Ihre Suche nach ruhestörung lieferte 25 Ergebnisse.

Dokument-ID: 009358

Judikatur | Entscheidung

9 Ob 62/09x; OGH; 29. Oktober 2009

GZ: 9 Ob 62/09x | Gericht: OGH vom 29.10.2009

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alexander S*****, vertreten durch Mag. Helmut Marschitz, Rechtsanwalt in Mistelbach, gegen die beklagte Partei Angelika P*****, vertreten durch Mag. Dr. Georg Uher, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 20. November 2008, GZ 21 R 412/08y–42, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mistelbach vom 7. August 2008, GZ 9 C 161/07w–37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 447,98 (darin EUR 74,66 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe

Die Streitteile sind Wohnungsnachbarn in einem zweigeschoßigen Haus. In jedem Geschoß befinden sich zwei Wohneinheiten. Das Haus liegt in einer Wohngegend mit Einfamilienhäusern und Wohnblocks.

Die für dieses Haus geltende Hausordnung enthält nachstehende Regelung:

„… A. Die Rücksicht der Hausbewohner aufeinander verpflichtet diese unter anderem zu Folgendem:

Vermeidung störender Geräusche, zB durch Benützung nicht abgedämpfter Maschinen, durch starkes Türenzuschlagen und Treppenlaufen, durch Musizieren einschließlich Rundfunkempfanges mit belästigender Lautstärke und Ausdauer, vor allem in den Mittagsstunden und nach 22:00 Uhr, … .“

In der Wohnung des Klägers leben außer ihm seine Ehegattin und das gemeinsame Kleinkind.

Die Wohnung der Beklagten wird von ihr und ihren beiden Kindern bewohnt. Ihr Lebensgefährte hält sich üblicherweise nur am Wochenende in der Wohnung auf. Im Wohnzimmer der Beklagten befinden sich eine Musikanlage mit Boxen, die jeweils mit einem Basslautsprecher ausgestattet sind und ein Fernsehgerät. Seit dem Jahr 2005 aktivierte die Beklagte ihre Musikanlage ca drei Mal in der Woche vorwiegend an Wochenenden und am Nachmittag bzw Abend, wodurch in ihrem Wohnzimmer ein Dauerschallpegel von ca 69 dB und ein Spitzenpegel von 73 dB erreicht wurde. Die Musik war im angrenzenden Wohn–, Ess- und Vorzimmer des Klägers wahrnehmbar. Im Wohnzimmer des Klägers wurde dadurch ein Dauerschallpegel von ca 15 dB und ein Spitzenpegel von ca 19 dB bewirkt. Die durchschnittliche Dauer der Immissionen kann nicht festgestellt werden.

Die Beklagte aktivierte ihr Fernsehgerät in der Regel täglich zum Zeitpunkt des Hauptabendprogramms von 20:15 Uhr bis ca 22:00 Uhr. Dabei entstand in ihrem Wohnzimmer ein Dauerschallpegel von ca 61 dB und ein Spitzenpegel von ca 70 dB, im Wohnzimmer des Klägers ein Dauerschallpegel von ca 13 dB und ein Spitzenpegel von ca 16 dB.

Die Wohnzimmer der Parteien grenzen direkt aneinander an. Die gemäß der NÖ Bauordnung und der Ö–Norm B8115–2 erforderliche Schalldämmung ist zwischen den Wohnungen der Parteien nicht gegeben.

Insbesondere die Ehegattin des Klägers, die besonders lärmempfindlich ist, fühlte sich durch die Musik– und Fernsehgeräusche aus der Wohnung der Beklagten gestört. Sie regte sich sehr darüber auf und beschwerte sich auch öfter bei der Beklagten. Eine Lösung des Problems konnte nicht herbeigeführt werden. Seit Jänner 2007 konnten der Kläger und seine Familie keine Musik und Fernsehgeräusche mehr aus der Wohnung der Beklagten wahrnehmen.

Es kann nicht festgestellt werden, in welcher Lautstärke Musik– und Fernsehgeräusche aus Nachbarwohnungen im nächsten Umfeld der Wohnungen der Parteien Ortsüblichkeit erreicht haben. Jedenfalls sind im Haus der Parteien die Nachbarn zu hören, wenn sie sich am Gang oder im Garten aufhalten. Auch Musik aus Nachbarwohnungen ist in einer nicht störenden Art und Weise wahrnehmbar. Im Nachbarhaus der Parteien, das zur selben Wohnhausanlage gehört, ist auch der Fernseher aus der Nebenwohnung zu hören, wenn man selber keine Unterhaltungselektronik aktiviert hat.

Der Kläger begehrte die Beklagte schuldig zu erkennen, ab sofort folgende Einwirkung von der von der beklagten Partei benützten Wohnung Top Nr 2, in die von der klagenden Partei benützte Wohnung Top Nr 1, (mit der jeweils im Kopf angeführten Grundstücksadresse) zu unterlassen, und zwar Lärm und Geräusche, insbesondere durch die Verwendung von Unterhaltselektronik, soweit die Immissionen die Zimmerlautstärke (45 dB) überschreiten und in der Wohnung der klagenden Partei diese Immissionen zu hören sind.

Die Beklagte habe vor ein bis zwei Jahren eine äußerst leistungsfähige HIFI–Anlage geschenkt erhalten, wobei die Lautsprecher insbesondere den Bass besonders laut wiedergeben. Durch das überlaute Anhören von Musik, Fernsehsendungen und ähnlichem mehrmals wöchentlich, insbesondere am Wochenende werde durch die Beklagte und ihren Lebensgefährten ein derart hoher Geräuschpegel verursacht, dass dieser im angrenzenden Wohnzimmer des Klägers so laut zu hören sei, dass es eine massive Störung und Beeinträchtigung der Lebensqualität darstelle und das Wohlbefinden des Klägers seiner Ehegattin und des ruhebedürftigen Kleinkindes stark beeinträchtige. Die Lärmimmissionen seien teils als lautes Bassbrummen teils als laute Rockmusik zu vernehmen. Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen die Hausordnung und übersteige das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß bei weitem. Es beeinträchtige die ortsübliche Nutzung der Wohnung des Klägers wesentlich. Eine derartige Beschallung sei ein erheblicher Stressfaktor und gefährde die Gesundheit des Klägers und seiner Familie. Aufgrund des uneinsichtigen Verhaltens der Beklagten sei die Wiederholungsgefahr offenkundig. Trotz unzähliger Versuche in persönlichen Gesprächen die Beklagte zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, setze diese das störende Verhalten fort.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klageabweisung und brachte vor, dass im Haus vier Wohneinheiten bestehen. Außer der Ehegattin des Klägers fühle sich niemand belästigt. Die Beklagte höre Musik in normaler Zimmerlautstärke, man könne sich dabei auch unterhalten. Um Anfeindungen des Klägers aus dem Weg zu gehen, höre sie seit 02.12.2006 überhaupt keine Musik mehr.

Das Erstgericht wies – ausgehend vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt – das Klagebegehren ab.

Rechtlich ging es davon aus, dass dem bedrohten Nachbarn ein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Unterlassung der Immission zustehe, wenn eine Wiederholungsgefahr oder eine erstmalige aktuelle Gefährdung bestehe. Bei der Beurteilung, ob der von einem Grundstück ausgehende Musiklärm die ortsübliche Nutzung der Nachbarliegenschaft wesentlich beeinträchtige, sei nicht nur die (objektiv messbare) Lautstärke, sondern auch die subjektive Lästigkeit maßgebend, wobei auf das Empfinden eines durchschnittlichen Bewohners des betroffenen Grundstücks abzustellen sei. Beim Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus müssten dadurch bedingte Unannehmlichkeiten in Kauf genommen werden. Eine erhebliche Belästigung des Nachbarn könne nur dann angenommen werden, wenn die Geräuschentwicklung einer durchschnittlich empfindlichen Person auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht zugemutet werden könne. Allgemeiner Erfahrung nach werde in Wohnungen Musik gehört und der Fernsehapparat benützt. Dieses Verhalten stelle eine reguläre und übliche Benutzung einer Wohnung dar. Auch wenn Tatsachen wie der Aufenthalt von Kleinkindern besondere Rücksichtnahme durch den Störer gebieten, liege im zu beurteilenden Fall keine wesentliche Beeinträchtigung vor. Es sei festgestellt worden, dass beim Abspielen von Musik durch die Beklagte im Wohnzimmer des Klägers ein Dauerschallpegel von ca 15 dB und ein Spitzenpegel von ca 19 dB bzw beim Aktivieren des Fernsehgeräts ein Dauerschallpegel von ca 13 dB und ein Spitzenpegel von ca 16 dB bewirkt worden sei. Nach der vom Kläger selbst vorgelegten Lärmskala (Beilage ./A) werden diese Werte mit einem Blätterrauschen, ruhigen Atmen bis hin zu leisem Flüstern beschrieben. Es sei daher davon auszugehen, dass ein Durchschnittsmensch, der sich in der Lage des Klägers befinde, die Immissionen aus der Wohnung der Beklagten nicht als wesentliche Störung empfinde, sodass keine wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung der Wohnung des Klägers vorliege. Im Übrigen sei es im nächsten Umfeld des Klägers auch ortsüblich, dass man den Fernseher des Nachbarn sowie Geräusche im Garten und Treppenhaus höre.

Das Berufungsgericht bestätigte über Berufung des Klägers das Ersturteil und ließ (vorerst) die ordentliche Revision nicht zu. Rechtlich folgerte es, dass es der in der Berufung als fehlend gerügten Feststellungen über ortsübliche Dezibelwerte nicht bedürfe. Der Kläger habe sein Begehren nicht auf Ortsüblichkeit gestützt, sondern beantragt, die Beklagte zur Unterlassung von Lärmimmissionen, soweit diese die Zimmerlautstärke (45 dB) überschreiten, zu verpflichten. Der Kläger habe daher für dieses Verfahren eine eindeutige Definition der Zimmerlautstärke gegeben und auch klar gelegt, dass sein Begehren auf Unterlassung von Immissionen, die diesen Wert überschreiten, gerichtet sei. Davon, dass die von der Beklagten ausgehenden Immissionen den in der Klage bezeichneten Wert von 45 dB überschreiten, sei das Erstgericht nicht ausgegangen. Eine Auseinandersetzung mit der Frage der örtlichen Verhältnisse sei somit nicht erforderlich. Die Rüge der Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens erachtete das Berufungsgericht als nicht gesetzmäßig ausgeführt.

In Stattgebung des Antrags auf Abänderung des Ausspruchs über die Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision nachträglich mit der Begründung zu, dass vom Berufungsgericht als Immissionswerte jene Werte, die in der Wohnung des Klägers hörbar seien, angenommen worden seien und nicht die in der Wohnung der Beklagten selbst erzeugte Lautstärke. Der Kläger habe in seinem Klagebegehren die Zimmerlautstärke mit 45 dB definiert. Zur Frage ob diese Definition bindend sei oder die Definition des Obersten Gerichtshofs gelte, wonach Zimmerlautstärke bedeute, dass keine unüblichen Geräusche in der Wohnung des Klägers wahrnehmbar sein dürften, liege Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen „Aktenwidrigkeit“ und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem (erkennbaren) Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung ein so vom Kläger nicht gestelltes Klagebegehren zugrundelegte und ausgehend davon, zu einer nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgehenden rechtlichen Beurteilung gelangte. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Aus dem Klagebegehren im Zusammenhalt mit der Klagserzählung ergibt sich eindeutig, dass der Kläger anstrebt, die Beklagte möge unterlassen in ihrer Wohnung den Wert von 45 dB zu überschreiten. Das Berufungsgericht legte das Klagebegehren unzutreffend dahin aus, dass dieser Grenzwert an Immissionen der Beklagten in der Wohnung des Klägers nicht überschritten werden dürfe. Ausgehend davon, gelangte es zur rechtlichen Beurteilung, dass nach den Feststellungen eine Überschreitung dieses Grenzwerts ohnehin nicht erfolgt sei, sodass sich die Frage der Ortsüblichkeit einer derartigen Überschreitung nicht stelle. Keinesfalls wollte das Berufungsgericht damit vom Erstgericht abweichende Feststellungen treffen. Ob in der Unterstellung eines Klagebegehrens, das in dieser Form nie prozessgegenständlich war eine Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung zu erblicken ist, kann dahingestellt bleiben, da die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittelgrundes nicht schadet, wenn die Rechtsmittelausführungen die Beschwerdegründe deutlich erkennen lassen (RIS–Justiz RS 0041851). In jedem Fall ist zur Wahrung der Rechtssicherheit ein Aufgreifen dieses „Irrtums“ des Berufungsgerichts durch den Obersten Gerichtshof erforderlich und führte zur Zulassung des Rechtsmittels.

Allerdings führt auch die Zugrundelegung des tatsächlich maßgeblichen Klagebegehrens zu keinem für den Kläger günstigeren Ergebnis. Insbesondere kommt es auf die vom Berufungsgericht als Begründung für seinen nachträglichen Zulassungsausspruch angeführte Frage gar nicht an. Die Darstellung des Berufungsgerichts, wonach eine allgemein gültige Definition des Obersten Gerichtshofs zum Begriff der „Zimmerlautstärke“ vorhanden sei, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Auch die Auffassung des Rechtsmittelwerbers, dass der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein Klagebegehren auf Einhaltung der Zimmerlautstärke als zulässig erachte, entbehrt einer Grundlage.

Der Oberste Gerichtshof hatte sich in seiner Entscheidung 1 Ob 594/94 mit einem Begehren auseinanderzusetzen, wonach die Beklagte schuldig erkannt werden sollte, „die nächtliche Ruhe der klagenden Parteien störenden Lärm im Haus in der Zeit von 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr“ zu unterlassen. Im Zusammenhang mit dem Einwand der Beklagten, dass dieses Begehren zu unbestimmt sei, führte der Oberste Gerichtshof Folgendes aus:

„Einer Lärmmessung bedarf es in Fällen, wie dem vorliegenden, schon deshalb nicht, weil die Kläger gerade die Störung der Nachtruhe beanstanden, das zulässige Maß der Lärmerregung aber wegen der Gefahr nachhaltiger Schlafstörung innerhalb des Gebäudes gewiss nur dann nicht überschritten wird, wenn die „Zimmerlautstärke“ eingehalten wird, also die Geräusche innerhalb der Wohnungen der übrigen Bewohner des Hauses nicht mehr oder doch kaum noch vernommen werden können, sodass die Nachbarn dadurch auch nicht wesentlich gestört werden.“

Hieraus ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die „Zimmerlautstärke“ ausschließlich im Zusammenhang mit dem Schutz der Nachtruhe definiert werden sollte. Weitere Entscheidungen, in denen die „Zimmerlautstärke“ (etwa auch in anderem Zusammenhang) definiert werden, liegen soweit überblickbar nicht vor. Der Begriff der „Zimmerlautstärke“ wird lediglich in vereinzelten Entscheidungen etwa im Zusammenhang damit, dass mit der Beschränkung auf „Zimmerlautstärke“ ein sinnvolles Musizieren auf dem Klavier nicht möglich ist (3 Ob 61/97k; 1 Ob 6/99k ua), sowie neuerlich im Zusammenhang mit der Störung der Nachtruhe (1 Ob 262/97d) bzw im Zusammenhang mit einer vom Mieter eingewendeten Mietzinsreduktion (7 Ob 306/05h) gebraucht, jedoch in keiner Weise definiert. Soweit überblickbar existiert auch keine einzige Entscheidung des Höchstgerichts, in der ein Klagebegehren auf Einhaltung der „Zimmerlautstärke“ zu beurteilen gewesen wäre. Das vom Rechtsmittelwerber behauptete Abgehen des Berufungsgerichts von ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist daher nicht nachvollziehbar.

Immissionen im Allgemeinen und Geräusch– bzw Lärmimmissionen im Besonderen können nach § 364 Abs 2 ABGB dann untersagt werden, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Die unzulässige Einwirkung wird demnach durch zwei Kriterien bestimmt: Einmal, dass die Störung nicht (mehr) ortsüblich ist, und zum anderen, dass die ortsübliche Benützung des Grundstücks durch den Eingriff wesentlich beeinträchtigt wird (7 Ob 286/03i; 1 Ob 19/93 = SZ 66/147 uva). Da diese beiden Kriterien kumulativ vorliegen müssen, sind selbst übermäßige Immissionen zu dulden, wenn sie die ortsübliche Nutzung des Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigen, aber auch dann, wenn sie das ortsübliche Maß nicht übersteigen, obwohl die ortsübliche Nutzung des Grundstücks durch sie wesentlich beeinträchtigt wird (8 Ob 372/97g; 1 Ob 6/99k = SZ 72/205; 7 Ob 286/03i; Spielbüchler in Rummel³ § 364 ABGB Rz 13).

Selbst wenn man zum Ergebnis gelangt, dass die Feststellungen zur Beurteilung der „Ortsüblichkeit“ von Lärmimmissionen hier nicht ausreichen, wäre jedenfalls auch erforderlich, dass die bekämpfte Einwirkung die ortsübliche Benützung der Wohnung wesentlich beeinträchtigt.

Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung der ortsüblichen Benützung der Wohnung vorliegt, ist nicht auf die besondere Empfindlichkeit der betroffenen Person, sondern auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen in der Lage des Beeinträchtigten abzustellen (RIS–Justiz RS 0010557; 7 Ob 286/03i). Es kommt nicht auf die individuelle Person des mehr oder minder sensiblen Nachbarn, sondern auf das Empfinden des Durchschnittsmenschen an, wobei dahin zu differenzieren ist, dass nicht etwa das Empfinden eines von den gegebenen örtlichen Verhältnissen losgelösten Durchschnittsmenschen schlechthin, sondern jenes des verständigen Durchschnittsbenützers des betroffenen Grundstücks in dessen konkreter Beschaffenheit maßgebend ist, also eines Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet (RIS–Justiz RS 0010607; 7 Ob 286/03i mwN). Beim Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus sind dadurch bedingte Unannehmlichkeiten grundsätzlich in Kauf zu nehmen. Es ist ein akzeptabler Ausgleich der gegenläufigen Interessen zu finden (1 Ob 6/99k; 7 Ob 286/03i). Besondere Umstände (Krankheit, Aufenthalt von Kleinkindern) können allerdings eine besondere nachbarrechtliche Rücksichtnahme gebieten (7 Ob 286/03i; 1 Ob 6/99k, RIS–Justiz RS 0112954).

Eine erhebliche Belästigung des Nachbarn kann nur dann angenommen werden, wenn die Geräuschentwicklung einer durchschnittlich empfindlichen Person auch unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange billigerweise nicht zugemutet werden kann (1 Ob 6/99k mwN).

Ausgehend von den bindenden Feststellungen nahm die Beklagte ihre Musikanlage etwa drei Mal in der Woche in Betrieb, wobei Störungen in den üblichen Nachtstunden (nach 22:00 Uhr) nicht festgestellt wurden. Das Fernsehgerät aktivierte die Beklagte im Regelfall zwischen 20:15 Uhr und 22:00 Uhr. Berücksichtigt man, dass der Lärmpegel der bei der Aktivierung der Unterhaltungselektronik der Beklagten in der Wohnung des Klägers hörbar war – wie das Erstgericht aus der vom Kläger vorgelegten Lärmskala Beilage ./A in seiner rechtlichen Beurteilung disloziert feststellte – einen Geräuschpegel bewirkte der etwa dem vom Blätterrauschen bis zu leisem Flüstern entspricht, kann trotz der dem Kleinkind des Klägers gegenüber gebotenen Rücksichtnahme nicht davon gesprochen werden, dass die Immissionen die ortsübliche Benützung der Wohnung des Klägers wesentlich beeinträchtigten.

Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können nicht nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (RIS–Justiz RS 0042963 auch RS 0106371). Auf die im Rechtsmittel des Klägers neuerlich relevierte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens kann daher nicht eingegangen werden.

Der Revision ist somit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Leitsätze