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Andrea Weisert | News | 07.04.2021

Ablauf befristeter Mietverhältnisse – stillschweigende Verlängerung?

Gastautorin Dr. Andrea Weisert erläutert anhand einer aktuellen OGH-Entscheidung, was es bei der Verlängerung eines befristeten Mietverhältnisses zu beachten gilt. Kann eine stillschweigende Erneuerung einfach so erfolgen?

Voraussetzung für befristete Mietverträge 

Soll ein Mietvertrag nur auf bestimmte Zeitdauer gelten (befristet sein), muss neben der Einhaltung des Schriftformgebotes weiters die Festlegung eines unbedingten Endtermines beachtet werden.

Eine Befristung ist durchsetzbar, wenn von vornherein durch Datum oder Fristablauf ein Endtermin bestimmt ist (RS 0090569). Dabei genügt grundsätzlich jede Formulierung, die der Absicht des Gesetzgebers entspricht, nämlich dass sich der Mieter von Beginn an auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann. Dies ist der Fall, wenn entweder der Endtermin datumsmäßig angegeben oder wenn er durch die Angabe des Anfangszeitpunktes und der Mietdauer eindeutig festgelegt ist (RS 0070201).

D. h. der unbedingte Endtermin muss aus dem Mietvertrag hervorgehen.

Der Zweck dieser Bestimmung liegt einerseits in der Warn- und Aufklärungsfunktion für den Mieter, andererseits dient es auch zur Beweissicherung.

Mietverträge mit unbedingtem Endtermin haben die Wirkung, dass im Abschluss eines Mietvertrages auf bestimmte Zeit ein stillschweigender Kündigungsverzicht für die vereinbarte Vertragsdauer, dh eine Bindung beider Teile für die vereinbarte Zeit, liegt, sodass weder der Mieter noch der Vermieter das Vertragsverhältnis, abgesehen von den Fällen der §§ 11 17,1118 ABGB, vor der vereinbarten Zeit auflösen können. Im MRG-Bereich kann der Mieter nach einem Jahr unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist kündigen.

Befristungsdauer

Während im ABGB jegliche Befristungsdauer möglich ist, sieht das MRG eine Mindestbefristung von 3 Jahren vor.

Endigung

Befristete Mietverträge gelten gemäß § 29 Abs 1 Z 3 MRG bzw im ABGB-Bereich gem § 1114 ABGB durch Ablauf der vereinten Vertragsdauer als aufgelöst.

Wenn sich für den Vermieter abzeichnet, dass sein Mieter trotz Befristung keine Anstalten macht, die Wohnung zu räumen, muss er reagieren. Die Nichtreaktion kann zur Folge haben, dass der Mietvertrag im MRG-Bereich einmalig als auf 3 Jahre erneuert gilt, ein weiteres Mal sogar auf unbestimmte Zeit.

Im ABGB-Bereich grundsätzlich auf die Zeit, die vorher vereinbart war (bei Pachtverträgen nur ein Jahr bzw wenn der ordentliche Genuss erst in einem späteren Zeitraum erfolgen kann, auf eine so lange Zeit, als notwendig ist, um die Nutzungen einmal beziehen zu können). Für wiederholte Erneuerungen gilt das gleiche.

Reaktionsfrist bei stillschweigender Erneuerung

Die stillschweigende Erneuerung des Bestandsvertrages wird dann angenommen, wenn Mietverhältnisse durch den Mieter trotz Ablaufs der vereinbarten Befristung, weiterhin fortgeführt werden und der Vermieter es dabei bewenden lässt. Als Reaktionsfrist wird im Gesetz 14 Tage nach Ablauf der Bestandzeit genannt, innerhalb derer der Vermieter reagieren muss. Die Reaktion kann einerseits vor Ablauf der Bestandzeit durch Einbringung eines Übergabsauftrags bzw nach Ablauf der Bestandzeit durch Einbringung einer Räumungsklage bestehen.

Dass jedoch der gerichtliche Schritt innerhalb von 14 Tagen nach Ablauf der Bestandzeit gesetzt werden muss, ist in vielen Fällen nicht unbedingt notwendig. Wichtig ist, dass außergerichtlich seitens des Vermieters (aber auch des Mieters) zum Ausdruck gebracht wird, dass bestehende Bestandverhältnisses nicht fortsetzen zu wollen.

Erklärung gegen die stillschweigende Erneuerung

Die in § 569 ZPO iVm § 1114 ABGB aufgestellte Vermutung der stillschweigenden Erneuerung gilt als dann widerlegt, wenn der betreffende Vertragspartner seinen Willen, eine stillschweigende Erneuerung des Vertrages zu verhindern, durch unverzüglich, nach außen erkennbare Erklärungen und Handlungen so deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass bei objektiver Würdigung kein Zweifel an seiner ernstlichen Ablehnung einer solchen Vertragsänderung aufkommen kann.

Diese Erklärung muss allerdings in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Ende des befristeten Bestandverhältnisses stehen. Dies kann auch schon vor Ablauf der Bestandzeit außergerichtlich erfolgen.

D. h. liegen außergerichtlich Erklärungen oder Handlungen vor, die eine Fortsetzung des Bestandverhältnisses ablehnen, ist die Nichttätigkeit des Vermieters/Mieters innerhalb der 14 Tage noch nicht schädlich. Es sollten aber zeitnah gerichtliche Handlungen erfolgen.

Aber auch umgekehrt hat diese Vermutung zu gelten, der Wille des Mieters, der gegenüber dem Vermieter zum Ausdruck bringen will, dass er eine stillschweigende Erneuerung ablehnt, muss so deutlich sein, dass bei objektiver Würdigung kein Zweifel an der ernstlichen Ablehnung einer solchen Vertragsverlängerung aufkommen kann. Dies richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles.

Das Verhalten bei Beendigung von Bestandverhältnissen hat sich auch nach Anforderungen von Treu und Glauben zu orientieren. Hat zB der Bestandnehmer den Bestandgeber zunächst veranlasst, von der beabsichtigten Einbringung der Räumungsklage abzusehen, weil er ohnehin gewillt war, einen Räumungsvergleich abzuschließen und beruft sich dann auf eine stillschweigende Verlängerung des Bestandverhältnisses, widerspricht dieses Verhalten in krasser Weise den geforderten Loyalitätsgrundsätzen. Von einer stillschweigenden Verlängerung in diesem Fall war daher nicht auszugehen (OGH 1 Ob 698/89).

Oder wenn der Mieter bekannt gibt, das Grundstück kaufen zu wollen und immer wieder vertröstet wird seitens des Vermieters und auch keine Mietzinszahlungen verlangt werden, ist von einer stillschweigenden Verlängerung nicht auszugehen.

Folge der stillschweigenden Erneuerung

Die Folge der stillschweigenden Erneuerung ist, dass der ursprüngliche Vertrag fortgesetzt wird und die Bestimmungen für die Regelung des Rechtsverhältnisses weiterhin maßgebend bleiben, demzufolge ist der Mieter auch zur Bezahlung des Zinses in der bisher vereinbarten Höhe verpflichtet und kann zB auch erst wieder nach einem Jahr unter Einhaltung der vereinbarten oder gesetzlichen Fristen aufkündigen (im MRG-Bereich). Eine Erhöhung des Zinses kann in der Regel nur aufgrund von Wertsicherung erfolgen.

Gebrauch des Räumungstitels

Zu beachten ist, dass Aufträge zur Übergabe oder Übernahme des Bestandgegenstands binnen 6 Monaten nach dem Eintritt der in diesen Aufträgen (oder im Hotel für Räumungen oder Übernahme) bestimmten Zeit wegen dieser Räumung oder Übernahme exekutiv durchgesetzt werden müssen. Der bloße Fristablauf bewirkt allerdings keine Erneuerung des Bestandvertrags, das Bestandverhältnis bleibt beendet und der Bestandnehmer ist Zurückstellung verpflichtet. Der Räumungsanspruch muss freilich neuerlich beantragt werden (§ 575 ZPO).

Aktuelle OGH-Entscheidung

In einer aktuellen Entscheidung des OGH (4 Ob 190/20z) wurde unter anderem die Frage behandelt, ob trotz intensiver Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Pachtvertrages, diversen Bedingungen, die aufgestellt worden sind, und Nichteinigung darüber, das Pachtverhältnis faktisch fortgesetzt worden ist.

Sachverhalt

Ursprünglich haben die Streiteile einen Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, wobei der Verpächter sich verpflichtet hat, von einem Kündigungsrecht 10 Jahre lang keinen Gebrauch zu machen. Infolge eines Streites betreffend Betriebskosten wurde ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, welcher einen Räumungstermin (Ende 2018) für die Pächter enthalten hat. Es kam zu keiner Räumung, die Parteien vereinbarten, dass das Pachtverhältnis provisorisch verlängert wird und nach der Errichtung eines neuen Pachtvertrages ein unbefristetes Pachtverhältnis entstehen würde. Der Pachtzins wurde erhöht.

Es kam jedoch zu keiner Einigung, die Verhandlungen über ein neues Pachtverhältnis scheiterten (August 2019). Der Verpächter begehrte Räumung, die Pächter brachten vor, dass das Pachtverhältnis einvernehmlich faktisch fortgesetzt worden sei, der Räumungstitel sei verjährt, es sei von einer stillschweigenden Erneuerung des Bestandverhältnisses auszugehen. Wie schon erwähnt muss binnen 6 Monaten von einem Räumungstitel Gebrauch gemacht werden, ansonsten erlischt der Titel, was aber nicht bedeutet, dass das ursprüngliche Bestandverhältnis dadurch fortgesetzt werden würde. Es bedeutet nur, dass die Räumung neu beantragt werden müsste.

Entscheidung des OGH

Es wurde daher judiziert, dass die Erneuerung des Bestandsvertrages nicht durch die bloße Unterlassung des rechtzeitigen Exekutionsantrages abgeleitet werden kann, sondern nur aus dem über diese Handlung hinausgehenden Verhalten und Erklärungen der Parteien beurteilt werden kann.

Gegenständlich war aufgrund der Vereinbarung der Parteien, das Pachtverhältnis provisorisch zu verlängern und nach Errichtung eines neuen Pachtvertrages ein unbefristetes Pachtverhältnis einzugehen, erkennbar, dass der Verpächter damit unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm an einer Fortsetzung des bisherigen Vertrages über dieses Datum hinaus nichts gelegen war, sondern lediglich eine Überbrückungsregelung für die Dauer von Neuvertragsverhandlungen getroffen wurde.

Die in den ob erwähnten Bestimmungen aufgestellte Vermutung über die Erneuerung eines Bestandsvertrages wird daher durch jeden Vorgang widerlegt, durch den ein Vertragspartner seinen Willen, die stillschweigende Erneuerung des Vertrages zu verhindern, durch unverzügliche, nach außen erkennbare eindeutige Erklärungen oder Handlungen so deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass bei objektiver Würdigung kein Zweifel an einer ernstlichen Ablehnung der Vertragserneuerung aufkommt und für den Bestandnehmerin in unzweideutiger Weise zum Ausdruck gebracht wird, dass der Bestandgeber nicht gewillt ist, das Bestandverhältnis über einem bestimmten Termin hinaus fortzusetzen.

Fazit

Es empfiehlt sich daher für Bestandnehmer und Bestandgeber zeitnah ihren Willen zum Ausdruck zu bringen, ob eine Verlängerung des Mietverhältnisses gewünscht bzw möglich ist.

Autorin

Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.

Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online und ist Autorin von Loseblattwerken zum WEG und Zivilverfahrensrecht.

www.weisert.at