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9 ObA 135/13p; OGH; 26. November 2013
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Mag. Andreas Hach als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei I***** P*****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Peter Döller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: 21.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. August 2013, GZ 9 Ra 45/13y-14, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Entscheidung des Berufungsgerichts im Kostenpunkt ist – mangels Erwähnung in § 519 ZPO – jedenfalls unanfechtbar (RIS-Justiz RS0075172; RS0053407). Die insoweit jedenfalls unzulässige Revision war daher zurückzuweisen.
2. Die Revisionswerberin vermag im Übrigen eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht aufzuzeigen:
Fragen der Vertragsauslegung stellen regelmäßig nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776; Kodek in Rechberger ZPO³ § 502 Rz 26).
Das ist hier nicht der Fall: Die Klägerin, die seit 01.12.1974 für die Beklagte als Hausbesorgerin tätig war, schloss mit dieser im Vorverfahren über die Aufkündigung ihres Dienstverhältnisses einen gerichtlichen Vergleich. Danach sollte die Klägerin über das in diesem Vergleich vereinbarte Ende des Hausbesorgerdienstverhältnisses hinaus für zwei Jahre ein „Wohnrecht“ an der bisherigen Hausbesorgerdienstwohnung gegen Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgelts erhalten und diese Wohnung nach Ablauf der vereinbarten Frist unter Verzicht auf einen Räumungsaufschub räumen. Das Berufungsgericht gelangte in seiner Auslegung zu dem Ergebnis, dass dieser Vergleich nicht die Vereinbarung eines dem Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) unterliegenden Bestand-verhältnisses zur Folge hatte, sondern der Klägerin – im Hinblick auf ihre jahrelange Tätigkeit als Hausbesorgerin – eine längere Räumungsfrist eingeräumt werden sollte.
Eine Unvertretbarkeit dieser Auslegung zeigt die Revisionswerberin nicht auf. Sie stellt nicht infrage, dass eine Dienstwohnung gemäß § 1 Abs 2 Z 2 MRG nicht in den Anwendungsbereich des MRG fällt. Daraus, dass die Beklagte der Klägerin auch nach Ende des Hausbesorgerdienstverhältnisses die Dienstwohnung bis zum vereinbarten Räumungstermin gegen Entgelt weiter überließ, lässt sich entgegen der Rechtsansicht der Klägerin nicht zwingend auf den Willen der Beklagten schließen, den Charakter der Wohnung als Dienstwohnung aufzugeben und nunmehr ein neues Mietverhältnis mit allen seinen einschneidenden Folgewirkungen zu begründen (RIS-Justiz RS0014308; selbst bei Vereinbarung einer höheren Zahlungspflicht zwischen Beendigung des Dienstverhältnisses und Räumung der Wohnung, 5 Ob 68/99g).
Mit der Behauptung, die Dienstwohnung sei ihr mit dem gerichtlichen Vergleich „erstmals“ gegen Entgelt zur Nutzung überlassen worden, wünscht sie lediglich eine andere Auslegung der getroffenen Vereinbarung im Einzelfall, womit sie jedoch keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RIS-Justiz RS0112106). In der von der Klägerin für ihren Standpunkt ins Treffen geführten Entscheidung 1 Ob 508/95 war die Wirksamkeit eines gerichtlichen Räumungsvergleichs im Zusammenhang mit einem Wohnungsmietvertrag (und vor dem Hintergrund der §§ 29 Abs 1 Z 3 lit c [aF], 35 MRG) zu beurteilen, sodass diese Entscheidung auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar ist.
Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist schließlich – trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – auch dann zu verneinen, wenn das Gesetz selbst zu den vom Rechtsmittelwerber aufgeworfenen Fragen eine klare und eindeutige Regelung vorsieht (RIS-Justiz RS0042656); dies trifft im vorliegenden Fall zu. § 23 HBG regelt, wie das Berufungsgericht ausgeführt hat, nicht die Dauer einer vergleichsweise vereinbarten Räumungsfrist, sondern den Antrag des Hausbesorgers auf Verlängerung der Räumungsfrist: Dementsprechend sieht § 23 Abs 3 HBG entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin auch nicht „eine (einmalige) Räumungsfrist von höchstens fünf Monaten“ vor, sondern eine Verlängerung der Räumungsfrist um höchstens fünf Monate (bzw 4 Wochen in den Fällen des § 20 HBG).
3. Die außerordentliche Revision war daher gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Leitsätze
-
Dauer der Räumungsfrist einer Hausbesorgerdienstwohnung
§ 23 des Hausbesorgergesetzes regelt die Verlängerung der Räumungsfrist für die von dem ehemaligen Hausbesorger zu räumenden Dienstwohnung. Die Bestimmung geht hingegen nicht auf die Dauer der Räumungsfrist ein.WEKA (gau) | Judikatur | Leitsatz | 9 ObA 135/13p | OGH vom 26.11.2013 | Dokument-ID: 656152