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Lisa Korninger | News | 09.02.2012
Voraussetzungen für eine Widmungsänderung eines Wohnungseigentumsobjekts
Für jede von einem Wohnungseigentümer betriebene Änderung seines Objektes gilt, dass sie nur abgewehrt werden kann, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer kollidiert.
Geschäftszahl
OGH 08.11.2011, 3 Ob 158/11y
Norm
§ 523 ABGB; § 16 Abs 2; § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002
Leitsatz
Quintessenz:
Für jede von einem Wohnungseigentümer betriebene Änderung seines Objektes gilt, dass sie nur abgewehrt werden kann, wenn sie mit wesentlichen Interessen der anderen Mit- und Wohnungseigentümer kollidiert.
OGH: Der Begriff „Änderungen“ des § 16 Abs 2 WEG 2002 umfasst grundsätzlich alle Umwidmungen. Wenn eine Änderung jedoch zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer führen könnte, muss die Zustimmung aller Mitglieder der Eigentümergemeinschaft oder der Genehmigung durch den Außerstreitrichter im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002 vorliegen. Nimmt ein Wohnungseigentümer eigenmächtig Änderungen vor, kann nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung jeder Wohnungseigentümer mit Unterlassungs- bzw Beseitigungsklage (§ 523 ABGB) gegen diesen vorgehen.
Bei der Widmung des Wohnungseigentumsobjekts kommt es auf die privatrechtliche Einigung an. Zu späteren Widmungsänderungen kann es auch durch konkludente Zustimmung (zB jahrelange widerspruchslose Hinnahme eines Zustandes) aller Mit- und Wohnungseigentümer kommen.
Um das Vorliegen und die Zulässigkeit einer Widmungsänderung zu beurteilen, muss die gültige Widmung des Objekts der beabsichtigten Verwendung gegenübergestellt werden.
Die ursprüngliche Widmung aller Wohnungseigentumsobjekte dieser Liegenschaft lautete auf „Wohnung“. Zu einer konkludenten Umwidmung kam es jedoch nicht, weil nicht festgestellt wurde, dass den übrigen Wohnungseigentümern die jahrelang praktizierte Vermietung überhaupt bekannt war. Daher ist hier grundsätzlich von einer jede Geschäftstätigkeit ausschließenden Widmung der Wohnungseigentumsobjekte auszugehen. Mit der Entscheidung 5 Ob 106/06h wurde jedoch klargestellt, dass man auch ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer sein Objekt vermieten darf.
Vom Mietvertrag ist der Gastaufnahmevertrag (Beherbergungsvertrag) zu unterscheiden, der neben den Elementen des Mietvertrags auch solche eines Dienstvertrages, Werkvertrages und Kaufvertrages enthält. Wenn dem Gast neben der Wohnmöglichkeit auch Verpflegung gewährt wird und für seine Bedienung gesorgt wird, handelt es sich um einen Gastaufnahmevertrag.
Aufgrund der hier neben der Wohnmöglichkeit bestehenden Nebenleistungen, der kurzfristigen Nutzungsdauer und des Pauschalentgelts pro Nacht, ist vom Abschluss von Beherbergungsverträgen auszugehen. Da dies nicht der Widmung der Eigentumsobjekte als Wohnungen entspricht, liegt eine Änderung vor.
Ob nun die Zustimmung aller Wohnungseigentümer vorliegen muss, ist davon abhängig, ob die „Vermietung“ zu einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer führen könnte. Der Abschluss von Beherbergungsverträgen und die damit verbundene hohe Frequentierung des Wohnhauses ist geeignet, die schutzwürdigen Interessen der übrigen Wohnungseigentümer zu beeinträchtigen.
Die mangelnde Zustimmung kann auch im Nachhinein durch den rechtsgestaltenden Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden, der einem vorangegangenen Beseitigungs- oder Unterlassungsurteil nicht entgegensteht.
Weitere Leitsätze sowie OGH-Entscheidungen im Volltext finden Sie am Portal unter https://www.weka.at/wohnrecht/Judikatur.