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Eva-Maria Hintringer | News | 04.04.2024

Unzulässiges Vorkaufsrecht im geförderten Wohnbau

Der OGH beschäftigte sich neulich mit der Frage, ob ein unbefristetes Vorkaufsrecht zulasten eines Wohnungseigentümers auch dann unzulässig ist, wenn es der Vermeidung von Spekulation mit geförderten Wohnungen dient.

OGH-Entscheidung: Sachverhalt

Die Klägerin erwarb von einem Bauträger eine Eigentumswohnung. Im Kauf- und Bauträgervertrag räumte sie der beklagten Stadtgemeinde ein Vorkaufsrecht ein, das unbefristet für alle Arten der Veräußerung, ausgenommen die Veräußerung zwischen Ehegatten sowie Eltern und Kindern, gilt, wobei auch in diesem Fall das Vorkaufsrecht nicht erlischt. Zudem kommt der Stadtgemeinde das Recht der Namhaftmachung eines anderen Vorkaufsberechtigten zu.

Hintergrund der Einräumung des Vorkaufsrechts war, dass die Beklagte dem Bauträger zur Umsetzung des Wohnbauprojekts Grundstücke zu einem erheblich unter dem Marktwert liegenden Kaufpreis verkauft hatte. Im Gegenzug hatte sich der Bauträger verpflichtet, einen Teil des Projekts als geförderten Wohnbau auszuführen und die geförderten Wohnungen nur mit Zustimmung der Beklagten, die von der Einräumung des Vorkaufsrechts abhängig gemacht wurde, zu verkaufen.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung der Nichtigkeit des verbücherten Vorkaufsrechts.

Rechtliche Beurteilung zur Beschränkung von Vorkaufs- und Wiederkaufsrechten

Gem § 38 Abs 1 Z 3 WEG 2002 sind Vereinbarungen oder Vorbehalte, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder -eigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder unbillig zu beschränken, rechtsunwirksam, insbesondere Vereinbarungen über Vorkaufs- und Wiederkaufsrechte. Umfasst sind davon Aufhebungen oder Beschränkungen von Nutzungs- und Verfügungsrechten, die einer vernünftigen Interessenabwägung widersprechen.

Von § 38 WEG 2002 sind nach hM nicht nur vertragliche Abreden erfasst, die der Wohnungseigentumsorganisator selbst schließt, sondern auch Vereinbarungen zwischen Wohnungseigentumsbewerber, Wohnungseigentümer oder der Eigentümergemeinschaft mit Dritten, deren Abschluss von ihm (noch) unter Ausnutzung seiner Vertragsübermacht veranlasst wurden.

Zu den von § 38 Abs 1 WEG 2002 erfassten Rechten zählt auch das Recht des Wohnungseigentümers, durch Veräußerung über seine Anteile (Wohnung) zu verfügen. Das vorliegende Vorkaufsrecht schränkt dieses Recht schon durch die fehlende zeitliche Befristung ein. Hinzukommen die genannten Erweiterungen des Vorkaufsrechts.

Vermeidung von Spekulation mit geförderten Wohnungen als Rechtfertigung für Beschränkung?

Wenngleich das Interesse der Beklagten, die Spekulation mit geförderten Wohnungen hintanzuhalten, nachvollziehbar ist, so kann der geringe Kaufpreis eine solche Einschränkung nicht rechtfertigen. Das ergibt sich auch aus § 15g WGG, dessen befristetes Vorkaufsrecht als Ausnahme vom Verbot des § 38 Abs 1 Z 3 WEG 2002 konzipiert ist und darauf abzielt, Spekulationen mit geförderten Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten zu verhindern. Wenn der Gesetzgeber zur Verhinderung von Spekulation ein befristetes Vorkaufsrecht grundsätzlich als ausreichend ansieht und Veräußerungen nicht unbegrenzt, sondern nur eine gewisse Zeit lang als Spekulation ansieht, ist nicht nachvollziehbar, warum im Anlassfall eine unbeschränkte Einschränkung notwendig sein sollte. Ein dauerhaft gebundenes Eigentum und damit ein „Eigentum zweiter Klasse“ ist mit § 38 Abs 1 Z 3 WEG 2002 nicht vereinbar.

Fazit

Ein unbefristetes Vorkaufsrecht zulasten eines Wohnungseigentümers ist auch dann gem § 38 Abs 1 Z 3 WEG 2002 unzulässig, wenn es der Vermeidung von Spekulation mit geförderten Wohnungen dient. Aus § 15g WGG ergibt sich, dass auch der Gesetzgeber ein befristetes Vorkaufsrecht als ausreichend erachtet und Veräußerungen nicht unbegrenzt als Spekulation ansieht.

OGH 21.11.2023, 10 Ob 25/23h