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Roman Reßler | News | 08.10.2024
Zur undeutlich formulierten Geschäftsraumwidmung im Wohnungseigentumsvertrag
Mag. Roman Reßler erläutert, ob aufgrund fehlender konkreter Vereinbarung der Geschäftsraumwidmung im WEG-Vertrag in casu eine teilweise Verwendung von Geschäftsräumlichkeiten zur Kurzzeitvermietung zulässig ist.
Für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjektes ist auf die Vereinbarung im Wohnungseigentumsvertrag abzustellen. Wenn im Rahmen der Geschäftsraumwidmung keine Verwendung des Geschäftslokales spezifiziert wurde, so sind die Mit- und Wohnungseigentümer nur zur Abwehr von jenen Änderungen berechtigt, wo die Grenzen des Verkehrsüblichen überschritten wurden. Nachdem im gegenständlichen Fall keine konkrete Geschäftsraumwidmung vereinbart wurde, erklärte der OGH eine teilweise Verwendung von drei Geschäftsräumlichkeiten zur Kurzzeitvermietung als zulässig.
Sachverhalt
Der Entscheidung des OGH vom 04.07.2024, 5 Ob 68/24x lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im gegenständlichen Fall waren die beiden Streitteile Wohnungseigentümer in einem Haus in Wien. Gegenstand des Rechtsstreites war ein Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren des Klägers (Wohnungseigentümers) gegen den Beklagten (ebenfalls Wohnungseigentümer), der drei seiner Wohnungseigentumsobjekte an zwei Gesellschaften vermietete, die ihrerseits diese Objekte als insgesamt sechs Appartements anboten, wobei insgesamt fünf Appartements tageweise vermietet werden durften und eines nicht unter der Dauer von einem Monat. Zu diesem Zwecke wurden vor dem Hauseingangstor an der Fassade ein Zahlencodetüröffner sowie ein Geschäftsschild angebracht.
Privatrechtliche Einigung ausschlaggebend Grenze: Verkehrsüblichkeit
Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjektes auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer im Wohnungseigentumsvertrag abzustellen. Dabei sind auch die konkreten Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Besteht keine spezifische Geschäftsraumwidmung, war also kein bestimmter Geschäftsbetrieb im Wohnungseigentumsobjekt Grundlage des Wohnungseigentumsvertrags, so haben sich die Mit- und Wohnungseigentümer schon bei der Begründung des Wohnungseigentums grundsätzlich mit jeder Art der Verwendung des Geschäftslokales für einverstanden erklärt. Damit sind sie zur Abwehr eigenmächtiger Änderungen nur dort berechtigt, wo die Grenzen des Verkehrsüblichen überschritten werden.
Nach dem vorliegenden Sachverhalt haben sich die Parteien bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrages ausdrücklich geeinigt, dass sich die Wohnungseigentümer und damit auch der Beklagte sich die Nutzung der Objekte offenhalten wollten.
Teilweise Verwendung zur Kurzzeitvermietung – Widmungsänderung?
Der Beurteilung des Berufungsgerichtes, wonach eine teilweise Verwendung von drei Geschäftsräumlichkeiten zur Kurzzeitvermietung keine Widmungsänderung darstellt, ist jedenfalls nach Ansicht des Höchstgerichtes nicht korrekturbedürftig. Nach Ansicht des OGH ist im gegenständlichen Fall jedenfalls kein Spannungsverhältnis zu den Prinzipien der Rechtssicherheit erkennbar, wenn der Beklagte beziehungsweise dessen Mieterin eine Geschäftstätigkeit ausübt, die bei Festlegung einer unspezifizierten Widmung als Geschäftslokal noch nicht üblich oder vorhersehbar war, denn eine Einschränkung auf bestimmte Geschäftstätigkeiten haben die Parteien gerade in diesem Fall nicht vereinbart. Auch eine Überschreitung der Grenzen des Verkehrsüblichen ist aus dem vorliegenden Sachverhalt nicht abzuleiten.
Fazit
Bei Abfassung eines Wohnungseigentumsvertrages ist es wichtig sich bei zukünftiger Verwendung der Geschäftslokale auf eine möglichst spezifische Geschäftsraumwidmung zivilrechtlich zu einigen.
Touristische Vermietung
Vorsicht:
Die gegenständliche Entscheidung darf im Rahmen der touristischen Vermietung nicht missverstanden werden! Bei der vorliegenden Entscheidung ging es um die zivilrechtliche Zulässigkeit einer unspezifischen Geschäftsraumwidmung im Wohnungseigentum.
Zusätzlich dazu sind natürlich auch öffentlich-rechtliche Beschränkungen der Kurzzeitvermietung, insbesondere der auf dem Gebiet von Wien im Zusammenhang mit der Bauordnungsnovelle 2023 geschaffenen Regelung des § 119 Abs 2a lit b Wiener Bauordnung zu erwähnen, wonach nur mehr eine 90 Tage pro Kalenderjahr nicht überschreitende vorübergehende kurzfristige Vermietung einer Wohnung, für die eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Ortstaxe besteht, ohne dauerhafte Aufgabe des Wohnsitzes in dieser Wohnung zulässig ist, zu beachten! Auf die verwaltungsstrafrechtlichen Konsequenzen bei Übertretung dieser Norm muss an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen werden!
Autor
Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.
Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.
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