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Vorsicht bei Abschluss von Räumungsvergleichen bei unbefristeten Mietverhältnissen
Gaustautor Mag. Roman Reßler erläutert anhand einer aktuellen OGH-Entscheidung, was es beim Räumungsvergleich unbedingt zu beachten gilt.
Ein Räumungsvergleich ist nichtig, wenn die Mietvertragsparteien bei Abschluss dessen gar keine Beendigung des Mietverhältnisses anstrebten, sondern mit dem Vergleich dem Vermieter ein Gestaltungsrecht einräumen wollten, das Bestandsverhältnis einseitig zu beenden.
Sachverhalt
Der Entscheidung des OGH vom 31.01.2023, 4 Ob 224/22b lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Im gegenständlichen Fall mietete eine Mieterin als Klägerin vom beklagten Mieter 1992 ein Geschäftslokal auf unbestimmte Zeit. Das Mietverhältnis unterlag den Kündigungsschutzbestimmungen der §§ 29ff MRG. Schon in den Jahren 1997, 2002, 2007 und 2012 hatten die Parteien Räumungsvergleiche abgeschlossen. Zur Sicherheit wurde im Jahr 2017 ebenfalls ein gerichtlicher Räumungsvergleich abgeschlossen. Mit Schreiben vom 18.01.2022 teilte der beklagte Vermieter der Klägerin als mietende Partei mit, dass er das Mietverhältnis zum 31.10.2022 beende, um das Haus bestandfrei an die nächste Generation übergeben zu können. Die beklagte Mieterin vertrat die Ansicht, dass dem Räumungsvergleich keine entsprechende Anpassung des Mietvertrages zu Grunde liege und sie deshalb das Geschäftslokal nicht räumen müsse, zumal ein kündigungsgeschütztes Bestandverhältnis vorliege.
Eine einvernehmliche Auflösung eines kündigungsgeschützten Mietverhältnisses ist möglich.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Höchstgericht zunächst aus, dass die Revision des beklagten Vermieters nicht per se unzulässig sei, dabei ist jedoch folgendes festzuhalten: Grundsätzlich kann auch ein Mietverhältnis, welches den Kündigungsschutzbestimmungen gemäß
§ 29ff MRG unterliegt, einvernehmlich aufgelöst werden. Dies kann auch konkludent durch den Abschluss eines entsprechenden Räumungsvergleiches geschehen. Im konkreten Fall jedoch schlossen die Parteien des Bestandverhältnisses alle fünf Jahre „zur Sicherheit“ des Vermieters Räumungsvergleiche ab, ohne dass diese eine Beendigung des Mietverhältnisses nach sich gezogen hätten. Über eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.10.2022, herrschte keineswegs Einvernehmen.
Einem Räumungsvergleich muss ein Beendigungswille zu Grunde liegen.
Durch diese Vorgangsweise, nämlich alle fünf Jahre einen Räumungsvergleich abzuschließen, ohne dass ein tatsächlicher Wille der Vertragsparteien auf Beendigung des Bestandverhältnisses zu Grunde gelegen wäre, ist als Umgehung der Bestimmungen über die Befristung und den Kündigungsschutz zu qualifizieren. Durch den Abschluss dieser Räumungsvergleiche wurde nämlich dem Vermieter im Wesentlichen ein im Gesetz nicht vorgesehenes Gestaltungsrecht eingeräumt, das Bestandverhältnis einseitig zu ändern. Dies betrifft auch den Abschluss des letzten Räumungsvergleiches im Jahre 2017, wonach die Vertragsparteien wirklich keine Beendigung des Bestandverhältnisses anstrebten. Einen derartigen Beendigungswillen äußerte der beklagte Vermieter erst mit seinem Schreiben vom 18.01.2022, wonach er das Bestandverhältnis beenden wollte. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der ursprüngliche Mietvertrag aus dem Jahre 1992 keine Befristung enthielt und eine solche auch später nicht aufgenommen wurde.
Keine Umgehung eines nicht durchsetzbaren Endtermines durch Abschluss eines Räumungsvergleiches.
Nicht durchsetzbare Endtermine können nicht durch Abschluss eines Räumungsvergleiches vor oder bei Abschluss eines Bestandvertrages umgangen werden. Die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleiches ist mit Feststellungsklage geltend zu machen, wobei aus dem vorliegenden Sachverhalt der Räumungsvergleich somit nichtig war und die außerordentliche Revision des beklagten Vermieters mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig war.
Fazit
Beim Abschluss von Räumungsvergleichen ist größte Vorsicht geboten. Sie müssen grundsätzlich frei von Irrtum und Zwang abgeschlossen werden, sodass die Umstände des Einzelfalles immer zu berücksichtigen sind. Der Abschluss eines Räumungsvergleiches ohne jede bestehende Befristung oder ohne Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung würde es dem Vermieter ermöglichen, die Beendigung des Mietverhältnisses unter Außerachtlassung des Kündigungsschutzes herbeizuführen. Dies ist jedenfalls nicht die Intention des Gesetzgebers.
Autor
Mag. Roman Reßler ist Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum. Schon während seines Studiums war er als Eigentümer von Liegenschaften mit Fragen des Miet- und Wohnrechts beschäftigt. Nach Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums und des Gerichtsjahres mit dem Schwerpunkt „Wohnrecht“ sammelte er weitere praktische Erfahrungen in einer Hausverwaltung. Im Jahre 2001 begann er seine Tätigkeit als Rechtsberater im Zentralverband Haus und Eigentum, wo er für die persönliche Mitgliederberatung verantwortlich ist.
Neben seiner Tätigkeit als Rechtsberater verfasst er auch juristische Fachartikel in der monatlich erscheinenden Mitgliederzeitung „Haus & Eigentum“.