2013, GZ 1 R 54/13d-31, mit dem über Rekurs der Erst- bis Viertantragsgegner der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Enns vom 11. Dezember 2012, GZ 3 Msch 8/11v-27, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Erst- bis Viertantragsgegner sind schuldig, den Erst-, Zweit-, Dritt-, Sechst- und Siebentantragstellern deren mit EUR 627,12 (darin enthalten EUR 104,52 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Sämtliche Parteien sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 637 GB *****.

In der ersten Hälfte des Jahres 2011 sprach sich die Eigentümergemeinschaft mit einer Mehrheit von 65,23 % für die Kündigung der bis dahin tätigen Hausverwaltung mit Ablauf des Jahres 2011 unter gleichzeitiger Bestellung eines bereits namentlich angeführten neuen Verwalters ab diesem Zeitpunkt aus. Die Kundmachung dieses Beschlusses erfolgte am 20.07.2011. Im Verfahren 3 Msch 5/11b des Bezirksgerichts Enns wurde das Begehren der Erst- bis Viertantragsgegner auf Feststellung der Unwirksamkeit dieses Mehrheitsbeschlusses abgewiesen. Diese Abweisung erwuchs in Rechtskraft.

Kurze Zeit nach Bekanntmachung des Beschlusses über die Verwalterkündigung mit Ablauf des Jahres 2011 initiierten der aufgekündigte Verwalter und die Erst- bis Viertantragsgegner eine neuerliche Beschlussfassung, wobei das genaue Vorgehen durch einen Mitarbeiter des Verwalters vorgegeben wurde. Dazu wurde das Rundschreiben vom 29.07.2011 verfasst, dem ein – an den Verwalter zu sendendes – Rückantwortblatt mit (auszugsweise) folgendem Text angeschlossen war:

„Sehr geehrte Damen und Herren! Aufgrund Ihres Rundschreibens vom 29. Juli 2011 teile(n) ich/wir wie folgt mit: Ich/Wir bin/sind einverstanden, dass der derzeit tätige Verwalter […] die Verwaltung der Liegenschaft […] auch über das Jahr 2011 hinaus weiterführt. Diese Entscheidung ersetzt das bisherige Abstimmungsverhalten und gilt auch für mögliche Rechtsnachfolger. […]“

Die Rückantwortblätter wurden zum Teil persönlich eingesammelt. Jenen Wohnungseigentümern, die nicht angetroffen wurden, bzw welche als Gegner des bisherigen Verwalters bekannt waren, wurde das Rundschreiben samt Rückantwortblatt per Post zugesandt. Weder das Rückantwortblatt noch das Rundschreiben vom 29.07.2011 enthielten einen Hinweis auf ein allfälliges Enddatum der Abstimmung bzw einen Zeitpunkt, bis zu dem das Rückantwortblatt dem Hausverwalter zu übersenden war. Ein Mitarbeiter des Verwalters wertete die einlangenden Rückantwortblätter laufend aus. Am 26.09.2011 erfolgte eine letztmalige Auszählung, wobei die Mit- und Wohnungseigentümer mit Schreiben vom selben Tag vom Hausverwalter über das Ergebnis der Abstimmung verständigt wurden. Danach hätten sich 54,129 % für die Beibehaltung der bisherigen Hausverwaltung ausgesprochen. 1,921 % hätten dagegen gestimmt.

Die Erst- bis Siebentantragsteller begehrten die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses vom 26.09.2011 über die Weiterführung der Hausverwaltung des […] für die Liegenschaft EZ 637 […] auch über das Jahr 2011 hinaus. Dieser Beschluss sei nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend zustande gekommen, weil einzelne Wohnungseigentümer von der Abstimmung nicht bzw nicht ordnungsgemäß verständigt worden seien. Entgegen gesetzlicher und standesrechtlicher Vorschriften habe sich die Hausverwaltung am Willensbildungsprozess massiv beteiligt, indem sie die Abstimmung initiiert und das Schreiben vom 29.07.2011 verfasst und versendet habe. Auch sei nicht bekannt gegeben worden, bis zu welchem Zeitpunkt das Rückantwortformular zurückzusenden sei. Einzelne Wohnungseigentümer seien durch Mitarbeiter des Verwalters in die Irre geführt worden; die Auswertung der Stimmen sei unrichtig erfolgt.

Die Erst- bis Viertantragsgegner bestritten die behauptete Irreführung und unrichtige Auswertung der Rückantwortblätter und wendeten darüber hinaus ein, sie und weitere Antragsgegner seien vom Verwalter bei der verfahrensgegenständlichen Beschlussfassung lediglich unterstützt worden. Gemeinsam seien die Abstimmungslisten erstellt worden, aufgrund derer in weiterer Folge die Unterschriften eingesammelt worden seien.

Das Erstgericht gab dem Antrag statt und stellte die Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses über die Weiterführung der Hausverwaltung […] über das Jahr 2011 hinaus fest. Erfolge die Beschlussfassung – wie hier – im Umlaufverfahren, könne eine einmal abgegebene Stimme jedenfalls bis zur Beendigung des Abstimmungsvorgangs geändert werden, weswegen dem Zeitpunkt der Beendigung des Vorgangs entscheidende Bedeutung zukomme. Heranzuziehen seien die Überlegungen der Entscheidung 5 Ob 2306/96w, wonach es nicht sachgerecht erscheine, die Beendigung der Abstimmung und damit die Feststellungen eines wirksamen Beschlusses dem alleinigen Verhalten des Initiators des Abstimmungsvorgangs zu überlassen. Auch im vorliegenden Fall sei der Abstimmungsvorgang zu einem Zeitpunkt beendet worden, als 43,95 % „der Wohnungseigentümer ihre Stimme“ noch nicht abgegeben hätten. Durch diese Vorgangsweise sei es gänzlich im Gutdünken der Antragsgegner bzw eines Mitarbeiters des Verwalters gelegen gewesen, das Ergebnis der Abstimmung zu ihren Gunsten zu beeinflussen, weil bei einem längeren Zuwarten (auf die restlichen 43,95 % der Stimmen) die Möglichkeit bestanden hätte, dass sich das Abstimmungsergebnis von einer Zustimmung zu einer Ablehnung hin ändere. Im konkreten Fall wäre es erforderlich gewesen, dass das Abstimmungsende für die Wohnungseigentümer zumindest bestimmbar gewesen wäre.

Dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der Erst- bis Viertantragsgegner gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Bei einem schriftlichen Umlaufbeschluss komme die Entscheidung erst dann zustande, wenn auch dem letzten Miteigentümer die Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sei. Dabei sei eine angemessene Äußerungsfrist einzuräumen, weswegen es für das Zustandekommen des Beschlusses einer Mindestfrist bedürfe. Bei einem Zirkularbeschluss, bei dem die Stimmen nach und nach abgegeben und möglicherweise auch wieder geändert werden könnten, dürfe die Festlegung des Zeitpunkts der Beendigung des Abstimmungsvorgangs nicht dem alleinigen Verhalten des Initiators des Abstimmungsvorgangs überlassen werden. Wolle man bei einem Umlaufbeschluss dem in Eigentümerversammlungen stattfindenden Diskussionsprozess Raum geben, müsse auch ein Eingehen auf Argumente des zuletzt verständigten Miteigentümers ermöglicht werden, was sinnvollerweise voraussetze, dass auch jenen, die ihre Äußerung bereits abgegeben hätten, bewusst sei, noch nicht gebunden zu sein. Im vorliegenden Fall habe es an einem allen Beteiligten erkennbaren oder bestimmbaren Ende des Abstimmungsvorgangs gefehlt, weswegen dessen Beendigung durch die Initiatoren willkürlich erfolgt sei. Der Hinweis im Rückantwortschreiben, „diese Entscheidung ersetze das bisherige Abstimmungsverhalten“, vermenge die ursprüngliche Beschlussfassung mit der nunmehrigen Abstimmung, weshalb es auch aus dieser Sicht notwendig gewesen wäre, das Ende des Vorgangs für die daran Beteiligten transparent zu gestalten.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil es über die bisherige Rechtsprechung hinaus davon ausgegangen sei, dass eine ordnungsgemäße Beschlussfassung iSd § 24 WEG einen Endtermin bzw einen bestimmbaren Termin erfordere.

Die Erst- bis Viertantragsgegner beantragen in ihrem Revisionsrekurs, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass der Antrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit abgewiesen werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Erst- bis Fünftantragsteller begehren, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1.1 Bei der Bekämpfung von Mehrheitsbeschlüssen gemäß § 24 Abs 6 WEG sind Anfechtungsgegner – aus Sicht der Antragsteller – alle anderen Wohnungseigentümer (H. Löcker in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 24 Rz 76 mit Judikaturnachweisen). Diesen kommt Parteistellung zu, weswegen sie als Antragsgegner in das Verfahren einzubeziehen sind.

1.2 Nach § 58 Abs 1 Z 1 und Abs 3 iVm § 71 Abs 4 AußStrG ist auch bei Vorliegen eines schweren Verfahrensmangels vor der Entscheidung auf Aufhebung und Zurückverweisung der Außerstreitsache an eine Vorinstanz zu prüfen, ob nicht eine Bestätigung „selbst aufgrund der Angaben im [Revisions-]Rekursverfahren“ oder eine Abänderung ohne weitere Erhebung möglich ist. Da zunächst sowohl der Sachbeschluss zweiter Instanz als auch der Revisionsrekurs bloß einzelnen Miteigentümern zugestellt wurde, die das Erstgericht unter Außerachtlassung der dafür vorgesehenen Förmlichkeiten als Zustellempfänger bestimmte, war es erforderlich, den derart übergangenen Parteien Gelegenheit zu geben, sich am Revisionsrekursverfahren zu beteiligen (vgl 3 Ob 76/08k). Über Auftrag des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 191/13v vom 06.11.2013) wurde die Zustellung der Rekursentscheidung sowie des Revisionsrekurses an sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer durch Hausanschlag an allen Stiegen des Hauses bzw in allen Häusern nachgeholt. Weitere Mit- und Wohnungseigentümer haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

2.1 Die Grundsätze der Willensbildung der Eigentümergemeinschaft sind in § 24 WEG geregelt. Danach dient zur Willensbildung vornehmlich die Eigentümerversammlung, doch können Beschlüsse auch - allenfalls ergänzend zu den in einer Eigentümerversammlung abgegebenen Erklärungen - auf andere Weise, etwa auf schriftlichem Weg zustande kommen (§ 24 Abs 1 WEG). Die Willensbildung kann daher auch im Wege so genannter Umlaufbeschlüsse erfolgen. Das kann in Form von Unterschriftenlisten (vgl 5 Ob 146/01h ecolex 2002/67, 127; 5 Ob 18/07v immolex 2008/5, 17; 5 Ob 164/07i wobl 2008/72, 223 [Call] ua) oder auch im Wege einer brieflichen Befragung/Beantwortung geschehen (5 Ob 149/12s EvBl 2013/75, 512 [Peseck] = wobl 2013/73, 209 [Etzersdorfer]). Auch eine Kombination solcher Beschlussformen ist zulässig (H. Löcker aaO, § 24 Rz 23). Eine gesonderte Beschlussfassung oder Verständigung über diese Vorgangsweise muss dieser Art der Willensbildung nicht vorangehen (RIS-Justiz RS0108769). Auch die Beschlussfassung über die Auflösung des Verwaltungsvertrags kann auf diesem Weg erfolgen (5 Ob 2382/96x immolex 1998/49; 5 Ob 118/02t wobl 2004/39, 150 [Vonkilch]; 5 Ob 315/03i wobl 2003/188, 355). Die Frage, ob die von der Eigentümergemeinschaft beschlossene Auflösung des Verwaltungsvertrags zurückgenommen wird, ist damit ebenfalls der Willensbildung im Wege eines Zirkularbeschlusses zugänglich.

2.2 Da die Willensbildung in Form eines Umlaufbeschlusses der Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung gleichsteht, hat sie den Anforderungen des § 24 WEG zur Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung zu entsprechen. Die Wirksamkeit der Beschlussfassung hängt - abgesehen von der Heilung durch Unterlassung der Anfechtung eines ursprünglich unwirksamen, aber ordnungsgemäß bekannt gemachten Beschlusses - davon ab, dass allen Wohnungseigentümern Gelegenheit zur Äußerung gegeben wurde (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II22 § 24 WEG Rz 9 mwN). Bis dahin ist ein Wohnungseigentümer an seine bereits abgegebene Erklärung nicht gebunden (§ 24 Abs 1 letzter Satz WEG). Auch bei einem schriftlichen Umlaufbeschluss kommt die Entscheidung dann zustande, wenn dem letzten Miteigentümer die Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde (5 Ob 18/07v; 5 Ob 164/07i; 5 Ob 93/08z = immolex 2009/46, 118 [Mayer/Hülle]; RIS-Justiz RS0108769).

2.3 Die Dauer der Überlegungsfrist ist von maßgeblicher Bedeutung für die Meinungsbildung und dient als äquivalent für die sonst regelmäßig in der Eigentümerversammlung vor Beschlussfassung stattfindende Diskussion unter den Wohnungseigentümern. Dieser Prozess dient nicht nur der eigenen Stimmabgabe, sondern auch der Werbung für den eigenen Standpunkt (5 Ob 2306/96w). Die konkrete Dauer der Überlegungsfrist, ob also allen Wohnungseigentümern ausreichend Gelegenheit zur Äußerung geboten wurde, hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0124152 = 5 Ob 113/08s). Aus § 25 Abs 2 WEG leitet die Lehre (H. Löcker aaO, § 24 Rz 26; Würth/Zingher/Kovanyi aaO, § 24 WEG Rz 12) ab, dass die Überlegungsfrist bei einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren im Regelfall mindestens zwei Wochen betragen soll. In der Rechtsprechung wurde auch eine Frist von neun Tagen als nach den Umständen ausreichend erachtet (5 Ob 113/08s wobl 2009/17, 42 [Kramer]).

3.1 Von der Frage nach der im Einzelfall konkret gebotenen Dauer der Überlegungsfrist ist jene zu unterscheiden, ob es, wie das Rekursgericht meint, zur Rechtswirksamkeit eines im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses erforderlich ist, dass die Initiatoren einer solchen Beschlussfassung einen Endtermin nennen, oder ein solcher für die Wohnungseigentümer zumindest bestimmbar ist. Zu Recht hält das Rekursgericht in diesem Zusammenhang fest, dass das Gesetz dazu für die Willensbildung im Umlaufverfahren keine ausdrückliche Anordnung trifft.

3.2 Eine Fristsetzung sieht das Gesetz in § 25 Abs 3 Satz 2 WEG lediglich für die (nachträgliche) Äußerung vor. Danach hat der Verwalter, wenn eine Abstimmung keine Mehrheit der Miteigentumsanteile für oder gegen einen Vorschlag ergeben hat, zur Herbeiführung eines Beschlusses die bei der Versammlung nicht erschienen und auch nicht rechtswirksam vertretenen Wohnungseigentümer zugleich mit der Bekanntmachung der Niederschrift aufzufordern, sich zu dieser Frage ihm gegenüber innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu äußern. Damit ist das so genannte additive Verfahren angesprochen. Die Setzung einer Frist bezweckt hier eine möglichst rasche Klarstellung, weil jene Wohnungseigentümer, die zur Eigentümerversammlung ordnungsgemäß geladen wurden und in dieser abgestimmt haben, solange an ihre Stimmabgabe gebunden bleiben (vgl Würth/Zingher/Kovanyi aaO, § 25 WEG Rz 11). Als fakultatives Instrument wird das additive Verfahren in der Literatur zwar auch bei einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren für zulässig erachtet (vgl Dirnbacher, WEG idF WRN 2009, 319; offen lassend: 5 Ob 185/04y wobl 2005/60 [Call]). Es findet aber auf eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren jedenfalls dann keine (sinngemäße) Anwendung, wenn bereits in einem ersten Durchgang eine Mehrheit in die eine oder andere Richtung feststeht. Eine ausdrückliche oder auch bloß bestimmbare Terminisierung als allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren kann aus der Bestimmung des § 25 Abs 3 WEG nicht abgeleitet werden.

3.3 In den Entscheidungen 5 Ob 141/12i (wobl 2013/18 = immolex 2013/13, 53 [Hagen]) und 5 Ob 2/13z (wobl 2013/113, 290) wurde zwar jeweils festgehalten, dass das die Beschlussfassung einleitende Schreiben keine Hinweise enthalten habe, bis wann die Stimmabgabe erfolgen solle. Dass allein das Fehlen eines solchen Hinweises im Beschlussverfahren die Rechtsunwirksamkeit der Beschlussfassung bewirke, kann diesen Entscheidungen nicht entnommen werden. Auch darüber hinaus finden sich in der Rechtsprechung keine Hinweise für eine ausdrückliche Befristung der Äußerungsfrist.

4.1 Wiederholt wurde aber ausgesprochen, dass die Festlegung des Zeitpunkts der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses nicht dem Gutdünken der Initiatoren eines Umlaufbeschlusses etwa in der Weise überlassen ist, dass diese den Abstimmungsvorgang willkürlich für beendet und das Ergebnis für verbindlich erklären könnten. Den Initiatoren des Umlaufbeschlusses soll nämlich gerade nicht die Möglichkeit eröffnet werden, durch die Wahl des Zeitpunkts mit der Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses so lange zuzuwarten, bis einzelne Wohnungseigentümer zur Änderung des Abstimmungsverhaltens bereit sind oder bis es etwa gar zur Änderung der Zusammensetzung der Eigentümergemeinschaft kommt (5 Ob 164/07i; 5 Ob 231/09w wobl 2010/156, 340 = immolex 2011/8, 20 [Prader]). Daraus wird abgeleitet, dass das Ergebnis der Stimmabgabe nach Ende einer ausreichenden Zeit zur Äußerung ohne sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung bekannt gegeben werden muss (vgl H. Löcker aaO, § 24 Rz 26; Würth/Zingher/Kovanyi aaO, § 24 WEG Rz 12 sprechen in diesem Zusammenhang von der Einhaltung einer Höchstfrist). Der vom Rekursgericht zur Begründung seiner Ansicht zugrunde gelegten Entscheidung 5 Ob 164/07i ging voraus, dass die Unterschriften für die Beschlussfassung zwischen April 2001 und September 2001 gesammelt, der Beschluss aber erst Ende September 2002 durch Anschlag kundgemacht wurde. Die Bekanntgabe des Ergebnisses rund ein Jahr nach Beendigung der Abstimmung erachtete der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung mit dem Wesen einer Beschlussfassung als nicht vereinbar.

4.2 Zum Eintritt der Bindungswirkung ist – entgegen einem Teil der Lehre – bei einem Umlaufbeschluss, falls nicht ausnahmsweise auf andere Weise der allseitige Zugang der Abstimmungserklärung dokumentiert ist, die Bekanntgabe des Ergebnisses erforderlich, um die Entscheidung rechtswirksam werden zu lassen (5 Ob 116/06d wobl 2007/69 [Löcker] = ecolex 2007/47, 105 [Friedl]; 5 Ob 118/02t; RIS-Justiz RS0106052). Bis zu diesem Zeitpunkt können die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung widerrufen; nach der Rechtsprechung sind sie iSd § 24 Abs 1 letzter Satz WEG bis dahin im Umlaufverfahren an ihre Stimmabgabe nicht gebunden (5 Ob 231/09w immolex 2011/8 [Prader]; RIS-Justiz RS0106052).

5. Bei der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung wird das Ende des Diskussionsprozesses und der Übergang zur eigentlichen Abstimmung für die teilnehmenden Wohnungseigentümer regelmäßig leicht erkennbar sein. Es mag daher zutreffen, dass auch bei einer Beschlussfassung im Umlaufverfahren idealerweise die Dauer der Äußerungsfrist definiert ist (so H. Löcker aaO, § 24 WEG Rz 26). Eine Bindung des einzelnen Wohnungseigentümers an seine Stimmabgabe wäre damit aber nicht verknüpft, weil diese nach den soeben erwähnten Grundsätzen erst mit dem Zugang der Abstimmungserklärung an alle am Willensbildungsprozess beteiligte Wohnungseigentümer eintritt. Der erkennende Senat vermag daher die Ansicht des Rekursgerichts nicht zu teilen, dass eine ordnungsgemäße (= rechtswirksame) Beschlussfassung nur dann vorliegt, wenn vorweg das Ende des Diskussionsprozesses im Verfahren über die Beschlussfassung im Umlauf bestimmt oder zumindest bestimmbar festgelegt wird. Allein das Fehlen einer solchen Angabe zieht noch nicht die Rechtsunwirksamkeit der Beschlussfassung nach sich, wenn sonst feststeht, dass allen Miteigentümern ausreichend Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt wurde, und die Beendigung des Verfahrens keine Willkür seitens der Initiatoren darstellt.

6.1 Für den Standpunkt der Revisionsrekurswerber ist jedoch daraus nichts gewonnen.

6.2 Bereits in der Entscheidung 5 Ob 2306/96w wurde ausgesprochen, dass es nicht sachgerecht wäre, die Festlegung der Beendigung der Abstimmung und damit die Feststellung eines wirksamen Beschlusses dem alleinigen Verhalten des Initiators des Abstimmungsvorgangs in der Weise zu überlassen, dass der Initiator unmittelbar nach Zugang der (seiner Ansicht nach) die Mehrheit bildenden Unterschriften die Abstimmung für beendet und das Ergebnis für verbindlich erklärt. Ob die Feststellungen, wonach am 26.09.2011 eine letztmalige Auszählung erfolgte, und die Wohnungseigentümer noch mit Schreiben vom selben Tag durch den Hausverwalter über das Ergebnis der Abstimmung verständigt wurden, für eine solche verpönte Vorgangsweise sprechen, muss hier nicht näher geprüft werden. Maßgeblich ist nämlich, dass der Verwalter noch während des Gerichtsverfahrens zur Prüfung der Rechtswirksamkeit des Beschlusses über seine eigene Abberufung gemeinsam mit den nunmehrigen Antragsgegnern eine neuerliche Abstimmung mit dem von ihm verfassten Rundschreiben vom 29.07.2011 in Gang setzte. Darin wurden die Wohnungseigentümer auf eine angebliche Mehrheit für den Verwalterwechsel angesprochen und auf die – aus Sicht des Verwalters – bestehenden Vorzüge bei Beibehaltung der bisherigen Verwaltung hingewiesen.

6.3 § 28 WEG regelt die Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung. Dazu zählt auch die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltervertrags (§ 28 Abs 1 Z 5 WEG). Grundsätzlich obliegt die ordentliche Verwaltung dem bestellten Verwalter. Das gilt nach Aufkündigung des Verwaltervertrags (§ 21 Abs 1 WEG) zwar auch für die Dauer der Kündigungsfrist. Von den durch den Verwalter wahrzunehmenden Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung ist jedoch sein Verhältnis zu den Miteigentümern ausgenommen. Die Angelegenheiten nach § 28 Abs 1 Z 5 fallen daher nicht in seine Zuständigkeit (H. Löcker aaO, § 28 Rz 82; Würth/Zingher/Kovanyi aaO, § 28 WEG Rz 3). Die Initiierung einer neuerlichen Beschlussfassung über die Frage der Verwalterbestellung zählte im vorliegenden Fall nicht mehr zu den vom Verwalter während der Dauer der Kündigungsfrist wahrzunehmenden Angelegenheiten. Der mit Beschluss vom 20.07.2011 abberufene Verwalter verfolgte mit der (Mit-)Initierung einer neuerlichen Abstimmung über diese Frage ausschließlich eigene Interessen.

6.4 Für den Fall, dass ein Dritter an die Wohnungseigentümer herantritt, um einen in seinem Interesse gelegenen Mehrheitsbeschluss zu erwirken, wurde bereits ausgesprochen, dass damit eine Unsicherheit erzeugt wird, die geeignet ist, einen Einfluss auf die Willensbildung der Wohnungseigentümer zu bewirken (5 Ob 149/12s). Der Fall einer (Mit-)Initiierung eines Beschlusses im Umlaufverfahren durch den (aufgekündigten) Verwalter in einer in seinem eigenen Interesse gelegenen Angelegenheit kann vor diesem Hintergrund nicht anders gesehen werden. Für eine solche Beschlussfassung muss daher feststehen, dass durch den dadurch bewirkten Formfehler keine Beeinträchtigung der Willensbildung auch jener Miteigentümer bewirkt werden konnte, die gegen die vorgeschlagene Maßnahme stimmten oder sich der Abstimmung enthielten. Das bloße Feststehen, dass eine Mehrheit zustimmte, klärt diese Frage ebenso wenig wie der Umstand, dass allen Miteigentümern Gelegenheit geboten wurde, sich an der Abstimmung zu beteiligen (RIS-Justiz RS0128493 = 5 Ob 149/12s). Gerade diese Voraussetzungen stehen hier nicht fest und wurden von den Antragsgegnern im Verfahren erster Instanz auch nicht behauptet.

7. Dem Revisionsrekursverfahren ist damit im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.

Leitsätze

  • Zur Rechtswirksamkeit eines im Umlaufverfahren gefassten Beschlusses

    Das Fehlen einer konkreten Frist zur Stimmabgabe im Umlaufbeschluss zieht nicht dessen Rechtsunwirksamkeit nach sich. Vielmehr muss den Wohnungseigentümern eine angemessene Zeit zur Äußerung eingeräumt werden. Da die Rechtskraft des Beschlusses erst mit Bekanntgabe der Entscheidung eintritt, können Entscheidungen bis dahin noch widerrufen werden.
    WEKA (gau) | Judikatur | Leitsatz | 5 Ob 191/13v | OGH vom 20.05.2014 | Dokument-ID: 697173