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Andrea Weisert | News | 15.06.2015
Nachbarschaftliche Querelen wegen Wildwuchs aus Nachbars Garten
Gastautorin Dr. Weisert informiert in ihrem Beitrag darüber, was Nachbarn gegen störende Immissionen, wie z. B. überhängende Äste vom Nachbarsgrundstück, tun können. Wer muss für die Kosten und die Entsorgung aufkommen?
Jeder Eigentümer einer Sache darf diese grundsätzlich beliebig gebrauchen, zerstören und über sie rechtsgeschäftlich verfügen. Hierbei muss er allerdings die Interessen der Allgemeinheit wahren, das heißt, die schrankenlose Ausübung des Eigentumsrechtes ist naturgemäß nicht immer möglich.
Das Eigentumsrecht darf daher gemäß § 364 ABGB nur so ausgeübt werden, dass dadurch weder in die Rechte eines Dritten eingegriffen wird, noch die im allgemeinen Interesse vorgeschriebenen Beschränkungen übertreten werden dürfen.
Diese recht allgemeine Bestimmung wird durch weitere nachbarschaftsrechtliche Regelungen, die in den §§ 364, 364a, 364b und 421, 422 ABGB beinhaltet sind, ergänzt.
Störende Immissionen
So können Immissionen, wie Einwirkungen auf das Nachbargrundstück durch Abwässer, Rauch, Gas, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und Ähnliches, vom Nachbarn (gerichtlich) untersagt werden, aber nur dann, wenn die den Nachbarn als störend empfundenen Immissionen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Es wird sohin eine objektive Beurteilung angestrebt.
Durch die Zivilrechtsänderungsnovelle 2004 hat das allgemeine „Rücksichtsgebot“ Einzug im Gesetz gefunden, damit sollte klargestellt werden, dass die Grundeigentümer ihre Rechte nicht schrankenlos und ohne Bedachtnahme auf den Nachbarn ausüben dürfen, sondern bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht nehmen müssen. Einerseits kann daher der Nachbar nicht einseitig auf seinen Rechten bestehen und diese missbräuchlich zum Nachteil eines anderen ausüben, andererseits muss der Nachbar auch ein gewisses Maß an Toleranz an den Tag legen.
Recht auf Beseitigung des „Grünwuchses“ durch den Nachbarn?
Neben dem Recht auf Licht und Beseitigung von Immissionen, was klagsweise durchzusetzen ist, gibt es gesondert auch noch Regelungen hinsichtlich des Grünwuchses, die zu beachten sind, aber oft genug zum Stein des Anstoßes werden.
Gemäß § 422 ABGB kann jeder Eigentümer die auf seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen, er darf überhängende Äste abschneiden, wobei im Gesetz normiert ist, dass dies unter möglichster Schonung der jeweiligen Pflanze zu geschehen hat.
Festgehalten wird auch im Gesetz, dass die Kosten einer Wurzelentfernung, einer Abschneidung von Ästen etc auf Kosten desjenigen zu gehen hat, der diese Entfernung vornimmt.
Dies bedeutet, dass der Nachbar, der sich durch überhängende Äste gestört fühlt, diese zwar abschneiden darf, aber die Kosten für das Abschneiden, welches ja eigentlich fachgerecht durchgeführt werden sollte, selbst zu tragen hat, ebenso für die Wurzelentfernung.
Nachdem Wurzeln von Bäumen nicht ohne weiteres entfernt werden können, ohne den Baum zu schädigen, ist dabei also Vorsicht geboten. Wenn, dann hat eine Wurzelentfernung jedenfalls durch einen Fachmann zu erfolgen, es sollten ja weitere Schäden wie zum Beispiel das Umfallen des Baumes etc vermieden werden.
Sollte jedoch Gefahr im Verzug sein, beispielsweise drohende Schäden bevorstehen, wird die Wurzelentfernung/Entfernung von überhängenden Ästen auf Kosten des Pflanzeninhabers zu erfolgen haben.
Strittig ist oftmals auch die Frage, ob die Nachbarn, die schneidewütig Überhängendem zu Leibe rücken, das Schnittgut selbst zu entsorgen haben oder einfach über den Zaun werfen dürfen, um die Entsorgung dem Anderen anzulasten.
Es kommt leider oft genug vor, dass Letzteres der Fall ist, wobei dies allerdings gar nicht zulässig ist.
Schneidet daher der Nachbar Äste oder Pflanzentriebe ab, dann hat er sie selbst zu entsorgen auf eigene Kosten.
Fest steht auch, dass der Nachbar, der sich von allerlei Pflanzen gestört fühlt, diese nur von seinem Grund aus abschneiden darf, nicht jedoch unter Zutritt auf dem fremden Grund.
Andererseits muss ein Grundeigentümer den Wildwuchs seiner Pflanzen im Rahmen halten, diese dürfen beispielsweise nicht auf Verkehrsflächen, Gehwegen und Straßen ungehindert wuchern, auch sollte der Wildwuchs zu Nachbars Garten unter Kontrolle gehalten werden.
Unterlassungsanspruch gegen Nachbarn?
Gerichtlich durchsetzbar ist freilich der Schnitt des Überhanges vom Grundeigentümer nicht, deswegen besteht das „Selbsthilferecht“ darin, selber Überhängendes fachgerecht zu stutzen. Dass das Herüberwachsen von Wurzeln und Ästen im Allgemeinen nicht untersagt werden kann, ergibt sich schon aus dem Gesetz, allerdings wird seitens der Rechtsprechung dahingehend unterschieden, dass wenn die Ausübung des Selbsthilferechtes – zB aufgrund der Höhe und des Ausmaßes des Überhanges – nicht leicht zu bewerkstelligen ist, sehr wohl die Unterlassungsklage gegen den Nachbarn eingebracht werden kann. Durch den Selbsthilfeanspruch wird der Immissionsabwehranspruch gem § 364 Abs 3 ABGB infolge einer konkreten Eigentumsgefährdung dann nicht ausgeschlossen, wenn die Benutzung des betroffenen Grundeigentums durch einen das ortsübliche Maß überschreitenden Entzug von Licht oder Luft wesentlich beeinträchtig wird und dieser Zustand unzumutbar ist, ohne dass ihm durch eine leichte und einfache Ausübung des Selbsthilferechts abgeholfen werden kann.
Dies bedeutet, dass die Beeinträchtigung unzumutbar sein muss, dies wiederum bedeutet, dass es auf den Einzelfall ankommt, ob man Erfolg mit einem derartigen Unterlassungsanspruch gegen seinen Nachbarn hat.
Autorin
Frau Dr. Weisert ist seit 2006 selbstständige Rechtsanwältin in Wien. Im gleichen Jahr promovierte sie zum Doktor der Rechtswissenschaften. Ihre Haupttätigkeit liegt in der zivil- und strafrechtlichen Beratung und Vertretung. Auf folgende juristische Felder hat sie sich spezialisiert: Miet- und Wohnrecht, Immobilien- und Liegenschaftsrecht, Gewährleistungs- und Schadenersatzrecht, Familien- und Erbrecht sowie Straf- und Verwaltungsstrafrecht.
Für den WEKA-Verlag erstellt sie regelmäßig Fachbeiträge für das Portal Wohnrecht online.